Zur weiteren Erläuterung seien hier zuerst zwei verschiedene Formen des Kaufens erwähnt:
1. Unsere “traditionelle” Art, die vermutlich seit mehr als 150 000 Jahren praktiziert wird.
Hierbei wird ein Produkt oder Geld gegen ein Produkt oder eine Dienstleistung unabhängig von den langfristigen Folgen für Gesundheit und Wohlbefinden getauscht. Symptomatisch dafür ist z.B. dass die größten Industrien der Welt vom Unglück der Menschen leben, z.B. die Waffen-, Pharma-, Alkohol- oder Tabakindustrie. Die Handlungsanreize sind somit ungünstig gesetzt.
2. Eine verbesserte, noch neuartige Form des Kaufens würde hingegen die
langfristigen Folgen für Gesundheit und Wohlbefinden in das Belohnungssystem
integrieren, d.h. die langfristigen Folgen müssten über die zukünftigen
Geldflüsse entscheiden. Pate stand hier das “Chinesische Prinzip in der Medizin”, nach
dem Prinzip “Bin ich krank, ist der Arzt schlecht”. Mit dem “Chinesischen Prinzip” ist nun nicht die “Chinesische Medizin” als inhaltliche Methode gemeint, sondern “nur” ein bestimmtes Belohnungsprinzip. In China, so wird in der Literatur zumindest behauptet, sei es früher üblich gewesen, dass die Menschen den Arzt aus Dankbarkeit über die eigene Gesundheit beschenkt haben. Im Krankheitsfall blieben die Geschenke aus und der Arzt sollte einen wieder gesund machen. Der Arzt wurde also für bleibende Gesundheit finanziell belohnt, statt für häufige Arztbesuche von chronisch Kranken. Würde man dieses Prinzip nun auf unser Gesundheitssystem übertragen, würde das System als Ganzes dadurch viel mehr in Prävention investieren, viel mehr die Ursachen als nur die Symptomatik behandeln.
Diese Form des Kaufens wird auch als Anreizkorrigiertes Kaufen bezeichnet.
Das dahinter stehende Wirtschafts- bzw. Wissenschaftskonzept bezeichnet man auch als Anreizkorrigierte Soziale Marktwirtschaft, Anreizkorrigiertes Wirtschaftssystem bzw. Anreizkorrigierte Wissenschaft.
Philosophisch betrachtet, handelt es sich hierbei um einen funktionierenden
Utilitarismus, es kann nur mehr am Nutzen und Vorteil des Anderen verdient werden.
1.2 Das Experiment
Zum Veranschaulichen sei hier ein mögliches Experiment dargestellt:
Eine Anzahl von Testpersonen gibt Wohlfühlnoten ab. Anschließend werden sie per Zufall in 3 Experimentalgruppen aufgeteilt, die von 3 verschiedenen Bio-Lebensmittel-Lieferanten mit Bioprodukten beliefert werden.
Anschließend wird statistisch ausgewertet, welche Firmen die größten Verbesserungen bei ihren Testpersonen erzielen. Danach wird eine Rangliste erstellt.
An die “Top-Firmen” werden dann schließlich neue Testpersonen weitergeleitet bzw. es wird so umgeschichtet, dass die Top-Firmen mehr Testpersonen bekommen. Dadurch wurden neue Anreize geschaffen. Die 3 Testfirmen haben nun ein Interesse am Wohlbefinden der Testpersonen. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Verhalten der Testfirmen zum Positiven hin bewegt. Sie könnten somit z.B. auf die Idee kommen, allgemeine Gesundheitstips bis hin zur psychologischen Lebensberatung zusätzlich anzubieten. Die Firmen mit dem gesündesten Nahrungsangebot bzw. den besten “Tips” würden sich nun mit der Zeit automatisch herauskristallisieren, da sie, statistisch gesehen, die größten Verbesserungen bei den Testpersonen erreichen werden.
Statt “Wohlfühlnoten” können natürlich auch umfassendere Fragebögen oder andere “objektivere” Gesundheitsdaten wie z.B. Krankheitskosten als Indikator gewählt werden.
Interessant wäre also vor allem, in wie weit die Anreize das Verhalten der Testfirmen verändern, ob es signifikante Unterschiede zwischen den Testfirmen gibt und woran diese Unterschiede liegen könnten. Und im Endeffekt, ob es Veränderungen hinsichtlich des (psychischen und somatischen) Gesundheitszustandes der Testpersonen gibt.
Dieses Experiment könnte und sollte an einem Forschungsinstitut mit staatlicher Hilfe durchgeführt werden. Es funktioniert aber auch ohne. Hier muß die Anreizkorrigierte Bestellgemeinschaft erwähnt werden, denn es ist im Prinzip schon heute und sofort möglich, sich an diesem Experiment zu beteiligen. Hier ist Anreizkorrigiertes Kaufen möglich.
Mehrere Nahrungsmittellieferanten haben Interesse an diesem Experiment gezeigt, haben es in Grundsätzen verstanden und waren bereit, sich daran zu beteiligen. Was bisher vor allem fehlt sind die Testpersonen. Menschen, die jeden Monat einen bestimmten Geldbetrag einsetzen, um bei diesen Firmen zu bestellen. Und anschließend ihre “Wohlfühlnoten” abgeben. Mit Unterstützung eines Forschungsinstituts wäre das Auffinden derselben aber sicher kein Problem.
Dieses Experiment wäre sicher sinnvoller als manche Forschungsstudie, die momentan durchgeführt wird. Denn es könnte einen Weg in die Zukunft aufzeigen.
Mit den richtigen Rahmenbedingungen, also den richtigen Anreizen, könnte die Kraft unseres Wirtschaftssystems in die richtige Richtung gelenkt werden, hin zu mehr Gesundheit und Wohlbefinden. Und dass man lieber gesund als krank ist, ist hoffentlich eine Wahrheit.
1.3 Anfänge der memetischen Evolution: Das Märchenerzähler-Beispiel
Kommen wir noch einmal zurück zu unserer jetzigen Form des Kaufens. Kommen wir zu den Anfängen der memetischen Evolution.
Irgendwann erfanden die Menschen den Tauschhandel, den Ursprung unseres Wirtschaftssystems. Sie waren scheinbar nicht mehr zufrieden, mit dem was die Natur ihnen unmittelbar anbot. Einerseits sicher motiviert aus Neugier, am Interesse am Neuen, andererseits aber wahrscheinlich schon als ein Ergebnis der Manipulationen, die durch den Tauschhandel gefördert wurden und werden. Schließlich mußten in irgendeiner Weise neue Bedürfnisse geweckt werden, damit es überhaupt zum Handel kommen konnte.
Damals wie heute kam es zu folgender milliardenfach sich wiederholender Grundkonstellation, (wobei man heute schön Parallelen ziehen kann, wie Medien und Werbewirtschaft miteinander zusammenhängen, wie es später im Kapitel “Medien und Meme” noch genauer erläutert wird.):
2 Großwirte für Essen und Trinken (heute: Nahrungsmittelkonzerne) wollen die beste Marktposition. Beide stellen einen Märchenerzähler (heute: über den Werbeetat einen Fernsehsender) ein, die zufällig (auf die gleiche alle Menschen total faszinierende Weise) unterschiedliche Geschichten erzählen. Der eine erzählt Geschichten über Aggression, Krieg, Verbrechen, Jeder gegen Jeden Handeln, Unfairness,…. .
Alles eher ungünstige bzw. unglücksfördernde Verhaltensmodelle. Durch sein Erzählen wird dieses Verhalten zu einer neuen Normalität und regt bei den Zuhörenden zur Nachahmung an. Indirekt wird damit ausgesagt, so müsse man leben, um glücklich zu werden. Dies erscheint jedoch eher als ein Irrtum, und wäre damit eine Form der Manipulation.
Der andere Märchenerzähler erzählt Geschichten von friedfertigem, liebevollem Miteinander, von Kooperation, Fairness usw. . Also eher günstigere Verhaltensmodelle, die natürlich auch von den Gästen des 2. Großwirtes nachgeahmt werden. Die entscheidende Frage ist nun, welches Team von Wirt und Erzähler wird selektiert?
Eine Grundthese, die hier aufgestellt und herangezogen wird, lautet, dass unglückliche Menschen tendenziell mehr kaufen bzw. konsumieren. Das sieht man u.a. an der Kaufsucht, der Ess-Sucht oder auch an der Drogen- bzw. Alkoholsucht.
Die Frage lautet nun: Welche Gäste werden mittelfristig glücklicher bzw. unglücklicher sein? Bei Wirt 1 und seinem Märchenerzähler, der über ungünstige Verhaltensmodelle berichtet? Oder bei Wirt 2, dessen Erzähler günstigere Verhaltensmodelle darlegt?
Es scheint mehr als plausibel, dass die Menschen bei Wirt 1 unglücklicher sein werden. Deshalb werden seine Gäste langfristig mehr konsumieren. Er wird mehr Umsatz machen und er wird seinen friedfertigeren Konkurrenten vom Markt verdrängen. Er bleibt übrig, wird nicht selektiert und seine Weltsicht bildet irgendwann die öffentliche Meinung, und das, obwohl sein Märchenerzähler schädliche Verhaltensmodelle verbreitet hat, die uns allen schaden; somit also Manipulationen und Unwahrheiten verbreitet hat.
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