Es wird deutlich, dass aufgrund der vielfältigen Materialien und Kombinationsmöglichkeiten eine große Bandbreite an Eigenschaftswerten entsteht. In Normen und allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen werden anzusetzende Eigenschaftswerte bzw. Mindesteigenschaftswerte festgelegt. Die hier aufgeführten Eigenschaftswerte gehen über Normanforderungen hinaus und sollen bei gesonderten Fragestellungen helfen, eine fachlich fundierte Antwort zu finden, wie z. B. bei der Beurteilung der Risssicherheit von Mauerwerk (Gebrauchstauglichkeitsnachweis), bei einer Schadensdiagnose oder aber bei genaueren Nachweisen für die Tragfähigkeit von Bauwerken. In Grenzfällen können durch einen ingenieurmäßig überdachten Ansatz geeigneter Kennwerte vorhandene Baustoffreserven ausgenutzt werden.
Nicht Gegenstand dieses Beitrags sind wärme- und schallschutztechnische Eigenschaftswerte sowie Eigenschaftswerte, die regelmäßig im Rahmen von Normen, Zulassungen etc. nachzuweisen sind, wie z. B. die Druckfestigkeit oder die Rohdichte.
2 Mauersteine
2.1 Festigkeitseigenschaften
2.1.1 Druckfestigkeit in Steinhöhe
Die Druckfestigkeit in Richtung Steinhöhe ist eine der wesentlichen Kenngrößen von Mauersteinen. Die Prüfung der Druckfestigkeit erfolgt nach DIN EN 772-1 [16] an ganzen Mauersteinen.
2.1.2 Druckfestigkeit in Steinlänge und -breite
Bei einigen Beanspruchungen von Mauerwerkbauteilen bzw. Bauteilbereichen, wie Scheibenschub, Biegung (Biegedruckzone) oder Teilflächenbelastung senkrecht zur Wandebene, können die Mauersteine in Richtung Steinlänge bzw. -breite auf Druck beansprucht werden. Die Prüfung der Druckfestigkeit in diese Richtungen erfolgt in Anlehnung an DIN EN 772-1 [16] an ganzen Mauersteinen.
Die Druckfestigkeit in Richtung Steinlänge und -breite ist im Allgemeinen kleiner als in Richtung Steinhöhe. Bei Vollsteinen resultiert herstellungsbedingt (Pressen, Strangpressen, Rüttelverdichtung oder Treiben) eine leichte Anisotropie. Die Form der Mauersteine hat ebenfalls einen großen Einfluss auf die Prüfwerte der Steindruckfestigkeit. Bei Lochsteinen resultieren je nach Lochanteil, Form der Lochung, Lochanordnung etc. weitaus kleinere Druckfestigkeitswerte.
Anhaltswerte von Druckfestigkeitsverhältnissen Stein- länge/Steinhöhe sind in [1] angegeben. Nach [1] lassen sich daraus folgende Zusammenhänge ableiten: Unabhängig vom Lochanteil kann für Hochlochziegel und Leichtbetonhohlblöcke kein Zusammenhang zwischen der Druckfestigkeit in Steinhöhe und der Druckfestigkeit in Steinlänge festgestellt werden. Für Mauerziegel, Kalksandvollsteine und Kalksandlochsteine ist das Druckfestigkeitsverhältnis Steinlänge/Steinhöhe von der Steindruckfestigkeit in Steinhöhe weitgehend unabhängig. Für Porenbetonsteine ergibt sich mit zunehmender Steindruckfestigkeit eine Abnahme des Druckfestigkeitsverhältnisses.
2.1.3 Zug-und Spaltzugfestigkeit
Für die Schub- und Biegetragfähigkeit von Mauerwerk kann die Steinzugfestigkeit in Richtung Steinhöhe und -länge maßgebend werden. Bei der Mauerwerkdrucktragfähigkeit ist wegen des entstehenden mehraxialen Spannungszustands die Steinzugfestigkeit in Richtung Steinbreite und -länge eine maßgebende Größe.
Die Prüfung der Zugfestigkeit ist nicht normativ geregelt. Je nach Anisotropie, Form und Lochung unterscheiden sich i. d. R. auch die Zugfestigkeitswerte richtungsabhängig.
Tabelle 1gibt den Stand der Auswertung nach [2] wieder. Die in Richtung Steinlänge bestimmten Zugfestigkeitswerte sind als Verhältniswerte bezogen auf die in Richtung Steinhöhe geprüften Druckfestigkeitswerte angegeben. In Tabelle 1sind zudem rechnerische Steinzugfestigkeitswerte bezogen auf die umgerechnete mittlere Steindruckfestigkeit nach DIN EN 1996-1-1/NA [17] aufgeführt. Bei diesen Werten handelt es sich um charakteristische Werte.
Mithilfe der angegebenen Verhältniswerte f bt,cal/f stkann die rechnerische Steinzugfestigkeit für die Ermittlung der charakteristischen Biegezug- und Schubfestigkeit bei Steinzugversagen abgeschätzt werden, vgl. Abschnitte 6.2.4 und 6.2.5. Um die Verhältniswerte ß z,l/ß D, st,p rüffür den Nachweis der Biegezug- und Schubtragfähigkeit ansetzen zu können, sind die Prüfwerte jeweils noch in charakteristische Werte umzurechnen. In Grenzfällen können durch Ansatz dieser Werte ggf. vorhandene Baustoffreserven ausgenutzt und höhere Biegezug- bzw. Schubfestigkeiten erzielt werden.
Tabelle 1. Mauersteine; Verhältniswerte Steinzug-/Steindruckfestigkeit nach [17] bzw. [2]
In bestimmten Fällen kann das Heranziehen der Spaltzugfestigkeit zur Abschätzung der Zugfestigkeit von Vollsteinen von Vorteil sein. Als Anhaltswert kann näherungsweise ein Verhältnis Spaltzugfestigkeit β sz,lzu Zugfestigkeit β z,lzwischen 1,1 und 1,3 angenommen werden, vgl. [1].
2.2 Verformungseigenschaften
2.2.1 Druck-Elastizitätsmodul
Der Elastizitätsmodul gibt das Verhältnis der einwirkenden Spannung zur resultierenden elastischen Dehnung an und ist allgemein bei Mauerwerk als Sekantenmodul bei einem Drittel der Höchstspannung unter einmaliger Belastung definiert. Der Druck-E-Modul von Mauersteinen wird im Druckversuch in Steinhöhe ermittelt.
Der Elastizitätsmodul von Mauersteinen beeinflusst die Steifigkeit von Mauerwerk maßgeblich. Für eine erste Abschätzung des Druck-E-Moduls von Kalksand- und Porenbetonsteinen können nach [1] die in Tabelle 2angegebenen Regressionsgleichungen angesetzt werden.
2.2.2 Querdehnungsmodul, Querdehnzahl
Zur Bestimmung des Querdehnungsmoduls von Mauersteinen unter einer Druckbeanspruchung in Richtung Steinhöhe wird die Spannung auf die zugehörige, quer zur Belastungsrichtung, d. h. in Richtung Steinlänge bzw. -breite, gemessene Dehnung bezogen.
Diese Kenngröße ist von maßgebender Bedeutung für die Drucktragfähigkeit von Mauerwerk. Bei einem ungünstigen Verhältnis der Querdehnungsmoduln von Mauermörtel und Mauerstein wird Letzterer stärker auf Zug beansprucht, was die Druckfestigkeit des Mauerwerks reduziert. Werte für den Querdehnungsmodul von Mauersteinen sind in Tabelle 3angegeben, vgl. [1].
Neben dem E-Modul spielt auch die Querdehnzahl μ der Mauersteine in Bezug auf die Mauerwerkdruckfestigkeit eine wesentliche Rolle. Die Querdehnzahl ergibt sich im Druckspannungszustand als Absolutwert aus dem Verhältnis von Querdehnung zu Längsdehnung bei einem Drittel der Höchstspannung. Wertebereiche für die Querdehnzahl verschiedener Mauersteine sind ebenfalls in Tabelle 3aufgeführt, vgl. auch [3].
Tabelle 2. Mauersteine; Regressionsgleichungen zur Bestimmung der Elastizitätsmoduln unter Druck- sowie Zugbeanspruchung in Abhängigkeit der Steindruckbzw. -zugfestigkeit bzw. des Druck-E-Moduls für die jeweilige Belastungsrichtung (aus [1])
Tabelle 3. Mauersteine; Querdehnungsmodul und Querdehnzahl (Wertebereiche aus [1] und [3])
2.2.3 Zug-Elastizitätsmodul
Der Zug-E-Modul von Mauersteinen ist analog zum Druck-E-Modul definiert und wird in einaxialen Zugversuchen bestimmt. Zwischen dem Zug-E-Modul und der Steinzugfestigkeit bei einer Zugbeanspruchung in Steinlänge bzw. dem Druck-E-Modul werden in [1] Zusammenhänge angegeben. Diese sind ebenfalls in Tabelle 2zusammengestellt.
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