Diese Orientierung auf eine friedliche Zukunft, auf eine konstruktive und synergetische Kooperation der Völker und Staaten ist die wichtigste Motivation für alle großen Zukunftsprojekte, ohne die sie sich nicht realisieren lassen werden. Raumfahrt lässt großartige Perspektiven erkennen, doch es liegt an uns, sie zu realisieren - mit dem was wir wann tun und was wir unterlassen. Eine weitere Argumentengruppe "pro Raumfahrt" umfasst die Verwirklichung einer kosmischen Kultur; also den Aufstieg der Menschheit zu einer Typ-II-Zivilisation (oder mehr), zu der die Erkundung des Universums zählt und damit zusammenhängend die Erweiterung des menschlichen Weltbildes, die Verbesserung des allgemeinen technischen Standards sowie die Errichtung von Raumstationen und Weltraumstädten und die Besiedlung der Planeten und deren Monde.
Das Bedürfnis zur Exploration, zur wissenschaftlichen Erforschung aber auch langfristig die auf eine Nutzung des Weltraums und dauerhafte Präsenz des Menschen im All ausgerichtete Aktivität, sind treibende Kräfte für die menschliche Entwicklung, unsere Kultur und unseren Wohlstand. Menschen versuchen immer wieder - und oft auch erfolgreich - Grenzen zu erforschen und zu überschreiten; die Abwendung von dieser erfolgreichen Strategie und der freiwillige Verzicht auf immer neue Grenzüberschreitungen würde zum Zerfall der Menschheit führen. Die bemannte Weltraumfahrt ist diese neue Grenze. Generelles Ziel der Weltraumexploration ist es, gegenwärtige Grenzen des Zugangs zum Sonnensystem und dereinst zur Galaxis mit Robotern und Menschen zu erweitern sowie neue Fragen zu suchen, das Verständnis von der Entstehung und Entwicklung unseres Planetensystems zu vertiefen und eventuell den Ursprung des Lebens zu erfahren. (Noch) kann kein Roboter die intelligente Inspektion und die emotionale Erfahrung des Menschen vor Ort ersetzen.
Für unsere Zukunft ist es wichtig zu wissen, was die Natur der Weltraumumgebung ist, welche kosmischen Gefahren für die Erde bestehen und das Potenzial einer permanenten Präsenz der Menschen im Weltall zu verwirklichen. Die Erde zu verlassen wird durch Nutzung von Rohstoffen vom Mond und den Planetoiden materielle Vorteile bringen. Schließlich und endlich wird die Besiedlung anderer Welten von größter Bedeutung für unser Überleben sein; die Eroberung des Weltraums verbessert unsere Chance, der Auslöschung durch globale Katastrophen wie der Klimaveränderung und Schädigung der irdischen Biosphäre durch Umweltgifte oder einem Nuklearkrieg zu entgehen.
Das Aussiedlungsprojekt muss umso schneller angegangen werden gerade weil die Ressourcen schwinden und die Produktionstechnologien mit großen irreversiblen Schäden einhergehen; es könnte diese Risiken verringern oder sogar ausschalten. Vielleicht entsteht in dessen Verlauf sogar eine "bessere" Menschheit, indem das Öffnen eines neuen weiten Lebensraums unser Bestes hervorruft und dass das Neuland, das wir uns im Weltraum erschaffen (Go West) beziehungsweise die Besiedlung der Galaxis usw. uns neue Unabhängigkeit in der Suche nach besseren Regierungsformen, Sozialstrukturen und Lebensweisen gewährt; eine Welt, in der wir unsere Potenziale, unsere Omnipotenz voll entfalten können. Nicht zuletzt und vor allem eröffnet sie die "kosmische Perspektive" - den kosmischen Imperativ; diese ist unvereinbar mit einer rigorosen Stabilisierung, mit dem Status quo, mit statischer Stagnation. Da Raumfahrt Wohlstandsperspektiven usw. eröffnet, beseitigt sie also Mängel, die Motivation für "Gegensatz-ismus" sind ( Sozialismus - Kapitalismus; Kollektivismus - Individualismus; Staatswirtschaft - Privatwirtschaft; Freund - Feind) und aus dem Spannungen inklusive aller weiteren Gefahren und Eskalationen resultieren.
Mit Raumfahrt gibt es keine "Wachstumsgrenzen" mehr, die nur für eine abgeschlossene Erde zutreffen, denn wir schwimmen in Energie und sind von Rohstoffen umgeben. Die meisten Grenzen werden durch den "kosmischen Imperativ" gegenstandslos: Das Weltall muss erschlossen werden - das schulden wir nicht zuletzt unseren Nachfahren, denen wir keinen Mangel, sondern Wohlstand und Aktivität und Dynamik vererben sollten. Der leider viel zu große, arme Teil der Weltbevölkerung kann realistische Hilfe nur aus dem Überfluss schöpferischer Erfolge erhalten, also aus denen der Wissenschaft und Technik und einem - umweltverträglichem - Industriewachstum. "Grenzen des Wachstums" gibt es nicht für eine aktive Menschheit, die nach den Sternen greift und ihre Lebensbasis kosmisch sieht. Langfristig bleibt uns oder unseren Nachfahren keine Alternative zur kosmischen Migration, etwa weil die Klimaerwärmung die Erde im 3. Jahrtausend unbewohnbar macht - es sei denn Geoengineering, also Terraforming und/oder Pantropie, also Human Engineering kehren diese Prozesse um und lassen Spielraum.
Außerdem ist die (bemannte) Raumfahrt eine Komponente unseres Kulturbedürfnisses, mit der wir uns qualitativ von Urwaldmenschen und "Naturvölkern" unterscheiden. Sie ist eine neue Dimension menschlichen Denkens und Wirkens, durch die wir aus einem begrenzten Planetenraum in die Größe und Weite der Metagalaxis aufbrechen. Mit ihr könnte die Entwicklung vom Homo sapiens weiter zum Homo cosmicus gehen... Die technischen Möglichkeiten um die Welt zu verändern, verlangen aufgrund potenzieller Gefahren sehr viel Besonnenheit und Vorsicht. Es ist eine paradoxe Situation: die uns bedrohenden weil potenziell zu missbrauchenden Technologien und die Befreiung von dieser Bedrohung entspringen ein und derselben Quelle. Unsere Zukunft wäre viel optimistischer, gäbe es viele autarke und autonome Kolonien auf verschiedenen Welten; jede wäre zu Recht stolz auf ihre Errungenschaften, auf ihre Ingenieurskunst, ihr Sozialgefüge und ihren Genpool; genau diese Individualität, diese Andersartigkeit - nicht zu verwechseln mit Nationalismus oder gar Rassismus - wäre ein Mittel zum Überleben. (Nach meiner ganz persönlichen Meinung ist auch die gegenwärtige Gesellschaftsform, also der Kapital-ismus, suboptimal für Wissenschaft und Technik, denn sie ist überwiegend auf Profit ausgerichtet und ihre (Forschungs-)Ergebnisse werden oft militärisch missbraucht. Während Geld für vieles [Un-]Mögliche da ist, reicht es für Wissenschaft und Technik selten und auch um das wenig Vorhandene reißen sich die Forscher - aus Neid, Prestige, Konkurrenz u.v.a.m. - und sind sich uneinig, aber sie sind eben auch nur Menschen.)
Schon in wenigen Jahrzehnten (wenn auch die technologische Singularität eintreten soll) könnten wir mit der Besiedlung der Planetoiden, Monde und Planeten beginnen. Biotechnologie und subzellulare Maschinen werden am meisten zu unserer Ausbreitung im Universum beitragen. Die Erforschung und Besiedlung des Sonnensystems wird eine kulturelle Blütezeit und eine Epoche erstaunlicher Fortschritte in Wissenschaft und Technik einläuten; es wird der Anfang der Geschichte sein, nicht deren Ende. Ist intelligentes Leben erst einmal durch die Rohstoffe des Weltalls unabhängig geworden, ist es die wichtigste, größte Ressource im Sonnensystem, dessen Energie- und Rohstoffvorräte versprechen der Menschheit eine unendliche Zukunft; wir können nicht nur den Fesseln der Erde entfliehen, sondern auch denen der Sonne und ihrem feurigen Ende.
Das All wird auch ein Zufluchtsort für manche Kolonisten sein, die auf der Suche nach Freiheit vor religiöser, politischer und ethischer Verfolgung sind. Weiterhin ist seine wirtschaftliche Erschließung eine existentielle Notwendigkeit. Die Rohstoffe des Weltalls werden alle Spielregeln verändern und uns fantastische Reichtümer bescheren; durch sie werden schwindelerregende Reisemöglichkeiten möglich. Unsere Nachfahren werden in der Galaxis auf ein breites Spektrum neuer fremder stellarer, planetarer und anderer Umgebungen treffen. Je weiter sie sich dann in der Milchstraße ausbreiten werden, umso größer werden Spezifikation, Dissimilation [1]und Biodiversität, so dass sich die verschiedenen Ableger des Homo Sapiens sapiens aufgrund langer genetischer Isolation und Anpassung an sehr unterschiedliche Welten und deren Anziehungskräfte usw. irgendwann nicht mehr untereinander fortpflanzen können; durch die Kolonisation werden wir Milliarden neue Arten hervorbringen. Mit ihren Technologien werden sie Planeten und Monde terraformen und sich und andere tierische und pflanzliche Arten den Umständen fremder Welten anpassen, so dass Milliarden Rassen, Billionen Arten und noch mehr Individuen aus ihnen hervorgehen werden.
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