Mediation zielt darauf ab, für alle Konfliktparteien eine befriedigende Lösung zu erarbeiten. Ein weiterer Vorteil für die Parteien liegt darin, dass sich durch eine Mediation die Kommunikationsfähigkeiten und die Fähigkeiten im Konfliktmanagement verbessern können. 3Auch Zeitersparnis ist für viele Parteien, die sich für die Methode der Mediation als Konfliktregelung entschließen, ein wichtiger Faktor. Die Kostenersparnis ist zwar nicht immer ausschlaggebend, wird aber dennoch auch als positiv wahrgenommen. 4
Aus der 2014 erschienenen EU-Studie „Neustart“ ist ersichtlich, dass Mediation in Europa noch selten in Zivilrechtsstreitigkeiten genutzt wird. Die Studie zeigt auf, dass in nur etwa 1% aller Gerichtsfälle in Europa Mediation als Methode der Konfliktbearbeitung genutzt wird. Österreich ist hierbei, trotz einer Vielzahl von gesetzlichen Regelungen und Initiativen, keine Ausnahme. Jährlich werden in Österreich 500 bis 2000 Mediationen im gerichtlichen Umfeld durchgeführt. 5Die Ergebnisse der Studie von Ferz, Lison und Wolfart zeigen, dass die meisten Konfliktteilnehmer in Österreich dann Mediation in Anspruch nehmen, wenn es von Richterinnen empfohlen wird. 6
Die Ressourcen der Gerichte in der Steiermark werden laufend mit Fällen ausgelastet, welche in die Anwendungsbereiche der Mediation fallen würden. Trotzdem wird diese Methode selten in Betracht gezogen. Dabei würde Mediation auch für die Gerichte Vorteile bringen. Die Präsidenten der Oberlandesgerichte beklagen, dass die Personaldecke „zu dünn“ sei. 7Würden mehr Streitfälle, insbesondere jene mit geringem Streitwert oder langjährige Streitigkeiten, außergerichtlich über die Methode der Mediation bearbeitet werden, könnte eine Entlastung der Justiz, insbesondere der Richterinnen und Staatsanwältinnen, die Folge sein. Diese Auffassung wird auch von Dr. Bernhard Deu, Richter des Oberlandesgerichtes Graz und eingetragener Mediator, vertreten. 8
Gerade bei Nachbarschaftsstreitigkeiten könnte Mediation vermitteln, da in derartigen Fällen die Streitparteien weiterhin nebeneinander leben und miteinander auskommen müssen. Ein Gerichtsprozess kann den sozialen Konflikt der Kontrahenten nicht lösen. Laut Herrn Mag. Haider vom Bezirksgericht Bruck an der Mur liegt der geringe Bekanntheitsgrad von Mediation in der Steiermark daran, dass Informationen über Angebote von Mediation zwar zur Verfügung stehen, allerdings kein aktiver Informationsfluss von den Anbieterinnen zu den Richterinnen stattfindet. Weiter ist es laut Herrn Mag. Haider auch nicht einfach, geeignete Mediatorinnen im ländlichen Raum zu finden. 9
Laut Aussage von Frau Mag. Weiß, Richterin des Landesgerichtes in Graz, ist Mediation zwar vielen Richterinnen bekannt, aber die Möglichkeiten zur Anwendung der Methode den Richterinnen nicht gänzlich klar. Ihren Aussagen zufolge stellt Mediation nicht für alle Verfahren eine sinnvolle Methode zur Konfliktregelung dar. Bei Fällen von Nachbarschaftsstreitigkeiten könnte ihrer Auffassung nach allerdings Mediation als sinnvolle Alternative zu klassischen Gerichtsprozessen gesehen werden. 10Konfliktparteien hätten neben einer etwaigen Kosten- und Zeitersparnis auch die Möglichkeit, zukünftig mit Konflikten auf konstruktive Weise umzugehen. Auch die Studie von Ferz, Lison und Wolfart weist auf dieselben Vorteile der Mediation hin. 11
Trotz einer Vielzahl von Initiativen, Mediation an Gerichten bekannt zu machen und als sinnvolle Alternative zu Gerichtsverfahren darzustellen, scheinen diese wenig erfolgreich zu sein und die Zahnräder zwischen den Anwendungsbereichen der Mediation und den Gerichten noch nicht ineinander zu greifen.
Ziel der Arbeit ist es, durch die Anwendung von wissenschaftlichen Methoden Antworten darauf zu finden, warum Mediation von Richterinnen als Mittel zur Konfliktbearbeitung anstelle von klassischen Zivilrechtsprozessen noch zu wenig genutzt wird. Es soll erforscht werden, welche Maßnahmen gesetzt werden müssten, um Mediation als Alternative zu Gerichtsprozessen zu mehr Bekanntheit zu verhelfen. Der Fokus liegt hierbei auf den Richterinnen, da diese auf die Bekanntheit von Mediation als Streitschlichtungsmittel maßgeblichen Einfluss haben, sind sie doch die ersten, die den Streitparteien Mediation empfehlen könnten.
Es soll im Zuge der Forschung erhoben werden, über welchen Informationsstand Richterinnen hinsichtlich der Mediation verfügen und welche Maßnahmen dabei unterstützen könnten, damit Mediation durch Richterinnen häufiger angeboten wird. Dabei werden mögliche Vor- und Nachteile der Mediation untersucht bzw. Hinderungsgründe auf Seiten der Richterinnen und der Streitparteien aus Studien bzw. der aktuellen Theorie erarbeitet und im Anschluss empirisch mittels strukturierten Interviews mit Richterinnen des Landesgerichts für Zivilrechtssachen in Graz (LGZ) überprüft.
a) Welche Maßnahmen können dabei unterstützen den Bekanntheitsgrad von Mediation bei Richterinnen am LGZ zu steigern und
b) welche Maßnahmen wären erforderlich, damit Richterinnen am LGZ Mediation den Streitparteien häufiger aktiv anbieten?
Hierzu wurden folgende Hypothesen aufgestellt:
Hypothese 1:
Es liegen objektive Gründe bei den Richterinnen vor, die sie daran hindern, Mediation anzubieten, z.B. mangelnde Information, mangelndes Wissen hinsichtlich Nutzen der Mediation etc.
Hypothese 2:
Es liegen subjektive Gründe bei den Richterinnen vor, die sie daran hindern, Mediation anzubieten.
1.4 Methodisches Vorgehen im Zuge der Arbeit
Im ersten Schritt wird die Methode der Mediation zur Konfliktbearbeitung vorgestellt. Danach werden die gesetzlichen Regelungen und Verankerungen der Mediation in Österreich und Teilen Europas aufgezeigt. Darauf aufbauend werden bereits durchgeführte Untersuchungen vorgestellt. Es sollen auf Basis des Literaturstudiums auch etwaige Vorbehalte hinsichtlich Mediation aufgezeigt und in Folge empirisch untersucht werden. Die Darstellung der Vorteile und möglicher Nachteile von Mediationsverfahren für Richterinnen, Justiz und Konfliktparteien schließen den Teil des Literaturteiles ab.
Im zweiten Schritt wird eine empirische Erhebung durchgeführt die der qualitativen Forschung entspricht. Zur Beantwortung der Forschungsfragen wird die Methode des strukturierten Interviews verwendet. Es werden offene Fragen gestellt, welche von den Richterinnen auf narrative Weise beantwortet werden können. Vor Durchführung der Interviews wird der Interviewleitfaden getestet, um die Verständlichkeit der Fragen zu überprüfen und die Antworten auf Anbindung an die Forschungsfrage zu evaluieren. Falls erforderlich wird der Interviewleitfaden entsprechend adaptiert.
Im Landesgericht für Zivilrechtssachen in Graz sind insgesamt 35 Richterinnen tätig. Es wurden Interviews mit zwölf Richterinnen am LGZ Graz durchgeführt. Die Durchführung der Interviews soll von Anfang März 2016 bis Mitte April 2016 erfolgen. Der geplante Zeitrahmen für die Durchführung die Interviews beträgt eine Stunde. Die Dokumentation der Interviews erfolgt mittels Mitschrift am Laptop. Die Mitschrift soll ausgedruckt, von der Interviewpartnerin noch einmal auf Richtigkeit überprüft und unterfertigt werden. Damit soll eine objektive Datenbasis für die Auswertung geschaffen werden. Anschließend werden die Ergebnisse ausgewertet, graphisch bzw. tabellarisch aufbereitet und dargestellt. Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Aussagen der Richterinnen werden in Tabellen dargestellt, abweichende bzw. zur Beantwortung der Forschungsfrage relevante Aussagen werden wörtlich wiedergegeben.
Da in diesem Forschungsbereich noch keine Primärdaten vorliegen, wird die Methode der qualitativen Forschung gewählt, da diese geeigneter erscheint, den Forschungsgegenstand umfassender zu erheben.
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