1 ...6 7 8 10 11 12 ...19 Sie schnaubt. >>Als eurem „nichtexistierenden“ Gespräch<< Sie macht tatsächlich Anführungszeichen in der Luft. >>der teilweise mental durchgeführt wird? Wohlgemerkt, nachdem klargestellt ist, dass du die Seherin dieser Burg bist? Eigentlich schon. Ich könnte mit der Wasserversorgung oder in der Küche helfen, aber das hier ist um ein Vielfaches spannender! << Sie grinst mich unschuldig an und Simonius hatte sich bereits aus dem Staub gemacht. Was mache ich jetzt mit diesem kleinen viel zu neugierigem Mädchen? Habe ich jetzt wirklich auch noch Lessa zusätzlich am Hals? Ich schüttle nur den Kopf. Ich weiß nicht, was ich tun soll, bis Jay mit seiner neunmalklugen Antwort parat kommt.
>>Doch nicht am Hals, Liebes! An der Backe eher! << Das ist also die Stimme aus dem Off, die auch eher als Jay Morgen bekannt ist.
>>Danke vielmals für deine Hilfe! Erkennst du nicht, dass wir so unser Gespräch nicht abhaken können? Oder willst du gar nicht mehr mit mir reden? << Ich kann auch zuckersüß.
>>Doch! Ich finde es süß, wie du es versuchst, aber immer noch zu gütig bist. << Damit geht Jay auf Lessa zu und kniet sich vor ihr nieder, um mit ihr auf Augenhöhe zu sein >>Lessa du weißt, dass du wie jeder andere hier Rechte und Pflichten hast und auch was passiert, wenn du eine deiner Pflichten vernachlässigst, richtig? <<
>>Ja, aber… << Sie zieht einen Schmollmund, der sie nur noch niedlicher macht.
>>Kein Aber! Was würde dir deine Mutter dazu sagen? Du bist doch bestimmt erst fünfzig Jahre alt. << Was?
>>Einundfünfzig seit einer Woche! << Meine Augen werden kugelrund nach Lessas Aussage voller Stolz. WTF! Wie bitte? Sie soll einundfünfzig Jahre alt sein?! Das kann nicht sein, dann müsste ich ein Besen auffressen!
Jay bedenkt mich kurz mit einem komischen Blick und versucht einen Lacher durch ein Husten zu verschleiern, darin ist er aber nicht so gut, bevor er sich wieder Lessa zuwendet. Einen Blick nach dem Motto: Glaub mir oder nicht, du wirst es noch sehen! Ich kenne diesen Blick. Er setzte ihn immer wieder ein, wenn ich im Universitätslabor annehme es werde ein ganz bestimmtes Ergebnis herauskommen und er mir bereits im Voraus gesagt, dass meine Annahme so was von falsch ist. Als Belohnung dafür, dass er Recht hatte, holte er sich immer einen Kuss von mir ab. Diese blieben nur nie harmlos, sondern wandelten sich in etwas Leidenschaftliches. Es ging jedoch nie weiter als das.
>>Ja, gut. Ich gehe ja schon. Mandy dürfen wir uns trotzdem immer noch duzen? << Der hoffnungsvolle Blick spricht Bände.
>>Ja, natürlich! << Ich lächle sie an.
>>Jupi!!!<< Sie springt einmal mit der Faust in die Luft und rennt auch schon davon. Ich blicke ihr nach. Wie um alles in der Welt sollte dieses kleine süße Mädchen einundfünfzig Jahre alt sein?!
>>Es liegt daran, dass sie kein Mensch ist. Die Entwicklung ist bei allen Wesen unterschiedlich. << Jay legt mir eine Hand auf den Rücken, während auch er Lessa nachblickt. >>Entweder liegt es daran, dass sie sich erst langsamer entwickeln kann, oder es hat vielmehr damit zu tun, dass sie so viel mehr Zeit sich so zu entwickeln, wie es sein soll. Immerhin ist die kleine Lessa unsterblich. Man muss Zeit für Fehler und Spaß bekommen! In der Menschenwelt ist sie nur fünf Jahre alt. Daher ist sie so, wie sie eben ist. << Er zuckt mit den Schultern als hätte er gerade nicht meine Welt erschüttert.
Jay lächelt wieder. Er scheint äußerst amüsiert zu sein, dass ich so verwirrt bin mit all dem Ganzen hier. Ich schaue hoch in den blauen wolkenlosen Himmel, vielleicht ist der auch nicht so wie man ihn annimmt und atme einmal tief durch, bevor ich Jay wieder anschaue.
>>Worüber willst du dich überhaupt mit mir unterhalten? Immerhin willst du nur unter vier Augen mit mir reden. Jetzt aber erst, was bist du eigentlich? Ich habe immer gedacht, du seist ein Mensch und nun bist du hier?! << Ich schüttle wieder den Kopf. >>Ok, ich weiß, dass auch Menschen hierher gelangen können, aber Simonius hat dich einen Nachtschatten genannt. << Ich starre ihn an, aber ich sehe nichts Ungewöhnliches an ihm. Er sieht genauso aus wie immer, wenn auch seine Kleidung im Moment aus einem altertümlich aussehenden Hemd und Lederhose besteht.
>>Was glaubst du denn, was ich bin? << Die Frage scheint so harmlos zu sein, während er sich am Kinn reibt und mich dabei aus halb geschlossenen Augen beobachtet.
>>Was soll ich dir dazu noch sagen? Du kannst meine Gedanken lesen und das können nur Vampire, aber du kannst doch kein Vampir sein! <<
>>Warum denn nicht? << Das hörte sich überhaupt nicht freundlich an. >>Immerhin habe ich dich auch in eine Vampyr verwandelt. <<
WAS. HAT. ER. GERADE. GESAGT? Vampyr. Vampyr ist die weibliche Bezeichnung der Gattung Vampire, also eine Frau, die ein Vampir ist. Ich bin was?
>>Was hast du gesagt? << Er hat das doch nicht wirklich gerade gesagt, oder?
Er schaut mir dabei bewusst in die Augen und hält meinem Blick stand. >>Mandy, du bist eine Vampyr! << Er macht eine kurze Pause, damit das nächste noch besser wirken kann. >> Du bist meine Vampyr! <<
Kann man eigentlich auf Knopfdruck ohnmächtig werden? An so etwas denke ich, wenn er plötzlich so eine Bombe platzen lässt… Noch besser: Kann man die Zeit wie in einem Film zurückspulen? Wie in einem Film, nur damit man dann einfach keine idiotischen Fragen stellt, auf die man gar keine Antwort haben will?
Also mir würde das zurückspulen bis zum Anfang des Lebens reichen?
Ist jemand dabei?
Kapitel 6
Verständnisse und Missverständnisse
Mandy
Vampyr.
Das Wort hallt in meinem Kopf nach.
Ich soll bitte schön was sein?! Er muss doch verrückt sein! Du wusstest es doch schon , sagt mir mein böses Unterbewusstsein.
Es stimmt. Das Gefühl kann ich jetzt nicht mehr abschütteln. Als ich hier aufgewacht war, hatte ich dieses eine Gefühl gehabt, dass an mir etwas anders ist, aber konnte es tatsächlich so fundamental sein? Ich sehe doch nicht anders aus? Das wäre irgendwie gruselig. Ich schaue meine Hände an, als wäre dort irgendeine Antwort für mich.
>>Nein. Du siehst immer noch so aus wie vorher. Zumindest hier in der Schattenwelt weist dein Aussehen keine Veränderung auf. <
>>Danke. Heißt das aber, dass ich in der realen Welt anders aussehen werde? << Das musste ich dann schon meinen Eltern erklären.
>>Naja bisher ist so etwas nicht wirklich vorgefallen. << Das ist ja mal eine so klare Antwort. Ich schnaube.
>>Und was meinst du mit nicht wirklich? << Ich mache dabei Anführungszeichen mit den Händen in die Luft.
>>Ach Mandy ich weiß doch auch nicht alles. Es gibt Personen, die sich nach der Verwandlung verändern wollen und dies auch können. Soweit ich weiß, passiert es nur durch den eigenen Willen und nicht allein durch die Verwandlung. Daher ist es bisher nicht vorgefallen, dass sich jemand nach der Wandlung in einen Vampir, ohne eigenes Zutun, verändert hat. Die Frage ist eher eine andere. << Er setzt sein Kopf schief und schaut mich wieder einmal mit diesem intensiven Blick an. >>Willst du dich verändern? <<
>>Nein. Ich bin so wie ich bin zufrieden. << Eigentlich, denn mein Körper passt zu mir. Ich fühle mich gut. Klar gibt es manchmal Momente, wo man etwas ändern wollen würde, speziell wenn gerade mal wieder jemand komische Bemerkungen macht, aber dann erkenne ich wieder, wie gut mein Körper zu mir passt. >>Du weißt aber schon, dass ich nicht vollständig menschlich bin? Es nie war? <<
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