Henning Isenberg
Das Friedrich-Lied - 2. Buch
Historischer Initiations-Roman aus dem 13. Jahrhundert
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Inhaltsverzeichnis
Titel Henning Isenberg Das Friedrich-Lied - 2. Buch Historischer Initiations-Roman aus dem 13. Jahrhundert Dieses ebook wurde erstellt bei
Geleitwort Geleitwort In gewissem Sinne wäre also die Seele jenes wunderbare Gefäß, dem die Suche gilt und die lebenspendende Kraft innewohnt, dessen letztes Geheimnis aber nicht enthüllt werden kann, sondern stets verborgen bleiben muss, weil sein Wesen Geheims ist. aus: Perceval (nach Chrétien de Troyes)
2. Buch 2. Buch 2. Buch
44. Kapitel
45. Kapitel
46. Kapitel
47. Kapitel
48. Kapitel
49. Kapitel
50. Kapitel
51. Kapitel
52. Kapitel
53. Kapitel
54. Kapitel
55. Kapitel
56. Kapitel
57. Kapitel
58. Kapitel
59. Kapitel
60. Kapitel
61. Kapitel
62. Kapitel
63. Kapitel
64. Kapitel
65. Kapitel
66. Kapitel
67. Kapitel
68. Kapitel
69. Kapitel
70. Kapitel
Epilog
Nachsatz
Anhang
Impressum neobooks
In gewissem Sinne wäre also die Seele jenes wunderbare Gefäß, dem die Suche gilt und die lebenspendende Kraft innewohnt, dessen letztes Geheimnis aber nicht enthüllt werden kann, sondern stets verborgen bleiben muss, weil sein Wesen Geheims ist.
aus: Perceval (nach Chrétien de Troyes)
2. Buch
Wann brecht Ihr wieder auf, Herr?“
Friedrich vernahm Stimmen.
„
Morgen in der Früh reiten wir zum zweiten Treffpunkt.“
„
Wo ist Tibald?“
„
Tibald von Dortmund ist tot.“
„
Und dein Herr?“
War das Waleran?
„
Auch.“
Das war Cedrics Stimme – ganz klar. Sein flämischer Akzent war unverkennbar.
Nein, nein, ich bin nicht tot. Friedrich versuchte zu sprechen. Er versuchte, die Augen zu öffnen. Es ging nicht.
„
Um Himmels Willen. Wo ist er?“
„
Dahinten, Herr.“
„
Meine arme Sophie. Wie soll ich ihr das erklären?!“
Er spürte, dass jemand näher kam. Doch er hörte nichts. Er spürte dass jemand bei ihm war. Er versuchte aufzuwachen, die Augen zu öffnen. Sich zu bewegen oder irgendetwas zu tun. Zwecklos. Die Kräfte verließen ihn und es wurde wieder still.
In der Nacht erwachte Friedrich endlich. Von dort vorne, wo seine Fußspitzen sein mussten, drang ein Licht durch seine geschlossenen Augenlieder. Er versuchte die Augen zu öffnen. Als er es endlich geschafft hatte, blickte er auf ein Leinentuch, welches sich ungefähr um die Länge eines Mannes über ihm spannte. Er lag in einem Zelt – erhellt durch das schwache, flackernde Licht, dass von flackernden Fackeln im Zelteingang herkam, die er jetzt über seinen Fußspitzen sehen konnte. Er konnte den Kopf nicht bewegen. Er suchte den Raum, so gut es ging, mit den Bewegungen der Augen ab. Sie schmerzten. Etwas lag rechts neben ihm. Ein Mann? Mit letzter Anstrengung wandte er den Blick dort hin. Beine in Ketten. Ein gelb schwarzer Surkot. Bestickt mit kleinen schwarzen Adlern. Dortmund!, schoss es ihm in den Kopf. Seine Augen wanderten über den verschmutzten Surkot über die Brust, hinauf zum Kopf des reglosen Körpers. Bleiche Haut, wie der Talg einer Kerze. Bartstoppeln. Schwarzes Haar. Die Nase mit einem kleinen Buckel. Tibald. Das war Tibald von Dortmund. Regungslos und tot. Tibald war tot….
Bin ich es selbst auch?! Liege ich hier neben einem Toten in der Vorhölle? Wird der tote Tibald gleich wie ich die Augen aufschlagen und zu mir herüberglotzen? Ihn ängstigte.
Doch nein. Warum sollte er Angst haben? Er fühlte keinen Schmerz. Es war kein Gefühl von Angst in ihm. Alles, was die Angst auszumachen schien, war der Geburt seines Kopfes entsprungen. Es war der Gedanke an die Hölle und daran, dass der Tod ja schlimm sei, so wie es ihm immer und immer wieder versichert wurde, und dass ihn ein Toter aus toten Augen anglotzen könnte. Einzig echt war die Trauer in ihm, dass sein kraftvoller, junger, nun verfaulender Körper eines geschossenen, aber nicht gefundenen Rehs im Walde gleich, von seinem Geiste gehen und von Maden zerfressen würde.
In einem nahen Dorf wurden alle Arten von Karren, die von Pferden gezogen werden konnten, beschlagnahmt. Friedrichs Getreue betten ihren Herrn und Tibald auf jeweils einen der Karren. Und so setzte sich der stöhnende und matte Tross in Richtung Limbourgh in Bewegung, jeder mit dem Gedanken beschäftigt, was für ihn nun folgen würde. Conrad hatte den Blick gedankenverloren auf den kräftigen Nacken seines Schlachtrosses gerichtet und nahm nur das Auf und Ab des Pferdekopfes über dem grasbewachsenen Weg wahr. Dann schaute er auf den Karren vor ihm. Über Agravains Rücken hinweg sah er Friedrichs blasses Gesicht.
Er wunderte sich, Tibald ist blasser als Friedrich. Nun , drängte die augenscheinliche Logik seinen Zweifel hinfort, er ist wahrscheinlich früher gestorben .
Den ganzen Tag über ritt das geschlagene Limbourghische Heer gen Osten.
Am Abend fing es an zu regnen und sie mussten einen halben Tagesritt vor Limbourgh das Lager aufschlagen. Missmutig schickte Waleran einen Boten zur Burg, der ihr Kommen für den nächsten Tag ankündigen sollte.
Aus Ästen hatten sich die Mannschaften kleine Schutzzelte gebaut, über die sie ihre Mäntel gelegt hatten. In diesen saßen sie um die Feuer, die in der Mitte solcher kleinen Plätze entzündet wurden und unterhielten sich gedämpft. Die Vorräte beschränkten sich auf die Feldnahrung, die sie mit sich geführt hatten. Allen knurrten die Mägen, doch am schlimmsten war der Durst, der sie nach den Strapazen des Tages überkommen hatte.
Die Knappen des Herzogs von Limbourgh hatten das Feldzelt für Waleran gerichtet. Waleran hatte seine Feldführer hier versammelt. Nicht weniger niedergeschlagen als die Mannschaften, saßen sie im Kreis. „Damit ist das Ende der Welfen wohl besiegelt“, sagte Conrad niedergeschlagen, „der Kaiser wird wohl ungeschoren in deutsche Lande zurückkehren, doch wird Friedrich von Staufen seinen Siegeszug nun ungestört fortsetzen können. Es ist wohl nur eine Frage kürzester Zeit, wann er in Aachen Einzug hält, um sich dort zum König krönen zu lassen. Nun steht ihm ja auch der Niederrhein nicht mehr im Wege oder werdet Ihr dem Staufer nicht huldigen, Herzog?“
„
Es ist wohl unklug, den Widerstand länger aufrecht zu halten. So wie ich es sehe, wurden in Bouvines viele Gefangene gemacht. Außer dem Lösegeld wird sicherlich eine Bedingung sein, dem neuen König die Treue zu schwören.“
Heinrich setzte hinzu, „die Fürsten im Rheinland müssen auf Veränderungen im Erzbistum Cölln achten. Denn der Papst wird sich dieser Frage sicherlich persönlich annehmen.
„
Der Staufer erwartet den Ausgang der Schlacht in Hagenau bis er ein Zeichen bekommt, um nach Aachen zu seiner Krönung zu ziehen.“
Und so ergingen sich die Geschlagenen in banger Hoffnung und Ermutigung bis tief in die Nacht in Spekulationen über die Zukunft des Adels nach Bouvines.
Als Conrad sich verabschiedete und aus dem Zelt Walrans trat, suchte mit schwerem Kopfe den Weg zu dem großen Turnierzelt Walerans, wo die beiden Toten aufgebahrt lagen.
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