Katja Pelzer
Die Putzfrauen meiner Mutter
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Inhaltsverzeichnis
Titel Katja Pelzer Die Putzfrauen meiner Mutter Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Kapitel 72
Kapitel 73
Kapitel 74
Kapitel 75
Kapitel 76
Kapitel 77
Kapitel 78
Kapitel 79
Kapitel 80
Kapitel 81
Kapitel 82
Kapitel 83
Kapitel 84
Kapitel 85
Kapitel 86
Kapitel 87
Kapitel 88
Kapitel 89
Kapitel 90
Liebe Leserin, lieber Leser
Impressum neobooks
Die Putzfrauen meiner Mutter
von Katja Pelzer
„Es ist so schwierig, eine gute Putzfrau zu finden“, sagt meine Mutter. „Nein, wirklich“, sagt sie, rollt die Augen und schüttelt entnervt den Kopf.
Ich sage nichts. Es ist ja nicht so, dass ich es ihr nicht glaube. Es ist sogar ziemlich offensichtlich, wenn ich ihren Verschleiß so betrachte: hundertfünfzig Putzfrauen in vierzig Jahren. Das ist kein Pappenstiel oder wohl eher – kein Wischmopp-Stiel. Gerade hat sie wieder einer der Damen gekündigt. Der Grund: Die Dame wollte schwarz für sie arbeiten. Das geht natürlich nicht, sagt meine Mutter. Sie will ihre Haushaltshilfe ganz legal beschäftigen. Alles andere ist illegal. Man stelle sich doch bloß vor, der Frau passierte etwas. Sie fiele die Treppe herunter und bräche sich ein Bein.
„Dann bin ich dran“, sagt meine Mutter, als wäre genau das, in eben diesem Moment geschehen. Als wäre ihre aktuelle Putzkraft die Treppe heruntergestürzt und hätte sich mindestens den Hals gebrochen. Kurz bin ich schockiert. Dann besinne ich mich und erinnere mich daran, dass ja in Wirklichkeit gar nichts passiert ist. Es ja derzeit nicht mal eine Putzhilfe gibt.
„Aber du glaubst ja gar nicht, wie schwierig es ist eine gute Putzfrau zu finden“, wiederholt sie noch einmal mit unwesentlich mehr Pathos als beim ersten Mal. „Zu solchen Konditionen“, fügt sie dieses Mal hinzu.
Um ehrlich zu sein – nein – ich weiß tatsächlich nicht, wie schwierig es ist, eine gute Putzfrau zu finden. Ich habe noch nie im Leben eine gesucht. Nicht mal eine schlechte. Überhaupt keine. Das sage ich meiner Mutter in diesem Moment aber nicht. Sie würde mir ohnehin nicht zuhören, sondern einfach weiterreden. So ist das immer. Ein unendlicher mütterlicher Monolog. Meine Mutter interessiert sich einfach nicht sonderlich für mich.
Als Kind wurde mir immer eingebläut, dass man nicht „Putzfrau“ sagt. Kein politisch korrekter Begriff ist das. Zu einer Zeit, als es den Begriff „politisch korrekt“ in Deutschland noch gar nicht gab. In den USA möglicherweise schon. Dafür gibt es ihn dort mittlerweile nicht mehr. Er wurde durch den neuen Präsidenten, dessen Name nicht genannt werden darf, ad absurdum geführt. Weil für ihn Political Correctness gleichbedeutend ist mit Political Incorrectness.
Ich hatte also, wie gesagt, noch niemals eine Haushaltshilfe. Ich habe bisher keine gebraucht. Ich lasse nur selten und ungern andere Menschen in meine Wohnung. Wenn ich andere Menschen in meine Wohnung lasse, beispielsweise zu einer Abendessenseinladung, dann räume ich vorher auf. Die Vorstellung aber, für eine Putzhilfe extra aufräumen zu müssen, finde ich absurd. Schließlich sollte ja sie es sein, die Dreck und Chaos für mich beseitigt. Wofür sollte ich sie denn sonst einstellen? Da mache ich doch lieber einen Rundumschlag, räume auf, sauge und putze und fühle mich anschließend richtig gut – Stichwort: instant gratification. Auch so ein Anglizismus. Von meinem Mann, der ist nämlich Engländer. Und dem ist es bei uns sauber und aufgeräumt genug. Sagt er zumindest. Aber nur, wenn ich ihn frage.
Meine Mutter jedenfalls hat eine Putzhilfe. Ach, was sage ich, Putzhilfe! Putzhilfen hat sie. Also immer nur eine zur Zeit. Eine Art serieller Monogamie ist das. Bezüglich der Hilfe, die sie im Haushalt in Anspruch nimmt. In der Liebe ist sie tatsächlich überzeugte Monogame.
Und obwohl sie diejenige ist, die mir als Kind eingebläut hat, dass man „Putzfrau“ nicht sagt, ist sie heute diejenige, die „Putzfrau“ sagt.
Und dass, obwohl sie gerade gar keine hat.
Ach, und habe ich es schon erwähnt? Vor wenigen Wochen sagte sie dann zu mir: „Du glaubst ja gar nicht, wie schwierig es ist, einen guten Gärtner zu finden.“ Ich glaube als ich sie daraufhin fragend anlächelte, kam das ziemlich gequält rüber. Denn gedacht habe ich. Nein, jetzt nicht auch noch der Gärtner. Das Problem mit diesem war, dass er es im Rücken hatte und dass er in den Zeiten, in denen meine Eltern ihn wirklich gebraucht hätten, beispielsweise im Frühling, im Sommer und im Herbst nur sehr selten Zeit hatte. Im Winter dagegen tauchte er mehrmals in der Woche auf. Obwohl wirklich nichts zu tun war. Was soll ich sagen?
Es ist Frühsommer und jetzt hat meine Mutter den Gärtner durch einen Roboter ersetzt. Zumindest beim Rasenmähen. Die Blumen gießt sie wieder selbst. Auch das Unkraut jätet sie. Dass es gut für die Bienen und Schmetterlinge wäre, es stehen zu lassen, lässt sie nicht gelten. Sie zupft. Obwohl sie es an den Knien hat und doch jeder weiß, dass Unkrautzupfen nicht gut für die Knie ist. Doch meine Mutter geht tapfer in die Hocke und zupft, was ihre arthritischen Finger hergeben. Allerdings interessiert sie sich nicht erst seit des Gärtners Abgang so sehr für die aktive Gartenarbeit. Michelle Obama ist Schuld. Denn während der Amtszeit ihres Mannes hat die First Lady einmal ihre perfekt geformten Oberarme ihren Aktivitäten im Garten zugeschrieben. Also jätet meine Mutter und gräbt und setzt und pflanzt und hofft auf ein entsprechendes Ergebnis. Ich möchte sie nicht desillusionieren indem ich ihr sage, dass die wirklich bezaubernde First Lady (mittlerweile ja leider Ex-First Lady) sicher noch die eine oder andere Kraftübung auf sich nimmt, um solche Oberarme zu formen. Zumindest aber Liegestütze.
Meine Mutter betätigt sich ansonsten jedoch nicht sportlich. Also sage ich lieber nichts, denn generell sind die Vorzüge von Bewegung an der frischen Luft ja nicht von der Hand zu weisen. Und besser gärtnern als gar kein Sport.
Währenddessen dreht nun der Roboter seine Runden. Er sieht aus, wie eine gestauchte Version eines schwarzen Porsche Cayenne, findet meine Mutter, oder wie eine riesige schwarze Kröte, finde ich. Aber für meine Mutter zählen ohnehin vor allem seine inneren Werte: Robby ist gewissenhaft, gründlich, pünktlich und er macht fast keinen Mucks. Soweit die Vorteile gegenüber seinen menschlichen Kollegen. Meine Mutter jedenfalls ist voll des Lobs für Robby.
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