1 ...6 7 8 10 11 12 ...16 Am Tag, als sie in den Pferch gebracht wurde, hatte Brooks sie von dem Anwesen in die Stadt gebracht, unter dem Vorwand, dass die Zeit gekommen wäre, dass ihre Freiennachweise ausgestellt werden sollten, um das Versprechen ihres Herrn zu erfüllen. Erleichtert angesichts der Aussicht auf unmittelbare Freiheit, staffierte sie sich und die kleine Emmy mit ihren besten Kleidern aus und begleitete ihn mit freudigem Herzen. Bei ihrer Ankunft in der Stadt wurde sie, anstatt ihre Taufe in der Familie der Freien zu begehen, an den Händler Burch übergeben. Der Nachweis, der ausgestellt wurde, war die Quittung über ihren Verkauf. Jahrelange Hoffnung wurde in einem Augenblick zugrunde gerichtet. An diesem Tag ward sie von den Höhen höchst frohlockenden Glücks in die fernsten Tiefen des Elends gestoßen. Kein Wunder, dass sie weinte, und den Pferch mit Jammer und den Bekundungen herzzerreißenden Leids erfüllte.
Eliza ist schon tot. Weit oben am Red River, wo er seine Fluten träge durch das unzuträgliche Flachland Louisianas ergießt, ruht sie endlich in ihrem Grabe – der einzige Ruheplatz eines armen Sklaven! Wie sich all ihre Ängste bewahrheiteten – wie sie Tag und Nacht trauerte, und niemals Trost fand – wie, genau ihrer Vorhersage entsprechend, ihr Herz tatsächlich brach unter der Last mütterlichen Kummers, wird noch im Fortlauf der Erzählung zu sehen sein.
KAPITEL IV.
ELIZAS KUMMER – VORBEREITUNGEN ZUM AUFBRUCH – DURCH DIE STRASSEN WASHINGTONS GETRIEBEN – HEIL, COLUMBIA – DIE GRUFT WASHINGTONS – CLEM RAY – FRÜHSTÜCK AUF DEM DAMPFER – DIE GLÜCKLICHEN VÖGEL – AQUIA CREEK – FREDERICKSBURG – ANKUNFT IN RICHMOND – GOODIN UND SEIN SKLAVENPFERCH – ROBERT AUS CINCINNATI – DAVID UND SEINE FRAU – MARY UND LETHE – CLEM’S RÜCKKEHR – DIE NACHFOLGENDE FLUCHT NACH KANADA – DIE BRIGG ORLEANS – JAMES H. BURCH.
Wiederholt beklagte sich Eliza während der ersten Nacht ihrer Gefangenschaft im Pferch bitterlich über Jacob Brooks, den Ehemann ihrer jungen Herrin. Sie erklärte, wäre sie sich des Betruges bewusst gewesen, den er ihr gegenüber beabsichtigte, so hätte er sie niemals lebendig hierher gebracht. Man hatte die Gelegenheit genutzt, sie aus dem Weg zu schaffen, als Master Berry nicht auf der Plantage weilte. Er war immer freundlich zu ihr gewesen. Sie wünschte, sie könne ihn sehen; doch sie wusste, dass selbst er sie nun nicht mehr retten konnte. Dann begann sie erneut zu weinen – die schlafenden Kinder zu küssen – zuerst mit dem einen, dann dem anderen sprechend, während diese in ihrem tiefen Schlummer lagen, die Köpfe auf ihrem Schoß. So verstrich diese lange Nacht; und als der Morgen dämmerte, und die Nacht erneut hereinbrach, trauerte sie immer noch, und konnte nicht getröstet werden.
Ungefähr zur nachfolgenden Mitternacht öffnete sich die Zellentür und Burch und Radburn traten ein, mit Laternen in der Hand. Burch befahl uns fluchend, unverzüglich unsere Decken zusammenzurollen, und uns bereit zu machen, an Bord des Schiffes zu gehen. Er schwor, uns zurückzulassen, wenn wir uns nicht beeilten. Mit einem groben Schütteln weckte er die Kinder aus ihrem Schlaf und sagte, wie es scheine, wären sie verdammt schläfrig. Dann ging er in den Hof und rief Clem Ray, befahl ihm den Dachboden zu verlassen und in die Zelle zu kommen, sowie seine Decke mitzubringen. Als Clem erschien, stellte er uns nebeneinander hin und fesselte uns mit Handschellen aneinander – meine linke Hand an seiner rechten. John Williams war ein oder zwei Tage zuvor fortgebracht worden, nachdem ihn sein Herr zu seiner größten Freude wieder zurückgekauft hatte. Clem und mir wurde befohlen loszumarschieren, Eliza und die Kinder folgten nach. Wir wurden in den Hof geführt, von dort in die überdachte Passage, dann über eine Treppenflucht hinauf durch eine Seitentür in das obere Zimmer, von wo ich die Schritte hatte hin und her gehen hören. Es war mit einem Ofen, einigen alten Stühlen und einem langen Tisch, bedeckt mit Papieren, eingerichtet. Der Raum war weißgetüncht, ohne einen Teppich auf dem Boden, und schien eine Art Büro zu sein. Neben einem der Fenster hing, wie ich mich erinnere, ein rostiges Schwert, das meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Burchs Koffer befand sich dort. Seinen Anweisungen gehorchend ergriff ich mit meiner ungefesselten Hand einen der Griffe, während er den andern nahm, dann schritten wir durch die Vordertür hinaus auf die Straße, in derselben Reihenfolge, in der wir die Zelle verlassen hatten.
Es war eine dunkle Nacht. Alles war ruhig. Ich konnte Lichter oder deren Reflektion drüben in Richtung Pennsylvania Avenue sehen, doch es war niemand, nicht einmal ein Spätheimkehrer zu sehen. Ich beschloss beinahe, zu versuchen davonzulaufen. Ohne die Handschellen hätte ich den Versuch sicherlich unternommen, welche Konsequenzen sich auch daraus hätten ergeben mögen. Radburn bildete das Schlusslicht, einen großen Knüppel tragend, und die Kinder zur Eile antreibend, so schnell die Kleinen nur vermochten. So zogen wir, schweigend und in Handschellen, durch die Straßen Washingtons, die Hauptstadt einer Nation, deren Theorie der Staatsführung, wie man uns sagt, auf der Grundlage des unveräußerlichen Rechts des Menschen auf Leben, FREIHEIT, und dem Streben nach Glück ruht! Heil dir, Columbia, glücklich Land, wahrhaftig!
Als wir das Dampfschiff erreichten, wurden wir schnell in den Laderaum getrieben, zwischen Fässer und Kisten mit Fracht. Ein farbiger Diener brachte ein Licht, die Glocke wurde geläutet und bald darauf war das Schiff auf dem Weg den Potomac hinab, uns zu einem unbekannten Ziel tragend. Die Glocke schlug erneut, als wir die Gruft Washingtons passierten! Zweifelsfrei verneigte sich Burch ehrfurchtsvoll mit entblößtem Kopf vor der heiligen Asche des Mannes, der sein glanzvolles Leben der Befreiung seines Landes gewidmet hatte.
Keiner von uns schlief in jener Nacht außer Randall und der kleinen Emmy. Zum ersten Mal war Clem Ray völlig überwältigt. Für ihn war die Vorstellung, in den Süden zu gehen, überaus schrecklich. Er ließ die Freunde und Bekannten seiner Jugend zurück – alles, was seinem Herzen lieb und teuer war – um aller Wahrscheinlichkeit nach nie mehr wiederzukehren. Er und Eliza vermischten ihre Tränen, ihr grausames Schicksal beklagend. Was mich angeht, so schwierig es auch war, war ich dennoch bestrebt, meinen Mut nicht zu verlieren. In meinen Gedanken formte ich hundert Fluchtpläne und war vollkommen entschlossen, das Wagnis bei der erstbesten verzweifelten Gelegenheit einzugehen. Zu dieser Zeit jedoch war ich schon zufrieden, dass ich meine Richtlinie einhielt, nichts weiter zu dem Thema zu sagen, dass ich als Freier geboren worden war. Es würde mich nur Misshandlungen aussetzen und die Chancen meiner Befreiung vermindern.
Am Morgen wurden wir nach Sonnenaufgang zum Frühstück auf das Deck gerufen. Burch nahm uns die Handschellen ab und wir setzten uns an den Tisch. Er fragte Eliza, ob sie sich ein Schlückchen genehmigen wolle. Sie lehnte ab, ihm höflich dankend. Während der Mahlzeit schwiegen wir alle – kein Wort wurde zwischen uns gewechselt. Eine Mulattin, die am Tisch bediente, schien Anteil an unserem Schicksal zu nehmen – sie forderte uns auf, guten Mutes zu sein und nicht so niedergeschlagen. Nach dem Frühstück wurden uns die Handschellen wieder angelegt, und Burch befahl uns, zum Achterdeck zu gehen. Wir saßen zusammen auf ein paar Kisten und sagten immer noch nichts in Burchs Gegenwart. Gelegentlich kam ein Passagier dahin herüber, wo wir saßen, blickte uns eine Weile an, dann kehrte er schweigend zurück.
Es war ein sehr schöner Morgen. Die Felder entlang des Flusses waren mit Grün bedeckt, weit über das Maß hinaus, wie ich es zu dieser Jahreszeit erwartet hätte. Die Sonne schien warm herab; die Vögel sangen in den Bäumen. Die glücklichen Vögel – ich beneidete sie. Ich wünschte mir Flügel, so wie sie, auf dass ich die Lüfte zerteilen könne, dahin, wo meine Küken im kühleren Norden vergeblich auf das Kommen ihres Vaters warteten.
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