Allgemeines zur Dokumentation
1.1 Begriffsbestimmung und Ablaufphasen
Der Begriff „Dokument“ erscheint auf den ersten Blick so einfach und ist doch sehr komplex und ist aus rechtlicher Sicht mit einer Urkunde verbunden. Ein Dokument soll etwas endgültig und dauerhaft schriftlich oder auf andere Weise dokumentieren, einen Nachweis erbringen, ein Ereignis, einen Sachverhalt oder einen Vorgang festhalten. Es bietet oft auch eine partnerschaftliche Absicherung, etwa mithilfe eines Vertrags. Dokumente können unterschiedliche Inhalte und Bedeutung haben. Häufig dienen sie als Nachweis sowohl im Geschäft als auch bei Streitigkeiten.
Unter einer Brandschutzdokumentation im bauordnungsrechtlichen Sinn versteht man alle Unterlagen, die
• zur Durchführung von Planungs- und Bauleistungen erforderlich sind,
• im Genehmigungsverfahren, im Zuge der Planung, Bauausführung und Bauabnahme erstellt werden oder vorliegen müssen,
• dem Bauherrn zu übergeben sind und aufgrund gesetzlicher Bestimmungen aufbewahrt werden müssen oder sinnvollerweise aufbewahrt werden sollten,
• die während Instandhaltung erstellt und fortzuführen sind und
• das Gebäude während seiner gesamten Lebensdauer bzw. einer dem Zweck entsprechenden angemessenen Zeitdauer im Sinn des Art. 3 BayBO [1] begleiten.
Die Brandschutzdokumentation ist anders ausgedrückt eine umfassende, festgelegte und strukturierte Informationsquelle bzw. ein Quantum von Unterlagen, die als eine Einheit entsprechend Abb. 1.1verwaltet werden soll.
Mit diesen Unterlagen sollen die Voraussetzungen für einen ausreichenden Brandschutz geschaffen und ein ausreichender Brandschutz nachgewiesen werden. Einzelne Unterlagen sind keine speziellen Brandschutzunterlagen, sie enthalten aber Angaben, die bestimmungsgemäß mit dem Brandschutz in Berührung kommen. Denn in der BayBO und in den aufgrund der BayBO festgelegten materiellen Anforderungen gilt Brandschutz als Kernstück der Prävention. Insofern ist die Brandschutzdokumentation wesentlicher Bestandteil einer Gebäudedokumentation. Sie umfasst entsprechend Abb. 1.2alle brandschutzrelevanten Unterlagen, die der Planung und Errichtung eines Gebäudes zugrunde lagen und die für die Nutzung des Gebäudes und den Betrieb der sicherheitstechnischen Anlagen zwingend notwendig sind. Die Erstellung von Unterlagen erstreckt sich somit auf alle Phasen des Entstehens und Bestehens eines Gebäudes.

Abb. 1.1 Eine Menge von erforderlichen Unterlagen, die zu einem vereinheitlichen Brandschutzziel führen.
Abb. 1.2 Einteilung der Erstellung von Unterlagen in Ablaufphasen.
Um die erforderliche Qualität sowohl der Unterlagen als auch der Bauausführung gewährleisten zu können, wird ein besonderes Augenmerk des Handbuchs auf den Zuständigkeitsbereich der Baubeteiligten gelegt.
1.2 Rechts- und Vertragsgrundlagen
Inhalt und Umfang der Unterlagen bestimmen sich nach den komplexen und dynamischen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Bauvorhabens maßgebend sind. In diesem Rechtsbereich eine ordentliche Übersicht zu haben ist ausschlaggebend. In Abb. 1.3ist eine Gliederung des Baurechts dargestellt, um das Handhaben in der Praxis zu erleichtern.
Anforderungen an die Unterlagen ergeben sich sowohl aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften als auch aus den vertraglichen Vereinbarungen. Öffentlich-rechtliche Vorschriften in diesem Sinne sind zunächst die Vorschriften des Bauordnungsrechts, wie etwa die BayBO [1], die Sonderbauverordnungen ( Abschn. 2.3.5), die BauVorlV [3], die EU-BauPVO [24] und die Vorschriften des Bauplanungsrechts, etwa das BauGB [25], die BauNVO [26] und des sonstigen öffentlichen Baurechts, wobei für den Brandschutz insbesondere das Bauordnungsrecht relevant ist. Anzuführen sind auch Anforderungen aufgrund der ArbStättV [27] mit den Arbeitsstättenrichtlinie, der BetrSichV [28] und der GefStoffV [29].

Abb. 1.3 Regelungsmaterien im Baurecht.
Um das Thema sinnvoll zu begrenzen, erfolgt eine Beschränkung auf Anforderungen aus dem Bauordnungsrecht, andere Rechtsbereiche werden nur punktuell erwähnt und sind gegebenenfalls zu beachten. An dieser Stelle sei ebenfalls anzumerken, dass andere Rechtsgebiete in facto nicht im bauaufsichtlichen Verfahren behandelt werden können, etwa eine Abweichung von der ArbStättV kann nicht nach Art. 63 BayBO bearbeitet werden, da die ArbStättV nicht aufgrund des Art. 80 BayBO als Rechtsverordnung erlassen ist.
Bei industriellen oder energieerzeugenden Bauvorhaben können andere Rechtsbereiche, Genehmigungsverfahren und zugehörige Unterlagen dominieren, auch wenn die baulichen Anlagen selbst wiederum dem Bauordnungsrecht unterliegen. Aus demselben Grund werden in dem Handbuch die verfahrensfreien und genehmigungsfreigestellten Bauvorhaben nicht im Detail behandelt, da die einfacheren Verfahren andere Probleme erzeugen.

Abb. 1.4 Ergänzende Regelungen des Bauordnungsrechts im Freistaat Bayern.
Die Anforderungen an den Brandschutz und an die zugehörigen Unterlagen ergeben sich aus materiellen und formellen Rechtsvorschriften. Da insbesondere im formellen Bauverfahrensrecht erhebliche Unterschiede zwischen den Bundesländern bestehen, wird in diesem Handbuch ausschließlich auf das bayerische objektbezogene Landesrecht ausführlich und definitionsfreudig abgestellt.
Neben der BayBO [1] sind ebenfalls die Rechtsverordnungen, die Verwaltungsvorschriften, die Richtlinien und die BayTB [30] in Abb. 1.4zu erwähnen, wobei insbesondere die Anforderungen der BayBO und der aufgrund des Art. 80 BayBO erlassenen Rechtsverordnungen durch die Vollzugshinweise des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr (StMB) ergänzt werden. Die auf der BayBO beruhenden Rechtsverordnungen werden grundsätzlich parallel zu der Neufassung der BayBO angepasst.
Damit sind für die Unterlagen grundsätzlich alle ergänzenden Regelungen des Bauordnungsrechts von Relevanz. Besonders bedeutsam sind in diesem Zusammenhang
• die BauVorlV [3],
• die PrüfVBau [18] und
• die SPrüfV [4],
worauf im Weiteren ebenfalls detaillierter eingegangen wird.
Die BayBO als wichtigste Rechtsgrundlage enthält die elementaren Bestimmungen des materiellen Bauordnungs- sowie des Bauverfahrensrechts, die bei der
• Anordnung,
• Errichtung,
• Änderung,
• Nutzungsänderung,
• Instandhaltung und
• Beseitigung
von baulichen Anlagen durch die am Bau Beteiligten einzuhalten sind. Sie regelt dabei speziell Vorschriften zum Schutz vor Gefahren, Schutzziele, Standsicherheit, Brandschutz, Bauvorlageberechtigung und zudem das erforderliche Aufgabenspektrum der am Bau Beteiligten und setzt naturgemäß deren privatrechtlichen Rechtsbeziehungen ( Abschn. 1.2.2) für die ordnungsgemäße Nachweisführung und Umsetzung der Grundpflichten im Sinne des Art. 49 BayBO voraus. Anzuführen ist, dass im bauaufsichtlichen Verfahren private Rechte Dritter außer Betracht bleiben. Diese dürfen allerdings dem Zweck der öffentlich-rechtlichen Regelungen nicht entgegenstehen.
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