Dass N - belastet mit der „Hypothek“ seiner vom Vater ererbten „leichten“, tief genug gehenden epileptischen „Anfälle“ - ausgerechnet auf Emersons maßlosesten „Essays“ stoßen musste und von ihm die doch sehr seltsame aber schmeichelhaft wunderbar passende „Erklärung“ dafür erhielt, was es mit seinen ihn in Aufregung versetzenden „Momenten“ 25.8.62auf sich hätte, war schicksalhaft! Niemand wusste darum! Niemand brauchte es zu wissen! Niemand sollte es wissen! N verschloss Emerson in seinem Herzen und machte ihn zu seinem großen, universalen und bestgehüteten Geheimnis, das sich allerdings in den als so ungeheuer genial erachteten, plötzlich, wie aus dem Nicht heraus, explosionsartig auftauchenden „Jugendaufsätzen“ der Osterferien des Jahres 1862 so deutlich wie sonst kaum, aller Welt - sofern diese nicht schon von N unabhängig von Emerson wusste! - verriet . Allerdings mit dem Zufalls-Vorteil, dass dazumal kaum jemand Emerson ausreichend genug kannte und es somit ziemlich lange dauerte, bis „man“ so nach und nach „dahinterkam“.
Nicht nur auf diese Weise wurde N seinerzeit von Emerson unmittelbar angesprochen. Auch die neben den geschilderten Details um die bewussten Ausnahmemomente in den Schriften Emersons immer wieder vorkommenden Maßlosigkeiten der Ansprüche, die von jedem an das Leben zu stellen wären und angeblich Erfüllung fänden, hatten es N angetan: Das versprach ihm ein Leben „vor allen Anderen“ und in Anwendung aller nur erdenklichen Superlative „im größten Stile“ und mit einem eigenen Sternbild am sich um die Welt bzw. um ihn drehenden Firmament: „es ist mir zu schwer zu leben, wenn ich es nicht im größten Stile tue, im Vertrauen gesagt, mein alter Kamerad! Ohne ein Ziel, welches ich nicht für unaussprechlich [eben superlativ und weit außerhalb von allem Möglichen für] wichtig hielte, würde ich mich nicht oben im Lichte und über den schwarzen Fluten [nämlich ohne sein ihm notwendig gewesenes Zweierleimaß! - oberhalb der gewöhnlichen Masse „der Anderen“!] gehalten haben! Dies ist eigentlich meine einzige Entschuldigung für diese Art von Literatur, die ich seit 1876 [seit seiner Aphoristen-Masche in seinen „Menschliches, Allzumenschliches“-Versionen] mache: es ist mein Rezept und meine selbstgebraute Arznei gegen den Lebensüberdruss [von dem er sich - herausragend aus der Masse! - heilen wollte!]. Welche Jahre! Welche langwierigen Schmerzen! Welche innerlichen Störungen, Umwälzungen, Vereinsamungen! Wer hat denn so viel ausgestanden als ich?“ 15.7.82Rundweg einmalig! In Allem und Jedem!
Jedoch zurück zu den bis zur Emerson-Begegnung stattgefundenen - ab und an aber wieso und warum? - meistens aus heiterem Himmel heraus vorkommenden, nirgendworan klar definierbaren „Momenten“, über welche - wie beim Vater! - weiter kein Aufhebens gemacht worden war, als sie sich zu ereignen pflegten, denn es war erstens nichts eigentlich Beunruhigendes daran, waren sie doch im Handkehrum wieder vorüber. Die normale Welt ereignete sich danach jeweils fort und nach den Gefühlen, Stimmungen und Entbehrungen dessen, dem so geschah, wurde nicht weiter gefragt. Es war N den es drängte diese Dinge doch irgendwie zu artikulieren; - vor „die Anderen“, um daraus seine ehrgeizbefriedigenden „Zinsen“ zu schlagen! Zweitens war ihrem Inhalt, der gleichsam „einer anderen Welt“ angehörte, mit umgangssprachlichen Worten ohnehin so gut wie unmöglich beizukommen. Und drittens gab es für denjenigen , welcher dergleichen erlebte , - dem Inhalt nach! - zweierlei sehr unterschiedliche bipolare „Stimmungen“, „Zustände“, „Erlebnisformen“ - denn beides waren, den eigenen Empfindungen nach, „ Wirklichkeiten “! - von denen sich schwerlich - woran auch? - bestimmen ließ, welche denn - vor allem nach welchem Erklärungsmuster - „ wirklicher “ als die Andere wäre, - da es sie beide doch tatsächlich gab !
Beide wurden erlebt , - ohne dass es dazu konkret etwas zu „denken“ gab! - Wenn sich ergab, dass die Eine, voll lichtdurchflutet , ohne Probleme dabei, die „Welt“ mitsamt dem eigenen Ich als Mittelpunkt wesentlich anders erscheinen ließ als die Andere in ihrer alltäglichen Beiläufigkeit der eigenen Person, in der das Ich allenfalls eine periphere Rolle zu spielen hatte, dann konnte nur das reine Gefühl entscheiden, da half kein Verstand: Dann ging es um „angenehmer“ oder „unangenehmer“, um mehr oder weniger spannungsvoll zu Entscheidungen zwingende Stellungnahmen zwischen mehr oder weniger beglückendem „Verstehen“ dessen, was Einen dabei „umgab“ an Zusammenhängen und Zwängen und es wirkte das „Sich-mehr-oder-weniger-sicher-sein“ aus, als Beigabe zu den ohne Krankheitsbewusstsein vorhandenen Gefühlen von Selbstverständlichkeit , Zweifelsfreiheit , Erwartungen und nicht zuletzt von Wohl gefühl als wesentlicher Entscheidungshilfe zur geschmacklichen Gewichtung dessen, was als „das Wichtigere“, Bessere, Eigentlichere , auf der einen Seite den Schwerpunkt und auf der anderen Seite eher das Ungemach „des Lebens“ ausmachen sollte.
Bei N lief - unterstützt durch Emersons Wertung aufgrund einer Vielzahl von Äußerungen - die Entscheidung immer wieder darauf hinaus, dass die für ihn gegebenen „Wirklichkeiten“ der zumeist erhebend beglückenden „Momente“ vorzuziehen waren vor denjenigen einer in vielen Punkten und Hinsichten eindeutig unzufriedenstellend, abscheulich und frustrierend wirkenden Nüchternheit der sich so gut wie jedes Mal - also „normalerweise“! - den phantasielosen Zwängen der Realität beugen müssenden und deshalb unbedingt verbesserungswürdigen „Welt“.
N lieferte und wiederholte ununterbrochen seine Beanstandungen, Kritiken, „Erkenntnisse“ und Änderungswünsche, wie mangelhaft bestellt es mit dieser „Welt“ rund um ihn her doch sei! Wie wenig sie zugeschnitten war auf speziell seine Bedürfnisse, Empfindungen, Wünsche und Wertungen - auf seinen Geschmack letzten Endes! - Das alles lässt kaum einen anderen Schluss verständlich erscheinen, als den, welchen er zog! Schließlich musste ihm von irgendwoher ja stets erneut Veranlassung und vor allem ein „Vergleichsmaß“ für diese elementare Grundhaltung des Anstoßnehmens „dem Leben“ gegenüber zugekommen sein, denn ohne einen gleichsam außerhalb oder neben „diesem Leben“ vorhandenen „ Erfahrungsquell “, wäre er schwerlich zu dem ihm nun einmal eigenen Maß an Veränderungs- und Umwertungsbedarf getrieben worden, sondern hätte sich, stattdessen, mangels einer solchen „Extra-Erkenntnis-Quelle“ gefügt , - weil er es nicht anders, nicht „ besser “ gewusst hätte und ihm nichts von dem, wonach er sich sehnte, bekannt gewesen wäre!
Nach diesen Gegebenheiten zu schließen, hat es in Ns Leben etwas „Besonderes“, ein zusätzliches , aufstörendes Erfahrungselement gegeben, dass in Form schwer greifbarer „Momente“ letzten Ende unbekannten „Inhalts“ in seinem Wesen wirksam war: - Etwas, das bei ihm - zusätzlich zu seinen „herrscheramtlichen“ Neigungen! - gründlich anders spurte als bei den meisten anderen Menschen! Aus einem völlig durchschnittlich „normalen“ Lebensgefühl heraus kann sich ein unbewusstes Widerspruchsbedürfnis, wie N es an den Tag gelegt hat, schwerlich entwickeln, denn es würde bei „normal“ funktionierender Logik eines unerhörten Aufwandes an Energie bedürfen, die ununterbrochenen Kraftakte einer solchen Widerspruchsexistenz - die ja nicht zum „Nulltarif“ zu haben ist - durchzuhalten ! Es brauchte dazu einen stets wieder aufladenden und aufgeladenen Antrieb aus „ewig wiederkehrenden“ Erlebnissen, die immer wieder neu zu ungeduldig grundsätzlichem Widerspruch aufstachelten und motivierten um innerlich zu Zufriedenheit und „Einverständnis“ - zumindest mit sich selbst, wenn eben nicht mit der Welt - gelangen zu können.
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