Weiterhin gehen mit der Forschungsfrage folgende Unterfragen einher: Welche Erfolgskriterien gibt es, und welche technischen, gestalterischen und interaktiven Mittel stellen VR, AR, 360°-Videos dar, um ein fester Bestandteil des 21. Jahrhunderts zu sein? Hierbei werden Aspekte hinsichtlich deren Einsatzgebiete, Immersion, Interaktion, Ausgabegeräte und Ausspielplattform diskutiert werden.
Im Rahmen dieser Arbeit sollen die international am meisten fortgeschrittenen und bekannten Projekte vorgestellt und beschreibend analysiert werden. Wie schon oben erwähnt, revolutionieren die genannten Entwicklungen den Markt enorm, deshalb ist es von großer Bedeutung, auch eine Marktanalyse durchzuführen und anhand von Projektbeispielen festzustellen, in welchen Branchen sie am meisten angewendet werden. Es wird davon ausgegangen, dass anhand der quantitativen Bestandsaufnahme die entsprechenden überprüfbaren Daten erhalten werden. Weiterhin werden Kriterien für die beschreibende Untersuchung der ausgewählten Projekte entwickelt, die hinsichtlich ihrer Gemeinsamkeiten und Unterschiede künftig relevant sind.
Um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen, werden die avanciertesten bzw. die erfolgreichsten Projekte im Zeitraum von Januar 2017 bis Dezember 2017 im internationalen Maßstab betrachtet. Die Projekte, die in dieser Arbeit untersucht werden, sind die Gewinner der VR-Preisverleihung, die vom Unternehmen VR Bound organisiert wird:
Raw Data by Survios, Tilt Brush by Google, IKEA VR Experience, Allumette by Penrose Studios, ITI Crane Simulator by Industrial Training International, ImmersiCare by Tribemix, Ghostbusters: Dimension by The VOID.
Diese Arbeit soll unter anderem eine Bestandsaufnahme des aktuellen Standes von VR, AR und 360°-Reality und deren Möglichkeiten und Unterschiede erörtern.
Folgende Struktur der Vorgehensweise wurde dabei gewählt: Nach der Einführung in das Thema werden im zweiten Kapitel VR, AR und 360°-Videos definiert, deren Grundbausteine dargestellt und Begrifflichkeiten abgegrenzt. Das dritte Kapitel bezieht sich auf die historische Entwicklung der drei Technologien, wobei die grundlegenden Konzepte erläutert werden. Kapitel vier widmet sich den technischen Voraussetzungen. Es werden die Ein- und Ausgabegeräte sowie Software jeder betrachteten Technologie beschrieben. Nachfolgend befasst sich der Abschnitt fünf mit dem Zwischenfazit des theoretischen Teils und Überleitung zu der empirischen Forschung.
Das sechste Kapitel umfasst die Analysephase, in welcher zuerst die methodische Vorgehensweise und damit die Grundvoraussetzungen veranschaulicht werden.
Zugleich befasst sich das Kapitel mit der Marktanalyse, in der der aktuelle Stand der Entwicklung von VR, AR und 360°-Video sowie die Prognose für die Zukunft diskutiert werden. Mit der Darstellung der ausgewählten Kriterien für die Analyse und Beschreibung der Projekte schließt Kapitel sechs ab. Im darauffolgenden Kapitel erfolgt der Vergleich der Projekte anhand Kriterien und Evaluation der Ergebnisse. Im letzten Kapitel wird neben der Methodenreflexion auf ein Fazit und einen Ausblick eingegangen.
1 Theoretisches Fundament von VR, AR und 360°-Aufnahmen
Das folgende Kapitel setzt sich mit den fundamentalen Definitionen und Begriffen der Technologien von VR, AR und 360°-Aufnahmen auseinander. Da die Termini oft missverstanden und falsch verwendet werden, müssen sie zu dem Verständnis der Thematik in dieser Arbeit und weiterer Forschung klargestellt und abgegrenzt werden.
1.1 Grundlagen von Virtual Reality
Die Begriffsbezeichnung „virtual reality“ oder deutsch „virtuelle Realität“, kurz VR ist sehr vielschichtig und erschwert eine klare Abgrenzung. Es besteht ein fließender Übergang zu verwandten Themengebieten. Die entsprechende Fachliteratur gibt daher teilweise sehr unterschiedliche Beschreibungen wieder. Auf eine allgemeingültige und vereinheitlichte Definition zur Begriffsbestimmung kann folglich nicht zurückgegriffen werden. Dennoch gibt es gemeinsame Aspekte, die wie folgt zusammengefasst werden können:
Unter dem Begriff „VR“ werden mehrere Phänomene verstanden. Einerseits betrachtet man als „virtuellen Raum“ den Datenraum des Netzes oder die sogenannten „Chatrooms“. Andererseits versteht man unter „VR“ Simulations-, Displays- und Interaktionstechnologien – das ist die Entwicklung, auf die neben AR und 360°-Reality eingegangen wird (vgl. Schröter, 2004, S. 153).
Definition der „virtuellen Realität“ nach Brockhaus (Brockhaus, o. J., Abs. 1) lautet folgendermaßen: „eine von Computern und entsprechenden Programmen simulierte Welt, die dem Nutzer durch spezielle Techniken und Schnittstellen vermittelt wird.“ Das bedeutet, dass bedeutende Elemente in der bildlichen Darstellung von Virtual Reality Ein- und Ausgabegeräte sind. Dabei handeln die Nutzer innerhalb einer simulierten Realität und idealerweise agieren sie wie in ihrer bekannten realen Umgebung (vgl. Brill, 2009, S. 6).
Laut dieser Definition wird VR mit Hilfe von technischen Mitteln wie zum Beispiel Head-Mounted-Displays (HMD), Stereobrillen oder Datenhandschuhen dargestellt und damit in seiner Beschreibung eingeschränkt (vgl. Dörner, Jung, Grimm, Broll & Göbel, 2014, S. 13). Aus diesem Grund bleiben deren Analyseeinheiten und Potenzial für Varianz nicht spezifiziert. Jedoch ist es möglich VR eine Erklärung zu geben, die sich nicht auf einer bestimmten Hardwareinstanz basiert. Im Folgenden werden die wichtigen Elemente von VR: virtuelle Welt, Immersion und Interaktivität erläutert (vgl. Sherman & Craig, 2003, S. 6).
1.1.1 Virtuelle Welt
Der Begriff „virtuelle Welt“ ist unter verschiedenartigen Bezeichnungen bekannt, wie „virtuelle Umgebung“ („virtual environment“) oder „collaborative environment“. Dabei ist zu verstehen, dass die virtuelle Welt eine Darstellung bzw. eine Nachbildung der Realität ist, das heißt der wahrgenommenen tatsächlichen Wirklichkeit. Sie gestaltet eine große Anzahl an Details aus der realen Welt nach. Die virtuelle Welt ist optisch sichtbar und nicht anfassbar (vgl. Brill, 2009, S. 6).
“A virtual world is the content of a given medium. It may exist solely in the mind of its originator or be broadcast in such a way that it can be shared with others“ (Sherman & Craig, 2003, S. 6).
Laut der oben erwähnten Definition wird die virtuelle Realität als Inhalt eines bestimmten Mediums 2verstanden. Virtuelle Realität kann ohne Medium nur in Gedanken des Urhebers existieren. Ausschließlich mittels eines Mediums kann sie ausgestrahlt und mit anderen geteilt werden. Die virtuelle Welt existiert auch ohne, dass sie in einem Virtual Reality System dargestellt wird – so wie beispielsweise in einem Spiel- oder Filmskript.
Ein Skript beschreibt eine virtuelle Welt, bzw. gibt eine Beschreibung zu einem Spiel. Sobald die Beschreibung durch Schauspieler, Bühnenbild, Ton usw. zum Leben erweckt wird, erlebt man die virtuelle Welt des Spieles. Ein weiteres Beispiel ist das Lesen eines Romans, wobei die imaginäre Welt mittels Worten auf Papier geschrieben wird. Liest man das Buch, erfährt man die beschriebene Handlung als virtuelle Welt. Imaginäre Realität bezieht sich auf Erfahrungen, die man in seinen Gedanken und Träumen hat oder Geschichten aus Büchern, Filmen, Radio und so weiter.
Die imaginäre Realität ist gekennzeichnet durch die Vorstellung inmitten der Welt zu sein. Ähnlich ist die virtuelle Welt, die auf die Computertechnik bezieht, die innerhalb einer Simulation Objekte beschreibt. Betrachtet man diese Umgebung durch ein System, das Interaktion und Immersion mit sich bringt, macht man eine VR-Erfahrung (vgl. Sherman & Craig, 2003, S. 7).
1.1.2 Immersion bei VR
Neben der visuellen Wahrnehmung der virtuellen Realität sind auch akustische und taktile Wahrnehmung von Bedeutung. Ziel ist dem Rezipienten das Gefühl zu geben und damit seine Wahrnehmung zu täuschen, dass er oder sie sich in der virtuellen Welt befindet. Dies beschreibt die Bezeichnung „Immersion“. Der Begriff leitet sich vom lateinischen immergere ab und bedeutet eintauchen, versenken. Immersion wird häufig in der Literatur als „being there“ (Slater & Wilbur, 1997, S. 606) beschrieben. Entscheidend ist das Ausmaß des Eintauchens, die Übereinstimmung zwischen virtueller und realer Welt. Zudem sind die immersiven Darstellungen der VR interaktiv.
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