Alle Wissenschaften haben ihren individuellen Blickwinkel genutzt, um die menschlichen Sinne zu erweitern. Sie erlauben uns, durch ihr ‚Loch‘ in die Blackbox zu schauen. Neue Erkenntnisse ersetzen oder erweitern die alten, wenn diese eine bessere und genauere Vorstellung für Zusammenhänge liefern. Dabei hat sich diese natürliche Matrix längst mit der künstlich darübergelegten, zivilisatorischen Matrix gemischt, die künstliche wurde selbst wiederum zum Forschungsgegenstand zum Beispiel in der Gesellschaftspolitik, der Volkswirtschaftslehre und der Geldtheorie. Denn im Unterschied zu den Tieren haben die Menschen schon vor langer Zeit damit begonnen, eine zweite Matrix aufzubauen, die ich die künstliche oder zivilisatorische Matrix nenne, und die immer wieder verändert und angepasst wird. Wir sollten – um der Genauigkeit willen – also zwei Boxen unterscheiden, die ineinander verschachtelt wurden: die natürliche und die zivilisatorische Matrix. Das wird im Folgenden auf unserer Reise zum Mitschöpfer noch wichtig sein. Hier wollte ich erst einmal nur verdeutlichen, wie vielschichtig die innere Vorstellungswelt eines modernen Menschen sein kann. Es leuchtet daher auch ein, dass die inneren Repräsentanzen der natürlichen und der zivilisatorischen Matrix in jedem Menschen vollkommen unterschiedlich vorliegen. Was ein Mensch sich vorstellen kann, hängt von der Bildung, seiner Sozialisation und seinem Interesse ab, was er sich dagegen wirklich vorstellt, ist allein Sache seiner willentlichen Entscheidung, ein Modell zu akzeptieren und sich damit zu identifizieren. Dass die Erde flach sei und keine Kugel ist zunächst nur eine Entscheidung, die ein Mensch aufgrund von Hinweisen getroffen hat, die ihn überzeugen konnten. Doch erst wenn die Mehrheit ebenfalls davon überzeugt werden konnte, gilt diese Vorstellung als real für die gesamte Zivilisation.
Die gelernten, erweiterten Konzepte werden dabei einfach über unsere natürliche drübergelegt. Wir ‚sehen‘ einen Spiralnebel mit den Augen, aber es ist nur ein Foto, aufgenommen von einem Teleskop und wunderschön in rötlich und bläulich eingefärbt. Eine andere Spezies würde anderes wahrnehmen. Eine Schlange zum Beispiel kann im Infrarotbereich Sterne sehen, die nicht einmal auf unserem Foto erscheinen, falls sie sich überhaupt für den Himmel interessiert. Tiere haben ihr eigenes Loch in die Blackbox. Die meisten Insekten werden durch Farben von Blüten geleitet, die für uns unsichtbar bleiben, es sei denn, wir färben die Fotos ein und legen diese Wahrnehmung sozusagen über das Sehen, wir verarbeiten sie im gleichen Hirnbereich. Alle unserer Mitbewohner auf diesem Planeten erfahren andere Dinge aus einem Riesenspektrum an Signalen der natürlichen Matrix. Sie sehen einen anderen Bereich der Realität, und der kann größer, kleiner oder auch nur auf der Skala der Schwingungen verschoben sein. Sie hören, riechen und schmecken anders. Ihre innere Vorstellung von realer Welt muss also anders sein. Würde sich ein menschlicher Realist mit einem Frosch austauschen, der unter den Fröschen als Realist bekannt ist, so könnten sie sich sicher nicht einigen darüber, was real ist. Es wäre auch müßig, sich mit einem Hund zu streiten, ob diese Fährte nun nach dem einen riecht oder nach dem anderen.
Im letzten Jahrhundert stellten einige Wissenschaftler dann unsere gesamte Vorstellung von Realität noch einmal komplett auf den Kopf: Die Physiker kamen von ihrer Forschungsreise zurück und erzählten uns, dass alles, was wir als Objekt wahrnehmen können, also unsere ganze materielle Welt, eigentlich nur aus Quanten besteht, die in die Existenz springen und wieder raus. Sie nannten das ihre Quantentheorie. Sie behaupteten, alles um uns herum sei Schwingung, also Frequenz, und bestehe nur aus Wellen oder Photonenpaketen und damit aus Licht, das nur umso materieller wirkt, je langsamer es schwingt. Auf der nächsthöheren Ebene der Atome und Moleküle bestehen alle Dinge aus Elektronen, so sagen sie, die um einen Kern aus Protonen und Neutronen kreisen und dabei in der Größenordnung soweit auf Abstand kreisen wie die Planeten um die Sonne. Eigentlich besteht also sogar jeder feste Gegenstand fast nur aus einem Geschwirre im leeren Raum, der, wie die Physiker nun auch herausgefunden haben, nicht einmal leer ist, er besteht aus dunkler Energie, oder wie spirituelle Physiker sagen, aus dem Nullpunktfeld, einer Ursuppe, aus der heraus alles Erschaffene entsteht. Sie beschreiben die natürliche Matrix als eine Quantensuppe, aus der wir uns einfach nur bestimmte Signale herausfischen, dekodieren und in Vorstellungswelten umwandeln.
Was heißt das nun für mich und dich? Aus allem, was du über die verschiedensten Wissenschaften gelernt hast, baust du dir in deinem Inneren ein individuelles Realitätskonzept zusammen. Ist es deshalb real? Nein. Aber du glaubst es vielleicht. Du glaubst, dass du damit eine objektive Vorstellung von Realität besitzt, auf der du dein Leben in Sicherheit und Gewohnheit leben kannst. Du musst dich auf deine Realität verlassen können, sonst wird dir der Boden unter den Füßen weggezogen. Du brauchst Hinweise und Signale und Vorstellungen, um überhaupt in dieser Welt zu funktionieren. Du verlässt dich darauf, dass die Wohnung gleichbleibt und auch dein Weg zur Arbeit. Du hast dir diese innerliche Vorstellung gebaut, um dich in Sicherheit zu wiegen, dass deine Welt objektiv stabil bleibt. Als Realist glaubst du außerdem, dass du dich dazu objektiv entschieden hast. So und nicht anders ist die Welt. Dabei hast du längst deine Sinne durch technische Erweiterungen überlagert. Dein Sehen verarbeitet nun auch Bilder von Vergrößerungen, Verkleinerungen, sowie Einfärbungen aus dem ultravioletten und infraroten Lichtbereich. Dein Hören verarbeitet Audiokonserven, Tonexperimente, Verstärker und ähnliches, die in der Natur so nicht vorkommen. Während unsere Sinne im Gehirn also eigentlich an die gleichen Areale gekoppelt bleiben, verarbeiten wir dort nun auch andere Wahrnehmungen, die uns durch die Technik und Forschung ermöglicht werden und die wir dort nur erinnern. Du pfeifst ein Lied aus dem Gedächtnis. Du kannst dir den Spiralnebel vorstellen. Korrigieren wir den Sachverhalt also durch diese Einsicht und halten wir fest, dass du alles für real hältst, was du dir vorstellen kannst. So musst du auch die typische Reaktion auf eine neue Information verstehen, da sagt dann einer: „Das kann ich mir nicht vorstellen.“ Genau, und damit ist es für diesen Menschen – noch – nicht real. Und das bleibt vielleicht auch so, wenn er die Informationen ablehnt.
Die moderne Physik hat uns damit an eine Grenze der Objektivität gebracht, die bei vielen Menschen noch nicht bewusst angekommen ist, jedenfalls nicht so wie zum Beispiel die Theorie, dass die Erde sich um die Sonne dreht. Auch diese Vorstellung ist nicht selbstverständlich. Den Zeitgenossen dieser Entdeckung kam das noch vollkommen unrealistisch und unlogisch vor. Sie waren es einfach gewöhnt, sich die Erde im Mittelpunkt des Universums vorzustellen. Ihre Vorstellung entschied also, was sie als real ansahen. Nicht umgekehrt! Oft müssen wir widersprüchliche Vorstellungen unter einen Hut bringen. Während eines Spaziergangs im Sonnenschein sagte mein vierjähriger Sohn zum Beispiel zu mir: „Jetzt liegt die Erde auf dem Boden, aber wenn es Nacht wird, dann springt sie hoch und kreist um die Sonne.“ Er versuchte damit, zwei Konzepte in seiner Vorstellung harmonisch abzustimmen. Dass die Erde um die Sonne kreist, musste er irgendwo aufgeschnappt haben, und das stand im Widerspruch zu seiner Beobachtung, dass er doch gerade auf der Erde herumlief.
Nicht nur Vierjährige, eigentlich ist jeder Mensch permanent damit beschäftigt, Konzepte aus den verschiedensten Wissenschaftsrichtungen mit den eigenen Erfahrungen zu harmonisieren. Unsere innere Realität befindet sich permanent in Veränderung, wir sind sogar süchtig danach, Neues zu hören, zu lesen, zu sehen und zu erfahren. Die menschliche Neugier erzeugt ein stetiges Lernen. Unsere Neugier beobachtet und forscht. Damit kommen wir zu einer anderen Entdeckung der Quantenphysik, dass nämlich der Beobachter das Experiment bestimmt. Klingt nicht wichtig, dabei hat es aber radikale Folgen, wenn es stimmt. Demnach gibt es keine objektiv beobachtbare Realität, so wie man sich das in einem mechanistischen Weltbild vorstellt! Die Quantenphysik behauptet: Eine Realität wird erst durch die Beobachtung real. Angeregt durch den Beobachter springen die Quanten in ihre Existenz. Vorher war die Erfahrung nur als Potential vorhanden. Keine Beobachtung, kein Hüpfen von Quanten.
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