1 ...6 7 8 10 11 12 ...40 Mann: Wo ist denn mein Hemd?
Frau: Da liegts doch auf dem Stuhl.
Mann (sieht, daß es ein Kinderhemd ist) : Jessas, jessas.
Frau: Das is ja an Buam sei Hemd, das ist das einzige, das in der Schublade war, du bist ein g'schlamperter Kerl, du weißt ganz genau, daß du bloß zwei Hemden hast – und dö reißt immer raus und sagst nichts davon, zieh halt a Brust an – da hast a frische Brust.
Mann: Die is ja zu lang.
Frau: Dann reißt du sie ab! (Tut es.)
Mann: Schnell! ½ 8 Uhr ist es! (Er zieht sich an. Die Hemdenbrust, Kravatte, Uhr fallen hinunter, er steckt die Uhr in die Hose, da fällt sie durch das Bein, sie gibt ihm Weste, Joppe, Hut, Schirm und dann Überzieher – er fährt ins Futter und dann mit dem Schirm in den Ärmel; großes Durcheinander.)
Frau: Jetzt kommen wir zu spät, jetzt müssen wir mit der Straßenbahn fahren, dann steig'n mir aber gleich in den vorderen Wagen ein, daß wir früher hinkommen. Halt, den Operngucker haben wir noch nicht, den trägst du.
Mann (läßt ihn fallen) : Der ist kaputt.
Frau: Mir wärs schön g'nug. (Macht das Etui auf.) Ah gut, daß keiner drinn war, der wär hin gwesen. Also gehn ma jetzt – hast alles, die Schlüssel, die Geldbörse, a Taschentuch, dein Schnupftabak – hast im Schlafzimmer d'Fenster zugmacht, wenn ein Gewitter kommt? (Schaut nach.)
Mann: Komm, komm!
Frau: Also mach's Licht aus und sperr zu!
Mann (im Finstern) : Billetten hast du?
Frau: Nein, die hast du!
Mann: Nein du – wart mach a Licht.
Frau: Das waar ja jetzt die Höhe, wenn wir jetzt keine Billetten hätten. (Schaut in ihre Tasche hinein.) Ich hab doch mei Tascherl gar net aufg'macht. Da drüben bist g'sessen und da hab ich dir die Billetten in die Hand geben.
Mann: Vielleicht hast du's da rüber. (Geht an die Kommode und legt seine Hand hin.)
Frau: Nein – ich weiß es ganz bestimmt. (Haut die Schublade zu, sie zwickt ihm Finger ein.)
Mann: Au – Au – (Weint, lehnt sich an seine Frau.)
Frau: Ich kann dir nur sagen, daß mir vor dem Theatergehn schon bald graust! Wenn wir nur die Billetten hätten, denn ohne Billetten lassens uns ja nicht hinein.
Mann: Halt! (Zieht sie aus der Hosentasche.)
Frau: Da sinds ja; jetzt tu ich's aber gleich in mei Tascherl nei, sonst verlierst sie noch einmal, da schau, da hätt ma gleich draufschaun können, da stehts ja, wanns angeht: Anfang 8 Uhr – wer hat jetzt wieder amal recht g'habt – ich – die Frau hat immer recht – da stehts schwarz auf weiß – Anfang 8 Uhr.
Mann: Ja stimmt, Anfang 8 Uhr. Freitag, den 17. Juli.
Frau: Wieso Freitag? Heut ist ja erst Donnerstag!!!
(Beide schauen sich dumm an und der Vorhang fällt.)
Eine wissenschaftliche Plauderei
Der Regen ist eine primöse Zersetzung luftähnlicher Mibrollen und Vibromen, deren Ursache bis heute noch nicht stixiert wurde. Schon in früheren Jahrhunderten wurden Versuche gemacht, Regenwasser durch Glydensäure zu zersetzen, um binocke Minilien zu erzeugen. Doch nur an der Nublition scheiterte der Versuch. Es ist interessant zu wissen, daß man noch nicht weiß, daß der große Regenwasserforscher Rembremerdeng das nicht gewußt hat. Siedendes Regenwasser gehört zu den heißesten Flüssigkeiten der Gegenwart. Dem Regen am nächsten liegend, ist der Regenwurm – er lebt vom Regen, genau wie der Regenschirmfabrikant. Regenschirm und Sonnenschirm sind zwei gleiche Begriffe und doch würde ihre Verwechslung zu einer nicht vorausgeahnten Katastrophe führen, denn einen Regenschirm kann man im Notfalle als Sonnenschirm benützen, dagegen kann man einen Sonnenschirm im Notfalle kaum als Regenschirm benützen.
Die Regentropfen gleichen in der Form den Hoffmannstropfen, die, an der Medizinflasche hängend, eine ovale, frei in der Luft schwebend, eine runde – und auf einer Tischplatte liegend, eine platte Form besitzen. Regenwasser benützt man häufig zum Gießen von Wiesen, Gräsern, Blumen, Unkraut und Gärten. Kinder benötigen den bekannten Mairegen zum Wachstum und es ist statistisch nachgewiesen, daß die Kinder wirklich wachsen, auch wenn sie nicht mit Mairegen begossen wurden. Der allerschönste Regen ist der Regenbogen – gar kein Vergleich mit dem Münchner Maffeibogen, jener ist ein Wunder des Himmels, letzterer ein Greuel der Stadt München. Nur an Farbenschönheit überragt ersterer den letzteren.
Das Regenwetter wird oft mit Sauwetter, Hundswetter betitelt. Die Theater-, Kino- und Kaffeehausbesitzer haben derlei Ausdrücke noch nie über ihre Lippen gebracht. Heftige Regengüsse nennt man Wolkenbrüche, damit ist gemeint, daß irgend eine Wolke so schwer mit Wasser gefüllt ist, daß sie bricht, welchen Vorgang man beim menschlichen Biermagen mit Katzenjammer bezeichnet. Gegenmaßnahmen zur Heilung von Wolkenbrüchen sind zur Zeit noch nicht gemacht worden, da Wolkenbruchbänder der großen Dimensionen halber noch nicht hergestellt werden können und zwar aus technischen Gründen.
Künstlicher Regen wird durch Gießkannen erzeugt. Unglaubliche Sitten und Bräuche werden aus dem Mittelalter erzählt. Ich zähle hier schon einige mehr an Aberglauben grenzende Tatsachen auf: Bei den alten Germanen wurden schnell alternde Kinder mit frisch gefallenen Regentropfen geimpft. Während dieser Injektion mußte der Urgroßvater des betreffenden Kindes einen vierstimmigen Choral singen. Ein weiterer Aberglaube bestand darin, Ehesünder auf folgende Art zu entlarven: Bei strömendem Regen mußte der Ehemann 100 Meter weit laufen, unmittelbar nach seiner Ankunft am Ziel wurden die – auf seinen Körper gefallenen Regentropfen schnell gezählt, waren es über 1000 Tropfen, war er ein Ehesünder.
Weitere wissenschaftliche Fortschritte über Regenwasser sind bis heute noch nicht gemacht worden. – Die Feuchtigkeit des Regens soll auch im Mittelalter nicht so stark gewesen sein, wie heutzutage, was ja auch der jüngstvergangene langanhaltende Regen beweist. Denn die verflossene Feuchtigkeit konnte nicht mehr mit Bodenfeuchtigkeit, sondern mit Hochwasser angedeutet werden. Und was Hochwasser bedeutet, wissen wir alle noch von der Sündflut her, die vielen unvergeßlich bleiben wird. Aber dennoch denken wir dabei an die Worte des Dichters:
Sich regen – bringt Segen.
„ Schöner Papagei -
Gut sprechend, samt Messing Käfig entflogen.
Dortselbst ist auch eine leere Badewanne zu verkaufen…!
Karl Valentins Olympia-Besuch 1936
»Hier sitz ich alleine und spähe umher und lausche hinauf und hernieder« ,
so heißt es in dem alten Lied: »An der Weser«.
So ähnlich erging es mir, als ich allein im Olympia- Stadion saß. – Wie kam es, fragte ich mich selbst, daß ich zur Olympiade zu spät kam?? – Ich blieb mir die Antwort nicht schuldig, Ihr Leichtsinn ist daran schuld? erscholl es von meinen Lippen. (Ihr bedeutet ich selbst.) Denn aus Eigentrotz sage ich selbst zu mir nicht »Du«, sondern »Sie«, weil man da vor sich selber vielmehr Respekt hat, als mit der Duzerei. – Nur einen Tag zu spät und dennoch zu spät! – O, Herr, bewahre mich bei der nächsten Olympiade 1940 vor solchen Etwaigitäten. – Trotzdem ich mich setzte, war es doch entsetzlich, als ich allein dasaß, in einer Hand die verfallene Eintrittskarte, die andere Hand in meiner eigenen Hosentasche. – Um mich herum saß nirgends niemand – das große Schweigen ringsumher war still und lautlos. – Meine einzige Unterhaltung, war das »Warten«. Zuerst wartete ich langsam, dann immer schneller und schneller, kein Anfang der Olympischen Spiele ließ sich erblicken, – da endlich von mir ein schriller Blick und meine Augen starrten hinunter zu dem Eingang bei der Kampffläche. – Ich sahte einen kleinen Jemand, der Jemand scheinte mich zu suchen, was diesem auf dem ersten Blick gelang. Unsere Pupillen kreuzten sich in der Mitte unserer Entfernung. Ich saß, – sie kam – nur sie allein, die kleine Lisl Karlstadt, klärte mich darüber auf, daß gestern der letzte olympische Tag gewesen ist. – Ist das schade, schrie ich teilnahmserregt in den blauen Äther hinaus – ich schnellte langsam von meinem Sitz empor, flux verließen wir die Stätte des großen »Gewesenseins«. Freudezerknittert traten wir per Verkehrsmittel die Heimfahrt an in die Stammkneipe am Kurfürstendamm. – Wir Sachsen haben in Berlin einen eigenen Stammtisch, dort kommen täglich alle Münchener zusammen und da wird erzählt, von diesem und jenem, von jenem weniger, dafür öfter von diesem. Ich konnte leider heute zu meinem Bedauern nichts von den Olympischen Spielen erzählen, da ich ja nichts gesehen hatte, – und alle lauschten umsonst.
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