Am 4. Oktober sahen wir Haufen der kleinen Sturmvögel. Am folgenden Tage zeigten sich auch die ersten Albatrosse. Am 17. entstand plötzlich Lärm. Es hieß, einer unserer Leute sei über Bord gefallen. Wir wendeten das Schiff, um ihm zu Hilfe zu kommen, da wir aber in der See nirgends etwas gewahrten, wurde die Namenliste abgerufen, und zu unserer großen Freude zeigte sich, dass keiner fehlte. Unsere Freunde an Bord der „ADVENTURE“ erzählten uns, sie hätten aus unserem Manöver unsere Besorgnis erraten, aber zugleich ganz deutlich einen Seelöwen gesehen, der zu diesem falschen Lärm Veranlassung gegeben hatte.
Am 19. ging die See sehr hoch aus Süden, und ein großer Wal, desgleichen ein zwanzig Fuß langer Hai schwammen am Schiff vorüber. Da wir schon lange in See waren, hatte der Kapitän an den Fleischtagen, das ist viermal die Woche, Sauerkraut an die Leute austeilen lassen, für jeden ein halbes Quart. Am 24. ließ der Kapitän, da die „ADVENTURE“ weit zurückgeblieben war, ein Boot aussetzen, in dem verschiedene Offiziere und Reisende aufs Vogelschießen ausgingen. Dies gab uns wiederum Gelegenheit, die beiden Arten von Albatrossen und eine große schwarze Art von Sturmvögeln zu untersuchen. Wir hatten nun seit neun Wochen kein Land gesehen, und das Reisen zur See fing an, denen unter uns verdrießlich und widerlich zu werden, die nicht an das einförmige Leben an Bord, an das Einerlei der Lebensmittel und der übrigen Gegenstände gewöhnt waren. Auch uns würde dies ebenso unangenehm vorgekommen sein, wenn wir nicht von Zeit zu Zeit Beschäftigung gefunden und uns mit der Hoffnung ermuntert hätten, dass manche wichtige Entdeckung in der Naturgeschichte auf uns warte. 
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Am Vorgebirge der Guten Hoffnung
Am Vorgebirge der Guten Hoffnung
Am 29. früh entdeckten wir das äußerste Ende von Afrika. Es war von Wolken und Nebel bedeckt, und einige Sturmtaucher und Enten kamen von dort auf See. Um drei Uhr nachmittags klarte die Luft endlich auf und ließ uns die Küste deutlich sehen. Da der Wind sehr frisch und die „ADVENTURE“ noch weit zurück war, durften wir es nicht wagen, noch diese Nacht in die Tafelbai einzulaufen. Wir nahmen deshalb die Segel ein, zumal es sehr finster war und harter Regen mit Stoßwinden ständig wechselte.
Kaum war es Nacht geworden, als die See rundum einen bewunderungswürdigen Anblick bot. Der ganze Ozean schien Feuer zu sein. Jede brechende Welle war an der Spitze von einem hellen Glanz erleuchtet, der dem Lichte des Phosphors glich, und an den Seiten des Schiffes bildeten die anschlagenden Wellen eine feuerhelle Linie. Hier konnten wir auch große leuchtende Körper im Wasser erkennen. Um dies wunderbare Phänomen zu untersuchen, ließen wir einen Eimer Seewasser aufs Verdeck holen, und es fand sich, dass unzählbare leuchtende Körperchen von rundlicher Gestalt, die mit großer Geschwindigkeit umherschwammen, den glänzenden Schein hervorbrachten. Als ich das Wasser mit der Hand umrührte, blieb eins von den hellen Körperchen daran hängen, und ich machte mir diesen Umstand zunutze, um es mit dem Mikroskop zu untersuchen. Hier zeigte es eine kugelförmige Gestalt, etwas bräunlich und durchsichtig wie Gallert, mit dem stärksten Glase aber entdeckten wir an diesem Atom eine kleine Öffnung und darin vier bis fünf Darmsäcke, die unter sich zusammenhingen. Ich versuchte einige in einem Tropfen Wasser zu fangen, um sie unters Mikroskop zu bringen, aber sie wurden durch die geringste Berührung beschädigt, und sobald sie tot waren, sah man an ihnen nichts mehr als eine zusammenhängende Masse von Fasern. Nach zwei Stunden hörte das Meer gänzlich auf zu leuchten. Wir säumten nun nicht länger, von dem ersten untersuchten Kügelchen eine Zeichnung zu machen und unsere Beobachtung niederzuschreiben, aus der sich vermuten lässt, dass diese kleinen Tiere vielleicht die Brut einer Medusenart sind, doch können sie auch wohl ein eigenes Geschlecht ausmachen.
Nach einer sehr regnerischen Nacht liefen wir endlich bei Tagesanbruch in die Tafelbai ein. Die im Hintergrund liegenden Berge waren nun ohne Wolken und setzten uns durch ihren steilen, felsigen und dürren Anblick in Erstaunen.
Als wir tiefer in die Bai kamen, entdeckten wir die Stadt am Fuße des schwarzen Tafelberges und gingen bald darauf vor Anker. Nachdem wir das Fort begrüßt und von verschiedenen Bedienten der Holländisch-Ostindischen-Compagnie an Bord unseres Schiffes Zuspruch bekommen hatten, gingen wir in Begleitung unserer beiden Kapitäne in der frohen Erwartung an Land, dass wir in einem so weit entfernten Weltteil viel Neues für die Wissenschaften finden müssten.
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Aufenthalt am Kap – Nachricht von der dortigen Kolonie
Aufenthalt am Kap
Nachricht von der dortigen Kolonie
Kaum waren wir aus unseren Booten gestiegen, so machten wir dem Gouverneur Baron Joachim von Plettenberg unsere Aufwartung. Er ist ein Mann von Wissenschaft und großen Kenntnissen, dessen Höflichkeit und Mitteilsamkeit uns gleich einen guten Begriff von ihm beibrachte. Hierauf verfügten wir uns zu den anderen Ratspersonen, dann gingen wir zu dem Befehlshaber der False Bai, in dessen Haus die Kapitäne der englischen Schiffe gewöhnlich einzukehren pflegen und wo auch wir unser Quartier zu nehmen gedachten. Fast alle Bedienten der Compagnie vermieten Zimmer an die Offiziere und Reisenden der Schiffe, die auf ihrer Fahrt von und nach Indien hier anlegen.
Der Unterschied zwischen dieser Kolonie und der portugiesischen Insel S. Jago war auffallend. Dort hatten wir ein Land gesehen, das unter dem glücklichsten Himmelsstrich gelegen ist, aber es war durch seine trägen Bewohner ganz vernachlässigt. Hier fanden wir mitten in einer Wüste, die von gebrochenen Massen schwarzer, fürchterlicher Berge umgeben war, eine nette Stadt aufgebaut, mit einem Wort, wir sahen hier überall Fleiß und Arbeitsamkeit von Glück gekrönt. Die Straßen sind breit und regelmäßig, die vornehmsten mit Eichen bepflanzt, und einige haben in der Mitte einen Kanal. Da es ihnen aber an der erforderlichen Wassermenge fehlt, kann trotz der vielen Schleusen nicht verhindert werden, dass einzelne Teile des Kanals oft ohne Wasser sind und dann keinen angenehmen Geruch ausströmen. In der ganzen Stadt ist nur eine Kirche. Die Toleranz, die den Holländern in Europa so viel Nutzen verschafft hat, ist in ihren Kolonien nicht zu finden. Erst seit ganz kurzer Zeit haben sie den Lutheranern erlaubt, hier und in Batavia Kirchen zu bauen, und gegenwärtig haben sie noch keinen eigenen Prediger am Kap, sondern müssen sich mit den Schiffspredigern der dänischen oder schwedischen Ostindienfahrer begnügen, die gegen gute Bezahlung ein- bis zweimal im Jahr hier predigen und das Abendmahl austeilen. Die Sklaven sind noch viel übler dran, denn weder ihre Herren noch die Regierung kümmern sich um einen so geringfügigen Umstand, als ihnen die Religion der Leibeigenen zu sein dünkt, die denn auch, im ganzen gesehen, gar keine haben. Einige wenige sind dem mohammedanischen Glauben zugetan und versammeln sich wöchentlich einmal in dem Hause eines freien Mohammedaners, um einige Kapitel aus dem Koran zu lesen.
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