Ein solches Vorgehen ermöglicht zu jedem Satz von N relativ verlässliche Einblicke in die Art und Weise, wie seine Aussagen zustande kamen, d.h. wie er die Welt gesehen, wahrgenommen, empfunden, „verstanden“ und gedeutet hat - folglich auch hinsichtlich seiner „Ergebnisse“, in Abhängigkeit davon, welche - eigentlich allgemeinverbindlich zu verstehenden - Worte er wählte und diese zu „Objekten“ seiner „Philosophie“ geworden sind: - Dies zumeist mit ästhetizistischem Anstrich, d.h. bewertet nach „greif-“ oder gar „messbaren“ Eigenschaften, wie Seltenheit, geschmacksbedingte Schönheit, Wohlgefälligkeit, Vorbildlichkeit, Nutzen oder was auch immer; - alles danach, wie es sich ihm - emotional jedenfalls! - als mehr oder weniger ansprechend oder auch abstoßend erwies. Nicht, was er gemeint haben könnte zählt dabei, sondern welche Worte er benutzt hat, bestimmt den Gehalt seiner Aussagen. - Danach beurteilte er, was ihm Nutzen oder Nachteile verschaffte, - nicht nur für ihn selber! - sondern in Projektion auf die Welt, weil sich in diesem Maßstab seine eigene Bedeutung am zufriedenstellendsten empfinden und auskosten und jeweils zu superlativen Feststellungen kommen ließ: - Denn er liebte es, in größtem Stil Festsetzungen zu treffen - auch, um sich im Rahmen einer nicht unerheblichen Selbstherrlichkeit an diesen - und keinen anderen! - orientieren zu können! - Seine Äußerungen ergeben ein recht authentisches Erscheinungsbild dessen, was er in seiner bis zum Autistischen veranlagten Auf-sich-selbst-Bezogenheit darstellen wollte und konnte. In seiner extremen Bezogenheit auf sich selbst war ihm anlagebedingt eine angemessene Wahrnehmung „der Anderen“ erschwert bis sogar unmöglich gemacht, - obgleich „diese Anderen“ - allerdings außerhalb seines übertriebenen Icherlebens und deshalb für ihn so gut wie nicht erkennbar oder nachvollziehbar! - nach allgemeiner Logik so realistisch existierten wie er selbst und zwar in absolut gleichwertiger Stellung zu ihm - was er nie begriffen hat und auch nicht wahrhaben wollte!
In dieser für N selbst nicht durchschaubaren Konstellation seines Empfindens und Welterlebens - von reflektierender Durchdringung dieser Zusammenhänge konnte keine Rede sein! - hat Ns durchaus pathologisch zu nennende, aus vielen seiner Aussagen herausleuchtende übertriebene Auf-sich-selbst-Bezogenheit dazu geführt, sich absolut unausgewogen und überbetont als in jeder Beziehung einzigartig zu erleben: In einem Gefühl , von dem sein gesamtes Denken und Handeln getragen war - einschließlich sein Bedarf und Zwang zur und sein Leiden an der Einsamkeit und der Vereinsamung! - obgleich er realiter von „den Anderen“ - und dies in ebenfalls übermäßiger Weise! - von ihnen innerlich abhängig war! Dieses ihm letztlich schicksalhaft aufgezwungene Empfinden hatte er in Einklang zu bringen mit einem ihm ebenfalls aufgezwungenen Bedürfnis nach Vorbildlichkeit, - und für all das bedurfte es zu seinem „intellektuellen“ Wohlbefinden berechtigter Begründungen , dass er sich „des Ganzen“ - zumindest aber doch in der Form seiner eigenen „Philosophie“! - sicher war! Die Vielzahl der zur Verfügung stehenden Fakten zeigen den gesamten und damit annähernd „wahren“ N - einfach aufgrund der Tatsache, dass sich über das Vorgelegte hinausgehend kaum etwas dem Widersprechendes bei ihm in gleicher Gewichtung findet! -
Besonders deutlich wird dies - in oft überzeugender Ausführlichkeit sogar! - an den - sich am ehesten offen und frei zeigenden, nicht von ihm selber veröffentlichen Nachlass-Notizen, in und mit denen er sich in seiner überschäumenden Bezogenheit auf sich selbst - gewissermaßen in Selbstgespräche vertiefte! - von niemandem gestört, „vertraulich unter sich“ und dies in vielen Fällen oft Jahre vor der veröffentlichten Preisgabe seiner „Einsichten“, welche ihn lange in Berücksichtigung altüberkommener Hemmungen veranlassten, schon Worte zu finden für Einfälle, die er sonst - sehr auf sein Ansehen bedacht! - sich mit Resten von Realitätssinn doch lange zu verkneifen verstand. Es fehlte N an kreativen Zweifeln an sich selbst und der Fähigkeit Neues zu denken . Deshalb blieb er zumeist in rabiat betriebenen Umwertungen von uralt Bekanntem stecken.
Weil N das im Laufe der vorüberziehenden Jahre fließend und fortlaufend sich enthemmende Geschehen seiner „geistigen Verfassung“ und seine Beschäftigungen - vor allem mit sich selbst! - als seine Selbstverständlichkeit erlebte und sein Werk sich nicht auf überzeugende Weise nach abgrenzbar schwerpunktbestimmenden Themenkreisen strukturieren lässt, bietet bei ihm vor allem der zeitliche Ablauf auf anschauliche Weise die bestmöglich erhellende Struktur für das Verständnis von Ns Leben, in dem es ihm - lebenslang eben ! - darum gegangen war, sich als einen großen philosophischen Denker und Kenner von allem und jedem in unterschiedlichsten Zusammenhängen, Deutungen, Sinngebungen und Erfüllungen darzustellen und zu profilieren .
Die Fakten zu allem, was einmal Ns tatsächliches Leben als eine mehr oder weniger harmonisch von ihm erlebte Einheit ausmachte , stecken heute - soweit sich davon etwas Geschriebenes zuverlässig und verbürgt erhalten hat ! - in konzentrierter Form und damit insgesamt auf wenig übersichtliche Weise! - in den in sich geschlossenen Bücherfolgen a) seines „Philosophierens“, d.h. in dem, was er als seine Werke veröffentlicht hat; b) in seinen Notizen, die er sich zu dem, was ihm so im Kopf herumging und ihm wichtig schien, machte; und c) in den von ihm geschriebenen Briefen; sowie - nicht zuletzt - d) in den Briefen, welche er erhielt; - dazu noch in dem, was e) andere irgendwo in seiner auch entfernteren zeitgenössischen und persönlichen Umgebung ausreichend begründet über ihn dachten und notierten. - All das ist enthalten in 5 völlig voneinander getrennten, jeweils von Anfang bis Ende parallel nebeneinanderstehenden vielbändigen Buchreihen und ist für einen „normalen“ Leser nur mit unvertretbarem Aufwand wieder in einen chronologischen Zusammenhang zu bringen! -
Um einen Überblick über das Fakten-Material zu geben zeigen die folgenden Zusammenstellungen den Umfang, um den es sich jeweils handelt:
1. Die von N selbst veröffentlichten bzw. dazu vorgesehenen Werke
in der von Giorgio Colli und Mazzino Montinari im Verlag de Gruyter herausgegebenen
„ Kritischen Studienausgabe“ ( KSA) :

2. Die von N gemachten, nicht veröffentlichten Notizen, die sogenannten
„nachgelassenen Fragmente“ im Rahmen der KSA:
3. Kommentare dazu:
4. Dazu das, was aus Ns Kindheit und Studienzeit schriftlich erhalten blieb, in der
nach während der NS-Zeit, 1940 mit Band 5 abgebrochenen
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