Das heißt:
Individuelle Resistenz spielt zwar eine Rolle, doch im Prinzip kann bei jedem Menschen nicht zu bewältigender Stress in eine Depression oder eine Erschöpfung – also auch in ein Burnout – umkippen.
Das betrifft alle: sogen. „Weicheier“ ebenso wie „Hartgesottene“, es kommt nur auf den Druck an, um auch die härteste Schale zum Platzen zu bringen“. …
Auch das ist mir bereits an dieser Stelle sehr wichtig:
Betroffenen sollte es letzten Endes egal sein, welchen Namen ihre Krankheit trägt: ob Schaffens- oder Sinneskrise, Midlife-Crisis, Erschöpfungsdepression oder ob „Burn-Out“.
Viel wichtiger und sinnhafter ist es nach meinem Medizinverständnis, die Krankheit so früh wie nur möglich zu erkennen und entsprechende und effektive Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
Zurück zum Burnout.
Fazit:
Zuletzt und letztlich spielt der gesamte Körper nicht mehr mit!
Burn-Out heißt:
„Rundum-Krankheit“!
Es gilt aber auch:
Nicht alle Menschen, die unter schwierigen/schwierigsten Bedingungen arbeiten – u.a. Priester, die in leeren Kirchen predigen, Lehrer, die von aufsässigen Schülern in die Verzweiflung getrieben werden, Krankenschwestern/-Pfleger, denen ihre Patienten immer gleichgültiger werden usw. … – sind gleichermaßen betroffen.
Was unterscheidet den Ausbrenner/Ausgebrannten vom Burn-Out-Resistenten?
Dies war über lange Zeit ein umstrittenes und kontrovers diskutiertes Thema.
Aber letztlich ist die Wissenschaft fündig geworden.
Gefährdet sind vor allem die allzu Ehrgeizigen, die Hyper-Idealisten, die hochakribischen Perfektionisten, die sogen. Workaholics, die Einzelgänger und aber auch die Dünnhäutigen und Hypersensiblen und insbesondere auch die Multitasker und die Menschen, die nie „Nein-Sagen“ können bzw. wollen.
Hinzu kommt noch infolge Globalisierung und Rationalisierung, in Zeiten von Shareholder-Ansprüchen, Just-in-time-Planung und vor allem Zukunftsängsten – insbesondere in den höheren/hohen Gehaltsstufen bzw. Leitungs- und Führungsebenen – der permanente und wachsende Druck:
„ Immer weniger Mitarbeiter sollen immer mehr leisten“ ,
was dann letztlich einmündet im Burn-Out.
Etwas lapidar formuliert – so Dr. Andreas Hillert (Schön-Klinik Roseneck, Prien/Chiemsee) –:
„Leistungssteigerung mal Flexibilität minus Sicherheit = Burnout!“
Es gar nicht so selten, Menschen im Berufsleben anzutreffen – so Dr. Hillert weiter –, „die schon Hunderte ihrer Kollegen erfolgreich wegrationalisiert haben, bevor sie selbst unter Burn-Out weggeschoben wurden!“
Wer ist gegenüber Burn-Out gewappnet, gar gefeit?
Das sind vor allem Menschen mit einer ausgeglichenen „Work-Life-Balance“ [der Begriff Work-Life-Balance steht für einen Zustand, in dem Arbeits- und Privatleben und Sozialleben miteinander in Einklang stehen], Menschen mit hohem Selbstwert und mit Selbstsicherheit, mit stabiler familiärer (partnerschaftlicher) und gesellschaftlicher Einbindung und Bindung.
Bleibt die Frage aller Fragen – wie es FOCUS trefflich formuliert –:
„Alles Burn-Out, oder was?“
Dr. Hillert und sein Kollege Dr. Marwitz weisen zunächst einmal auf neuere Befunde hin, die dem klassischen Verständnis widersprechen.
Auch dies ist eine neue Erkenntnis:
Burn-Out-Phänomene … können nicht nur auftreten bei Überforderung, sondern auch bei Unterforderung!
Burnout erkennen – sprich diagnostizieren – und verstehen, das sind die beiden Seiten derselben Medaille!
Wenngleich Burnout nahezu in jedermanns/-frau Munde ist, darüber tagtäglich in der gesamten Medienlandschaft zu hören, sehen und zu lesen ist, so bleibt dennoch in der weit überwiegenden Zahl der Menschen hierzulande das Wissen über Burn-out – um es einmal sehr vorsichtig auszudrücken – mehr als bescheiden.
Leider nicht nur bei Laien, sondern auch Therapeuten stellen hier keine Ausnahme dar.
Ich darf hier einige Textfragmente und -passagen zitieren aus „Psychosoziale Gesundheit“ (Prof. Dr. med. Volker Faust):
… „Burnout ist ein beklagenswerter Zustand, der immer häufiger wird. Und der verhängnisvolle Konsequenzen für den Betroffenen und sein Umfeld hat: Beruf, Partnerschaft, Familie, Freundeskreis, nicht zuletzt für die Gesundheit.“ …
Kurzum:
„Burnout-Teufelskreis“!
Was muss man wissen?
Nachfolgend eine komprimierte Übersicht zum Erkennen und Verstehen.
Unter Burnout verstand man ursprünglich die negativen Folgen der beruflichen (Über-)Beanspruchung mit gemütsmäßiger Erschöpfung, innerer Distanzierung und schließlich Leistungsabfall.
Oder – wie es früher beschrieben wurde –, ein „Stress-Syndrom der helfenden Berufe" bzw. auf einen kurzen Nenner gebracht:
„Die Folgen von schlechten Bedingungen, unter denen viele gute Leute tätig sind und sein müssen!"
Inzwischen handelt es sich um ein reichlich komplexes Beschwerde- bzw. Leidensbild, das zwar immer mehr Betroffene belastet, aber nur zögerlich Eingang in Wissenschaft und Lehre und damit in Beratung, Klinik und Praxis findet.
Was kann zum Burnout führen?
Zur Frage „was kann zum Burnout führen?" besteht bisher kein einheitliches Meinungsbild.
Manche Wissenschaftler betonen Faktoren wie Mangel an Autonomie, Rollenkonflikte, zu hohe Erwartungen, Unklarheiten in den hierarchischen Strukturen, inadäquate Ziele und Konzepte, unzureichende Unterstützung durch Vorgesetzte usw.
Andere weisen vor allem auf Beziehungskonflikte hin, was dann tatsächlich Berufe mit Patienten, Kunden, Schülern/Studenten usw. besonders anfällig macht.
Wieder andere betonen die Diskrepanz zwischen dem anfänglich hohen Engagement („lodern“), verbunden mit ggfls. irrealen persönlichen Erwartungen und der desillusionierenden Realität.
Was heißt das alles konkret?
Nachfolgend in Stichworten die häufigsten Ursachen, wie sie beim Burnout-Syndrom immer wieder genannt werden (wobei immer wieder neue Belastungsformen hinzukommen):
Hohe Arbeitsbelastung
schlechte Arbeitsbedingungen
Zeitdruck oder zu großes Pensum in einem zu eng gesteckten Zeitrahmen, vor allem stoßweise
schlechtes Betriebsklima
wenig tragfähige Beziehungen zu den Mitarbeitern
wachsende Verantwortung;
Nacht- und Schichtarbeit, Wochenend- und Feiertags-Schichten
vor allem dort, wo man sich nicht arbeitsphysiologischen Erkenntnissen anpassen will oder kann
unzulängliche materielle Ausstattung des Arbeitsplatzes
schlechte Kommunikation unter allen Beteiligten (Arbeitgeber, aber auch Mitarbeiter untereinander)
zu geringe Unterstützung durch den Vorgesetzten
wachsende Komplexität und Unüberschaubarkeit der Arbeits-Abläufe und -Zusammenhänge
unzureichender Einfluss auf die Arbeitsorganisation
Hierarchieprobleme
Verwaltungszwänge
Verordnungsflut (gestern neu, heute zurückgenommen, morgen modifiziert usw.)
Termin- und Zeitnot
unpersönliches, bedrückendes oder Intrigen-belastetes Arbeitsklima, vom Mobbing ganz zu schweigen
ferner ständige organisatorische Umstellungen, ohne die Betroffenen in Planung und Entscheidung einzubeziehen, bei Misserfolgen aber verantwortlich zu machen
zunehmende, immer neue und vor allem rasch wechselnde Anforderungen
zuletzt die wachsende Angst vor Arbeitsplatzverlust u.a.m. …
Einige psychologische Aspekte des Burn-Out-Syndroms:
Die Liste äußerer Belastungen ließe sich beliebig verlängern.
Dabei ist aber folgendes zu beachten:
Ihre Bedeutung bemisst sich nicht nach dem, was „man“ für richtig hält, sondern orientiert sich an den Grenzen, die den Betroffenen seitens seiner seelischen, geistigen und körperlichen sowie psychosozialen Fähigkeiten her gesetzt werden.
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