Barbara Pachl-Eberhahrt - Chopin besucht Vivaldi und in der Bucht von Venedig schwimmen Delfine

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EIN ABSOLUT EHRLICHES, ANRÜHRENDES BUCH, DAS UNS AUCH ZUR BEGEGNUNG MIT UNS SELBST FÜHRT
Erneut greift die SPIEGEL-Bestseller-Autorin zu Papier und Stift, um der Angst vor dem Verstummen etwas entgegenzuhalten. Gegen Corona, gegen die Maßnahmen, gegen die unfreiwillige, unerwünschte Lebensveränderung ist nichts zu machen. Das Einzige, was ihr möglich ist, um nicht im Gefühl der Ohnmacht zu versinken, ist: zu schreiben. «Ich schrieb, um mich meiner selbst zu vergewissern. Ich schrieb, um später, irgendwann einmal, über all das Absurde, das Anstrengende, das Verrückte, in dem ich mich wähnte, lachen zu können. Ich schrieb, um meiner Tochter für später ein Zeugnis aus diesen vielleicht prägendsten Wochen ihrer frühen Kindheit zu hinterlassen. Ich schrieb nicht zuletzt, um mich nicht so allein zu fühlen.»
Die erzwungene Klausur erweist sich als Prüfung und Prägung zugleich. Je länger der ungewollte Ausnahmezustand dauert, umso klarer wird auch, welche Chancen und sogar Geschenke er mit sich bringt. «Heilung geschieht, weil ich nicht mehr flüchten kann. Ich muss beherzte Lösungen für meine Probleme finden. Kein Drüberschummeln mehr. Keine Kosmetik.» Ein absolut ehrliches, berührendes Buch, das uns zur Begegnung auch mit uns selbst führt.

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Chopin besucht Vivaldi und

in der Bucht von Venedig schwimmen Delfine

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S. 5 Inhalt Prolog Lockdown Epilog Über die Autorin und 160: © Gyzele / gettyimages

S. 17 Die ersten Tage verbrachten wir so, als ob das Ganze nur ein Wochenende auf dem Land wäre, wie wir es ungefähr einmal im Monat verbringen. Am vierten Tag begann der erste Blues. Das war der Tag, an dem ich zu schreiben begann. Was Sie hier lesen, sind meine Tagebucheinträge aus unserer Zeit am Land, vom vierten bis zum vorletzten Tag des Lockdowns. Es sind Momentaufnahmen, die von äußeren Ereignissen handeln, von lustigen und traurigen Begebenheiten, von Sorgen und Glück. Was sich als roter Faden durch das Text-Mosaik zieht, ist mein Versuch, mich selbst zu erkunden und zu erkennen, was tragfähige Säulen meines Lebens sind, die mich auch in der Krise stützen. Dreieinhalb Wochen. Vierundzwanzig Tage. Mehr war es nicht. Heute, im Rückblick, fühlt es sich so an, als hätten wir viele Monate am Land verbracht. Unglaublich, was man in dreieinhalb Wochen, in denen der Alltag und nichts anderes die Hauptrolle spielt, alles erleben kann. : © Panacea_Doll / gettyimages

S. 6, 18, 62 und 147: © fona2 / gettyimages

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S. 41 und 55: © Serhii Mudrevskyi / istock

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E-Pub-ISBN 978-3-906294-18-6

Alle Rechte vorbehalten

www.terzium.ch

Inhalt Prolog Lockdown Epilog Über die Autorin - фото 2

Inhalt

Prolog

Lockdown

Epilog

Über die Autorin

Tschüs mein Schatz Meine Mutter küsst meine Tochter Dann seufzt sie und - фото 3 Tschüs mein Schatz Meine Mutter küsst meine Tochter Dann seufzt sie und - фото 4

»Tschüs, mein Schatz.« Meine Mutter küsst meine Tochter. Dann seufzt sie und setzt, so leise, dass nur ich es hören kann, mit dunkler Stimme noch etwas hinzu. »Wer weiß, wann wir uns wiedersehen.«

Noch eine Umarmung, Kinderärmchen um den Hals. Mama bemerkt nicht, dass ich die Augen verdrehe. Ich mache es heimlich, sage lieber nichts. Der Geburtstagsfrieden ist mir zu wichtig. Aber ich denke: Warum muss sie so übertreiben? Wozu dieser Pessimismus? »Wird schon nichts sein«, sage ich. »Wir sehen uns am Montag, stimmt’s?« Federnd gehe ich mit meiner Tochter am Arm ins Stiegenhaus, um den Großeltern, entschieden fröhlich, zum Abschied zu winken.

Es ist Donnerstag, der 12. März 2020.Meine Tochter Erika hat Geburtstag, sie wird heute drei. Am Vormittag, im Kindergarten, gab es Kuchen und Lieder. Danach, auf einem Spaziergang mit mir, eine Kugel Himbeereis, weil zum ersten Mal in diesem Jahr so richtig die Sonne schien und ich in Gönnerlaune war. Um vier ist unser Fest daheim: Erika, Omi, Opi, mein Mann, Erikas Taufpatin Elisabeth und ich versammeln uns um den Wohnzimmertisch. Es gibt Torte und jede Menge Päckchen: Sommerkleider, einen Dinosaurier wie den aus »Peppa Wutz«, ein sehr dickes Liederbuch und zwei Bilderbücher mit Soundeffekten, in denen man etwas über Komponisten erfährt. Das Liederbuch liegt offen auf dem Tisch, wir singen mehrstimmig. »Es klappert die Mühle am rauschenden Bach«. »Bruder Jakob«. »Happy birthday, liebe Erika, happy birthday to you«.

Eine Männerstimme fehlt: Christian, der Mann der Taufpatin und einer von Erikas liebsten erwachsenen Sing- und Spielgefährten, ist nicht gekommen. Er ist verkühlt und lässt ausrichten, dass er, gerade jetzt, niemanden gefährden will.

Während des Feierns sind alle Fenster geöffnet. Und wir achten akribisch darauf, dass niemand die Gabel eines anderen benutzt. Sicherheitshalber holen wir immer wieder eine neue, wenn etwas unklar ist.

Ja, wir wissen von Corona. Und wir wissen, dass es uns etwas anzugehen beginnt. Wir wissen, dass dieses Virus nicht mehr nur in China, auch nicht mehr nur in Italien und Spanien hockt. Seit drei Tagen beschäftigt sich die Presse mit Covid-Fällen in Österreich. Genauer: in Tirol. Gefühlt kommt das Virus näher. Gefühlt ist das Virus trotzdem noch weit weg. Was mein Gefühl angeht, so übertreiben alle, die behaupten, dass es schon bald zu Ausgangsbeschränkungen kommen könnte.

Ich bin grundsätzlich eine, die schlechte Nachrichten gerne ignoriert, so lange es geht. Wenn der Großteil der Nachrichten aus Gerüchten besteht, die mir einfach zu krass vorkommen, ignoriere ich noch konsequenter. Es gibt da einen Witz, den ich liebe: Ein Physiker, ein Chemiker und ein Informatiker fahren mit dem Auto. Plötzlich bleibt es stehen und springt nicht mehr an. Der Physiker sagt: »Bestimmt ist der Motor kaputt, ich höre schon die ganze Zeit Fehlzündungen.« Der Chemiker widerspricht: »Nein, es muss am Benzin liegen, das wir getankt haben. Wahrscheinlich war es verunreinigt.« Da sagt der Informatiker: »Ich habe keine Ahnung, was los ist. Aber ich schlage vor, dass wir alle Fenster schließen und einmal aus- und wieder einsteigen. Dann ist sicher wieder alles ok.«

So tun, als wäre nichts und vom Besten ausgehen: Was mich und mein Leben angeht, klappt diese Strategie fast immer. Nicht nur bei Computerproblemen, sondern auch, wenn ich meine Geldbörse verlegt habe, wenn ich mich auf der Reise zu einem Seminar frage, ob ich den Herd abgedreht habe, wenn die Stirn meiner Tochter etwas heißer ist als normal oder wenn Google Maps eine Stauwarnung ausgibt. Der Stau wird sich auflösen, bis ich dort bin. Die Herdangst ist nur ein Hirngespinst. Und Fieber hat man, wenn der Arm heiß ist und nicht nur die Stirn. Meistens behält mein Optimismus recht.

Im März 2020 blickte ich einem ereignis- und arbeitsreichen Frühling entgegen. Ich freute mich auf Vorträge, die ich halten, Konzerte, die ich besuchen und Reisen, die ich erleben würde. Entgegen meiner sonstigen Gewohnheit hatte ich die Babysitter-Termine ausnahmsweise schon bis Ende Juni durchgeplant. Ich wollte uns allen einen verlässlichen Rahmen geben. Ich war sehr zufrieden mit der Aussicht auf Arbeit, Vergnügen und Freizeit mit der Familie – alles in jenem Maß, das sich für mich optimal anfühlt. Finanziell ging es mir gut, jedenfalls hatte ich keine Sorgen. Mein Konto war recht leer, denn Ende des vergangenen Jahres hatte mein Auto den Geist aufgegeben und ich hatte mir ein neues – bewusst ein neues, sogar ein teures – Auto geleistet. Aber die gut bezahlten Jobs im März, April und Mai würden meine Reserven wieder so weit auffüllen, dass ich sorglos in den Sommer blicken könnte.

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