Aicha Laoula
Im goldenen Käfig
Meine Befreiung von tödlichen Intrigen und Traditionen
Die Namen einiger in diesem Buch erwähnten Personen wurden aus Gründen der Persönlichkeitsrechte geändert.
Zunächst einmal möchte ich dieses Buch mir selbst, Aicha Laoula, widmen, meiner Freiheit als Frau und als Mensch. Mit diesem Buch wollte ich an meine durch die Sklaverei zerstörte Kindheit erinnern und über meine Jugend, die einer Zwangsehe geopfert worden war.
Ich widme es meinen Kindern: den beiden, die noch leben, und den beiden, die sterben mussten, die aber in meinem Herzen weiterleben, was auch für meine zwei ungeborenen Kinder gilt. Ich widme es meinem jetzigen Ehemann, der mir treu ist und der mich liebt. Ich widme es auch meinen Schwestern und Brüdern sowie meinem geliebten Vater, der mir durch seine Liebe die Kraft zum Leben gab, und meiner Mutter, weil sie mich auf die Welt brachte.
Vor allem aber widme ich dieses Buch allen Frauen, die heute noch unterdrückt werden, den jungen Mädchen, die nach wie vor zu Zwangsehen genötigt werden. Ich widme es allen Kindern und Jugendlichen, die heute noch versklavt werden. Ich widme es allen Menschen, die aufgrund ihrer Familie oder aufgrund von Traditionen, politischen oder gesellschaftlichen Rahmenbedingungen nicht frei sein können. Ich widme es allen Personen, egal ob Mann oder Frau, alt oder jung, die in Frieden und Harmonie leben möchten. Ich widme dieses Buch auch dem Schutz der Tiere und der Natur. Ich widme es der Brüderlichkeit und Toleranz zwischen Nationen, Religionen, Ethnien und Kulturen. Gott möge unsere Anstrengungen segnen, eines Tages in einer Welt der Liebe und Freiheit zu leben. Amen.
Ankunft in der Schweiz
Bilals Ex
Die Schwangerschaft
Lesen und Schreiben
Der Frühling
Freunde
Die Geburt
Urlaub in Marokko
Die Schulden
Die Lähmung
Der Umzug
Neue Welten
Der Psychiater
In Marokko
Die Schwangerschaft und die Geburt
Der tragische Urlaub in Marokko
Der Umzug
Die Geburt
Ihr Sohn wird nicht leben
Meine Mutter in der Schweiz
Der Schwiegervater in der Schweiz
Mein Bruder Hmad
Meine Reise nach Marokko
Bei Hmad in Italien
Hussein
Mounir
Die Anzeige
Die Schwangerschaft
Einlieferung in die Psychatrie
Die Geburt
Therapie gegen die Ängste
Der schreckliche Tag
Die Rehabilitation
Meine Mutter
Der Umzug
Die Tragödie in Italien
Die Genesung von Mounir
Die lang ersehnte Freiheit
Rückkehr zur Arbeit
Invalidität
Der Führerschein
In Marokko
Schweizer Staatsbürgerschaft
Bilal erkrankt
Die Staatsbürgerschaft
Die Stunde der Wahrheit
Meine Freiheit ist nah
Mein neues Leben
In Marokko
Schwangerschaft und Trauer
Die Veröffentlichung meines ersten Buches: »Verkauft!«
Mein zweites Buch
Die grösste Prüfung vor meiner vollständigen Befreiung
Einige Worte über alte Menschen
Die Welt meiner Träume
Antworten auf die Fragen
Mein Dank
Ein Wort von Gabriel Palacios
Ein Wort von Aichas Hausarzt
Ein Wort von Dr. h. c. L. F.
Ein Wort von Moana Ingrid
Ein Wort von Aichas heutigem Ehemann
MET-Klopftherapie
Ich war 16 Jahre alt, als ich zum ersten Mal nach Europa kam. Mein Mann Bilal und ich waren vom Flughafen in Marrakesch nach Genf geflogen, wo wir zwischenlandeten, um anschließend nach Zürich weiterzufliegen. Das Herz schlug mir bis zum Hals, meine Gefühle wechselten zwischen Freude und Angst vor all den neuen Dingen, die mich erwarteten. Meine Entdeckungsreise der neuen Welt, in die ich innerhalb weniger Stunden katapultiert wurde, begann bereits am Flughafen in Zürich. Ich war buchstäblich überwältigt von seiner Schönheit und seiner Größe und vor allem von der Tatsache, dass alles glänzte und blitzsauber war. Mein Blick wurde sofort auf ein Modellflugzeug gelenkt, das in der Mitte der Decke dieses großen Gebäudes ausgestellt war. Ich war verblüfft und fasziniert vom Anblick der Rolltreppen, die ich zum ersten Mal in meinem Leben sah. Starr vor Verblüffung beobachtete ich, wie sie die Menschen nach oben und unten trug, ohne dass auch nur die geringste Anstrengung nötig war, die Stufen hinauf oder hinunterzusteigen. Es fiel mir nicht leicht, mir vorzustellen, auf diesen sich bewegenden Stufen hinaufzufahren, ich hatte Angst, zu stolpern und zu fallen. Doch ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und ließ mich inmitten der Menschen von den Stufen tragen, während sich mein Mann hinter mir um den Gepäckwagen kümmerte. Ich bemerkte, dass die Menschen hier eher ruhig und leise sprachen. Auch die Art sich zu kleiden unterschied sich von der, die ich aus Marokko kannte. Die Kleidung war hier eher dunkel und es fehlte diese Lebendigkeit leuchtender Farben, die ich von uns, speziell von meinem Volk, den Berbern, kannte. Außerdem stellte ich fest, dass die meisten Frauen Hosen trugen, nicht wie bei uns, wo man in den Städten lange bunte Djellaba trug, und in den berberischen Dörfern trugen die Frauen knöchellange Röcke in leuchtenden Farben und die Männer eine Djellaba, die ebenfalls bis zum Knöchel reichte. Zum ersten Mal sah ich so viele Menschen, die meisten hatten helles Haar und ebenso helle Augen und Haut, und es kam mir vor, als hätten sie seit langer Zeit keine Sonne gesehen. Ich beobachtete diese völlig neue Welt um mich herum, während mein Gehör versuchte, diese neuartige Sprache zu verstehen, die überall um mich herum ertönte. Ich fragte Bilal, welche Sprache das sei und er sagte, es wäre Deutsch. Ab dem ersten Moment erschien mir diese Sprache recht beschwerlich. Ich fragte mich, ob ich jemals in der Lage wäre, sie zu erlernen, wo ich doch nun in diesem Land leben würde. Ich bemerkte, dass es überall sehr sauber und ordentlich war, selbst auf der Straße, und das gefiel mir gut. Alles war in perfekter Ordnung, niemand stieß mit den Ellenbogen, während die Menschen in der Bahn ordentlich ein- und ausstiegen, einer nach dem anderen. Mir war sofort bewusst, dass dieses Volk hier sehr zurückhaltend war, im Vergleich zu uns in Marokko, wo die Menschen offener und kommunikativer sind. Bei uns begannen die Leute Gespräche, ganz gleich, wo sie waren: unterwegs, während sie auf öffentliche Verkehrsmittel warteten, während des Einkaufs, immer und überall. Auch wenn man sich nicht kannte, man unterhielt sich sofort über sein Privatleben und persönliche Angelegenheiten und tauschte Erfahrungen aus und bat sein Gegenüber um Rat. Diese Art der Kommunikation ist praktisch wie das Lesen der Tageszeitung oder das Lauschen der Nachrichten im Lokalradio. Alle sind über alles und jeden informiert.
Der Zug fuhr lautlos von Zürich in Richtung Schaffhausen ab, mit einem Tsch-tsch und dem leichten Brummen der Schienen, das mir ebenfalls neu war. Vom Zug aus blickte ich auf die schöne Stadt Zürich, eingehüllt in einen Schleier von Schnee, der gerade frisch gefallen war. Auch wenn sich die Bauweise und die Architektur der Stadt von den Städten, die ich kannte, unterschieden, gefiel sie mir. Außerhalb der Stadt tat sich eine wunderschöne Landschaft auf, schneebedeckt, unter dem Bäume hervor blitzten, die auf mich wirkten, als wäre kein Leben in ihnen. Eine magische Landschaft grenzenloser Wälder, eine einzigartige Natur, ganz anders als die meines Landes, das eine Steinwüste mit trockener Erde ist, das ich aber doch so sehr für seine Wärme und die Sonne liebte, die jeden Tag schien.
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