1 ...7 8 9 11 12 13 ...22 Das Land versieht die Schiffe aller Nationen, die hierherkommen, mit Lebensmitteln. Das Klima ist so gesund, dass die Einwohner selten erkranken und dass Fremde sich vom Skorbut und anderen Leiden schnell erholen. Die Einwohner holländischer Herkunft haben ihre angeborene Gestalt behalten. Sie sind durchgehend dick und fett, wozu ihr gutes Leben nicht wenig beitragen mag. Die ursprünglichen Landesbewohner, die Hottentotten, haben sich in das Landesinnere zurückgezogen, so dass der nächste Kraal fast hundert englische Meilen von der Stadt am Kap entfernt ist. Dennoch kommen sie bisweilen hierher, um ihr Vieh zum Kauf anzubieten oder um den Holländern beim Viehtreiben zu helfen.
Im Pflanzenreich herrscht hier eine bewunderungswürdige Mannigfaltigkeit. Obschon wir uns gar nicht lange aufhielten, fanden wir dennoch verschiedene neue Arten, und zwar nahe bei der Stadt, wo wir sie am wenigsten vermuteten. So beträchtlich auch die Sammlungen schon waren, haben wir doch mehr als tausend neue Arten angetroffen. Das Tierreich ist ebenso reich. Die größten vierfüßigen Tiere, der Elefant, das Rhinozeros und die Giraffe, sind an der Spitze von Afrika zu Haus. Sie sind aber so häufig gejagt worden, dass sie nur noch selten vorkommen. Das Nashorn ist so rar geworden, dass der Gouverneur eine Verordnung hat ergehen lassen müssen, um die gänzliche Ausrottung zu verhindern. Das Flusspferd wird hier Seekuh genannt und war ehedem unweit der Stadt schon in der Saldanha-Bai anzutreffen, jetzt aber ist es so selten geworden, dass es innerhalb einer großen Entfernung vom Kap nicht mehr geschossen werden darf. Das Fleisch wird hierzulande für einen Leckerbissen gehalten, jedoch schmeckte es mir nicht besser als festes Rindfleisch. Zu den großen Tieren gehört auch der Büffel. Er hält sich ebenfalls nur in den entlegeneren Gegenden auf und soll von ausnehmender Stärke und Wildheit sein. Außer diesen Büffeln gibt es noch eine andere Art, von den Eingeborenen Gnu genannt, sie scheinen wegen ihres feineren Baues aber eher zum Antilopengeschlecht zu gehören.
Am Kap fehlt es auch nicht an reißenden Raubtieren, und die Kolonisten können sich nicht Mühe genug geben, sie auszurotten. Löwen, Leoparden, Tigerkatzen, gestreifte und fleckige Hyänen, Schakale und andere nähren sich hauptsächlich von Antilopen und kleinen vierfüßigen Tieren, wovon das Land voll ist. Die Zahl der Vogelarten ist sehr groß, und viele sind mit den schönsten Farben gezeichnet. Von Schlangen, darunter einige, deren Biss tödlich ist, von Insekten und anderem Gewürm wimmelt es gleichsam am Kap. Die Küsten sind reich an wohlschmeckenden Fischen. Mit einem Wort, so große Reichtümer auch jetzt schon aus Afrika gebracht worden sind, so gibt es im Pflanzen- und Tierreich Afrikas doch noch große Schätze für die Naturwissenschaft.
* * *
Reise vom Kap nach dem antarktischen Zirkel
Reise vom Kap nach dem antarktischen Zirkel
Am 22. November, nachmittags um vier Uhr, segelten wir aus der Tafelbai und begrüßten beim Abschied das Fort. Das unruhige Element, dem wir uns nun wieder anvertrauten, bewillkommnete uns auf keine angenehme Art, denn wir hatten die ganze Nacht mit Stoßwinden zu kämpfen. Am folgenden Tage um acht Uhr morgens verloren wir das Kap aus dem Gesicht und liefen gen Süden. Da wir nun auf einer Reise begriffen waren, die noch niemand vor uns unternommen hatte, und wir auch nicht wussten, wann und wo wir einen Erfrischungsort finden würden, gab der Kapitän Befehl, mit dem Trinkwasser gut hauszuhalten. Dazu wurde eine Schildwache an das Wasserfass gestellt, und von der Mannschaft bekam jeder ein gewisses Maß zugeteilt. Der Kapitän selber wusch sich mit Seewasser, und unsere ganze Reisegesellschaft musste sich ein gleiches gefallen lassen. Auch wurde die Destilliermaschine in Gang gehalten, um die tägliche Abnahme des Trinkwassers in etwa zu ersetzen.
Am 24. nachmittags fingen wir neun Albatrosse an Schnüren, die wir mit einem Stückchen Schafsfell bestückt hatten.
Einige dieser Vögel maßen von einer Flügelspitze zur anderen über zehn Fuß. Das Gefieder der jüngeren war mit vielen braunen Federn vermischt, die ausgewachsenen aber waren ganz weiß bis auf die Flügel, die schwärzlich oder schwarz gesprenkelt waren. Am 29. wurde der Wind so heftig, dass wir nur das Focksegel setzen konnten, zugleich ging die See fürchterlich hoch und brach oft über das Schiff. Wer kein Seemann war, wusste sich in diese neue Lage gar nicht zu schicken, und da wir bisher gutes Wetter gehabt hatten, waren in den Kajüten keinerlei Anstalten getroffen worden. Das Schwanken des Schiffes richtete deshalb schreckliche Verwüstungen unter unseren Tassen, Gläsern, Schüsseln und anderem Geschirr an, allein die lustigen Auftritte, zu denen es bei dieser allgemeinen Verwirrung kam, bei denen man sich unmöglich des Lachens enthalten konnte, machten uns gegen diesen Verlust gelassener. Das Übelste dabei war, dass die Decken und Fußböden in den Kajüten gar nicht trocken wurden, und das Heulen des Sturmes im Tauwerk, das Brausen der Wellen nebst dem gewaltigen Hin- und Herwerfen des Schiffes waren neue Szenen, aber höchst widrig und unangenehm. Hierzu kam noch, dass die Luft schon recht scharf zu werden begann, wie auch der häufige Regen dem Schiffsvolk den Dienst noch schwerer machte. Um nun die Leute einigermaßen zu schützen, ließ der Kapitän die Kleider austeilen, die von der Admiralität zu diesem Zwecke angeschafft worden waren. Ein jeder, der im Dienst dem Ungestüm des Wetters ausgesetzt war, vom Leutnant bis zum gemeinsten Matrosen, bekam ein Wams und ein paar Schifferhosen vom dicksten wollenen Zeug, welche die Nässe lange abhielten und, wie alle Artikel, die die Admiralität von Lieferanten beschaffen lässt, nur den einzigen Fehler hatten, dass sie durchgehend zu kurz oder zu knapp waren.
In dieser Nacht erlebten wir einen kritischen Augenblick. Ein Unteroffizier, der im Vorderschiff schlief, erwachte von ungefähr und hörte Wasser durch den Schlafraum rauschen. Er sprang aus dem Bett und fand sich bis an die Waden im Wasser. Augenblicklich machte er dem Offizier auf dem Achterdeck Meldung, und in wenigen Minuten war alles in Bewegung. Man fing an zu pumpen, und die Offiziere redeten den Leuten mit einer ungewohnten und daher bedenklichen Güte Mut ein, nicht nachzulassen und aus allen Kräften zu arbeiten. Dennoch schien das Wasser überhandzunehmen. Jedermann geriet in Furcht und Schrecken, und die Dunkelheit der Nacht vergrößerte nur noch die Abscheulichkeit unserer Lage.
Die Schöpf- und Kettenpumpen wurden in Gang gebracht, und die Leute arbeiteten mit dem größten Eifer. Endlich entdeckte man zu unserem größten Glück, dass das Wasser nicht durch ein Leck eindrang, sondern dass es durch ein Luftloch in der Vorratskammer des Bootsmanns hereinkam, das nicht fest genug geschlossen worden war. Es wurde augenblicklich abgedichtet, und so kamen wir diesmal ohne einen anderen Schaden davon, als dass die Kleider und das Gepäck der Matrosen und Offiziere ganz durchnässt worden waren.
Das stürmische Wetter dauerte bis zum 5. Dezember, an welchem Tage der Wind zum ersten Mal, seit wir das Kap verlassen hatten, so gemäßigt war, dass die höchsten Bramsegel gesetzt werden konnten. Die Freude über das gute Wetter war aber von kurzer Dauer. Nachmittags fiel bereits wieder Regen, und die Wellen, die sich von Westen heranwälzten, verkündeten uns, dass wir aus diesem Strich Wind zu erwarten hätten. Er stellte sich auch wirklich ein, und am 7. stürmte es dermaßen, dass wir nachmittags nur noch ein Segel führen konnten. Eine Menge Sturmvögel und Seeschwalben waren uns vom Kap gefolgt, ohne sich an das Stürmen des Windes und der See zu kehren, das sie im Gegenteil in immer größerer Zahl herbeizuführen schien. Von Zeit zu Zeit ließen sich auch Albatrosse sehen. Am 8., da die See immer noch sehr unruhig und der Wind sehr heftig war, ließen sich zum ersten Mal Pinguine und Haufen von Seegras unweit des Schiffes sehen. Diese Umstände begünstigten unsere Hoffnung, Land zu finden, denn bisher wurde es für ausgemacht gehalten, dass Pinguine und Seegras niemals fern von der Küste angetroffen würden. Die Erfahrung aber hat gelehrt, dass man sich auf diese Zeichen nicht verlassen kann.
Читать дальше