Nun waren sie auf dem Weg zurück zu Leon.
Währenddessen saß dieser in einem kleinen Wintergarten auf einer alten rostigen Hollywoodschaukel. Dieses monströse Gebilde passte nun überhaupt nicht in das Umfeld des relativ eitlen und verwöhnten Vampirs, aber er mochte es, darauf nachzudenken. Er hatte sich einige Szenarien ausgemalt, wie er das kommende Gespräch mit Jeanine führen würde. Zweifelsohne würde sie ihn aufsuchen, dessen war er sich sicher, aber nicht, was er mit ihr bereden sollte. Sie machte ihn nervös, gab er sich selber zu. Er ahnte, sie nicht einfach um den Finger wickeln zu können, denn darum hatte Blake dieses Weibsbild ausgesucht. Der Mistkerl hatte gewusst, welche Schwierigkeiten der Vampir mit der Wölfin haben würde. Leon hätte ausführlicher über seine Vorlieben sprechen sollen, so hätte er ihn in die Ecke drängen können. Er hatte diesen Wolf unterschätz; saß nun dort und wusste nicht weiter.
Als just in diesem Moment Jeanine in den Wintergarten schlich.
Sie roch ihn sofort. Er war verunsichert, versuchte dies aber zu verbergen, doch sie konnte es spüren. Aber genauso unsicher war sie ebenfalls.
Sie straffte die Schultern und trat zu ihm an die Schaukel und fragte zögerlich:
„Hallo Leon, darf ich?“sie deutete neben ihn, worauf er lächelnd nickte. Er wagte es nicht sie anzusprechen, wollte dass sie den ersten Schritt tat.
„Ich habe die letzten Stunden damit verbracht, mir über diese Situation den Kopf zu zerbrechen. Ich fühle mich unwohl hier und möchte nach Hause.“
Wäre er nicht von Natur aus ein heller Hauttyp, hätte sie die Farbe aus seinem Gesicht gewischt mit dieser Bemerkung. Sie sah ihn nicht an.
„Ma chere… ich… tut mir leid das es so ist. Ich weiß, das dies hier nicht der perfekte Ort für dich ist, hatte es dennoch gehofft.“ Er seufzte. Schüchtern blicke sie ihm in die Augen.
„Ich vermisse mein Rudel.“ Offener konnte sie nicht zugeben, was in ihr vorging.
„Das versteh ich. Aber ein paar von euch werden doch bald hier eintreffen, den Spielen wegen…“
„Aber es dauert so lange. Ich halte es hier nicht alleine aus. Es ist unheimlich mit sovielen Vampiren.“ Langsam strich sie sich eine Strähne hinter ihr Ohr.
„Na schön, cherie, ich hatte meine Chance und habe versagt. Ich werde Rainard Bescheid geben.“ Damit erhob er sich und ging hinein in die große Halle. Wieder blieb sie allein zurück und erschauerte. Sie hatte mit mehr Gegenwehr nach der letzten Begegnung gerechnet. Doch da diese ausgeblieben war, stellte sie fest, dass sie noch nervöser war als zuvor. Was war nur los mit ihr.
Kaum war Leon gegangen, erschien Rainard in der Türe.
„Mr. Saintcrox hat mich gebeten, sie zum Auto zu geleiten, Madmoiselle Morris. Bitte folgen sie mir, ihre Habseligkeiten werden bereits eingeladen.“
Das ging ja schnell.
Vor dem Haus angekommen stand sie vor einem schwarzen Offroader. Einer der Vampire war gerade dabei, ihre Tasche in den Kofferraum zu laden. Rainard ging zur hinteren Türe und hielt sie ihr auf. Als sie einen Blick hineinwarf staunte sie nicht schlecht. Leon saß darin und hielt ihr lächelnd die Hand entgegen.
„Was soll das?“ brachte sie gerade so heraus.
„Du möchtest gehen, ich geleite dich, wenn du nichts dagegen hast.“
Schweigend stieg sie ein und setzte sich neben Leon. Ein Vampir mit wundervollen blonden Locken lächelte die beiden an und trat aufs Gaspedal.
Der Wagen schoss nur so die lange Einfahrt hinunter. Jeanine wurde in den Sitz gedrückt und näher an Leon. Sie fand ihre Stimme wieder.
„Leon, was soll das? Was hast du geplant?“
„Ach ma chere, ich verliere nicht gerne, was mir lieb ist. Deswegen habe ich beschlossen, dir deinen Aufenthalt eine wenig abwechslungsreicher zu gestalten, damit du nicht immerzu an deinesgleichen denken musst.“
„Wie meinst du das? Du hast gesagt, ich könne gehen.“
„Richtig, aber erst nachdem ich dir meine Welt gezeigt habe. Und die besteht nicht nur aus schlecht gelaunten Vampiren.“ In seinem Augen blickte der Schalk. Wohin sollte das führen?
Viktoria war gezwungen im Auto auf die Rückkehr von Evie zu warten. Sie spielte unruhig mit ihrem Handy, hatte lange in Internet gesurft. Doch sie war nervös. Evie hatte ihr angedroht, sie solle sich versteckt halten. Die Hexe lebte in einem abgelegenen Teil der Stadt, wo es nicht ungefährlich für Viktoria werden könnte. Ein einsamer Vampir, schutzlos der Meute ausgeliefert. Dies war ein Hexenkessel. Evie hatte ihr mittgeteilt, dass in dieser Siedlung beinahe sieben praktizierende Hexen lebte, die nicht zu der netten Art gehörten, darunter Romilda. Aber Evie brauchte Infos von dieser Schreckschraube, darum machte Viktoria was ihr gesagt wurde.
Doch es dauerte fast zwei Stunden, bis diese wieder in den Wagen stieg.
„Und was herausgefunden?“ unverblümt quetschte sie die Dämonin aus.
„Ja habe ich wirklich. Es gibt eine wichtige Neuigkeit.“ Theatralisch suchte sie in der Tasche nach dem Schlüssel.
„Oh Evie, sagt schon.“
„Ok. Hast du schon mal von den Spielen der Lykaner gehört?“
„Hältst du mich für blöd? Bei den letzen vor fünfundzwanzig Jahren war ich dabei.“
„Gut, dann weißt du ja wie es dabei zugeht und kannst mir einiges Erklären auf dem Weg dorthin.“
Verblüfft rutschte Viktoria das Handy aus den Fingern.
„Du weißt, wo sie stattfinden? Du ? Hast du eine Einladung?“
Evie lachte laut auf.“Nein, aber die brauche ich nicht. Romilda hat gesagt, die Lykaner, die die Spiele planen, haben auch Dämonen gruppen dazu eingeladen. Die könnten mir bei meinem Problem behilflich sein.“
„Ja, wenn du sie nicht sofort erledigst!“
Evie starrte sie böse an. „Nein, das darf ich nicht, sagt meine Psychiaterin.“
„Gut. Wo finden sie diesmal statt?“
„An der Westküste von Frankreich, auf vampirischem Grund und Boden!“
„Frankreich… das sind ja bestimmt vier Tage, bis dahin.“
„Mal schauen.“
Naron Handy klingelte. Blitzartig riss er das Steuer nach rechts auf den Seitenstreifen. Es war mitten in der Nacht, die Autobahn leer. Er kramte nach dem unaufhörlich kreischenden Ding, welches er aufgeregt aus der Tasche fischte. Diesen Klingelton hatte er Derek zugeordnet.
„Was gibt’s?“
„Die Autopsie hat nichts ergeben, außer das die Jungs beim Anblick der vermutlich schönsten Frau der Welt den Kopf verloren haben.“ Er konnte ihn förmlich durch die Leitung kichern sehen.“ Sie wurde aber gesehen.“
„Was? Wo?“
„An der Grenze, nahe dem Tatort. Kennst du den Hexenkreisel?“
„Ja allerding, da war sie?“
„Jawohl. Eine der Damen ist wohl nicht so gut auf sie zu sprechen. Wenn stimmt was gemunkelt wird, ist sie mit ihr verwand.“
„Das kann nicht sein...“
„Können wir ja überprüfen, wenn du magst. Aber sie soll unterwegs sein nach Frankreich.“
„Wieso denn dahin? Das ist das Territorium der Vampire, hauptsächlich, sie mögen die atlantische Küste.“
„Die Spiele, mein Freund, die Spiele.“
„Wo soll ich dich abholen?“ fragte Naron
„Du nimmst mich mit?“ zu einer Antwort kam der Dämon nicht. Derek hatte sich schon zu ihm teleportiert und lächelte ihn breitspurig an.
Jeanine staunte nicht schlecht, als sie von Leon aus dem Wagen gezogen wurde. Sie waren auf einem Jahrmarkt. Sie wusste, da sie nicht in Abendkleidung unterwegs waren, hätte er sie nicht in einen Club oder Lokal führen können. Doch damit hatte sie nicht gerechnet.
Er lächelte sie siegessicher an, weil er wusste, dass sie überwältigt war von dem Anblick der vielen farbenfreudigen Buden und Fahrgeschäften.
„Du hast um Abwechslung gebeten, ma chere und die möchte ich dir gewähren.“ schnurrte er liebevoll.
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