Die Rage schwärmen unterdessen in die Menschliche Sphäre aus und zerstören alles und jeden, der sich ihnen in den Weg stellt. Gerard Marshall, der eine ranghohe Position bei Weyland-Yutani begleitet, bringt angesichts der Bedrohung eine ebenso gewagte wie undenkbare Möglichkeit ins Spiel – alle Sprungtore funktionsunfähig zu machen, um damit zu verhindern, dass die Rage weitere Sprünge in die Menschliche Sphäre unternehmen können.
Es ist ein Weltuntergangs-Szenario, doch je mehr Zeit verstreicht, umso mehr scheint man sich diesem Ausgang zu nähern.
AM ENDE DES ZWEITEN BUCHES …
Isa Palant und ein Trupp Soldaten um Majorin Akoko Halley werden auf ein Yautja-Habitat auf einem Asteroiden gebracht, um dort gemeinsam die Überreste eines geborgenen synthetischen Rage-Generals zu untersuchen.
Mains und Lieder opfern ihre Leben, um die Othello zu zerstören, dem Schwesternschiff der Macbeth , auf der Beatrix Maloney residiert, die Anführerin der Rage. Ein erheblicher Schlag gegen ihren Feind, doch selbst das reicht nicht aus …
Denn Beatrix Maloney plant, nun direkt in das Sol-System zu springen, und den Krieg auf die Heimatwelt der Menschen zu tragen.
Raumstation Hell, November 2692
Ich kann nicht auf ewig weglaufen .
Liliya saß auf der Brücke der Satan's Saviour , die riesige Yautja namens Hashori neben ihr, während sie auf dem Holo-Schirm vor dem Sichtfenster Zeuge der Raumschlacht wurde. Diese fand zehn Milliarden Meilen entfernt statt, aber alles nur wegen ihr selbst.
Alexander ist hinter mir her. Unablässig, ohne Gnade, und wird mich immer und überall finden .
Sie war aus eigenem Antrieb von dem Rage-Schiff Macbeth geflohen, um Beatrix Maloney und ihren verqueren, von Hass zersetzten Zielen zu entkommen. Sie hatte Alexander zu ihrer Verfolgung ausgesandt. Er und seine Armee waren ihr bis zum Rand der Menschlichen Sphäre gefolgt, hatten es irgendwie geschafft, ihr kleines Schiff in der Unendlichkeit des Weltalls aufzuspüren. Und nachdem sie sich der Gnade der Yautja auslieferte, verfolgte er sie weiter. Von Hashori mitgenommen zu werden und durch ein Sprungtor Lichtjahre weit zu fliehen, hatte ihn nicht abschütteln können.
Vielleicht ist jetzt wirklich der Moment gekommen, sich ihm zu stellen und zu kämpfen .
»Ich muss mit dem Rat sprechen«, sagte Jiango Tann. Obwohl er selbst kein Mitglied des Rates der Raumstation Hell war, hatte er doch die Verpflichtung, ihnen zu berichten, was er wusste.
»Aber wir können im Laufe der nächsten Stunde starten!«, lautete Captain Wares Einwand. Sie war die Anführerin einer kleinen Indie-Einheit, die die Tanns angeheuert hatten, um sie zusammen mit Liliya zum nächstgelegenen Stützpunkt von Weyland-Yutani zu bringen. Die Indies wirkten auf Liliya hart und schnodderig, aber sie hatte gleichzeitig das Gefühl, dass es sich um professionelle Leute handelte, die ihre Karriere sorgfältig gewählt hatten.
Trotzdem fühlte sie sich alles andere als sicher.
»Wir können jetzt nicht einfach verschwinden«, sagte Liliya. »Wenn wir das tun, werden Alexander und seine Armee uns bemerken und weiter verfolgen. Sie sind zu nah, als dass wir ihnen entkommen könnten. Und selbst wenn wir das könnten …« Sie verstummte.
»Selbst wenn wir es könnten?«, hakte Yvette Tann nach.
»Ich bin ihnen schon einmal entwischt«, sagte Liliya. »Doch er findet mich immer wieder.«
Jiango musterte sie von oben bis unten, als würde er sie nach etwas absuchen, was den Rage-General in die Lage versetzte, sie über Trillionen von Meilen durch das leere, kalte All hinweg aufzuspüren. Aber es handelte sich dabei nicht um etwas Sichtbares. Vielmehr vermutete sie, dass es etwas mit dem zu tun hatte, was sie stahl – es in ihre Venen zu injizieren war der beste Weg gewesen, den Rage die außerirdisch inspirierte Technologie zu entwenden. Doch damit hatte sie sich womöglich selbst der Verdammnis ausgeliefert.
Sie sah, wie Tann die Erkenntnis traf und er die Schultern sinken ließ.
»Dann also hier«, sagte Jiango. »Das ist der beste Ort, um sich ihnen entgegenzustellen.«
»Ja«, stimmte Liliya zu. »Besonders jetzt, da die Yautja eingetroffen sind.«
»Und wer sagt uns, dass diese Bastarde hier sind, um uns zu helfen?«, warf jemand der Crew ein. Es war Robo, die Frau mit dem mechanischen Arm.
»Das sagt Hashori«, erwiderte Liliya.
Robo warf einen Blick zurück auf die Yautja, die alle anderen auf der Brücke überragte. Das Misstrauen in ihren Augen war unübersehbar.
»Und woher sollen wir wissen, was dieses Ding wirklich im Schilde führt?«, fragte Robo.
Die Indie hatte recht. Die Yautja war undurchschaubar. Liliya hatte Unsagbares unter Hashori erlitten, und ihre synthetische Haut trug noch immer die Narben und Wunden ihrer anhaltenden und grausamen Folter. Doch sie hatte sie auch gerettet und zu dieser Station begleitet, obwohl sie sehr genau wusste, wie man sie hier empfangen würde.
Die Yautja musterte Robo mit zusammengekniffenen Augen, und ihre Kiefer bewegten sich dabei ein wenig. Sie packte ihren Kampfspeer fester, während sie wachsam ihren möglichen Feind beäugte.
»Wir müssen ihr vertrauen«, warf Jiango ein. »Ihr habt sie an Bord eures Raumschiffes gebeten. Wollt ihr jetzt wirklich einen Streit anzetteln?«
»Der echte Kampf findet da draußen statt«, sagte Liliya. Ihre Stimme war schwach, doch sie erregte die Aufmerksamkeit der anderen. »Die Rage kommen. Sie sind erbarmungslos und unaufhaltsam, und sie sehen mich als Gefahr an. Sonst hätten sie niemals Alexander und seine Armee ausgesandt, um mich zurückzubringen. Hier geht es nicht nur um Maloneys verletzten Stolz. Was die Yautja angeht – sie sind hier, um zu helfen. Darauf müssen wir vertrauen. Es wird nicht mehr lange dauern, bis Alexander nahe genug ist, um loszuschlagen.«
»Also liefern sich da draußen in zehn Milliarden Meilen Entfernung gerade die Verbündeten Ihrer Freundin, die Yautja, eine Schlacht mit unseren Feind?«, fragte Ware.
Liliya fragte Hashori in ihrer eigenen Sprache danach. Sie alle blickten die Yautja-Kriegerin fragend an, und diese nickte. Die Geste schien für sie ungewohnt, wie der Versuch, eine grundlegende Form menschlicher Unterhaltung nachzuahmen.
»Auf der Station seid ihr sicherer«, sagte Jiango.
»Sie wird auf der Satan's Saviour sicherer sein!«, rief Ware. »Wer weiß, was dieser Alexander auffahren wird? Ein direkter Treffer mit einer großen Atomrakete oder einem Partikelmodulator – und die Station ist Toast. Hier an Bord, bei uns, bleibt ihr immerhin die Chance, zu entkommen.«
»Ich muss mich mit dem Rat treffen«, wiederholte Jiango. »Sie warnen.«
»Dann warnen Sie sie«, entgegnete Ware und deutete mit dem Kopf auf Liliya. »Sie haben selbst gesagt, wie wichtig sie ist. Mir scheint, unsere Hauptsorge gilt im Moment ihr.«
Die Hauptsorge , dachte Liliya. Sie warf den Tanns einen Blick zu. Deren Leid war offensichtlich, denn sie wussten, dass es der Wahrheit entsprach.
Die Weltraumstation Hell, jener Ort, der ihnen so lange Zeit ein Zuhause gewesen war, mochte vielleicht dem Untergang geweiht sein, und doch war es von essenzieller Bedeutung, dass Liliya einer Gefangennahme entging.
»Seien Sie zurück, bevor die hier sind«, sagte Ware zu Jiango. »Ich meine es ernst. Wir werden nicht auf Sie warten.«
»Hätte ich auch nicht gedacht«, sagte Jiango. Er stand auf, noch immer die Hand seiner Frau haltend.
»Wenn der Angriff erst einmal angefangen hat, wird hier Chaos herrschen«, sagte Ware. Sie beobachtete weiterhin die Kämpfe auf dem Holo-Schirm. Selbst aus dieser Entfernung registrierten ihre Sensoren nukleare Detonationen und blendende Laser-Salven. Es war schwierig auszumachen, wer welche Partei war – Rage, Yautja, oder wer sich sonst noch den Kampfhandlungen angeschlossen haben mochte – und unmöglich zu sagen, wer die Oberhand hatte. Die Verlierer aber, die zu kurzen, grellen Wolken radioaktiven Gases aufflammten, bevor sie in der Dunkelheit des Alls verglühten, waren hingegen klar und deutlich auszumachen. »Ein Durcheinander. Die Wirren einer Schlacht. Das ist dann der Moment, wo wir verschwinden werden.«
Читать дальше