Phil sah mich lächelnd an und sagte dann zu Jenny „Was hat er denn angestellt? Hat er es sich erlaubt etwas gegen dein Outfit zu sagen? Oder wollte er mal zur Abwechslung einen Satz selbst beenden?“
Ich konnte mir ein lautes Lachen nicht verkneifen. Jenny verzog das Gesicht und starrte uns zornig an.
„Jaja, macht euch nur über mich lustig. Ihr steckt ja nicht in meiner Haut. Ich war so entsetzt. Er wollte mir doch wirklich einen Ring zu unserem Monatstag schenken!“
„Oh mein Gott wie schrecklich!“ platze ich heraus und kicherte weiter.
Phil gab Jenny die Möglichkeit weiter zu erzählen indem er fragte warum es denn so schlimm für sie war einen Ring geschenkt zu bekommen.
„Ich weiß genau warum er das getan hat. Er wollte mich dazu zwingen mit ihm zusammen zu bleiben. Er wollte mich an ihn binden.“
„Hat er dir denn gleichzeitig als er dir den Ring geschenkt hat auch einen Heiratsantrag gemacht?“ fragte ich neugierig.
„Spinnst du? Das hätte mir noch gefehlt. Aber er brachte es irgendwie so rüber als wäre ich sein Eigentum in dem Moment wo er mir den Ring an den Finger steckt. So etwas wie ein voreheliches Versprechen. Auf sowas steh ich nun mal nicht. Ich lass mich nicht gerne zwingen mit jemandem zusammen zu bleiben.“
Phil und ich erwiderten im gleichen Atemzug „Ich verstehe.“, obwohl keiner von uns beiden auch nur im Geringsten nachvollziehen konnte warum Jenny gleich so überreagiert hatte. Armer Jason, er hatte Jenny wirklich sehr gerne und hätte ihr die Welt zu Füßen gelegt wenn er gekonnt hätte.
Damit war dieses Thema fürs Erste vom Tisch. Mal abwarten wen sie sich als nächstes aussuchen würde. Langsam wurde die Zahl der potentiellen Gefährten knapp. An unserer Schule wollte keiner mehr mit ihr zusammen sein. Sie hatte viele Verehrer, doch keiner wollte sich auf eine Beziehung mit ihr einlassen. Ihr Ruf als Herzensbrecherin eilte ihr einfach voraus.
„Ihr beide braucht euch ja keine Gedanken zu machen. Ihr habt ja euch.“ Sie seufzte hörbar tief, und mir versetzte dieser kleine Satz einen Stich ins Herz.
Ich verstand was sie meinte und das schon alteingesessene Gefühl des Verrats machte sich wieder in mir breit. Jenny und ich waren von klein auf beste Freundinnen. Phil zog mit seiner Familie erst vor cirka 8 Jahren nach Temecula. Jenny und ich verguckten uns natürlich beide in den neuen Jungen in der Nachbarschaft. Er war eigentlich überhaupt der erste Junge, an dem wir Interesse hatten. Ich würde nicht sagen, dass er eine Augenweide war. Damals hingen ihm seine schwarzen, strähnigen Haare ins Gesicht und verdeckten seine grüngrauen Augen. In seiner Art lag aber bereits in Kindertagen solch eine Warmherzigkeit und Ehrlichkeit, dass er uns den Kopf verdrehte. Als wir begriffen, dass wir beide Phils Freundin sein wollten, merkten wir wie belastend das für unsere Freundschaft ist. Daher einigten wir uns darauf niemals wegen eines Jungen zu streiten. Wir begegneten ihm auf rein freundschaftlicher Ebene, was nicht immer leicht war. Über die Jahre wurden wir zu einer zusammengeschweißten kleinen Clique, die niemand trennen konnte.
Wir hingen immer gemeinsam nach der Schule ab und zeigten allen, dass wir zusammen gehörten. Vor drei Jahren, beim Ballon-Fest, das jährlich in Temecula stattfindet, gestand Philip mir, dass er sich in mich verliebt hatte. Ich wusste anfangs nicht recht mit der Situation umzugehen, also blieb ich ihm die Antwort auf seine Frage ob ich mit ihm zusammen sein wollte eine Zeit lang schuldig. Ich erklärte ihm, dass ich mir das überlegen musste, da wir ja schließlich Freunde waren und ich das nicht aufs Spiel setzen wollte.
Natürlich ging es mir auch darum wie Jenny wohl reagierte, wenn Phil und ich auf einmal ein Paar waren. Ich wollte sie nicht vor den Kopf stoßen, dafür war sie mir zu wichtig. Also lud ich sie an einem Samstag ein, bei mir zu übernachten. Es war nichts ungewöhnliches, da es häufiger vorkam, dass einer von uns beiden beim anderen schlief. Wie gesagt, wir waren unzertrennlich. An diesem Abend jedoch war die Stimmung von Phils Liebeserklärung getrübt.
Ich musste es ihr einfach erzählen und sie um ihre Meinung bitten. Jenny war natürlich nicht gerade erfreut. Nicht nur, dass wir uns damals, als Phil hergezogen war, versprochen hatten ihm nur freundschaftlich zu begegnen, da wir Streitereien vermeiden wollten. Es war uns auch beiden bewusst, dass Jenny sehr viel für Phil empfand. Im Nachhinein betrachtet wahrscheinlich sogar mehr als ich. Ich wollte sie einfach nicht verletzen. Nach einem langen und ausführlichen Gespräch meinte Jenny sie könne damit leben wenn wir ein Paar wären, wenn ich das wirklich wollte. Sie wollte, dass Phil und ich glücklich waren, weil wir ihr so viel bedeuteten.
Nach ihrer Zustimmung war es an mir mich zu entscheiden, ob ich wirklich bereit dazu war eine Beziehung mit meinem besten Freund einzugehen. Ich wusste, dass ich ihn liebte, jedoch wusste ich nicht ob es die Liebe zu einem Freund oder die Liebe zu einem Mann war, die mich erfüllte. Mittlerweile, nach drei Jahren, konnte ich es mir nicht mehr anders vorstellen. Phil war ein fixer Bestandteil meines Lebens.
Er sagte mir wie hübsch er mich fand und was für ein wundervoller Mensch ich war. Er gab mir das Gefühl gebraucht, gewollt und begehrt zu werden. Und er kannte mich besser als jeder andere. Es gab nur wenige Dinge, die er nicht von mir wusste.
Phil und ich zeigten unsere Beziehung Jenny gegenüber nicht in dem Ausmaß, wie man es von zwei 17 Jährigen erwarten würde. Wir hielten uns sehr zurück und verhielten uns einfach nur wie Freunde, wenn wir gemeinsam unterwegs waren. Unsere Clique sollte nicht wegen unserer Beziehung auseinander brechen.
„Ach was soll‘s.“ sagte Jenny als sie unseren betrübten und schuldbewussten Gesichter im Rückspiegel sah.
„Der nächste kommt bestimmt.“
Sie zwinkerte uns zu und ließ sich mit einem lauten und erlösend klingenden Seufzer nach hinten in den Sitz fallen. Die restlichen Fahrt zur Schule verbrachten wir damit uns über den Moderator des einzig hörbaren Radiosenders in Temecula lustig zu machen.
„Und nicht vergessen meine Lieben! Diese Woche findet das große Spiel statt. Also GO BEARS!!!“
Aus dem hinteren Teil des Autos schallte es in voller Lautstärke „Jawohl, GO BEARS!!!“
Jenny wedelte mit ihren Ponpons. Sie war Cheerleader und natürlich Feuer und Flamme für das Spiel, da sie endlich die Möglichkeit hatte ihre neue Show zu präsentieren.
Wir waren natürlich alle ganz gespannt darauf. Nicht, dass Phil und ich nicht bereits jede Bewegung und alle Abläufe des Programms kannten, nachdem Jenny sie uns immer und immer wieder vorgetanzt hatte. Es machte großen Spaß ihr dabei zuzusehen. Auch wenn ich dieser Hüpferei und Grölerei in kurzen Röckchen nichts abgewinnen konnte, entging mir dennoch nicht wie viel Spaß Jenny dabei hatte und dass sie ein richtiges Entertainmenttalent war. Jenny war perfekt für die Rolle als Captain der Cheerleadermannschaft geeignet. Ihre großen braunen Augen und ihr goldenes Haar, ihre schlanke und zierliche Gestalt, sowie ihre quirlige Art, machten sie zu dem perfekten Vorzeigepüppchen in der Schule und bei nationalen Wettbewerben.
Phil und ich waren im Cinema Club und beteiligten uns auch aktiv im Sleep Club. Das war meiner Meinung nach der beste Club an der Temecula Valley High. Wir stellten alle möglichen Thesen auf und untermauerten diese durch aussagekräftige Argumente um die Beginnzeiten der Schule auf später verschieben zu lassen und daher länger schlafen zu können. Ich denke Phil war nur meinetwegen Mitglied in diesem Club. Er hätte so ziemlich alles getan um mich glücklich zu machen.
Bei der Schule angekommen war das vorherrschende Gesprächsthema einfach nicht zu überhören. Es ging natürlich um das große Spiel. Jenny stürmte aus dem Auto und rannte zu ihren Cheer-Kolleginen, die bereits neugierig auf sie warteten. Schließlich war es ihnen nicht entgangen, dass Jenny mit uns mitgefahren war, statt von Jason chauffiert zu werden.
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