Aaron M. Gale
Matthäus 1
1Dies ist das Buch der Geschichte Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams.
2Abraham zeugte Isaak. Isaak zeugte Jakob. Jakob zeugte Juda und seine Brüder. 3Juda zeugte Perez und Serach mit der Tamar. Perez zeugte Hezron. Hezron zeugte Ram. 4Ram zeugte Amminadab. Amminadab zeugte Nachschon. Nachschon zeugte Salmon. 5Salmon zeugte Boas mit der Rahab. Boas zeugte Obed mit der Rut. Obed zeugte Isai. 6Isai zeugte den König David.
David zeugte Salomo mit der Frau des Uria. 7Salomo zeugte Rehabeam. Rehabeam zeugte Abija. Abija zeugte Asa. 8Asa zeugte Joschafat. Joschafat zeugte Joram. Joram zeugte Usija. 9Usija zeugte Jotam. Jotam zeugte Ahas. Ahas zeugte Hiskia. 10Hiskia zeugte Manasse. Manasse zeugte Amon. Amon zeugte Josia. 11Josia zeugte Jojachin und seine Brüder um die Zeit der babylonischen Gefangenschaft.
12Nach der babylonischen Gefangenschaft zeugte Jojachin Schealtiël. Schealtiël zeugte Serubbabel. 13Serubbabel zeugte Abihud. Abihud zeugte Eljakim. Eljakim zeugte Azor. 14Azor zeugte Zadok. Zadok zeugte Achim. Achim zeugte Eliud. 15Eliud zeugte Eleasar. Eleasar zeugte Mattan. Mattan zeugte Jakob. 16Jakob zeugte Josef, den Mann Marias, von der geboren ist Jesus, der da heißt Christus.
17Alle Geschlechter von Abraham bis zu David sind vierzehn Geschlechter. Von David bis zur babylonischen Gefangenschaft sind vierzehn Geschlechter. Von der babylonischen Gefangenschaft bis zu Christus sind vierzehn Geschlechter.
Mt 1,1–17Die Genealogie Der Stammbaum ist ungewöhnlich, da er sowohl Frauen als auch Nicht-Juden umfasst und auf moralisch fragwürdige Umstände anspielt. 1,1Geschichte, gr. geneseōs (wörtl. „Stammbaum“) ist eventuell eine Anspielung auf das Buch Genesis. Christi, von gr. christos, hebr. maschiach, übers. „Gesalbter“; (vgl. Mt 1,16–17; Anm. zu 3,14; Anm. zu 8,20; Anm. zu 11,14–15; Mt 16,16; Anm. zu 17,12–13; Mt 26,63–64; vgl. ferner Dan 9,25–26 [LXX]; 11QMelch 2,9–13). Dieser Begriff wird im Tanach (in der Hebräischen Bibel) nie für den zukünftigen idealen davidischen König gebraucht, anders als in der rabbinischen Literatur (z.B. bSuk 52a über den „Messias, den Sohn Davids“; vgl. ferner Mt 9,27; 12,23; 15,22; 17,15; 20,30; 21,9; vgl. TestSal 20,1). David, traditioneller jüdischer Glaube nahm an, dass der Messias von König David abstammen würde (Jes 11,1; Jer 23,5; bSuk 52a; bSan 97a), was vermutlich auf der Idee der ewig währenden Dynastie davidischer Könige in 2Sam 7,12–16 beruht. 1,2Abraham, vgl. Mt 3,9, wurde als Vater des Judentums betrachtet, wie die jüdische Literatur erkennen lässt (z.B. bNed 52a: „Unser Vater Abraham“). Lukas ( Lk 3,23–38) zeichnet Jesu Stammbaum bis Adam; von David bis Jesus sind die Stammbäume bei Matthäus und Lukas uneinheitlich. 1,3Tamar, antike Quellen halten sie entweder für nicht-jüdisch, für eine Proselytin oder eine Israelitin (Gen 38; Rut 4,12; 1Chr 2,4; LAB 9,5). Von ihrem Schwiegervater Juda empfängt sie Zwillinge (Gen 38,18; TestJud 12). 1,5Rahab, die kanaanäische Prostituierte, die loyal zu Josuas Boten war. Sie und ihre Familie werden bei der Zerstörung Jerichos verschont (Jos 6,25; RutR 2 zu Rut 1,1); bMeg 14b führt sie als Frau Josuas auf. Rut, eine moabitische Frau, die in nachbiblischen Texten als Proselytin betrachtet wird (WaR 59,9; bJev 47b; vgl. Rut 1,16–18). 1,6Frau des Uria, Bathseba, die Ehebruch mit David beging (2Sam 11,2–12,24; 1Kön 15,5; bSchab 56a; bQid 43a). 1,11Babylonische Gefangenschaft, 597, ein Jahrzehnt vor der Zerstörung des Ersten Tempels und dem Exil 586 v.u.Z. (2Kön 24,10–17). Nach jBer 2,4/5a ist die Zerstörung des Zweiten Tempels (70 u.Z.) der Beginn des Zeitalters der Messiaserwartung. 1,12Serubbabel, ist von davidischer Abstammung und wird als Erbauer des Zweiten Tempels betrachtet. Nach einigen biblischen Zeugnissen ist er auch eine messianische Figur (Hag 2,23; Sach 4,6–10). Aus der dritten hier aufgeführten Gruppe werden nur die Namen Jojachin, Schealtiël und Serubbabel im Tanach erwähnt. 1,16Jakob zeugte Josef, vgl. Gen 35,24; Matthäus spielt auf die Vorfahren Israels an. Josef, wenn auch nicht biologisch, so ist Josef doch gesetzlich der Vater Jesu. 1,17Vierzehn, vgl. oben „Der Stammbaum Jesu“. Von der babylonischen Gefangenschaft, Matthäus zählt im letzten Abschnitt nur dreizehn Generationen auf.
Stammbäume gibt es überall in der frühjüdischen, griechischen und römischen Literatur (z.B. Gen 10,1–32; 11,10–26; 25,12–18; Ex 6,16–25; Esra 7,1–5; 1Chr 1,1–9; Tob 1,1; Jdt 8,1; Bar 1,1; 2Esd 1,1–3; Quintilian, Inst. 3,7,10; Aeneis 7,1–4). Ihr Ziel ist es, Heldinnen und Helden in ihrer Bedeutung herauszustellen, indem sie ihre Vergangenheit verherrlichen und ihrer Erzählung Legitimität verleihen. Der Stammbaum in Mt 1,1–17(vgl. Lk 3,23–38) verortet Jesus als Nachkomme Abrahams und Davids und Symbolfigur der Geschichte Israels. Die Einleitungsworte zum Matthäusevangelium (biblos genēseōs, „Entstehungsbericht“) stellen dabei eine textliche Verbindung zur Schöpfungserzählung Gen 2,4 und dem Bericht über die Nachkommenschaft Adams in Gen 5,1 her.
Matthäus führt Jesu Abstammung auf den Patriarchen Abraham und damit auf ein Symbol für die jüdische Identität und Frömmigkeit ( Mt 3,9; 8,11–12; 4Makk 6,17.22; tNed 2,5; PesR 11,4) zurück. Zugleich ist Abraham aber auch der erste „Konvertit“, da er vom Götzendienst abließ, um sich Gottes Berufung zuzuwenden (Gen 12,1–4). So repräsentiert er sowohl die jüdische als auch die nichtjüdische Treue zum Gott Israels.Der Stammbaum Jesu bei Matthäus schließt auch vier Frauen mit ein, deren symbolischer Wert vielfältig ist. Zum einen haben mehrere dieser Frauen nichtjüdische Wurzeln: Tamar (Gen 28) ist möglicherweise Aramäerin oder Kanaanäerin, wenngleich sie auch zur Familie Israels gehören kann. Eine rabbinische Legende behauptet, dass sie eine Waise gwesen sei, die sich dem jüdischen Glauben zugewandt habe, um in Judas Familie einheiraten zu können (bSot 10a). Rahab (Ri 2–6) ist eine Kanaanäerin, Ruth eine Moabiterin und die „Frau des Uriah“, Bathseba, war mit einem Hethiter verheiratet (2Sam 11). Wie Abraham könnten die Frauen daher für die Einheit von Juden und Nichtjuden unter den Anhängern Jesu stehen. Die unerwarteten sexuellen Beziehungen dieser Frauen – Tamar hat eine Beziehung mit ihrem Schwiegervater, Rahab ist eine Hure, und Ruth, die moabitische Vorfahren (Gen 19) hat, bringt Boas in eine möglicherweise kompromittierende Lage (Ruth 3); Bathseba begeht Ehebruch mit David – deuten nicht auf sündhaftes Verhalten hin. Im Gegenteil, die jüdische Tradition preist diese Frauen (LAB 3,14; ARN 45 B; PesR 40,3-4). Außerdem nehmen sie die überraschende Empfängnis Jesu und Josefs anfängliche Weigerung, seine schwangere Verlobte zu heiraten, vorweg.Man kann den Stammbaum Jesu bei Matthäus auch als ein Beispiel für Gematrie ansehen, eine literarische Technik, die den hebräischen Buchstaben Zahlenwerte zuweist. Die Genealogie kreist um die Zahl 14, die Summe der hebräischen Konsonanten, die den Namen „David“ bilden: (Dalet = 4, Waw = 6, Dalet = 4). Vierzehn besteht aber auch aus zweimal sieben, wobei die Zahl sieben, die Anzahl der Wochentage, auch für die Vollkommenheit des Schöpfungswerks stehen kann. Um das Generationenmuster stabil bei 14 zu halten, muss Matthäus fünf Könige auslassen: Ahasja, Joasch, Amasja, Joas und Jojakim. Dazu enthält das dritte und letzte Set nur dreizehn Namen, was nahelegt, dass die vierzehnte und letzte Generation die der Kirche sein soll.
18Die Geburt Jesu Christi geschah aber so: Als Maria, seine Mutter, dem Josef vertraut[*] war, fand es sich, ehe sie zusammenkamen, dass sie schwanger war von dem Heiligen Geist. 19Josef aber, ihr Mann, der fromm und gerecht war und sie nicht in Schande bringen wollte, gedachte, sie heimlich zu verlassen.
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