Jozi Salzberg - Menschengöttin, Menschenskind!

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Der Roman aus der Reihe «99,9 %» mit dem Titel «Menschengöttin, Menschenskind!» von Jozi Salzberg spielt im Österreich der Unionsära. Der Zeitraum ist das 20./21. Jahrhundert. Erzählt wird aus der Perspektive von Anni und Gina, die beide den verarmenden 99,9 % der Weltbevölkerung angehören. Die Frage ist, warum all die «Ginas» jahrzehntelang immer mehr für immer weniger Geld arbeiteten, ohne aufzubegehren. Wer aber ist Gina und warum ist sie, wie sie ist. Warum hätte es die selbstbewusste Gina rundweg abgelehnt, als Göttin bezeichnet zu werden und warum akzeptiert sie trotz ihrer demokratischen Gesinnung, Reiche und Mächtige würden die Welt regieren? Diese automatische Unterordnung stört Anni ganz gewaltig. Also fragt sie, was dazu führte und wer davon profitierte. Schon ein kurzes Nachdenken eröffnet Anni ungeahnte Zusammenhänge, erstreckt sich vom Ursprung der Göttinnen, über deren irdische Interpreten und die Reichen und Herrschenden mit deren heimlichem Gott. Während es der arbeitenden Bevölkerung immer schlimmer ergeht, häufen die anderen enormen Reichtum an. Als man glaubt, es könnte nicht mehr schlimmer kommen, geschieht 2020 (europäischer Zeitrechnung) der Höhepunkt dieser Abwärtsentwicklung…

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Jozi Salzberg

Menschengöttin, Menschenskind!

99,9 %

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Inhaltsverzeichnis Titel Jozi Salzberg Menschengöttin Menschenskind 999 - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Jozi Salzberg Menschengöttin, Menschenskind! 99,9 % Dieses ebook wurde erstellt bei

99,9 % - Menschengöttin, Menschenskind!

Froh, froher, am frohsten

Gina alias Tara und die Mächte

Oben und unten

Anfang vom Ende

Von Wert

Schlimm

noch schlimmer...

schlimmer als schlimm

Gruppe 1

Frontalangriff

Kurztext

Plot

Impressum neobooks

99,9 % - Menschengöttin, Menschenskind!

Anni alias „Sieben“, eine der Wiener 99,9-Prozent der 2020er Jahre, führte jahrzehntelang Tagebuch. In diesem anonymisierte sie ihre Freundin Gina mit der Bezeichnung „Tara“. Den Namen der hinduistischen und tibetisch-buddhistischen Göttin hatte sie nach der ersten, spontan-euphorischen Wahl bewusst und mit Überzeugung weiter benutzt, ohne dass es Gina jemals geahnt oder erfahren hätte. Hätte diese von der großen Wertschätzung gewusst, sie würde die Ehre weit von sich gewiesen haben, göttliche Eigenschaften verpasst zu bekommen, die doch sicherlich der Göttin viel besser anstehen - jedenfalls Ginas bescheidener Meinung nach. Das hätte sie behauptet, ohne Taras Eigenschaften überhaupt zu kennen. Anni aber kannte ihre Freundin lange und gut genug, um zu wissen, wie sie „tickt“. Deswegen behauptet Anni stur und steif, Gina besäße die Paramitas Sanftmut und Geduld, Güte, Großzügigkeit, Fleiß und Rechtschaffenheit sowie Weisheit und noch einige mehr in lupenreiner Form und im Übermaß. Und wie sonst sollte man einen solchen Menschen nennen, wenn nicht Tara!? Diese Person kann doch nur eine Menschengöttin sein, Menschenskind!

Anders als Anni, die (aus guten Gründen, die sie noch erörtern würde) nie Unterschiede zwischen dem Göttlichen und dem Menschlichen machte, hätte Gina behauptet, ihre Eigenschaften und ihr Aussehen wären die eines „ganz normalen“ menschlichen Wesens. Wie sieht denn eigentlich eine „Normalo“ aus? Sieht sie etwa anders aus als ein Über-drüber-Typ, ein Gott, eine Göttin? Anni glaubte das nie. Vielmehr kam sie zu dem Schluss, dass sich jemand mit dieser Selbstbeschreibung, ein Normalo zu sein, bloß unbewusst klein mache. Dass sich jemand selbst im Verhältnis zu Gottheiten erniedrigt, wird zwar als Bescheidenheit gelobt, doch es erklärt nicht das Warum und Woher dieses Verhaltens. Vielleicht ist Bescheidenheit das falsche Wort? Warum meinte Gina, zwischen ihr und einer Göttin oder allgemeiner zwischen einem „Normalo“ und den Mächten wäre ein haushoher Unterschied? Warum geht sie automatisch davon aus, die Reichen und Mächtigen regierten die Welt? Woher kommen denn diese anscheinend allgemein akzeptierten Differenzierungen, die Anni so sehr gegen den Strich gehen?

Was ist denn eigentlich ein „ganz normaler“ Mensch äußerlich und innerlich? Wie würde jemand Ginas Aussehen beschreiben? Mit Sicherheit fiele es ihm leicht. Gina ist hellhäutig, schwarzhaarig, blauäugig, mittelgroß, mittelschlank, eine Frau mit üppiger Oberweite, weichen Lippen, einladenden Hüften und einem feinen Bäuchlein. Anni würde ergänzen, dass Gina auf trainierten Beinen einer begeisterten Joggerin fest in der Welt stehe, ihre Armmuskeln gut entwickelt seien – trainiert durch die viele körperliche Arbeit, die sie seit mehr als zwei Jahrzehnten leiste – sei es das Tragen ihres Kindes, das Einsortieren von Waren in die Regale des Einkaufszentrums oder das Heben von PatientInnen. Befriedigende Gartenarbeit stählte ihren gesamten Körper. Also ja: In ihrem Aussehen, in den Tätigkeiten und Fähigkeiten unterscheidet sich Gina alias Tara wirklich nicht besonders von anderen „normalen“ Frauen, die Kinder großziehen und/oder einer bezahlten Beschäftigung nachgehen und vielleicht noch - so wie Gina - mit Gartenarbeit beschäftigt sind. Mag sein, dass Gina in diesem oberflächlichen Sinne ein „ganz normaler“ Mensch ist. Für ihre FreundInnen ist sie aber nicht gewöhnlich. Wären sie ihr sonst ein Leben lang treu verbunden? Und blieben Ginas Gefährten und Liebhaber sonst so lange an ihrer Seite? Warum das so ist, kann allerdings nicht mit einem Wort beschrieben werden.

Ginas Vorzüge treffend zu beschreiben, ist seltsam schwierig. Mit derselben Schwierigkeit schlägt sich jemand herum, der begründen möchte, warum er sich in einen bestimmten Menschen verliebte. Es fehlen demjenigen die richtigen Worte für das Warum, und dem kritischen Zuhörer fehlen die Worte ob der lächerlichen Argumentation. Das liegt daran, dass es fast unmöglich ist, alle Attribute der zu beschreibenden Person stimmig zu verknüpfen. Obwohl sich die Menschen in grundlegenden Verhaltensweisen so sehr ähneln, bleibt zugleich das Individuelle in seiner Wirkung auf das Gesamte kaum fassbar. FreundInnen von Gina würden allerdings übereinstimmend deren Fröhlichkeit, Güte und Stärke, Großzügigkeit und Wahrhaftigkeit lobend erwähnen. Gewissenhaft und fleißig ist sie sowieso. Negative Eigenschaften – sollte es sie geben - interessieren die FreundInnen nicht besonders. Was Fremde vielleicht bemängeln, akzeptieren Freunde ganz selbstverständlich, etwa deswegen, weil es Ihnen lieber ist, von Gina alles Unangenehme undiplomatisch direkt ins Gesicht gesagt zu bekommen, als Gefahr zu laufen, „auf einer Schleimspur auszurutschen“, wie Anni einmal meinte.

Tatsächlich sind in Gina Widersprüche friedlich, ja harmonisch vereint. Seit jeher erledigt sie ohne viel Murren das, was gerade notwendig ist. Sie ist meistens vernünftig („wenns um etwas geht“), häufig ein wenig unvernünftig („wenns lockerer sein darf“). Lebenslustig umarmt sie die positiven Chancen und mitfühlend ihre Nächsten – als ihre Nächsten bezeichnet Gina allerdings die Zwei- und auch die Vierbeiner, und das unterscheidet sie von vielen „gewöhnlichen“ Menschen. Die Fliegen und Gelsen aber klatscht Gina erbarmungslos tot. Dabei ist sie so reaktionsschnell, dass sie so manche Gelse mit der Hand im Flug fängt. Dafür heimste sie schon oft die Bewunderung der weniger erfolgreichen JägerInnen von Plagegeistern ein. Gina fühlte sich deswegen dennoch nie als Übermensch. Wäre sie einer, könnte sie Schicksalsschläge genauso gut abwehren wie Gelsen. Doch leider treffen sie solche Schläge genauso hart wie die anderen Pechvögel. Apropos Schläge - eines ist gänzlich ausgeschlossen: auf die zweite Wange ließe sich Gina niemals schlagen. Es wäre auch obsolet. Sobald Gina bei sich selbst einen groben Fehler erkennt, „rudert“ sie zurück, entschuldigt sich „ohne scheinheilig herum zu druckseln“, denn wer das mache, sei für sie ein Feigling und bei ihr „unten durch“. Das gab sie einmal unumwunden zu. Anni versteht diese Haltung vollkommen: Wer mit sich selbst ehrlich ist, verlangt dasselbe von anderen. Gina ist eine überaus starke Frau, ein charakterlich gefestigte Persönlichkeit. Stark ist dieser Mensch aber auch im wörtlichen Sinn. Sie packt zu, wenn „Not am Mann“ ist. Und sie steht „ihren Mann“. Einmal half sie einem Freund, vom 2. Stock einen Vollholz-Kasten zum Transporter zu schleppen. Stufe um Stufe mobilisierte sie all ihre Kraft und schaffte etwas, woran der dritte im Bunde – ein junger Mann namens Markus – kläglich gescheitert war. Dabei hatte Gina damals noch keine anderen Lasten geschleppt und auch nicht Gartenarbeit verrichtet, weil ihre Eltern diese Dinge für sie erledigten. Gewöhnt war sie diese Arbeit wirklich nicht. Die Tragegurte schnitten ihr in das zarte Fleisch der Schulter – einmal rechts, dann links, doch sie biss die Zähne zusammen, stöhnte auf oder brüllte höchstens bei jedem Befehl, den Kasten anzuheben, kurz auf wie eine Löwin, die zum Kampf ansetzt.

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