Urs Scheidegger - Ministerpräsident Stefano Gallo

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Dieses Buch ist eine Persiflage auf einen italienischen Gockel und widerspiegelt eine fast wahre Geschichte. Viel bewundert wurde er und ebenso sehr gehasst. Er war ein erfolgreicher Geschäftsmann. Ein Stehaufmännchen. Ein Liebestoller. Ein Lebemann. Ein Überheblicher, der seine Kleinwüchsigkeit durch Arroganz und Machogehabe ausglich. Ein europäischer Politiker, der der Welt erklärte, wie sie sein sollte. Ein eitler Mann, der mit der ehrenwerten Gesellschaft als Geschäftsmann wie auch als Politiker eng zusammenarbeitete. Korruption und Sex besiegelten schliesslich das Ende seiner Herrlichkeit.

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Ministerpräsident

Stefano Gallo

Eine fast wahre Geschichte über einen Gockel

Roman

Von Urs Scheidegger

Das Buch

Eine fast wahre Geschichte über das Leben eines der berühmtesten Europäers der Neuzeit, der sich zu einem der reichsten Männer emporarbeitete, der Freund der halben Welt respektabler und weniger ehrenwerter Politiker war, der sich allerdings nie recht bewusst war, wie weit er sich aus dem Fenster lehnen durfte. Er wähnte sich überirdisch und unsterblich und benahm sich deshalb schamlos und nahm sich rücksichtslos alles, was ihm in die Hände kam, warf es wieder zum Fenster raus, wenn es ihm nicht mehr behagte. Ein eitler Mann, der mit der ehrenwerten Gesellschaft als Geschäftsmann wie auch als Politiker eng zusammenarbeitete. Korruption und Sex besiegelten schliesslich das Ende seiner Herrlichkeit. Es sei denn, der liebe Gott hat Verbarmen mit ihm und seiner Seele, sollte er eines Tages an der Himmelspforte anklopfen.

Die Namen der Personen in diesem Buch sind frei erfunden. Weil der Roman auf einer wahren Lebensgeschichte basiert, sind Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Menschen zwar vorstellbar, aber dennoch rein zufällig und nicht unbedingt gewollt.

Der Autor

Jahrgang 1946. Ausbildung zum Bankkaufmann. Sechs Monate Südamerika. Drei Jahre New York City. Zehn Monate Weltreise. Über siebzig Länder besucht. Weiterbildung zum Reisefachmann und zum Erwachsenenbildner. Geschäftsführer Reisebüro und Product Manager Touroperating. IATA/UFTAA International Travel Consultant. Stv. Schulleiter Reisefachschule. Kursleiter und Dozent an Tourismusfachschule in Zürich. Schreiben, Fotografieren, Lesen, Sport und individuelles Reisen sind heute seine Leidenschaften. Seine bisher erschienenen Bücher sind auf den letzten Seiten des vorliegenden Buches aufgelistet.

Autor: Urs Scheidegger

Copyright: F0D3 2015 Urs Scheidegger

Umschlag: Urs Scheidegger

Auflage 2015

Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

Kapitel 1

Frühweises Kind

Im Jahr 1936 wurde Stefano Gallo im tiefen Süden Kalabriens in einem unwichtigen Landstädtchen in den Aspromonter Bergen, wo sich jeder kennt, geboren.

Der Ort liegt auf 715 Meter über Meer und zählte damals etwa 1250 Einwohner. Die meisten Leute leben von der Landwirtschaft und produzieren vor allem Honig, Käse, Olivenöl und Pilze. Touristisch gibt das Städtchen nicht viel her, im Sommer ist es vor allem Ausgangspunkt für Wanderungen im Parco Nazionale dell’Aspromonte, im Winter daselbst für Wintersport in sehr bescheidenem Rahmen.

Auf seinem Taufschein steht ein zweiter Vorname: Silvio. Traditionellerweise geben die kalabrischen Eltern ihren Kindern zwei oder drei Vornamen von Verwandten und manchmal von Heiligen. Der Name Stefano ist derselbe des Vaters, der Stefano Paolo Gallo hiess, und Silvio wurde von der Mutter, der Stella Maria Gallo, geborene Simeone, aus Dankbarkeit an ihren Vater, den längst verstorbenen Silvio Simeone, gewählt.

Stefano junior war der Erstgeborene der jungen Familie. Später folgten seine Schwester Maria Alessia und sein Bruder Andrea Paolo. Den Eltern war gleich bei der Geburt aufgefallen, dass der Drittgeborene von dunklerer Hautfarbe, grösser und schwerer war als sein Bruder und seine Schwester. Müsste wegen der Gene vonseiten meines Nonnos sein, meinte der stolze Vater Stefano Paolo Gallo, und Mutter Stella Maria lächelte dazu bestätigend.

Sein Vater war gelernter Automechaniker und der Fahrer und Besitzer des regionalen Linienbusses. Das kam so: Da er bereits eine kleine Garage und eine Tankstelle besass, wurde er nach mehrfachen Besprechungen und Evaluationen der dortigen Bürgermeister mit der für die Bergregion neuartigen Dienstleistung eines Busbetriebs betraut. Der offizielle Auftrag der regionalen Behörden bestand in einer Art von Sammeldienst für die in den abgelegenen Bergdörfern lebenden Menschen bis hinunter ans Meer ins rund 35 Kilometer entfernte Wirtschaftszentrum Réggio. Denn die Abwanderung der jungen Bevölkerung mangels geeigneter Berufsaussichten war beträchtlich, sodass es nur noch vereinzelt Lebensmittelläden und Händler gab, was wiederum hiess, dass sich die wenigen noch dort oben lebenden Leute in Réggio mit den im Städtchen nicht angebotenen Waren versorgen mussten. Und weil es sich für die Hauptpoststelle wegen der wenigen Briefe nicht lohnte, jeden Tag einen Postbeamten in die fernen Täler zu schicken, brachte Vater Stefano Paolo Gallo die abgehende Post nach Réggio und die ankommende zurück in die Berge. Während seiner Dienstzeit trug er als eine Art Uniform stets einen konventionellen, dunkelblauen Arbeitskittel.

Nebenbei amtete er auch als ehrenamtlicher Giudice di Pace seiner Gemeinde. Dieses Amt als Friedensrichter verschaffte ihm ein wenig Ansehen, aber auch vereinzelt Verachtung, vor allem dann, wenn er gegen eine ihm bekannte Person Stellung beziehen und urteilen musste. Manchmal ging es um Jäger, die ausserhalb der offiziellen Jagdsaison ein Wild erlegten. Wenn es sich dann um einen armen Bauern handelte, liess er schon mal Gnade vor Recht ergehen. Ein andermal musste er bei Familienstreitigkeiten einschreiten. Dank seines Berufs als Busfahrer besass er gute Menschenkenntnisse, was ihm in den meisten Fällen half, gerecht und ausgewogen zu urteilen.

Als Stefano junior in die Schule kam, durfte er ab und zu seinen Vater im Bus nach Réggio begleiten. Stefano junior war ein äusserst aufgewecktes Kind und bereitete seinen Eltern schon mal Sorgen, weil sie mit ihm nicht klar kamen. Auf einer der Fahrten über die kurvenreiche Strasse ans Meer hinunter, als keine Passagiere zugestiegen waren, bat er seinen Vater während der fast einstündigen Fahrt, einmal am Steuer drehen zu dürfen. Niemals, war die unumstössliche Antwort. Der Kleine blieb zuerst ruhig auf dem Sitz neben seinem Vater, was diesen irritierte, doch dann begann er doch noch zu zwängeln, wie schon so oft, wenn er nicht tun durfte, was er wollte. Sein Gesicht war röter als rot angelaufen. «Also gut, hör schon auf zu greinen, stell dich neben mich, um Gottes Willen.» Und so hatte der kleine Stefano wieder einmal gewonnen. Mit grosser Genugtuung spürte und beobachtete er, wie sich das aus seiner Kindessicht gigantische Fahrzeug nach links oder rechts bewegte, sobald er am Steuerrad drehte. Natürlich passierte nichts, denn der Vater bremste mit dem Fuss auf dem Bremspedal ab und hielt sicherheitshalber das Steuer mit einer Hand unter Kontrolle. Stefano junior fühlte sich grossartig und in seinem Übermut nannte er sich einen Helden, denn wer von seinen Schulkameraden hatte schon mal so ein Ungetüm von Bus eigenhändig gelenkt. Was er ihnen dann auch anderntags unter die Nase rieb.

Seine Mutter, Donna Stella wurde sie allenthalben respektvoll genannt, war Hausfrau, wie es sich in katholischen Familien auf dem Land gehörte. Seit dem Tod ihrer Mutter kleidete sie sich traditionell in Schwarz. Die Möglichkeit, einen Beruf zu erlernen oder ein Studium zu absolvieren, waren ihr nicht vergönnt. Neben dem Haushalt und der Erziehung ihrer drei Kinder bediente sie bei Abwesenheit ihres Mannes die Tankstelle vor ihrem Haus, die einzige weit und breit. Wenn Not am Mann war, half sie auch mal dem Pfarrer in der Kirche bei der Reinigung oder dem Umstellen der Stühle und dem Aufstellen von Ständen, wenn es sich um einen der häufigen, kirchlichen Festanlässe handelte.

Das Leben dort oben war geradezu perfekt. Die Ortsstrassen wurden regelmässig gereinigt, die Abfuhr des Kehrichts funktionierte, anders als im entfernten Neapel, die verbliebenen Einwohner verdienten gut genug, um sich ein zwar bescheidenes, dafür ein eigenes Häuschen leisten zu können, in den Gärten blühten Blumen und das Gemüse wuchs unbändig in die Höhe, die Alten und Dürftigen wurden finanziell mit einer anständigen Rente von der Gemeinde unterstützt, wer kein eigenes Haus mehr hatte, konnte ins gemeindeeigene Altersheim ziehen, jeder arbeitsfähige Einwohner ging einer Arbeit nach, es gab keine Arbeitslosen.

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