Melina verließ das Podest mit der Stange, solange die Zuschauer sich noch nicht an die Dunkelheit gewöhnt hatten.
»Wieder einsame Spitze, Süße! Die Kerle werden uns die Bude einrennen!«
Melina nickte und nahm von Dana, die im Passion auch als die »gute Seele des Hauses« bekannt war und so ziemlich als ihre einzige Freundin galt, ihr Becks entgegen. Sie würde nicht mehr viel Zeit haben, bis die ersten Männer Annäherungsversuche unternahmen. Es war nicht so, dass sie es nicht mochte, begehrt zu werden, nur manchmal wünschte sie sich eine längere Verschnaufpause.
»Oh! Wer kommt denn da? Das ist aber ein Süßer.«
Es ging also schon los. Ein letzter Schluck von ihrem Bier, dann drehte sich Melina in die Richtung, in die Dana mit einem anzüglichen Lächeln sah.
»Also, wenn du ihn nicht willst, ich nehme ihn gerne«, flüsterte sie Melina ins Ohr, doch die hörte ihr schon kaum mehr zu.
Der Mann, der sich ihnen näherte, war groß, hatte breite Schultern, die erahnen ließen, welche Kraft sich in seinen Muskeln verbarg, und zerzauste dunkle Haare. Seine Schritte waren kraftvoll und selbstsicher, als er sich ihnen näherte. Auch wenn es ziemlich dunkel war, konnte Melina erkennen, dass er tatsächlich ziemlich attraktiv war.
Erwartungsvoll hielt sie die Luft an und genoss das sanfte Kribbeln, das in ihrem Bauch begann und sich dann weiter Richtung Süden ausbreitete. Es versprach doch noch eine gute Nacht zu werden.
Diesmal war das Lächeln auf ihren Lippen echt, als der Mann vor ihr stehen blieb und sie ihren Blick hob.
»Mel.«
Ihr Herz blieb einen Augenblick stehen, dann starrte sie verwirrt in das Gesicht des Mannes und versuchte, es im schummrigen Licht des Clubs genauer zu erkennen. Woher kannte er ihren Spitznamen? Und warum wurde sie das Gefühl nicht los, dass sie ihn kennen musste?
»Wer ...?« Bevor sie ihre Frage zu Ende stellen konnte, glitt ein Lichtstrahl über sein Gesicht und sie verstummte.
Das konnte nicht wahr sein, oder? War er es tatsächlich? Nach so langer Zeit? »Robin?«, fragte sie zaghaft.
Ein Lächeln erschien auf seinen Lippen und er nickte.
»Ja.«
Melina glaubte ihren Ohren und Augen kaum zu trauen. Es war wirklich Robin. Ihr bester Freund aus der Kindheit.
Sie konnte sich ein Lachen nicht verkneifen und stürzte sich auf ihn, um ihn zu umarmen.
»Oh mein Gott! Was machst du hier? Wie hast du mich erkannt? Wie geht es dir?« Gefühlte tausend Fragen verließen ihren Mund, während sie sich an ihn schmiegte. Seine Arme legten sich um sie und drückten sie fester an sich. Sofort stieg ihr sein Aftershave in die Nase und sie konnte nicht anders, als den herb männlichen Geruch tief einzuatmen. Er roch wirklich zu gut ...
Das Kribbeln zwischen ihren Schenkeln wurde wieder stärker. Melina wollte sich noch nicht von Robin trennen. Er fühlte sich gut an und weckte weitaus erwachsenere Gefühle in ihr als nur Kindheitserinnerungen.
Nie im Leben hätte sie mit diesem Verlauf der Nacht gerechnet, aber es war toll. Robin war ein Teil ihres Lebens, mit dem sie noch schöne Erinnerungen in Verbindung brachte.
»Nicht so stürmisch! Ich freue mich auch, dich wiederzusehen, aber lass uns doch einen ruhigeren Ort suchen, um zu reden.« Sein Atem streifte ihr Ohr, sodass ihr wohlige Schauer über den Rücken jagten.
Melina nickte und löste sich nur ein kleines Stück von ihm, um ihn ansehen zu können.
Sein kindliches Gesicht hatte in den letzten, bestimmt fast zwanzig Jahren mehr Kanten und Bartstoppeln bekommen. Er war erwachsen geworden und wirklich sexy. Sie genoss seine Nähe nicht nur, weil sie einst die besten Freunde gewesen waren. Vielleicht geschah in dieser Nacht ja auch noch mehr zwischen ihnen, dagegen würde sie sich keinesfalls wehren.
»Klar«, erwiderte sie lächelnd und nahm seine Hand. »Es gibt auch ein paar Tische, die abgeschiedener sind.« Was sich in den Jahren nicht verändert hatte, war sein Lächeln. Nur weckte es jetzt andere Gefühle in Melina – sexueller Natur. Sie war sich sicher, dass ihm bei diesem Lächeln die Frauen reihenweise zu Füßen lagen. Nachvollziehen konnte sie es, es war wirklich hinreißend. Und hinter dieser attraktiven Hülle steckte auch noch ein lieber Kerl. Zumindest wenn er sich nicht in einen Arsch verwandelt hatte, was sie aber nicht glaubte. Er wirkte noch immer so lieb und nett wie der kleine, neunjährige Junge.
Hand in Hand steuerten sie den hinteren Bereich des Clubs an. Hier war es merklich ruhiger und leerer. Nur wenige Leute hatten sich hierher verzogen, um zu reden oder sich anderweitig zu beschäftigen.
»Hier.« Sie rutschte auf eine Sitzbank und klopfte neben sich auf das Polster.
Robin ließ sich nicht zweimal bitten und setzte sich neben sie.
»Nicht schlecht, was du da eben gezeigt hast.«
Melina zuckte mit den Schultern.
»Das ist mein Job. Hat es dir denn gefallen?« Bei ihrer Frage wurde sein Blick deutlich dunkler, was ihr schon Antwort genug war. Ein zufriedenes Grinsen breitete sich auf ihren Lippen aus und sie legte eine Hand auf seinen Oberschenkel.
»Ja.« Robins Stimme war merklich tiefer geworden, was ihr eine Gänsehaut verpasste. Sie wusste zwar, wie sie auf Männer wirkte, aber dass er auch so reagierte, obwohl er sie schon als kleines Mädchen nackt gesehen hatte, freute sie.
»Und was machst du hier?«, fragte sie, um ihn vorerst auf andere Gedanken zu bringen. Sie wollte erst mehr über sein bisheriges Leben erfahren.
»In Frankfurt?«
Sie lachte leise, als sie sein verdutztes Gesicht sah. Er war wirklich süß.
»Nein, auf dem Mars. Natürlich in Frankfurt. Was führt dich hierher? Ich habe dich hier vorher noch nie gesehen und ich lebe schon lange hier.« Obwohl das natürlich kein Grund war, ihm vorher noch nicht begegnet zu sein. Frankfurt war eine große Stadt. Es war natürlich unmöglich, dass sie alle Leute hier kannte.
»Ich bin vor kurzem hergezogen«, antwortete er ihr.
»Freundin?«
Er schüttelte den Kopf.
»Nein. Wegen der Arbeit.«
Sie wusste nicht, was sie erwartet hatte, aber die Antwort ließ sie erleichtert aufatmen. Obwohl sie auch hätte ahnen können, dass er Single war. Sonst hätte er ihr nicht so offensichtlich gezeigt, dass ihm ihre Show gefallen hatte. Doch Männer waren nun mal Männer. Er hätte wahrscheinlich auch so reagiert, wenn er vergeben gewesen wäre.
Sie sollte aufhören, sich über etwas Gedanken zu machen, was völlig unwichtig war. Sollte er eine Freundin haben, war es Robins Sache und hatte sie nicht zu interessieren.
»Und wie geht es dir so?«
Seine Frage lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihn.
»Gut«, antwortete sie automatisch und wich seinem Blick aus. Er war schon immer gut darin gewesen, ihre Lügen zu erkennen, aber sie wollte nicht mit ihm über sich reden. Ihr Leben war doch völlig uninteressant. »Erzähl mir mehr von dir. Was hast du so gemacht in den Jahren?«
Robin wusste nicht, wie lange er sich schon mit Melina unterhielt. Er war noch immer überrascht, dass er gerade ihr begegnet war. Es war so lange her, dass sie damals mit ihrer Familie weggezogen war. Er hatte nicht mehr daran geglaubt, sie jemals wiederzusehen. Es war viel Zeit vergangen, weshalb es wohl nicht verwunderlich war, dass sie sich so viel zu erzählen hatten, obwohl er der Hauptredner war. Melina war still, hörte ihm zu und berührte ihn immer wieder am Oberschenkel.
Er wusste nicht, ob sie das mit einem bestimmten Hintergedanken tat, doch auf jeden Fall sprang er voll darauf an. Sie war eine wunderschöne Frau geworden. Es war also nicht erstaunlich, dass er auf ihre Reize reagierte. Vor allem nach dem Tanz an der Stange.
Allein bei der Erinnerung wurde sein Schaft härter und drückte gegen den Reißverschluss seiner Hose. Es war wirklich schon zu lange her, dass eine Frau ihn intim berührt hatte. Wenn Melina es also darauf anlegte, dann würde er nichts dagegen haben, ganz im Gegenteil. Dieser Tanz von ihr hatte ein Verlangen in ihm geweckt, das nicht so einfach wieder verschwand. Und die Bilder, die er sich dabei vorgestellt hatte, waren auch nichts für das Fernsehprogramm am Nachmittag. Zwar war es irgendwie seltsam, sich Sex mit ihr vorzustellen, da sie sich als Kinder mehrmals nackt gesehen hatten. Doch es war nun etwas vollkommen anderes. Robin wusste nämlich nicht, wie sie jetzt nackt aussah. Wie genau ihre Weiblichkeit ihren kindlichen Körper, den er aus Erinnerungen kannte, verändert hatte. All das kurbelte seine Fantasie an. Er wollte sie ohne jeglichen Fetzen Stoff sehen, über ihre Haut streichen und von ihr kosten.
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