„Gesprochen wie ein Mann“, antwortete der Ältere, wieder in seine behagliche ruhende Stellung zurückgleitend; „und nun erfahre denn auch alles, was ich von dem ganzen geheimnisvollen Leben und Treiben der Spanier weiß, denen ich jetzt schon jahrelang nachspüre. Aber noch nie hat ein Fuchs einen Hound 17mehr zum Narren gehabt und öfter von der Fährte abgebracht, als diese verwünschten Señores mich, der ich ihnen nicht weniger treu und gierig gefolgt bin. Du weißt, dass schon seit Jahren die Cherokee von einer Silbermine gesprochen haben, die sich irgendwo an den Wassern des Hurricane 18befinden und außerordentlich reichhaltig sein solle; nie aber konnten alle nur erdenkliche Versprechungen auch nur Einen von ihnen bewegen, den Platz genauer zu beschreiben, da nach ihren Gesetzen der Tod auf dem Verrat stand, trotzdem, dass doch Keinem von ihnen das Geheimnis mehr etwas nützen konnte. Einige Spanier aber müssen im Besitz desselben sein, denn schon seit langen Jahren (seit drei Jahren beobachte ich sie selber) kommen mehrere in lange mexikanische Mäntel gehüllte Gestalten mit drei oder vier Maultieren an die Mündung des Hurricane, wo der größte Teil derselben in dem fast undurchdringlichen Dickicht, von dem der Fluss seinen Namen hat, lagert. Zwei steigen dann mit den Tieren den Berg an der linken Seite des Flusses hinauf, ziehen auf der zweiten Terrasse von oben fort, durchschneiden dort den ,flat mountain‘ oder die mehrere hundert Schritt breite, offene Stelle am Abhang des Berges, dem kleinen Rohrdickicht gegenüber, das etwa eine Meile von hier den Fluss hinauf liegt, wenden sich dann wieder ins Tal, indem sie ihre Maultiere in dem Rohrdickicht ausgehobbelt (mit zusammengebundenen Vorderfüßen) lassen, und suchen dann die Mine auf, die, Gott weiß wo, aber irgendwo in dieser Gegend liegen muss. Nach vierundzwanzig Stunden schon kehren sie gewöhnlich mit schwerbeladenen Tieren zu ihrer Gesellschaft zurück, und sind dann wieder für zwölf Monate verschwunden. – Drei Jahre nun passe ich ihnen schon auf und habe, wenn sie fortzogen, mit unermüdlicher Sorgfalt ihren Spuren nachgeforscht, beide Seitenwände des ganzen Flussbettes von oben bis unten durchwühlt, fast keinen Stein unumgewendet liegen gelassen, als ob sämtliche Bären von Arkansas nach Würmern gesucht hätten, und – alles vergebens. Vom Schilfdickicht aus waren sie mehrere hundert Schritt bergan gestiegen, hatten sich aber dann so zwischen den Felsen und dem Gestein gehalten, dass jede Spur verschwand und mein Auge, sonst keineswegs eins der schlechtesten, ihrer Spur nicht weiter zu folgen vermochte. Zwei Jahre hintereinander machte ich solch‘ vergebliche Versuche, und zu meiner Schande muss ich’s gestehen, dass mich auch eine von den Nachbarn erweckte Furcht abhielt, meinen Nachforschungen den gehörigen Erfolg zu sichern. Diese erzählen den finsteren Spaniern nämlich viele schauerlich klingende Geschichten nach, dass sie zum Beispiel, um ihr Geheimnis zu bewahren, Menschenblut nicht geachtet haben sollen, und einst einen einsamen Jäger, der sie zufällig bei ihren Arbeiten überraschte, ermordet hätten, und andere dergleichen schreckliche Geschichten.
War ich allein, so übermannte mich stets unwillkürlich eine fast weibische Furcht, wenn ich solchen Mordes gedachte, und scheu blickte ich dann wohl umher, hinter jedem vorspringenden Felsen oder umgestürzten Baumstamm die gespannte Büchse eines der dunkeläugigen Schufte vermutend. Jetzt ist das etwas Anderes; w i r sind unserer Zwei und sie sind Zwei; finden wir den Platz, wo sie graben, und sie entdecken uns und zeigen sich feindselig, wohl, so schießen unsere Büchsen so sicher als die Ihrigen, vielleicht noch sicherer. – Nehmen sie aber Vernunft an, desto besser, mich verlangt nicht nach Menschenblut, und es wird genug Silber für uns alle Vier vorhanden sein; aber wissen m u s s ich den Platz, und umsonst will ich nicht Jahre lang damit vergeudet haben, ihren Spuren nachgeschlichen zu sein, ohne meinen Zweck erreicht zu haben.“
Preston schwieg und schaute sinnend, über seinen Plänen brütend, in die zusammenfallenden Kohlen, während Thomson einige Minuten ebenfalls tiefes Schweigen beobachtete und mit seinem breiten Jagdmesser allerlei Figuren vor sich in die Erde grub; endlich wandte er den Kopf halb zu seinem Gefährten herum und frug, während er dabei die Spitze seines Messers auf den ledernen Leggins reinigte und sich damit die Zähne stocherte:
„Wann wollen wir aufbrechen?“
„Sobald der Mond aufgeht, und das geschieht ein Viertel nach Zwölf“, lautete die Antwort, „dann müssen wir dem Lauf des Flusses stromaufwärts folgen, bis wir an das Schilfdickicht kommen, und dort dasselbe umlauern, bis die Spanier, mit dem edlen Metall beladen, zu ihren Tieren zurückkehren. Sie werden den Weg oft machen müssen, und unserer Schlauheit ist es jetzt anheimgestellt, das Ganze friedlich, das heißt unbemerkt – oder feindselig, wenn entdeckt – abzumachen. Hunde haben sie nicht mit sich, von diesen ist also keine Entdeckung zu fürchten, und finden wir den Platz, so sind wir gemachte Leute.“
„Gut!“, rief Thomson, aufs Neue ein mit Fleisch bestecktes Holz vor sich hinpflanzend, welchem Beispiel diesmal sein ernsterer Jagdgefährte folgte. „Gut – ich bin dabei – es ist wenig Mühe und Gefahr und die Hoffnung auf ungeheuren Gewinn; da widersteh‘ ein Anderer. Wir wollen uns nur noch tüchtig stärken und ein halb Stündchen schlafen, denn wer weiß, wie wir’s nötig haben werden; kommt dann der Mond, so haben wir wieder Kräfte und ertragen, was uns in den Weg kommt, leichter und mit frischerem Mute.“
Schweigend beendeten die beiden Männer ihre Mahlzeit, schürten dann das Feuer auf, das, von dürrem Holz genährt, hoch emporloderte, hüllten sich in ihre Decken und versuchten, ihre Körper zu den bevorstehenden Anstrengungen auszuruhen.
Der Jüngere war bald sanft eingeschlafen, und sein tiefes, regelmäßiges Atmen bewies, wie wenig er die Gefahr, der er entgegenging, kannte, oder wenn er sie kannte, wie furchtlos er sie erwartete. Der Ältere wickelte sich zwar auch in seine Decke und schien, den Kopf auf ein Stück faulen Holzes gelegt, zu schlummern, seine Augen aber waren und blieben geöffnet, und sinnend schaute er hinauf zu den Myriaden von Sternen, die oben vom dunklen Nachthimmel friedlich und freundlich auf ihn herab funkelten.
Endlich erhellte sich an den östlichen Bergkuppen der Himmel – der Mond musste gleich erscheinen; da hob sich Preston von seinem harten Lager, dehnte und streckte die Glieder, weckte seinen Kameraden und ging dann zum nur wenige Schritte entfernten Wasser, sich Gesicht und Hände darin zu baden, um mit klaren Augen und hellem Verstand den gefährlichen Weg anzutreten.
Thomson sprang auf und folgte seinem Beispiel; beide wickelten dann ihre Decken zusammen und hingen sie sich über die Schulter, nahmen ihre Büchsen, schüttelten frisches Pulver auf die Pfanne und waren so gegen alles, was ihnen entgegentreten mochte, gerüstet.
„Sollen wir nicht lieber im Tale hingehen?“, fragte jetzt Thomson, als er sah, dass Preston an einigen steilen Felsstücken hinaufkletterte, um eine der Terrassen zu erreichen. „Wir haben auf jeden Fall besseren Weg und können schneller fortkommen; denn, hol’s der Henker, so in der Nacht zwischen den scharfen Steinen mit zerrissenen Mokassins umherzuklettern, ist eine verteufelt böse Sache – meine Füße brennen mir schon jetzt wie Feuer.“
„Wir müssen uns aus eben dem Grunde zwischen den Felsen halten, aus dem die Spanier den raueren Weg gewählt haben – um alle Fährten zu vermeiden. Bleiben wir unbemerkt, so ziehen wir uns leise und vorsichtig zurück, und erregen nicht den Verdacht der Fremden, die sicher, wenn sie auch nicht den Talweg einschlagen, doch hinunter spüren, ob sie keine verräterischen Fußspuren dort entdecken können.“
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