Da rinnen rothe Ströme die Wiesenrain' entlang,
Da wird der Sieg den Guten, den Bösen Untergang.
Und wann das Werk vollendet, so deckt die Nacht es
zu,
Die müden Streiter legen auf Leichen sich zur Ruh,
Und wann der junge Morgen bescheint das Blutgefild,
Da wird am Birnbaum hangen ein blanker
Wappenschild.
Nun sag' ich euch das Zeichen: ihr wißt den
Birnbaum dort,
Er trauert nun entehrt, verstümmelt und verdorrt,
Schon dreimal abgehauen, schlug dreimal auch hervor
Er schon aus seiner Wurzel zum stolzen Baum empor.
Wann nun sein Stamm, der alte, zu treiben neu
beginnt,
Und Saft im morschen Holze auf's neu lebendig rinnt,
Und wann den grünen Laubschmuck er wieder
angethan,
Das ist das erste Zeichen: es reift die Zeit heran.
Und hat er seine Krone erneuert dicht und breit,
So rückt heran bedrohlich die langverheißne Zeit,
Und schmückt er sich mit Blüthen, so ist das Ende
nah,
Und trägt er reiche Früchte, so ist die Stunde da.
Der heuer ist gegangen zum Baum und ihn gefragt,
Hat wundersame Kunde betroffen ausgesagt,
Ihn wollte schier bedünken, als rege sich der Saft,
Und schwöllen schon die Knospen mit jugendlicher
Kraft.
Ob voll das Maaß der Sünde: ob reifet ihre Saat
Der Sichel schon entgegen? ob die Erfüllung naht?
Ich will es nicht berufen, doch dünkt mich eins wohl
klar:
Es sind die Zeiten heuer gar ernst und sonderbar.
14. Die letzte Schlacht.
Von F . W . R o g g e .
Saht ihr die Ebne drüben?
Das ist das Walserfeld,
Wo einst in künft'gen Zeiten
Der Schlachten letzte fällt.
Die Guten und die Bösen
Befehden sich darauf,
Daß von dem Blut geschwollen,
Hinbraust der Ströme Lauf.
Und in dem Walserfelde
Da steht ein Birnenbaum,
Daß zwier die Art ihn fällte,
Gewahrt das Auge kaum.
Nun ragt er fast verdorret
Gespenstisch durch den Plan,
Ohn' ein geheimes Grausen
Mag ihm kein Wand'rer nahn;
Doch wenn er wieder grünet
Und sich mit Blüthen schmückt,
So wißt, es sind die Zeiten
Schon nah heran gerückt!
Und wenn die Blüthen gefallen,
Die Frucht zur Reife schoß,
Bricht rasch von allen Enden
Der Sturm gewaltig los.
Dann hängt der Fürst der Bayern
Sein Wappenschild daran,
Und Niemand weiß zu deuten,
Warum er das gethan.
15. Friedrich der Rothbart zu Kaiserslautern.
G r i m m deutsche Sagen I., 382. C . v .
F a l k e n s t e i n das Buch der Kaisersagen S. 13. F r .
W e i ß die maler. und romant. Pfalz. S. 146.
Etliche wollten, daß Kaiser Friedrich, als er aus der
Gefangenschaft bei den Türken befreit worden, gen
Kaiserslautern gekommen und daselbst seine Wohnung
lange Zeit gehabt. Er baute dort das Schloß,
dabei einen schönen See oder Weiher, noch jetzt der
Kaisersee genannt, darin soll er einmal einen großen
Karpfen gefangen und ihm zum Gedächtniß einen
güldenen Ring von seinem Finger an ein Ohr gehangen
haben. Der selbige Fisch soll, wie man sagt, ungefangen
in dem Weiher bleiben, bis auf Kaiser
Friedrichs Zukunft. Auf eine Zeit, als man den Weiher
gefischt, hat man zwei Karpfen gefangen, die mit güldenen
Ketten um die Hälse zusammen verschlossen
gewesen, welche noch bei Menschen-Gedächtniß zu
Kaiserslautern an der Metzler-Pforte in Stein gehauen
sind. Nicht weit vom Schloß war ein schöner Thiergarten
gebauet, damit der Kaiser alle wunderlichen
Thiere vom Schloß aus sehen konnte, woraus aber seit
der Zeit ein Weiher und Schieß-Graben gemacht worden.
Auch hängt in diesem Schloß des Kaisers Bett an
vier eisernen Ketten und, als man sagt, so man das
Bett zu Abend wohl gebettet, war es des Morgens
wiederum zerbrochen, so daß deutlich jemand über
Nacht darin gelegen zu haben schien.
Ferner: zu Kaiserslautern ist ein Felsen, darin eine
große Höhle oder Loch, so wunderbarlich, daß niemand
weiß, wo es Grund hat. Doch ist allenthalben
das gemeine Gerücht gewesen, daß Kaiser Friedrich,
der Verlorne, seine Wohnung darin haben sollte. Nun
hat man einen an einem Seil hinabgelassen und oben
an das Loch eine Schelle gehangen, wann er nicht
weiter könne, daß er damit läute, so wolle man ihn
wieder heraufziehen. Als er hinab gekommen, hat er
den Kaiser Friedrich in einem güldenen Sessel sitzen
sehen, mit einem großen Barte. Der Kaiser hat ihm
zugesprochen und gesagt, er solle mit Niemand hier
reden, so werde ihm nichts geschehen, und solle seinem
Herrn erzählen, daß er ihn hier gesehen. Darauf
hat er sich weiter umgeschaut und einen schönen weiten
Plan erblickt und viel Leut, die um den Kaiser
standen. Endlich hat er seine Schelle geläutet, ist ohne
Schaden wieder hinauf gekommen und hat seinem
Herrn die Botschaft gesagt.
16. Barbarossa.
Von F r i e d r i c h R ü c k e r t .
Der alte Barbarosse
Der Kaiser Friederich,
Im unterird'schen Schlosse
Hält er bezaubert sich.
Er ist niemals gestorben,
Er lebt darin noch jetzt,
Er hat im Schloß verborgen
Zum Schlaf sich hingesetzt.
Er hat hinabgenommen,
Des Reiches Herrlichkeit,
Und wird einst wiederkommen
Mit ihr zu seiner Zeit.
Der Stuhl ist elfenbeinen,
Worauf der Kaiser sitzt,
Der Tisch ist marmorsteinen,
Worauf sein Haupt er stützt.
Sein Bart ist nicht vom Flachsen,
Er ist von Feuers Gluth,
Ist durch den Tisch gewachsen,
Worauf sein Kinn ausruht.
Er nickt als wie im Traume,
Sein Aug' halb offen zwinkt
Und je nach langem Raume
Er einem Knaben winkt.
Er spricht im Schlaf zum Knaben:
Geh' hin vor's Schloß, o Zwerg,
Und sieh, ob noch die Raben
Herfliegen um den Berg!
Und wenn die alten Raben
Noch fliegen immerdar,
So muß ich auch noch schlafen
Verzaubert hundert Jahr.
17. Die Fahrt der Todten zu Kaiserslautern.
Mündlich.
Längst ruht kein Stein mehr auf dem andern, wo weiland
die stolze Veste Barbarossa's prangte. Nur einmal
im Jahre, an dem Sterbetage des großen Kaisers,
erhebt sich um Mitternacht die untergegangene Burg
aus der Erde und leuchtet in altem Glanze. Alsdann
steigen Ritter und Knappen aus ihren Gräbern hervor
und versammeln sich in stummer Trauer. Auf den
zwölften Glockenschlag setzt sich des Kaisers Trauerzug
in Bewegung. Lange Reihen von schwarzen Rittern
ziehen ohne Sang und Klang aus den geöffneten
Thoren des Schlosses. Der erste derselben trägt Barbarossa's
Haupt; oft glaubt man dumpf den theuren
Namen des Kaisers aussprechen zu hören. Also bewegt
sich der feierliche Zug durch alle Straßen der
Stadt ungefähr bis zur Zeit der Hahnenkrähe, dann
nimmt er seinen eiligen Rückzug in die Veste, die Gestalten
verschwinden, die Ritter legen sich wieder in's
Grab, die Kaiserburg ist wieder versunken, und nur
die Raben bezeichnen flatternd und krächzend die
Stätte, wo weiland Barbarossa in seiner Herrlichkeit
thronte.
18. Der Roßkauf.
Altes Volkslied.
Durch den Wald hin ritt der Müller,
Will verkaufen seinen Schimmel;
Finster ist's, kein Mondenschein,
Und die lieben Sternelein
Halten sich verborgen.
Aus dem Busch tritt da ein Alter:
»Müller mag dich Gott erhalten;
Ist der Schimmel dir nicht feil?
Vierzig Thaler sind dein Theil,
So du ihn willst geben.«
Voran geht der Alte schnelle,
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