347
Es stellt sich daher die Frage, was bis zu diesem Zeitpunkt mit dem Insolvenzplan geschieht, dessen Realisierung u.a. auch davon abhängen kann, welche Entscheidungen das Gericht im Eröffnungsstadium trifft.
348
Die Durchführung des Planverfahrens würde scheitern, wenn das Gericht bereits im Eröffnungsverfahren der Stilllegung des schuldnerischen Unternehmens zustimmen würde und im Zuge dieser Entscheidung die Arbeitsverhältnisse mit den beschäftigten Arbeitnehmern aufgelöst würden.
349
Die Realisierung des Planes wäre auch dann erheblich erschwert, wenn das Gericht dem vorläufigen Insolvenzverwalter die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis für das gesamte Unternehmen übertragen würde, und zwar einschließlich derjenigen Bereiche, die nach dem Plan von dem Schuldner fortgeführt werden sollen, da dann zunächst die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis vom Schuldner auf den vorläufigen Verwalter überging, um dann anschließend nach Bestätigung des Planes wieder auf den Schuldner zurückübertragen zu werden, wodurch das ohnehin krisengeschüttelte Unternehmen führungsmäßig noch weiter geschwächt würde.
350
Es ist deshalb geboten, dass sich das Gericht in diesen Fällen schon bei der Insolvenzantragstellung intensiv mit dem vorgelegten Insolvenzplan befasst und, sofern der Plan zulässig ist, nach einer Plausibilitätsprüfung seine Entscheidungen auf die vorgesehenen Regelungen des Plans bestimmt, um nicht das für wahrscheinlich gehaltene Abstimmungsergebnis der Gläubiger durch konträre Maßnahmen zu durchkreuzen.
351
Wenn es keine Gründe gibt, die gegen den Schuldner sprechen, wird es daher sachgerecht sein, wenn das Gericht dem Schuldner bei frühzeitiger Insolvenzplanvorlage bis zur endgültigen Entscheidung der Gläubiger über den Insolvenzplan die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über den Teil des Unternehmens, der fortgeführt werden soll, belässt, während dem vorläufigen Insolvenzverwalter die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis für die übrigen Unternehmensteile übertragen wird.
352
Das Beispiel zeigt, dass dem Insolvenzgericht bereits mit Antragstellung eine Art Vorprüfungskompetenz in Bezug auf den Insolvenzplan zukommt, die sich nicht auf die grobe Zulässigkeitsprüfung des § 231 InsO, wonach der Plan nur bei offensichtlichen Mängeln zurückgewiesen werden kann, beschränkt. Das Insolvenzgericht muss sich bereits im Vorfeld der Verfahrenseröffnung wegen der Folgewirkungen der eigenen Entscheidungen mit den Regelungen des Insolvenzplanes auseinandersetzen und kann damit nicht bis zur Entscheidung über die Bestätigung des Planes zu warten.
353
Hieraus ergibt sich eine erhebliche Verantwortung des Insolvenzrichters, der mehr als bisher mit komplizierten betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen konfrontiert wird und innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums über die weiteren Maßnahmen entscheiden muss. Er wird in Fällen wie dem o.g. regelmäßig auf Gutachten wirtschaftlich versierter Insolvenzpraktiker oder auf das Gutachten eines Wirtschaftsprüfers zurückgreifen müssen, wenn der Plan einer Überprüfung bedarf.
354
Eine solche schuldnerfreundliche Vorprüfung durch das Gericht scheidet dann aus, wenn Missmanagement und Fehlverhalten des Schuldners offenbar sind. Wird das Gericht einen vorläufigen Verwalter einsetzen, dem nicht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übertragen wird, kann es ihm aufgeben zu prüfen, ob der vorgeschlagene Sanierungsplan verwirklicht werden kann.
3. Vorlage des Insolvenzplans durch den Sachwalter
355
Im Rahmen der Eigenverwaltung des Schuldners kann die Gläubigerversammlung den Auftrag, einen Insolvenzplan zu erstellen, sowohl an den Schuldner als auch an den Sachwalter richten (§ 284 Abs. 1 InsO; Flessner in HK, § 218 Rz. 8).
356
Für den Fall, dass der Schuldner mit der Insolvenzplanerstellung beauftragt ist, wirkt der Sachwalter beratend mit (§ 284 Abs. 1 Satz 2 InsO) und ihm obliegt die Überwachung der Planerfüllung (§ 284 Abs. 2 InsO).
357
Mit der Einschaltung des Sachwalters, entweder bei der Erstellung des Insolvenzplans oder in der Form der Mitwirkung bei dem Schuldnerinsolvenzplan, wird unterstellt, dass der Sachwalter besser als der Schuldner geeignet sein kann, die widerstreitenden Interessen der Gläubiger auszugleichen.
4. Vorlage des Insolvenzplans durch den Gläubiger
358
Die ursprünglich vorgesehene Möglichkeit, dass mindestens 5 absonderungsberechtigte Gläubiger mit einem qualifizierten Stimmrecht oder Personen, die am Schuldner mit einer Kapitalbeteiligung von mindestens 1/5 am Kapital beteiligt sind, berechtigt sein sollten, einen Insolvenzplan vorzulegen, hat in der InsO keinen Eingang gefunden. Hintergrund ist die Erkenntnis, dass die mögliche Planvielfalt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Regelfall nicht die Effektivität des Insolvenzverfahrens erhöhen wird.
359
Die einzelnen Gläubiger haben jedoch die Möglichkeit, über den Weg der Gläubigerversammlung die Ausarbeitung eines Insolvenzplans mit konkret vorgegebenen Zielen durch den Insolvenzverwalter zu erreichen (§ 157 InsO).
360
Aufgrund des Beschlusses, den Insolvenzverwalter mit der Ausarbeitung eines Insolvenzplans zu beauftragen, kann der Verwalter wegen seiner Sachkenntnis den Plan grundsätzlich inhaltlich frei gestalten. Die Gläubigerversammlung kann jedoch das Ziel des Plans vorgeben (§ 157 Satz 2 InsO).
361
Die Gläubiger haben im Wege der Zielvorgabe die Möglichkeit, auf den Insolvenzplan einzuwirken. Diese Befugnis schließt auch die Möglichkeit ein, dem Insolvenzverwalter den Entwurf eines Insolvenzplans vorzulegen mit dem Auftrag, diesen auszuarbeiten.
362
Auf diesem Wege können auch einzelne Gläubiger über die Gläubigerversammlung die Verwirklichung eines von ihnen entworfenen Insolvenzplanes erreichen.
363
Der Insolvenzverwalter ist berechtigt, sofern er bei der Ausarbeitung zum Ergebnis kommt, dass der von den Gläubigern angestrebte Insolvenzplan betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll ist, von den Vorgaben der Gläubigerversammlung abweichend einen Alternativplan vorzulegen
364
Die Gläubigerversammlung ist nicht befugt, dem Insolvenzverwalter die Vorlage eines Insolvenzplanes zu untersagen.
365
Die Gläubigerversammlung kann den Verwalter beauftragen, einen Insolvenzplan zu erstellen. Selbst wenn sie diesen Auftrag widerruft, ergibt sich wegen des Eigeninitiativrechts des Verwalters keine Verpflichtung, die Erstellung eines Insolvenzplans zu unterlassen.
366
Die Konkurrenz verschiedener Pläne, die von dem
– |
Schuldner, |
– |
Verwalter, |
– |
Verwalter im Auftrag der Gläubigerversammlung, |
– |
Verwalter im Auftrag der Gläubigerversammlung auf Initiative des Gläubigers |
vorgelegt werden, lässt sich nicht vermeiden, zumal die Meinungskonkurrenz nützlich sein kann. Die Auswahl des zu bestätigenden Insolvenzplans kann nicht durch das Gericht, sondern muss wegen der gesetzlichen Konzeption des gläubigerautonomen Insolvenzverfahrens auf eine nachvollziehbare Gläubigerentscheidung zurückgehen.
1› G› IX. Gliederung der Insolvenzplans
IX. Gliederung der Insolvenzplans
367
Der Insolvenzplan besteht aus dem darstellenden Teil und dem gestaltenden Teil. Ihm sind die in den §§ 229 und 230 InsO genannten Anlagen beizufügen.
368
Die Vorschrift über die Aufgliederung des Plans in den darstellenden Teil, den gestaltenden Teil und die Anlagen ist zwingend. Sie dient der vollen Information der Beteiligten über die Grundlagen, den Gegenstand und die Auswirkungen des Plans. Dies bedeutet, dass der Insolvenzplan klar gegliedert und übersichtlich sein muss, wobei der darstellende Teil Vorrang hat und der gestaltende Teil den Plan komplettiert.
Читать дальше