Kado Boreew
Mein Leben auf der Liege
Mit Chronischem Fatigue Syndrom im Orbit der Ärzteschaft
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Inhaltsverzeichnis
Titel Kado Boreew Mein Leben auf der Liege Mit Chronischem Fatigue Syndrom im Orbit der Ärzteschaft Dieses ebook wurde erstellt bei
Mein Leben auf der Liege Mein Leben auf der Liege Mit Chronischem Fatigue Syndrom im Orbit der Ärzteschaft
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Mit Chronischem Fatigue Syndrom im Orbit der Ärzteschaft
Anfing alles an einem schönen sonnigen Februarvormittag im Jahre 2014 mit einem stabilen Hoch aus Skandinavien. Aber um die Menschen nicht übermütig werden zu lassen, schickte es einen frischen Ostwind hinterher. Ich stand draußen in Sonne und Wind und werkelte an meinen Pflanzen.
Kalter Wind, keine Mütze, kein Wunder: Am nächsten Tag war mein Kopf zu, wie in Watte gepackt; ich hatte Nacken- und Kopfschmerzen beim Bücken. Meine Hausärztin diagnostizierte einen Nebenhöhlenkatharr und verschrieb mir Antibiotika. Der Katarr legte sich, aber zurück blieb ein dumpfes Gefühl im Kopf, alle Geräusche wie in weiter Ferne. Unterhaltungen prallten an mir ab. Wenn ich morgens aufstand, waren meine Beine wie Gummi und ich musste gleich wieder auf der Bettkante Platz nehmen. Ich bekam kortisonhaltiges Nasenspray verschrieben. Bald darauf hörte ich auf einem Ohr gar nichts mehr. Ich konnte keinen Druckausgleich machen und die Watte wollte nicht mehr aus meinem Kopf weichen.
Die erste Amtshandlung des Ohrenarztes war ein Hörtest. Dann maß er den Ohrendruck und stellte fest, dass es auf einem Ohr gar keinen mehr gab. Daraufhin laserte er mir ein Loch ins Trommelfell. Der Druck kam zwar zurück, aber mit ihm allerhand üble Geräusche, die man nicht im Kopf haben möchte. Es ging zu wie im Maschinenraum eines Frachters. Es quietschte, ratterte und rauschte. Ich war verzweifelt, fürchtete, mir einen Tinnitus eingehandelt zu haben. Kortisontabletten fuhren den Geräuschpegel zwar runter, aber ein gewisses Grundrauschen blieb, besonders in der Waagerechten vorm Einschlafen.
Das Nebenhöhlen- und Ohrenproblem schien soweit aus dem Weg geräumt zu sein, aber dann tauchte ein anderes Phänomen auf: Sobald ich etwas länger im kalten Wind herumstand, spazieren ging oder im Garten arbeitete, wurde ich krank. Ich fühlte mich grippig mit Glieder- und hauptsächlich Nackenschmerzen, bekam aber kein Fieber, was ich ungewöhnlich fand. Nach ein paar Tagen Bettruhe ging es wieder. Mittlerweile hatte ich mir die Gartenliege reingeholt - vorübergehend, nur als Übergangslösung gedacht - da ich oft das Bedürfnis hatte, mich schnell mal hinzulegen um mich auszuruhen. Mein zierlicher Zweisitzer bot nicht genug Liegefläche.
Im Juli unternahm ich eine Reise nach Andalusien an die Atlantikküste, wo ich einen ganz normalen Urlaub bei 30° im Schatten, langen Spaziergängen am Meer und Toben in den Wellen ohne Beschwerden verbrachte. Ich dachte, ich hätte diese – vermeintlichen - Erkältungskrankheiten hinter mich gelassen. Aber im Oktober, nach Besorgungen im Supermarkt und einem Plausch mit der Nachbarin vor den Türen, wurde ich wieder krank. Wieder mit grippeähnlichen Symptomen. Ich googelte die Apotheken-Rundschau rauf und runter und war überzeugt, dass ich diese Nasennebenhöhlen-Geschichte verschleppt hatte, dass jetzt irgendwelche ruchlosen Keime ihr Unwesen in dem finsteren Höhlensystem meines Kopfes trieben.
In diesem Winter pendelte ich zwischen Haus- und Ohrenarzt hin und her.
Als ich beim Ohrenarzt vorstellig wurde, machte der erst mal wieder einen Hörtest. Eigenartigerweise sagte er mir nie, ob ich auch gut höre. Dann guckte er in alle Öffnungen meines Kopfes rein, klopfte die Wangen ab. Nichts – alles schien in Ordnung zu sein. Zur Sicherheit sollte ich trotzdem den Kopf röntgen lassen.
Die Röntgenaufnahmen des Kopfes ergaben keinen Befund bei dem es sich lohnen würde zu operieren. Aber ich sollte beim Zahnarzt überprüfen lassen, ob ich nachts knirsche. Vielleicht hingen meine Beschwerden damit zusammen. Ich konnte mir das zwar schlecht vorstellen, ging aber sicherheitshalber zu meinem Zahnarzt. Der stellte fest, dass ich tatsächlich knirsche und verpasste mir eine Knirschschiene, die nun in meiner Nachtischschublade einzog. Ich verabschiedete mich aber bald von ihr, da ich keine Besserung bemerkte und ich mein Nachtleben nicht mit einer unbequemen Knirschschiene verbringen wollte.
Bei der Hausärztin ergaben die Blutuntersuchungen keinen Befund - keine Entzündungsmerkmale, nichts. Alle Werte waren „tippy-toppy“ bis auf B12. Sie verschrieb mir B-12-Spritzen und überwies mich zum Kardiologen. Der fand auch nichts, untersuchte mich aber gründlich mit Abklopfen und Abhorchen, wie es früher die Hausärzte machten, meine Hausärztin aber nie getan hatte. Er empfahl als weitere Untersuchungen: die Halsschlagader, die Lunge und eine Darmspiegelung. Er sagte auch, dass ich keine Kondition hätte, aber sonst sei alles o.k. Ich schob die anderen Untersuchungen erst mal weit von mir. Warum sollte ich bei Grippe eine Darmspiegelung machen lassen?
Ich wurde weiterhin beim geringsten kalten Windhauch krank. Und ich röchelte und schnaufte wie ein altes Dampfross. Mein Leben bestand jetzt aus Nasenspülungen, Dampfbädern und Hinlegen. Ich konnte kaum was planen, ständig funkten diese Attacken dazwischen. Wenn ich in nächster Zeit etwas vorhatte, war ich peinlich darauf bedacht, nicht mit einem kalten Windhauch in Berührung zu kommen. Das Leben wurde schwierig. Konnte nichts langfristig planen, immer wieder landete ich auf der Liege.
Im Mai wurde es schlagartig warm und genauso schlagartig ging es mir besser. Ich fühlte mich „normal“ und brachte es mit den B12-Spritzen in Verbindung. Es ging mir so gut, dass ich im Juli eine Reise nach Lanzarote unternahm. Dort herrschten konstant jeden Tag 30° und 28° nachts im Zimmer. Windstärke 5 bis 6 Beaufort, auch konstant. Sturm und Hitze nervten mich, aber mein Metabolismus schien diese unwirtlichen klimatischen Bedingungen zu lieben. Ich konnte jeden Morgen spazieren gehen, Übungen auf diesen komischen Geräten machen, die neuerdings überall an den Strandpromenaden für die Touristen herumstehen, und ich konnte schwimmen gehen. Nichts schien zu anstrengend zu sein. Erholt fuhr ich nach Hause. Sogar der ganze Schleim aus meinem Kopf hatte sich gelöst, die Atemkanäle waren frei, das Röcheln hatte sich gelegt. Als ich meiner Hausärztin davon erzählte, riet sie mir zu einem Urlaub auf einer Hochseeinsel.
Ich schöpfte Hoffnung, dachte der Spuk sei endlich vorbei. Aber im September wurde ich schon wieder krank. Ich hatte das Gefühl, dass beim Einkaufen in der Warteschlange an der Kasse nur jemand zu husten brauchte und schon kam ich mit einer Grippe nach Hause. Dieses Mal ging ich, als ich mich so richtig grippig fühlte, wieder in meine Hausarztpraxis. Ich wollte irgendwas verschrieben bekommen, damit es mir besser ging. Aber weit gefehlt. Ich kam zu einer anderen Ärztin, die mich mitleidig ansah und mir Frauengold empfahl. Ich fühlte mich in die sechziger Jahre versetzt. Frauengold? Hatte das nicht meine Mutter genommen? Und gab es das überhaupt noch?
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