Lebenspfand Robin Carminis Lebenspfand Ein Zeitreiseroman
Prolog
Kapitel 1 - 2015
Kapitel 2 - 2085
Kapitel 3 - 2015
Kapitel 4 - 2015
Kapitel 5 - 2085
Kapitel 6 - 2015
Kapitel 7 - 2085
Kapitel 8 - 2015
Kapitel 9 - 1976
Kapitel 10 - 2015
Kapitel 11 - 2085
Kapitel 12 - 2015
Kapitel 13 - 2015
Kapitel 14 - 2015
Kapitel 15 - 2015
Kapitel 16 - 1976
Kapitel 17 - 2085
Kapitel 18 - 1976
Kapitel 19 - 1976
Kapitel 20 - 1976
Kapitel 21 - 1976
Kapitel 22 - 1965
Kapitel 23 - 1965
Kapitel 24 - 1965
Kapitel 25 - 1965
Kapitel 26 - 1965
Kapitel 27 - 1965
Kapitel 28 - 1965
Kapitel 29 - 1965
Kapitel 30 - 1965
Kapitel 31 - 1976
Kapitel 32 - 1976
Kapitel 33 - 1993
Epilog - 2085
Impressum neobooks
Robin Carminis
Lebenspfand
Ein Zeitreiseroman
Robin Carminis
Lebenspfand
Ein Zeitreiseroman
Impressum
Texte: © Copyright 2019 by Robin Carminis
Umschlag: © Copyright 2019 by Robin Carminis
Verlag: Robin Carminis
c/o Behnke & Brandhorst Hörspiele GbR
Wörthstr. 16
33607 Bielefeld
zeitreisende@mail.de
Druck: epubli
eBook neobooks, Services der
neopubli GmbH, Berlin
Printed in Germany
ISBN Print 978-3-7485-2908-8
ISBN eBook 978-3-7485-8773-6
» Das Leben ist des Lebens Pfand.«
Johann Wolfgang von Goethe
Wenn er bloß nicht so verdammt eitel gewesen wäre. Wie viele Jahre hatte er nicht mehr an seine Vergangenheit gedacht? Mit der unerfreulichen Begegnung von gestern Nachmittag war alles schlagartig zurückgekommen. Warum nur hatte er dieses verflixte Buch geschrieben? Erst dadurch waren sie überhaupt in der Lage gewesen, ihn aufzuspüren. Wütend und erschöpft raufte er sich die dünner werdenden Haare. Aber geschehen, war geschehen. Von jetzt an hieß es, noch mehr auf der Hut zu sein. Womöglich war das erst der Anfang!
Trotz seiner inneren Anspannung riss er sich zusammen und setzte seine Arbeit fort. Nach einer Weile legte er das Schleifpapier beiseite und betrachtete sein Werk kritisch. Immer wieder hielt er es ins Licht und prüfte die Kanten. Seine Augen sagten ihm zwar, dass sie gut gelungen waren, aber auf sein Augenlicht allein, konnte er nicht mehr vertrauen.
Denn es hatte bereits begonnen! Dabei war er erst einundfünfzig. Blieb zu hoffen, dass ihm wenigstens noch ein paar Jahre mit seiner geliebten Frau vergönnt waren. Er rieb sich die juckenden Augenlider.
Die Ärzte, bei denen er Linderung seiner Schmerzen suchte, grübelten seit Monaten, woher die akute Trübung der Linsen kam. Sie fanden keine Antwort. Zudem waren das nicht die einzigen Beschwerden. Seine Organe lösten sich regelrecht auf. Leber, Nieren und die Lunge waren betroffen. Das Blutbild war völlig aus dem Gleichgewicht, die roten Blutkörperchen verschwanden förmlich. Auch sein Gedächtnis spielte ihm zusehends Streiche. Eindeutig erste Anzeichen eines rasant voranschreitenden Verfalls.
Die Mediziner standen hilflos vor Unmengen von Befunden - Röntgenaufnahmen, Angiogrammen, CT-Scans, EKGs, Blutwerte - und zuckten betreten die Schultern. Keine je bekannte Krankheit passte zu dieser massiven Anhäufung von Symptomen.
Ihn selber wunderte sein gesundheitlicher Zustand in keiner Weise. Er wusste längst, woran es lag. Und er hatte Vorkehrungen getroffen. Betty ahnte von alldem nichts. Bisher hatte er es geschafft, ihr sein Befinden erfolgreich zu verschweigen. Sie sollte sich keine Sorgen machen. Es würde ihr gut gehen. Finanziell war sie seit langem abgesichert.
Obwohl…erneut fiel ihm das gestrige Erlebnis ein. Hoffentlich reichten seine Maßnahmen. Denn die Zukunft war ab jetzt unberechenbar. Stetig im Fluss und ständig darauf lauernd, unerwartet zuzuschlagen. In dieser Hinsicht ging es ihm von nun an genauso, wie jedem anderen Menschen.
Er schob die düsteren Bedenken beiseite und fuhr konzentriert mit der Handfläche über das Ergebnis seiner Arbeit. Keine einzige Unebenheit war zu spüren. Perfekt!
»Na, wie habe ich das gemacht?«, sprach er seine Gedanken laut aus, obwohl sonst niemand anwesend war. Zufrieden wandte er sich nun dem antiken Sekretär zu, den er vor Jahren erworben hatte. Kurz nachdem sein Leben eine völlig unerwartete und schicksalhafte Wendung genommen hatte.
Lächelnd erinnerte er sich an den Tag, an dem er nach Tyler in Texas geschickt worden war. Betty, die junge Bibliothekarin in der Carnegie Public Library, hatte ihn schlichtweg aus der Bahn geworfen. Hübsch, ledig und genauso brennend an Geschichte interessiert wie er selbst. Es dauerte keine vier Wochen und sie waren verheiratet. Das Leben, welches er bis dahin geführt hatte, war mit einem Mal bedeutungslos geworden.
Behutsam passte er das Werkstück ein und nahm wohlwollend zur Kenntnis, dass es sich nahtlos einfügte.
Ein zaghaftes Klopfen holte ihn aus seinen Gedanken. Durch die geschlossene Tür seines Arbeitszimmers hörte er die Stimme seiner Frau.
»Thomas, bitte verzeih, dass ich dich störe. Magst du eine Tasse Darjeeling mit mir trinken? Ich habe gerade eine Kanne aufgebrüht.« Rasch schaute er sich prüfend um. Nichts, was Fragen aufwerfen würde, lag herum. Also ging er zur Tür und öffnete.
»Ich habe gar nicht gemerkt, wie schnell die Zeit vergangen ist. Eine Tasse Tee wäre wundervoll.«
»Wie lange kennen wir uns jetzt schon? Ich weiß doch, wenn du dich einmal in deine Arbeit verbissen hast, dann bekommen dich keine zehn Pferde aus deinem Zimmer.« Er nickte reumütig und verschloss hinter sich sorgfältig die Tür.
Im Wohnzimmer brannte der Kamin und Betty hatte Haferkekse gebacken. Sie goss ihm eine Tasse dampfenden Tee ein und setzte sich dann selber in den Ohrensessel gegenüber.
»Woran arbeitest du gerade?«, wollte sie wissen und reichte ihm den Teller mit dem Gebäck. Er winkte dankend ab, weil ihn ein ätzendes Sodbrennen plagte. Ihre Augen trafen sich und es tat einen Stich in seinem Herz. Er mochte sie nicht anlügen, aber es musste sein.
»Ich«, setzte er an, um eine plausible Antwort ringend, »ich wollte mich mal wieder mit einem anderen Thema beschäftigen. Da kam mir in den Sinn, dass ich schon ewig nichts mehr über die Verbindungen zwischen den einzelnen Kunstepochen recherchiert habe.«
»Ach wie schön! Für ein neues Buch? Mir fallen da direkt Manet, Matisse und eine zerbrochene Lesebrille ein, weißt du noch?« Betty lachte auf und griff nach ihrer Brille, die sie, wie immer, auf den Kopf geschoben hatte. Sie betrachtete das Stück in ihren Fingern und ergänzte: »Was war ich schüchtern damals. Ich hatte gerade erst die Stelle als Bibliothekarin angefangen, da wollte ich keinen Fehler machen.«
»Und dann stolpere ich in dich hinein und bringe dich so aus dem Konzept, dass du glatt die Expressionisten und Impressionisten vertauscht hast.«
»Ja, es muss wahrlich Schicksal gewesen sein, dass du diese uninteressante Provinzbibliothek überhaupt besucht hast«, nickte Betty und trank einen Schluck Darjeeling. Schmunzelnd lugte sie über den Tassenrand und beobachtete die Reaktion ihres Gatten. Dieser protestierte, wie erhofft, empört.
»Ich habe auf meinen Dienstreisen nie eine einzige Bücherei ausgelassen, egal wie unbedeutend sie auch sein mochte.« Bevor er fortfahren konnte, fiel Betty ihm ins Wort und beendete seinen, ihr wohlbekannten, Vortrag.
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