"Mir gegenüber reagiert sie immer empört, wenn ich keine Leckerei für sie dabei habe. Jette ist fast so intelligent wie Bertha."
Der Mann bemerkte, dass Pascal nicht allein gekommen war.
"Wen hast du denn da im Schlepptau? Weißt du denn nicht, dass ortsfremde Personen hier nichts zu suchen haben?"
Der junge Tierpfleger merkte am Gesichtsausdruck seines Gegenübers, dass dessen Schelte nicht wirklich ernst gemeint war.
"Ich habe gar nicht mitgewollt", wehrte Johann ängstlich ab.
"Nimm meine Worte nicht so ernst, Junge. Aber nu' mal raus mit der Sprache, Pascal. Wer sind die zwei?"
"Die junge Dame neben mir ist meine Schwester Claire und der Junge heißt Johann. Der wohnt einige Zeit bei uns bis es seinem Großvater wieder besser geht." Pascal schwieg und merkte am Blick seines Kollegen, dass er etwas vergessen hatte. Deshalb fügte er schnell hinzu: "Ach ja, da hätte ich beinahe vergessen, die wichtigste Person im Elefantenhaus vorzustellen. Das ist Mathias Walter."
Aufmerksam musterte Mathias Walter die beiden Besucher.
"So, so, und denen wolltest du mal einen Elefanten von Angesicht zu Angesicht zeigen?"
"Wenn mein Bruder nicht für sein Medizinstudium lernt, spricht er nur von diesem Elefanten. Bertha sei so klug, gelehrig und sensibel."
"Das ist sie auch. Und vor allem stark. Bertha könnte problemlos mehrere Eisenbahnwaggons ziehen, wenn es von ihr gefordert würde. Ich versuche Bertha gerade beizubringen, wie man einen Wagen zieht. Am Ende soll es ein Schlitten werden. Damit können die Kinder im Winter durch die verschneite Parklandschaft gezogen werden. Als Baumfäller ist sie auch sehr nützlich. Wenn mal wieder ein dicker Stamm wegtransportiert werden muss, ist das kein Problem für die grauen Riesen. Selbst hinter den Pflug lassen sie sich spannen und machen die Furchen tiefer, als man es mit Ochsen je schaffen könnte."
Johann war erstaunt, wie viel Kraft in einem einzigen Elefanten steckte. Nicht einmal eine Handvoll Menschen brachte es fertig einen Waggon in Bewegung zu bringen, geschweige denn zu ziehen. Selbst Pferde hatten Mühe, so eine Arbeit zu bewerkstelligen. Ein Elefant war ein unscheinbares Tier und die Kräfte, die in ihm steckten, konnte man als Laie nur erahnen.
Langsam ging er auf Bertha zu, streckte zaghaft die Hand aus und streichelte vorsichtig ihren Rüssel. Rau fühlte sich die Haut an, als würde er auf Schmirgelpapier fassen. An manchen Stellen piekte ihn etwas in die Haut und wenn er genauer hinsah, entdeckte er kleine dicke Härchen, die sich auf dem ganzen Rüssel befanden. Ruhig stand die Elefantenkuh da und ließ sich die Berührungen gefallen.
"Hast du eine gewaltige Nase. Möchte nicht wissen, was du machst, wenn du Schnupfen hast."
"Da passen wir schon auf, dass die Elefanten keinen Schnupfen bekommen. Zwar haben sie sich an die hier herrschenden Temperaturen gewöhnt, aber dennoch bleiben sie im Winter oder wenn es stark regnet, im Haus. Dann findet auch kein Elefantenreiten statt. Die Besucher haben dann auch gar keine Lust zu so was. Wenn aber im Winter doch mal Holzfällerarbeiten anfallen sollten, haben wir ein paar rote Mäntel, die wir ihnen auf den Rücken legen. Dann siehst du nur noch Kopf und Schwanz. Für die Haut haben wir Vaseline, damit sie in der winterlichen Luft geschmeidig bleibt. Damit werden unsere grauen Riesen eingeschmiert und sind gut gegen die Kälte gewappnet.
Elefanten werden im Volksmund Dickhäuter genannt, aber an allen Stellen ist ihre Haut nicht dick, sondern eher dünn. Die Ohren beispielsweise sind sehr dünn, vielleicht könnte man es pergamentartig nennen, und wenn es nun sehr kalt ist, könnte es zu Erfrierungen an den Ohren kommen. Genauso empfindlich ist der Schwanzansatz."
"Könnte man den Elefanten nicht Ohrenschützer stricken? Wir schützen unsere Hände und Ohren im Winter doch auch vor der Kälte", wandte Claire ein und versucht sich vorzustellen, wie Elefant Bertha mit Ohrenschützern aussehen würde.
"Na, meine Dame, dann fangen Sie mal gleich an Maß zu nehmen", sagte der Elefantenpfleger. "Aber ich glaube kaum, dass es Bertha oder den anderen Elefanten gefallen dürfte. Die Ohren der Dickhäuter befinden sich fast immer in Bewegung, um sich Luft zuzufächeln oder Fliegen zu vertreiben. Glaubt mir, Bertha würde das gar nicht gefallen. So leid es mir tut, aber die Mühe wäre völlig umsonst."
"Aber Socken wären gewiss nicht schlecht. Dann könnte Bertha auch bei Glatteis raus und liefe nicht Gefahr auszurutschen."
"Nun hör schon auf, Pascal. Immer musst du alles ins Lächerliche ziehen."
"So blöd ist die Idee gar nicht. Fragt sich bloß, wie Bertha und die anderen das finden würden. Außerdem stelle ich es mir schwierig vor, den Elefanten die Socken anzuziehen."
Johann hörte interessiert zu. Wann war er schon mal einem Elefanten so nah gekommen? Den Tag würde er sicherlich nie in seinem Leben vergessen. Ein Glück, dass er nicht einfach zu Masut gegangen war, sondern sich hatte überreden lassen mitzukommen. Sehr wahrscheinlich hätte er sich nicht geärgert, die Gelegenheit verpasst zu haben, einen Elefanten von Angesicht zu Angesicht gegenüber zu stehen, aber er wäre um ein Erlebnis ärmer gewesen.
Masut, den hatte er völlig vergessen. Sollte er nun ein schlechtes Gewissen haben? Warum denn? Masut wusste ohnehin nicht, dass er kam, also würde der noch auf ihn warten müssen.
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