Klaus E. Kofler - Sarah oder der Wendekreis der Jungfrau

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Von Einem der auszog das Fürchten zu verlernen. Ein Möchte-Gern-Frauenheld, angetrieben von Sex & Drugs & Rock and Roll, von zu vielen gelesenen Büchern zum Träumen verführt… holt ihn am Ende die schmerzhaft reale Welt ein. Erst ist alles nur Abenteuer und Neugierde auf das Neue, in diesem Leben. Satt und prall, hemmungslos und gierig, voll wie überkochender Topf. Aber manchmal dreht sich alles, bis es so verdreht ist, dass man nicht weiß, wo ein und aus… Und dann geht das wirklich wirkliche Leben erst wirklich los. Ganz anders, als man es geplant hatte…

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für Helga Hoiss

1955 - 1992

Verlag: Epubli GmbH, Berlin

ISBN: 978-3-752996-38-8

Copyright by Klaus E. Kofler © 2020

Umschlagfoto und Gestaltung: Peter J. Gnad

Autorfoto: Didi Lipkovich

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, ohne Zustimmung des Verlages und des Autors, ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Klaus EKofler geb1949 in Klagenfurt Österreich Autor Musiker Komponist - фото 1

Klaus E.Kofler

geb.1949 in Klagenfurt, Österreich

Autor, Musiker, Komponist

Sarah

oder

der Wendekreis der Jungfrau

Roman

von

Klaus E. Kofler

I

Es war ein grauer Morgen und ich hatte Kopfschmerzen. Sonntag noch dazu, die Glocken der nahen Kirche hatten mich aus dem Schlaf gerissen. Mühsam wälzte ich mich auf die andere Seite, sah meiner Frau beim Schlafen zu. Die hatte sicher auch Kopfschmerzen, der vergangene Abend mit den Nachbarn vom dritten Stock war sehr weinlastig gewesen, man hatte, wie schon so oft, über Gott und die Welt schwadroniert und es war spät geworden.

Aber das kümmerte Robert gar nicht.

Robert, der Hund, unser Rauhaardackel saß wedelnd und murrend neben dem Bett, er wartete schon dringend auf seinen morgendlichen Ausgang mit Darmentleerung und Nachrichtensuche an den Bäumen der Straße, wo seine Freunde bereits ihr Geschäft verrichtet hatten.

Meine Frau, noch schlaftrunken, bemerkte die aufkommende Aktivität, sagte: "Geh schlaf doch noch weiter, gib' a Ruh'…" drehte sich um und schnarchte leise weiter.

Chancenlos, es gab kein Entrinnen, Roberts Augen und der darin liegende Vorwurf, trieben mich aus dem Bett. Vielleicht konnte ich ja später, am Nachmittag, noch etwas Schlaf nachholen.

Die Kirchenglocken trieben mich noch in den Wahnsinn, dieses Gedröhne, so früh am Morgen, es dröhnte auch in meinem Kopf. Ich verschwand im Badezimmer, da war es wenigstens nicht so laut.

Auf der Straße war alles ruhig, nur wenig Verkehr, nur wenige Menschen unterwegs, das kam mir entgegen, ich war an keinen nachbarlichen Gesprächen interessiert. Mein Kopf brauchte wohl noch etwas mehr an Auslüftung.

Robert war das alles egal, er hatte ja nicht zuviel getrunken, er lächelte mich an, ich grinste mühsam zurück. Er umrundete alle Bäume der Straße, zog mich hinter sich her, wollte wohl auch noch in den nahen Park, da gab es noch so viele schöne Bäume an denen man schnüffeln konnte.

Willenlos folgte ich ihm, es war egal wohin wir gingen, seine Wege mussten gegangen werden.

Aber dann gab es plötzlich eine Überraschung, Robert bog nach links ab, hin zu dem kleinen Platz in der Innenstadt, da wo üblicherweise eher das Nachtgeschäft blühte, da waren Restaurants, Kneipen, Weinstuben und eben auch jenes Lokal, in dem ich manchmal abends Freunde traf.

Der Kellner, ein kleiner Italiener namens Marcello stand vor der Tür, kniete sich nieder, als er uns sah, um den Hund zu begrüßen.

"Ah, Roberto, come stai…komma härr da, du Chund !"

Ich stand da, wartete bis der Anfall vorüber war, wollte schon wieder umdrehen, da kam die Verführung in Form einer Schale mit Futter. Es gab mehrere Hunde die in diese Kneipe kamen, mit ihren Herrchens oder Frauchens, deshalb hatte Marcello auch immer ein paar leckere Bissen bereit.

Der Hund war schuld, ich musste ihm ja schon fast hinein folgen, er zog mich hinter sich her. Und da stand ich nun wieder, in der alten Kneipe, wo ich gar nicht hingewollt hatte.

Aber es roch so gut, nach heißem Punsch und anderen Geisten, da gab es auch den legendären Calmus. Nirgendwoanders konnte man das bekommen, die Kneipe war berühmt für alle diese Spezialitäten in Sachen Schnäpse.

Robert bekam dann noch eine Schale Wasser, während ich mich nach einem Sitzplatz umsah.

Das Lokal war wie immer gut besetzt. Man konnte an den Gesichtern erkennen, dass manche eine anstrengende Nacht im Alkohol verbracht hatten und den Weg nach Hause scheuten, die "Nacht" war noch nicht zu Ende gebracht.

II

Nun, wenn ich schon da war, dann konnte ich auch gleich versuchen das Kopfweh hier mit einem sogenannten "Heil-Bier" oder auch "Reparaturseidl" genannt loszuwerden.

"Ein Bier bitte“, rief ich der ältlichen Wirtin zu, sie lächelte mich verstehend, wissend an.

Ich setzte mich mit einem nur gemurmelten "gestatten", zu einem etwas älteren Herrn an dessen Tisch.

"Bitteschön, wenn's sein muß - Ich bin der Ernst, aber das heißt nicht, dass ich auch immer ernst bin." Eine Antwort über die ich erst nachdenken musste.

"Harvey, auch angenehm", etwas verlegen doch vorwitzig meine Ansage, ich setzte mich zu ihm.

"Ah, Harvey, angenehm... lüpfen wir noch einen", war seine fragende Erwiderung, er lachte leise. Seine Mundwinkel zuckten. Mein Einstieg war wohl gelungen.

Er kannte den Film: "Mein Freund Harvey" mit James Steward in der Hauptrolle, in dem ein lebensgroßer imaginärer Hase ihm beim Trinken beobachtete und mit ihm diskutierte.

"Nenn mich trotzdem Joe, das ist leichter zu merken", nickte ich ihm zu.

Eine Weile saßen wir einander schweigend gegenüber. Robert hatte es sich unter meinem Sessel gemütlich gemacht, er fühlte sich sichtlich wohl in der Kneipe.

Bewundernd beobachtete ich einen an der Theke stehenden Gast, der sich mithilfe seines Schals das Glas mit einem Viertel Schnaps zügig zum Mund zog, um ja nichts auszuschütten, weil seine Hände so zitterten.

Ich musterte heimlich den vor sich hinschmunzelnden Gesellen neben mir, der genüsslich an seinem Getränk nuckelte:

“Althippie, Trinker - weil mich seine etwas geröteten Augen hin und wieder freundlich anlächelten, Hutgröße 52, tippte ich, ohne seine langen Haare. Aber gepflegt, ein leichter Buckel, als hätte er an seinem Leben schon schwer getragen, das kleine Bäuchlein zeugte von leichter Wohlstandsverwahrlosung, die Kleidung leger aber ein wenig nach Rauch und Moder duftend, die Zähne sahen aus, als hätte ein Zahnarzt gute Arbeit geleistet, sie schienen jünger als er, die Zigarette zitterte ein wenig, wenn sie sich dem Aschenbecher näherte, alles in allem eine durchaus interessante Erscheinung an diesem Morgen ohne sonstige Motivation.

Normalerweise sitze ich ja lieber alleine, "Small-Talk" ist nicht meines, ich lausche lieber, anstatt mich für die Sorgen meiner Mittrinker zu begeistern, aber alle anderen Tische waren belegt gewesen. Das Bier langte schäumend an, ich nahm einen angemessenen Schluck und seufzte wohlig.

Die dringend gebrauchten Elektrolyte breiteten sich in meinem Körper aus und die notwendige Beruhigung meiner Nerven setzte langsam ein: "Hey Joe, hier bist du daheim", flüsterte es in mir.

"Bist du von dieser vergangenen Nacht übrig geblieben, oder hat dich der scheinheilige Sonntag in die offenen Arme dieser Lokalität getrieben ?"

Ich zuckte nur mit der Schulter: "Wahrscheinlich hatte ich dasselbe Problem wie du, oder?"

Er sah mir lange in die Augen, bevor er mir antwortete und die Antwort hatte es in sich, ich begann ihn mit etwas mehr Neugierde zu betrachten.

"Weißt du… oft ist alles ganz anders, als man meint, oft ist es alles ganz anders, als es scheint – der Vorhang hebt sich nicht gleich und auch nicht ganz."

"Zwei große Calmus bitte“, rief ich der Wirtin hinter der Theke zu.

"Ich lade dich ein," sagte Ernst, in vollem Ernst. "Du bist ein ganz sympathischer Bursche, redest wenigstens keinen Schwachsinn, das gefällt mir.

Wir prosteten einander zu, seine Augen lächelten etwas schräg zu mir herüber, ich grinste zurück und ahnte, dass dies wohl noch ein launiger Tag würde.

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