Leider hatte ich selbst mit den Problemen mit meiner Schwiegermutter zu kämpfen, und das selbst hier, im Hause von Saina. Ich hatte Saina einige Geschenke mitgebracht. Eine Flasche Shampoo und ein paar meiner Kleidungsstücke, die ich ihr schenken wollte. Doch als ich sie ihr geben wollte, stellte ich fest, dass die Shampoo-Flasche in den Klamotten, die ich für sie in einer Tasche dabei hatte, vollständig ausgeleert war. Ich fragte Melhid, wer das gewesen sein könnte. Sie sagte mir, dass sie meine Schwiegermutter vorher gesehen hatte, wie sie sich an meiner Tasche zu schaffen gemacht hatte. Es konnte nur sie gewesen sein, sie allein war so wahnsinnig. Nach dem Mittagessen wollte meine Schwiegermutter zu einem Magier gehen, der in Sainas Dorf wohnte. Erst jetzt verstand ich den wahren Grund dafür, warum sie mit uns kommen wollte. Sie war ständig auf der Suche nach dem besten Magier, um schwarze Magie zu betreiben gegenüber allen, die sie als Feinde ansah und gegen die es zu kämpfen galt. Man sagte, dass dieser Magier einer der mächtigsten war und dass die Leute aus weit entfernten Gegenden zu ihm kamen. Sie wollte mich um jeden Preis mitnehmen, aber warnte mich zuvor: »Untersteh dich, Bilal etwas davon zu sagen!« Ich ließ Youns bei meiner Mutter. Meine Schwiegermutter sagte zu Bilal, dass sie wegen ihres Knies zu einem Heiler gehen wolle, der nur einen Steinwurf von Saina entfernt lebe, und er glaubte ihr. Wir wurden von einer Frau empfangen, die uns aufforderte, uns in einem Zimmer auf die Matten zu setzen. Der Magier trat ein und begrüßte uns freundlich. Er war ein sympathischer Mann, etwa fünfzig Jahre alt, und trug eine himmelblaue Djellaba und einen weißen Turban auf dem Kopf. Er setzte sich vor uns, kreuzte die Beine und fragte meine Schwiegermutter, was sie denn wissen wolle. Sie sagte: »Ich möchte wissen, was ich tun muss, um meinen Sohn an mich, seinen Vater und seine Geschwister zu binden. Wissen Sie, mein Sohn wohnt im Ausland und ich habe Angst, dass er nie wieder zu uns zurückkehrt oder nicht mehr regelmäßig Geld schickt.« Der Magier versicherte ihr, dass er sein Bestes tun würde. »Ach, und außerdem möchte ich die Zukunft dieses Mädchens kennen«, fügte sie hinzu und deutete dabei auf mich. Er sah mich die ganze Zeit an, während ich mich äußerst unbehaglich fühlte, dazu gezwungen, mich in Gegenwart dieses Magiers aufzuhalten, was ich freiwillig niemals gemacht hätte. Ich konnte es kaum erwarten, diesen Ort wieder zu verlassen. Dann fragte er: »Entschuldigen Sie bitte, wer ist dieses Mädchen?« und zeigte dabei ebenfalls auf mich. Sie sah mich erschrocken an und antwortet: »Das ist die Frau meines Sohnes, von dem ich eben gesprochen habe. Warum?« »Ich sehe, dass dieses Mädchen in einem weit entfernten Land, über dem Ozean, ihr Glück gefunden hat. Ich sehe, dass sie eine glückliche und segensreiche Zukunft vor sich hat.« Dann wandte er sich an mich und sagte: »Du bist ein Glückskind, meine Liebe, Gott hat dich gesegnet.« Er schüttelte den Kopf und blickte auf das Buch, aus dem er die Aufzeichnungen entnahm, um die Magie für meine Schwiegermutter zu erstellen. Sie hingegen erstarrte, als wäre sie soeben von einer giftigen Schlange gebissen worden. Sie konnte diese positive Vorhersage, die er mir spontan gemacht hatte, nicht ertragen. Sie befahl mir, hinauszugehen und sie allein zu lassen. Ich war glücklich, entlassen worden zu sein.
Am späten Nachmittag verabschiedeten wir uns von Saina und wanderten über die Berge, um die einzige asphaltierte Straße zu erreichen. Wir warteten auf ein Verkehrsmittel, doch es kam keines. Die Nacht brach herein und so entschieden wir, bei meinen Onkeln mütterlicherseits zu übernachten, die in der Nähe wohnten. Wir kamen in ihrem Dorf an, nachdem es bereits dunkel war. Erinnerungen an meine geliebte Großmutter stiegen in mir auf, die bereits verstorben war. Ihr großes Haus befand sich neben dem meinen Onkeln. Ich trat ein und fand das Haus leer vor, dabei überkam mich eine starke Melancholie und eine solche Sehnsucht nach meiner geliebten Großmutter. Ich stellte sie mir mit ihrem Stock in der Hand und ihrem Buckel vor, wie sie mit langsamen Schritten durch den großen Hof ging. Ich erinnerte mich an ihre Güte, ihre Liebe und die Ruhe, die sie auf uns Enkelkinder übertragen hatte. Mein beiden Onkel und deren Familien empfingen uns mit großer Freude und Gastfreundschaft. Früh am nächsten Morgen brachen wir mit dem ersten Transportmittel auf. Sobald wir im Haus meiner Schwiegereltern angekommen waren, bereitete die Schwiegermutter ihre Magie vor. Sie gab etwas Wasser in eine Schüssel und wusch ihr verschmutztes Gesicht, ihre rechte Hand und ihren dreckigen rechten Fuß. Alles nach Anweisung des Magiers. Dann lag sie in dieses Wasser ein Stück Papier, auf dem der Magier etwas mit einer besonderen Tinte geschrieben hatte, und löste diesen Zettel im Wasser auf. Danach bereitet sie mit diesem Dreckwasser einen Kaffee zu und befahl mir, ihn zu trinken. »Untersteh dich, Bilal gegenüber auch nur ein Wort über den Inhalt dieses Kaffees zu erwähnen!« Ich traute meinen Augen nicht, während ich sie voller Entsetzen ansah. Mir drehte sich der Magen um, als ich nur an ihre stinkenden Füße dachte, die sie seit Tagen nicht mehr gewaschen hatte und in diesem Wasser abgewaschen hatte, das ich nun trinken sollte. Ich weigerte mich, doch sie bestand darauf. Ich sah sie mitleiderregend an und fragte, wozu das gut sein solle. »Damit du und Bilal nicht mich und meine Familie vergesst!« »Aber ich muss doch nicht dieses Zeug trinken, nur um euch nicht zu vergessen. Ich bitte dich, Mama Tamo, ich verspreche dir, alles dafür zu tun, dass Bilal euch immer besuchen kommt und regelmäßig Geld schickt, aber ich bitte dich, lass mich das nicht trinken.« Ich kam nicht gegen sie an. Sie drohte mir, sich an mir zu rächen, wenn ich nicht gehorchte. Ich schloss die Augen, hielt mir die Nase zu und trank diese Schweinerei in einem Zug aus. Ich glaubte sterben zu müssen, wenn ich nur daran dachte, den Dreck von dieser Person getrunken zu haben, die ich in diesem Moment so sehr hasste. Meine Schwägerin Soubida sah mich mit angeekeltem Gesichtsausdruck an. Ich drehte mich um und wollte mich übergeben, doch die Schwiegermutter packte mich am Arm und hielt mich zurück. »Wage es nicht, dich zu übergeben! Behalte es drinnen, damit es wirken kann!« »Verdammt! Es geht mir schlecht! Welche Wirkung willst du denn noch?« »Sprich nicht in diesem Ton mit mir! Oder hast du vergessen, wer ich bin?« Sie hielt sich für eine Heilige mit magischen Kräften, die sie von ihren Vorfahren geerbt hatte. Meiner Meinung nach war sie das Gegenteil, eine psychisch kranke Frau, doch niemand unterstützte mich in dieser Annahme. Ich konnte mit niemandem darüber sprechen. Mit wem denn? Mit ihren Kindern, die genauso verrückt waren wie sie? Mit ihren Nachbarn, die sie um jeden Preis mieden? Inzwischen war Bilal zurückgekehrt, und sie bot auch ihm ihren verzauberten Kaffee an. Ich konnte ihn nicht davon abhalten, ich musste schweigen, während ich mir den Bauch hielt vor Krämpfen und mit der Übelkeit kämpfte, es ging mir so schlecht, ich hätte tot umfallen können. Bilal setzte sich auf die Schwelle vor der Eingangstür in die Kühle des Abends, dort wo ich saß, während meine Schwiegermutter überwachte, dass ich mich nicht übergab. Er fragte mich: »Was hast du? Geht es dir nicht gut?« Ich sah weg und sagte: »Ich glaube, ich habe etwas gegessen, das ich nicht gut vertrage.« Seine Mutter presste ein falsches Lächeln heraus und ermutigte ihren Sohn, den Kaffee zu trinken. Nachdem er einen Schluck probiert hatte, spuckte er ihn auf den Boden. »Pfui Teufel! Weißt du nicht mehr, wie man Kaffee kocht, Mama?« Er ging in die Küche und sagte: »Ich mache mir einen neuen.« »Nein! Wir haben ihn alle getrunken und keiner hat sich beschwert. Trink! Ich mache dir später einen anderen.« Lügnerin. Ich war die Einzige, die ihn getrunken hatte und er sollte den Rest trinken. Er goss ihn ins Waschbecken und machte sich einen neuen. Ihr ging es schlecht, da ihr Plan nicht aufgegangen war, und das, wo sie doch dem Magier eine große Menge Geld gezahlt hatte. Die Leidtragende war jedoch ich, da ich ihre Schweinerei in meinem Magen ertragen musste. Seltsamerweise rief Kaffee bei mir ab diesem Tag des Öfteren Panikattacken hervor. Bis heute.
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