Josi und ich schwiegen schließlich ein wenig betreten.
Geschwätzt hatten wir genug.
Ihre Muschi war nass, meine Finger rochen nach Meer , in meiner Hose klemmte es, viel mehr ging hier nicht.
Über unsere ineinandergefalteten Hände tastete sich langsam das Morgenlicht durch den Raum und es wurde hell.
"Was hast du für wunderschöne Augen“, flüsterte ich, auf ihren Busen starrend.
"Ich muss zur Arbeit“ meinte Josefine, ähhh... Josi.
"Ich komme mit“, sagte ich, "denn Neugierde war schon immer meine Stärke“.
"Wie du meinst, du tapferer junger Held“, und sie lächelte mich an. Auch ich lächelte.
Also tappten wir Hand in Hand durch die Stadt, zarte Morgenröte legte sich über den Stadthimmel wie ein rosa Betttuch, die Würstelstände am Hauptplatz wurden lärmend aufgeklappt, der Duft frischen Gebäcks drang in unsere Nasen, als würde alles bis in die Ewigkeit so weiterlaufen, schien es mir. Gewisse Ereignisse vertragen keine Veränderungen. So gelangten wir fröhlich ineinander verschlungen in ein eher verrufenes Viertel: “Hereinspaziert und hineingeworfen in den Korb der süssen Früchte“, lachte Josi und wir betraten die Lokalität.
Rotlicht hat was Verführendes...
Josi verschwand gleich hinter der Bühne und ich setzte mich in die erste Reihe in der "Triumphbar“.
Ein Nachtlokal der eher gehobenen Sorte. Portier am Eingang und hochnäsige Kellner im Frack.
Schaurig
schummrig
schweißtreibend
Rot und schwarz die vorherrschenden Farben.
Bunt höchstens die anwesenden Gesellen der Lusterwartung.
Was das Wort "Triumph“ mit dem nachfolgenden Verlust jeder Siegerinsignien zu tun haben sollte, erschließt sich mir bis heute nicht.
Voll konstruiertes Pseudoerleben, Versprechen vortäuschend, das nie eingelöst werden würde.(Heute würde man das als Cyberspace bezeichnen...).
Ich kann nicht bestreiten, ich fühlte mich nur halbwohl.
Draußen Morgensonne die das öffentliche Leben betrachtete, drinnen schummriges Dunkel, das geheime Leben erforschend.
Henry trank seinen Whisky, der ihm goldbraun aus dem Glas anlächelte, rauchte eine Zigarette nach der anderen, einsam an einem Tisch vor der Bühne sitzend, über das überteuerte Getränk nachsinnend und vorsichtig um sich lugend, wer da wohl noch um diese Zeit Zeit hatte.
Hauptsächlich Männer. Männer sind immer einsam. Männer sind wie fliehende Pferde die man nicht aufhalten kann. Immer vom Testeron gepeitscht. Immer Schaum vor den Lippen.
Frauen haben andere Sorgen. Immer mit beiden Beinen im wahren Leben. In der gehassten Küche oder im Kinderzimmmer. "Was soll ich heute kochen?", fragte mich meine Mutter immer verzweifelt. "Mamaaaa, du sollst doch nicht um deinen Jungen weinen...." oder so, sang Heintje und alle Mütter weinten. "Mach Spaghetti, Mama, das wird immer wieder gern genommen!" "Danke, mein Liebling, das hilft mir weiter!" antwortete sie und stellte den großen Nudeltopf auf den Herd und sang dazu: "Cannelloni, penne righe e spaghetti, trallalala....." nach einer Opernarie.
Ich fühlte mich schön langsam ganz wohl.
Ein Mann von Welt.
„Ein Mann von Welt!“ flüsterte ich halblaut vor mich hin, Selbstsicherheit vortäuschend.
Sechs Uhr früh, niemand wartete auf mich, niemand befahl mir irgendetwas, niemand quälte mich mit Lappalien, die Zukunft eine Sternschnuppe, mir war alles schnuppe.
Da ertönte lautstark:
„In a gadda da vida, honey
Don't you know that I'm lovin' you
In a gadda da vida, baby
Don't you know that I'll always be true“
von "Iron Butterfly" aus den Lautsprechern,
mit diesem unsinnigen Text, falls du das noch kennst,
und Henry verbrannte sich den Finger an seiner Zigarette, als June auf der Bühne auftauchte und tanzte. Und wie sie tanzte!
Das hatte er nicht erwartet!
Du glaubst es nicht!
Aus dem Dunkel ins Licht!
Die Scheinwerferstrahlen tasteten sich zärtlich ihren alabasterweißen Körper entlang.
Verharrten kurz auf ihrer unrasierten Muschi und wanderten wieder nach oben zu ihren formvollendeten Brüsten.
“In a gadda da vida honey“ , sang ich leise mit.
"Rhythmisch perfekt“, konstatierte ich kleinlich als Musiker. Vorsichtshalber bestellte ich noch einen Whisky, denn mein Mund wurde so trocken als hätte ich ein Papiertaschentuch verschluckt.
Dieser Körper... diese Bewegungen.. die Brust größer als ihre zauberhafte Nase.
Honey, honey...
Der banale Song war mir herzlich wurscht, als sie begnadet nackt vor mir stand.
Welch mühsamer weiter Weg von dem rosa Fischbeinmieder meiner Großmutter, das so antörnte wie ein veganes Wienerschnitzel, zu diesem epochalen Ereignis.
Es kam mir vor, als hätte sie nur für mich getanzt.
Das leise Stöhnen hinter mir belehrte mich eines Besseren. Unglaublich.
“Noch einen Whisky, Herr Ober!“ rief ich und wischte mir die Schweißperlen von der Stirn.
Nachdem sie von der Bühne verschwunden war, fühlte ich mich wie vor einem leeren Blatt Papier.
Das musste ich einfach beschreiben...“Komm mit zu mir“, sagte sie angezogen zurückkehrend aber nicht anzüglich und ich sträubte mich nicht.
Man kann auch tagsüber mit jemandem schlafen ohne sich seiner Weissheit zu schämen. Ich schämte mich noch immer nicht, als es längst Abend geworden war und ich jeden Zentimeter ihres Körpers erkundet hatte.
Noch heute weiß ich, wie sich ihre Haut angefühlt hat. Ich hatte Josi nackt auf der Bühne gesehen.
Aber im Bett war sie noch viel nackter.
“Ich muss weg“, flüsterte ich in ihre Müdigkeit.
Komm wieder, wenn du magst.
"Komm wieder, wenn du magst“, kam es schläfrig zurück.
Ich küsste sie und strich ihr über die kurzen Haare.
Ausgesprochen relaxed wanderte ich zur "Arbeit“ in den Stadl.
"Im goin`home, my Baby, I´m goin`home, my Baby...“ von Ten years after sang ich fröhlich vor mich hin.
Ich schlenderte vorbei am ranzigen Fettgeruch des Buffets, vorbei an den leeren Logen, grüßte fröhlich die Putzfrau, zurück zur Bühne und zu meinem Schlagzeug und trommelte mir das soeben Erlebte zu einem Poem:
“Wipe out“, die 68er Hymne der Althippies. Ein Pflichttrommelsolo für jeden jungen Schlagzeuger.
Das leere Lokal war inspirierend. Nur ich, Holz, und der Duft nach Kernöl und ungewisser Zukunft.
Natürlich war sie nicht June gewesen. Aber ich war Henry und da musste ich durch....
Hut auf, die Ray Ban geputzt!
IV
Blues, 1964
Die Finger schmerzten höllisch. Jeder gegriffene Akkord ließ die Finger spastisch erscheinen. Es dauert lange, bis Hornhaut an den Fingerspitzen wächst! Bis Finger lang genug werden um einen Barre Akkord zu greifen.
“Verdammte Scheisse, du widerspenstiger Gaul, wie soll ich dich jemals zähmen!“ fluchte ich.
“Dumm dumm da da dumm....!“
Die Gitarre war einfach zu billig. Ein lang ersehntes Weihnachtsgeschenk mit dem schönen Namen: "Egmont“.
Egal, der gute Wille meiner nicht mit überflüssigem Geld gesegneten Eltern zählte.
Was die Klassik mit diesem Brett mit sechs Schnüren zu tun hatte, darüber rätsle ich noch heute.
Wahrscheinlich war das Stück von Goethe und ein Drama. Der Saitenabstand mörderisch zu hoch für meine zarten ungeprüften Finger.
Was soll`s: Wer „Satisfaction “ gehört hatte, musste irgendwie mit. Wer von seiner erzkatholischen italienischen Großmutter beim Wichsen erwischt wurde, der wusste, was dieser Text bedeuten könnte:
Runtergeschlüpft in den Kohlenkeller
zitternd
heimlich
aufgeregt
Im Keller war es höllisch kalt gewesen.
Zwischen modrigem Geruch, leeren Pappschachteln, Werkzeug und anderem Gerümpel zog ich mir die Hose runter.
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