Conny Schwarz
Tod zum Dessert
12 Krimi-Shots
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Inhaltsverzeichnis
Titel Conny Schwarz Tod zum Dessert 12 Krimi-Shots Dieses ebook wurde erstellt bei
Fit in den Tod
Die kleine Eva
Böses Erwachen
Ein Arbeitsunfall
Das Nussbäumchen
Frühjahrsputz
Der nette Nachbar
Alte Liebe, neues Glück
Die Glücksfee
Tödliche Grüße
Tante Luzies Geheimnis
Tod zum Dessert
Impressum neobooks
„Trainer Freddy war offenbar sehr beliebt“, sagte Kommissar Heinze und sah sich aufmerksam im luxuriösen Haus der Strotzkis um. Die alte Villa war vollgestopft mit bombastischen Möbeln, kitschigen Leuchtern und langweiligen Ölgemälden.
„Die Kollegen im Fitnessstudio mochten Herrn Friedrich, genannt Freddy, und die Kundschaft himmelte ihn an“, bekräftigte Kommissar Heinze noch einmal und rekapitulierte den merkwürdigen Tod des Fitnesstrainers. Er war, vermutlich beim Joggen, über das Geländer einer Brücke auf eine stark befahrende Straße gestürzt. Offenbar war es Selbstmord, Fremdeinwirkung war zumindest nicht nachweisbar. Um die Akte schließen zu können, die irgendein übereifriger Idiot angelegt hatte, musste der Kommissar aber noch den exakten Tathergang rekonstruieren. Und so hatte ihn Freddys Terminkalender hierher geführt, zu dieser Adresse.
„Beliebt, so ein Quatsch“, entgegnete Ira Strotzki, die Hausherrin, die allerdings ihre Tränen scheinbar kaum zurückhalten konnte. „Es gab ständig Zoff im Studio, laut und grob ging es dort zu. Das war auch der Grund dafür, dass ich Freddy privat als Personal Trainer engagierte. Ich hoffte, außerhalb des Studios würde das Training entspannter ablaufen.“
Kommissar Heinze musterte die Frau, die im blauseidenen Hausanzug vor ihm stand. Ira war eine langbeinige Blondine um die Vierzig. Sie hatte offensichtlich mit Botox experimentiert und tatsächlich ein paar Gramm Fett auf den Rippen, war aber dennoch äußerst attraktiv.
„Das stimmt“, gab der Kommissar zu. „Im Studio herrscht ein rauer Ton, das habe ich vor Ort auch mitbekommen. Aber so eine Muckibude ist nun mal keine Krabbelgruppe. Nichts für schwache Nerven. Freddy hatte dort jedenfalls einen ausgezeichneten Ruf.“
„Deshalb habe ich ihn ja ausgesucht. Er war der Beste“, schluchzte Ira leise.
„Wo steckt eigentlich Ihr Mann?“, fragte Kommissar Heinze.
„Oben in seinem Arbeitszimmer.“
„Im Studio fiel nämlich die interessante Bemerkung, dass diese enge Beziehung zwischen Trainer und Kunden, vor allem zwischen Mann und Frau, zu einem Problem werden könnte. Ergibt sich für mich also die Frage: Hatten Sie vielleicht ein Verhältnis mit diesem Freddy?“
Ira errötete und schüttelte heftig den Kopf.
„Natürlich nicht! Ich liebe meinen Mann! Der ist zwar das komplette Gegenteil von Freddy, nämlich äußerst korpulent und völlig unsportlich. Aber ich mag ihn so, wie er ist!“
„Könnte ich Ihren Mann bitte kennenlernen?“, fragte Heinze so vorsichtig, als würde er den ungehörigen Wunsch äußern, einen Freak begaffen zu wollen.
Ira aber stolzierte sofort zur Treppe und rief nach oben: „Pawel, kommst du mal eben?“
Nein, das war wirklich kein durchtrainierter Mann, der da keuchend die Treppe heruntergeschwabbelt kam. Doch dem Kommissar entging auch nicht der liebevolle Blick, den er seiner hübschen Frau zuwarf. Ira stellte die beiden Männer einander vor und berichtete ihrem Gatten kurz und sachlich von Freddys Tod.
Pawel schnaufte. Dann brach es aus ihm heraus wie Eiter aus einem prallen Pickel: „Ich gebe lieber gleich alles zu. Ich habe ihn gehasst, diesen Sportgockel!“
„Aber Pawel! Wie kannst du so was sagen? Wo Freddy doch nun tot ist. Und noch dazu vor der Polizei!“
„Gehasst wie nässenden Fußpilz! Wie den Lamborghini unseres Nachbarn! Ach was, wie rohe Möhren mit Magerquark! Ja, gehasst, und dazu stehe ich, und zwar mit meinen sämtlichen zweihundertfünfzig Pfund. Diese aufgeblasenen Arme! Und seine verächtlichen Blicke auf meine Wampe! Und natürlich war ich eifersüchtig, falls Sie das interessiert, Herr Kommissar. Ständig hat dieser Vogel an meiner Frau herumgefummelt, musste ihr angeblich diese und jene superwichtige Bewegungen zeigen, musste ihren Körper in alle Richtungen beugen und dehnen und mit seinen schmierigen Fingern an ihr herumkneten… Widerlich war das!“
Kommissar Heinze war fasziniert. Pawels Hass war ein herrlich rundes Motiv, geradezu klassisch, wie aus einem Lehrbuch für Forensische Psychologie. Doch das echte Leben, hatte Heinze im Laufe der Jahre gelernt, hielt sich niemals exakt an das, was in Lehrbüchern stand. Es war blöderweise komplexer. Und auch wenn Pawels Motiv psychologisch klar sein mochte wie Wodka, so brauchte man, wenn man die physische Dimension dieses Falls betrachtete, ein Übermaß an Fantasie, um sich vorzustellen, wie dieser keuchende Dickwanst einen muskelbepackten Superman verfolgt und einfach so von der Brücke schubst. Andererseits war das Geländer nicht besonders hoch. Kam das Überraschungsmoment hinzu, wäre es vermutlich für eigentlich jeden erwachsenen Menschen möglich, einen Schrank wie Freddy an dieser Stelle ins Jenseits zu befördern. Sogar für eine Frau.
Nur hatte die kein Motiv. Oder vielleicht doch?
„Das reicht, ich habe genug gehört, Herr Strotzki“, unterbrach der Kommissar die Hassrede des Ehemanns. „Wenn Sie mich bitte aufs Präsidium begleiten würden. Sie sind verhaftet wegen des dringenden Verdachts…“
Während der Kommissar sprach, beobachtete er das Ehepaar aufmerksam und spürte, dass sein Trick funktionierte.
„Du Idiot!“, schrie Ira und gab ihrem Mann eine schallende Ohrfeige.
Der Kommissar bewunderte das Temperament dieser Frau. Vor allem aber freute er sich, dass sein Plan, die kühle Blonde aus der Reserve zu locken, aufgegangen war. Nach dieser Attacke gegen ihren Mann ließ sich Ira Strotzki, erschöpft wie nach einem Marathon, aufs Sofa fallen. Dort murmelte sie leise vor sich hin, so dass Heinze sich beim Zuhören aufs Äußerste konzentrieren musste. Denn unterbrechen wollte er ihren Sermon auf keinen Fall.
„Außerhalb des Studios war das Training mit Freddy auch nicht besser“, gestand Ira Strotzki voller Bitterkeit. „Im Gegenteil. Freddy quälte mich, und zwar systematisch. Nie war ich gut genug, immer nur faul und schlapp. Er nannte es ‚unmotiviert’ und ‚kraftlos’. Ich hatte diese ständigen Demütigungen so satt.“
„Ira!“, schrie ihr Mann verzweifelt und sah sie erschrocken an.
„Doch, Pawel, genauso war es. Dein Hass auf ihn war im Vergleich zu meinem ein Witz, ungefähr so powervoll wie ein Salatblatt im Gegensatz zu einem Proteinshake aus dem Studio.“
Ira Strotzki warf ihrem Mann einen mitleidigen Blick zu, bevor sie fortfuhr.
„Es war so ein herrlicher Tag gewesen. Die Luft so mild, die Vogel sangen, und trotz der Anstrengungen fühlte ich mich diesmal beim Joggen sogar richtig gut. So gut, dass ich mit Freddy Schluss machen wollte. Von nun an würde ich allein joggen und vor mich hinturnen und freute mich riesig darauf. Doch als hätte Freddy meine Gedanken erraten, fing er wieder an mit seinen Ermahnungen, die mich verunsichern sollten. ‚Nicht schlapp machen!‘, schrie er mich von weitem an und wartete, auf der Stelle hüpfend, in der Mitte der Brücke, ziemlich dicht am Geländer. ’Hopp, hopp, hopp!’ rief er mir, mit verächtlichem Grinsen, entgegen…“
Ira schluchzte kurz auf, dann redete mit ruhiger Stimme weiter und klang dabei fast etwas verwundert.
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