Alec J. Archer
Seelenjagd
Die Rückkehr der Paladine
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Alec J. Archer Seelenjagd Die Rückkehr der Paladine Dieses ebook wurde erstellt bei
KAPITEL EINS - Das Ministerium
KAPITEL ZWEI - Professorenehre
KAPITEL DREI - Der Widerstand
KAPITEL VIER - Flucht
KAPITEL FÜNF - Kritische Zustände
KAPITEL SECHS - Hilfe
KAPITEL SIEBEN - Nystavanger
KAPITEL ACHT - Altes Erbe
KAPITEL NEUN - Ein neuer Körper
KAPITEL ZEHN - Schlafende Kräfte
KAPITEL ELF - Bootsreise
KAPITEL ZWÖLF - Rückschläge
KAPITEL DREIZEHN - Identitätskrise
KAPITEL VIERZEHN - Gegenschlag
KAPITEL FÜNFZEHN - Wettlauf gegen die Zeit
KAPITEL SECHZEHN - Pherans Hort
KAPITEL SIEBZEHN - Relikte
KAPITEL ACHTZEHN - Drachen und Paladine
KAPITEL NEUNZEHN - Luftschlacht
KAPITEL ZWANZIG - Alte Feindschaft
KAPITEL EINUNDZWANZIG - Das Ende der Schlacht
KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG - Private angelegenheiten
KAPITEL DREIUNDZWANZIG - Eine neue Regierung
KAPITEL VIERUNDZWANZIG - Skeyra und Laric
Epilog
Glossar und Dramatis Personae
Impressum neobooks
KAPITEL EINS - Das Ministerium
Bionetic
- Seelenjagd -
Für Andrea.
In Liebe.
Für Lukas, meinen Sohn und ersten Probeleser.
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Dank an: Pentatonix
Wenn dieses Buch ein Film wäre,
Würde als Soundtrack Natural Disaster laufen.
Ungebetener Besuch
Ich sauge den Duft des Badeöls tief in mich ein. Der Geruch gehört zu den wenigen Dingen, die ich vier Jahre nach dem Unfall immer noch genieße.
Im Hintergrund läuft ein Song von Offshore , der Band, die ich am liebsten höre. Gothic Rock ist genau das, was ich brauche.
Damals war ich 19, als mein Leben endete; mehr oder weniger. Ich war eine Bodenturnerin mit Leib und Seele. Parcours war meine Leidenschaft.
Wie Blitze schießen die Erinnerungen durch mein Bewusstsein: Mein Vater, den Hals aufgerissen. Blut, überall Blut. Die geschlossenen Augen meiner Mutter, als ich mich nach hinten drehe. Dann ein scharfes Knacken in meiner Wirbelsäule. Kraftlos sacke ich gegen meinen Vater.
Auch mit 23 ist es nicht erträglicher, ein Krüppel zu sein.
Tante Liv ist nach unten gegangen. Mein Kopf hängt in einer Vorrichtung aus Kunstleder und Plastik, die ihn über Wasser hält. Ansonsten könnte ich ertrinken. Vielleicht wäre es besser so.
Liv wird in zehn Minuten wieder da sein.
Das Gesicht meines Onkels erscheint. Hakon schließt die Tür hinter sich.
"Ich soll ein wenig nach dir sehen, Skeyra."
Eine Lüge. Wir wissen es beide.
Er kommt näher, tritt an die Wanne. Es ist nicht genug Schaum da. Nie ist genug Schaum da, wenn Männer wie er ungebeten im Bad erscheinen.
Der weiße Sichtschutz fällt immer weiter in sich zusammen. Mit leisen zischenden Geräuschen werden immer mehr Details meines Körpers seinen sezierenden Blicken enthüllt.
Ich kann nicht einmal die Beine anziehen. Ich kann Hakon nur bitten, zu gehen.
"Das kann ich nicht. Du könntest ertrinken", gibt er zurück.
Er fasst ins Wasser, unter meine Knie. Er zieht sie hoch, so dass sie knapp aus dem Wasser ragen. Die Gummimatte am Boden der Wanne verhindert, dass meine Füße wieder nach vorn rutschen. Zum Glück fühle ich nichts. Einer der wenigen Vorteile, wenn man vom Hals ab gelähmt ist.
Er beginnt mein linkes Knie zu streicheln. Seine Hand streicht langsam den Oberschenkel entlang, bis unter die Wasserlinie.
Mit dem Laserstift zwischen den Zähnen kann ich Buchstaben auf die Wasseroberfläche schreiben. Eigentlich waren sie für mein Tagebuch gedacht. Der Computer, den Tante Liv zu meiner Kleidung gelegt hat, kann die Buchstaben, die ich mit dem Mund male, in Worte verwandeln.
"Hände weg", schreibe ich.
Mit einer kurzen Verzögerung ertönt die monotone Computerstimme des Sprachdekoders, der auf meinen Sachen liegt. Es klingt, als würde ein müder Roboter aus dem Telefonbuch vorlesen; fast so, als wäre es mir egal.
Hakon zuckt nicht mal. Seine Hand fährt weiter nach unten. Gleich wird er das Ziel seiner Bemühungen erreichen.
Ich bin wütend. Und beschämt. So ein perverses Schwein!
Ich versuche zu schreien, wobei mir der Laserstift aus dem Mund fällt.
Platsch. Das wars dann mit der Kommunikation. Mein Schrei bleibt stumm. Nur mein vegetatives Nervensystem kann auf meine Lunge zugreifen. Ich kann immer noch atmen. Sprechen oder schreien nicht. Lachen geht auch, was meine Ärzte und Psychologen vor ein Rätsel stellt.
Ich wünsche mir, dass sofort jemand kommt, um mir zu helfen. Aber wer soll das sein? Liv ist für zehn Minuten unten.
Die Tür geht dennoch auf. Tante Liv steht im Türrahmen. Hinter ihr im Flur erkenne ich zwei Agenten des Ministeriums.
Jeder würde sie erkennen, an ihren dunklen, fast bis zum Boden reichenden Wollmänteln und den schwarzen, blank polierten Stiefeln.
Ihre ebenso schwarzen Barette auf den Köpfen lassen sie wenig sympathisch erscheinen.
Sympathisch und Agenten des Ministeriums: Das sind zwei Begriffe, die so garnicht zusammen gehen.
Fast muss ich lachen. Ja, lachen kann ich seltsamer Weise, wie schon gesagt, obwohl ich immer traurig bin, seit dem Unfall.
Lachen: Eine Fähigkeit, die ich genauso dringend brauche, wie die Landeshymne furzen zu können.
Das hat neulich jemand in einer Talentshow im Holoprogramm gemacht. Ich weiß nicht, weshalb sich Liv so etwas antut - und damit mir.
Ich lache also nicht. Weil ich nicht will und weil ich Liv nicht in Gefahr bringen werde.
Livs Augen werden rund, als sie sieht, wo Hakons Hand sich gerade befindet. Fast sind seine Finger am oberen Ende meines linken Beines angekommen.
"Ich wasche sie nur ein wenig", gibt er schulterzuckend zu verstehen und nimmt die Hand ohne Hast aus dem Wasser.
"In fünf Minuten werden wir Ladri Feralov mitnehmen. Mit oder ohne Kleidung", teilt einer der Agenten des Ministeriums kurz angebunden mit.
Sie könnten ja mit mir reden. Das tun sie nie, wenn sie nicht müssen. Sie sind immer unpersönlich.
Geduld und Menschlichkeit findet man weder bei Mitgliedern des Ministeriums noch bei den Kräften des Bürgerschutzes.
Tante Liv nickt.
"Raus hier, Hakon." Ihre Stimme wird zu einem Grollen. So kenne ich sie nicht. Jetzt erinnert sie mich an meine Mutter, wenn sie verärgert war.
Ich werde traurig bei dem Gedanken an meine Mutter. Nie wieder werde ich ihre Wutausbrüche erleben. Sie ist tot. Seit vier Jahren.
Mein Onkel trollt sich.
Wer hätte gedacht, dass mich das Ministerium einmal vor Hakon rettet?
Ich bin nicht überrascht, dass sie auftauchen. Vielleicht ist der Zeitpunkt etwas unpassend, oder die Umstände.
Die Reichsverwalterin hat bereits vor Wochen alle im Alter zwischen 16 und 24 dazu aufgerufen, sich zu Befragungen im Ministerium einzufinden. Natürlich ist so gut wie niemand hingegangen. Nicht mal die Streber, die später selbst zum Ministerium wollen; meist die Kinder derer, die dort arbeiten.
Wer bei den Befragungen die falschen Antworten gibt, darf an haarsträubenden Bewusstseinsexperimenten teilnehmen — als Versuchskaninchen, das aller Wahrscheinlichkeit nach einen mehr oder weniger qualvollen Tod stirbt.
Bewusstseinstransfer nennen sie die Technologie. Man soll unsterblich werden können. Die Ersten, bei denen das gelingt, sollen berühmt werden, sagt die Staatspropaganda.
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