michelle_werner
Liebe und das Schicksal
Die spannende Reise des Indianers LIE-E
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Inhaltsverzeichnis
Titel michelle_werner Liebe und das Schicksal Die spannende Reise des Indianers LIE-E Dieses ebook wurde erstellt bei
Sieh zu, dass in der Welt alles …
Ge-danken und Ge-Bete
Grausames Schicksal
Der Weg der Reinigung
Die Prüfung
Die vier Auserwählten
Eine Frage der Perspektive
Das geheimnisvolle Rätsel
Das innere Schweigen
Du kannst in deinem Leben immer nur…
Abschied
Stummer Freund, verklärte Eule und das Schicksal
Impressum neobooks
Sieh zu, dass in der Welt alles …
LIE - E - ist Indianer - er sitzt - am großen Fluss - den sie auch Götterbote nennen. Im Spiegel des Wassers nimmt er das Bild seines Selbst wahr und obwohl das fließende Gewässer seinem Gesicht einen Hauch von Zärtlichkeit verleiht, spiegelt sich auch die Härte vergangener Tage wieder. Vor langer Zeit war er von seinem Stamm aufgebrochen, um die ihm anvertrauten Aufgaben zu vollziehen. Nach so langer Zeit des Wanderns und Mühens ist ihm, als hätte er seine Heimat in einem früheren Leben verlassen und würde erst in einem späteren dorthin zurückkehren.
An manchen Tagen erfüllt sich Lie-e's Herz mit klammernder Angst, ob er denn auch die letzte seiner Aufgaben ebenso meistern werde, ob er die ihm gesetzten Fristen einhalten würde, aber dann erinnert er sich seiner warmherzigen, mütterlichen Seele. "Eile in deinem Rasten und raste in deinem Eilen" so sprach sie's tausendmal. In der unendlichen Stille der Bewährungsprobe hatte er diesen Satz hundertmal verflucht, weil tief in ihm ein Gefühl der Fehlerhaftigkeit sprießte. War er dabei, seine Missionen auf mutige und druckvolle Art zu erledigen, so vernahm er, zu schnell unterwegs zu sein, etwas mehr Bedachtsamkeit an den Tag zu legen. Manchmal aber, als er über eine Aufgabe sinnierte, um nicht vorschnell zu sein, da wurde ihm der Vorwurf der Laschheit und Unentschlossenheit entgegengebracht.
Lie-e verstand seine Welt immer seltener, bis ihn sein Lehrer eines Tages auf den Berg des Lichtes sandte. Die einzigen Worte, die ihm mitgegeben wurden waren: "Sieh zu, dass auf der Welt alles mit rechten Dingen zugeht". Zunächst fand er diese Worte höchst banal, aber je höher er den Berg emporkletterte, umso mehr sah er von der Welt und umso schwerer wirkte dieser Spruch auf ihn. Manchmal dachte er, dass die Worte ihn hinunterziehen würden, denn wie sollte er, er alleine es bewerkstelligen diese Welt zu behüten? Nach einem Tag des Kletterns sah er bereits vier Berge weit und er ahnte, dass die Welt bestimmt noch ein oder zwei Berge weiter reichen würde. Bisher hatte er gelernt, dass das Reich seiner Väter dort endet, wo der Pfeil des besten Schützen den Boden wieder berührte. Nun aber, erblickte er eine fast unendliche Weite, wo es bestimmt Tage brauchen würde, das Ende dieser Welt zu erreichen. Wie sollte er mit seinen beiden Händen, ganz allein auf sich gestellt eine solch große Aufgabe bewerkstelligen?
Nach zwei Tagen war er nahe daran die Aufgabe aufzugeben und nur die Schande des Versagens hinderte ihn daran umzukehren. Ein wenig war aber auch Neugier in ihm, wie denn die Welt jenseits der seinigen aussehen würde. Ob es dort auch Suchende wie ihn geben würde oder ob sich dort die Legende der ewigen Jagdgründe der Erfüllung zuneigt. Auch mischte sich Neid unter seine Gedanken, denn um wie viel leichter könnte ein Adler solch eine Aufgabe erledigen, dessen Sehvermögen tausendmal geschickter war und dessen Flügelschlag ihn über Hindernisse hinwegheben konnte. Selbst der Oberblick aus der Perspektive eines Vogels vermochte diesem behilflicher zu sein, als die Kürze der eigenen Beine.
Nach einer Woche hatte er den Gedanken, einer Adlerfamilie zuzusehen, wie sie denn ihre Kinder das Fliegen lehrt. Die Kleinen waren Anfangs in ihren Bewegungen so langsam, dass sie immer wieder zu Boden stürzten und nur die Obhut der Eltern sie im Fallen fangen ließ. Aber auch als sie erfüllt von Hektik und Angst mit ihren Schwingen um ihr Leben schlugen, ermatteten sie allzu schnell und bedurften der elterlichen Rettung. Es muss Wochen des Mühens gekostet haben, bis ihnen ein erster längerer Flug gelang. Die Kunst des Gleitens, des Nutzens der steigenden Winde würden sie etwas später erlernen und zu guter Letzt würden sie auch noch Freude am Wechselspiel zwischen Klatsch-Klatsch und Schweb-Schweb haben. In seinem Innersten bekam er allmählich eine Ahnung, was Mutter mit ihrem Spruch des Eilens im Rasten und Rasten im Eilen gemeint haben könnte. Dennoch gebar er täglich neue Zweifel, ob es ihm jemals gelingen würde und ob er jemals die richtige Entscheidung treffen könnte.
Längst hatte Lie-e aufgehört, die Tage zu zählen, die Wochen zu benennen, vielmehr besann er sich darauf, den Weg der Erkenntnis weiter zu verfolgen, um immer mehr davon zu lernen wie die anderen Wesenheiten mit ihrem Schicksal umgingen, wie sie lernten und manchmal auch scheiterten. Dabei fühlte Lie-e mit den Tieren und Pflanzen, konnte immer besser mit ihnen eins sein. Sonderbar wurde es nur für Lie-e, wenn etwa ein Vogel einen Wurm aufpickte um damit seine Kinder zu füttern. Wenn er das Leben des Wurms retten würde, wäre ihm dieser sicherlich sehr verbunden, währenddessen die Kinder des Vogels Hunger und vielleicht sogar Tod erleiden würden, was seinem Herz nicht gleichgültig war.
Anfangs dachte er, dass Entscheidungen von ihm gefordert waren und dabei erinnerte er sich seiner Aufgabe, darauf zu achten, dass in der Welt alles mit rechten Dingen zuginge. Gewiss war dieser Spruch leichter gesagt als getan. Die Natur brachte ihn immer wieder in ein Dilemma, so dass er sich eines Tages fragte, wie den Gott damit fertig werden würde. Vielleicht wendet er sich mit seinen Blicken nur den erfreulichen Dingen zu, wenn etwa zwei Wesenheiten zueinander finden und wenn es dann zu Problemen kommt, dann wendet er sich einfach ab und dem nächsten Höhepunkt des Lebens zu? Aber Gott war doch kein Unwissender, er könnte sich doch nicht durch einfaches Wegschauen aus der Last seines Wissens befreien!
Könnte es sein, dass Gott einige Wesenheiten nur geschaffen hatte, um Nahrung für andere zu sein? Dann wären einige dazu da, anderen beim Überleben zu helfen. Mit diesem Gedanken konnte sich Lie-e durchaus anfreunden. Aber dies würde doch bedeuten, dass Gott nicht alle Wesenheiten gleich liebt und außerdem gibt es für jedes Tier, wie mächtig es auch sei, zumindest einen natürlichen Feind. Bedeutet dies, dass Gott den schnelleren Fresser mehr liebt, ja ihm das Recht zu töten gibt?
Vielleicht hat Gott diese Welt mit allen Wesenheiten einfach hingestellt und dann zum Abschied noch gesprochen - Seht selbst wie ihr miteinander fertig werdet, ich habe anderes zu tun, als euer Leben zu leben" und dann wandte er sich einer anderen Welt mit anderen Menschen zu. Darin konnte Lie-e eine gewisse Sinnhaftigkeit erkennen, denn nur so würden die Menschen Verantwortung lernen und so würden sie aufhören einander zu töten. Und solange sie dies nicht verstünden, müssten sie eben als fleischfressende Pflanzen oder Vögel inkarnieren. So sinnvoll ihm dieser Gedanke erschien, so wenig hatte er von solch humanen Menschen gehört. Noch immer waren Menschen bereit für ein Stück Land, ein Stück Materie zu töten.
Vielleicht gab es gar keinen Gott und die Menschen waren ein Produkt des Zufalls. Wieso kommt es dann, dass sich dieser Zufall bei den meisten liebenden Pärchen wiederholt und bei einigen anderen, die sich ebenso ein Kind wünschten nichts dergleichen geschah? An Lie-e's Körper gab es unzählige Narben von Kämpfen mit Bären und anderen Wildtieren - sollte er zufällig all diese Kämpfe überlebt haben? Vielleicht heißt dieser Gott in Wirklichkeit "Zufall" und ist einer der irgendwo oben wohnt, um in Momenten der Gefahr von oben die richtige Waffe in meine Hände FALLEN ZU lassen. Ob der Name des Gottes nun Manitu, Abraham, Franz, Christus oder Zufall wäre, sei letztendlich gleichgültig.
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