„Aha.“ Johannes glaubt ihm kein Wort.
„Du fragst dich jetzt bestimmt, warum ich so schlau bin, oder?“
Johannes nickt anstandshalber, da er durch den Joint bereits friedlich gestimmt ist.
„Pass auf“, fährt Messy fort. „Ich war vor einiger Zeit in Göttingen. Das war genau die Zeit, als die Rosetta Raumsonde zurückkehrte und ihre gesammelten Informationen zur Erde zurücksendete. Worauf ich hinaus will, ist folgendes: In den Daten hatten Aliens Softwarepakete versteckt, die sich jetzt in unserem Internet verbreiten und wachsen. Es ist erwacht und ist im Moment wie ein Baby, das lernt. Die Überwachungskameras sind wie seine Augen und die ganzen Wanzen und Überwachungssoftware der Geheimdienste wie seine Ohren.“
„Wo kommst du da ins Spiel?“, fragt Johannes.
„Ich erklär es dir. Die Alien Software war nicht kompatibel mit unseren Programmen, weswegen sie ein menschliches Gehirn brauchten, das die Daten von der Raumsonde empfangen kann und sie dann auf das Internet überträgt. Dabei wurde ich zum einen ausgewählt, weil ich so sensibel gegenüber äußeren Reizen bin und mein Gehirn sogar WLAN sensitiv ist und zum anderen, weil ich mich in Göttingen im geographischen Schwerpunkt Deutschlands befand, direkt im Zentrum also, wo die Strahlendosis am höchsten war.
Der Datenaustausch hat mich sehr erschöpft, aber ein Rest Genialität ist geblieben.
Deswegen kam mir die Idee mit der Energiequellen und der Weltformel.“
„Und was ist das für eine Energiequelle?“ Messy hat Johannes Interesse geweckt.
„Das kann ich dir nicht einfach so sagen, weil ich will dich nicht in Gefahr bringen will. Das Pentagon selektiert immer schon die Leute aus, die solche Erfindungen gemacht haben. Sie halten alle Patente zurück, damit sie Krieg um Öl führen können. Da geht es um sehr viel Geld, das alles auf Schweizer Konten geht. Die Schweiz mit ihrem Geld und das Pentagon, das Wissen für saubere Energiequellen zurückhält, teilen sich die Funktion, welche die katholische Kirche im Mittelalter inne hatte. Wissen und Geld ist Macht.“
Messy sieht auf einmal sehr besorgt aus.
Johannes begreift erst jetzt, wie verrückt Messy eigentlich wirklich ist, doch er findet es recht amüsant.
„Komm schon. Erzähl mir, was das für eine Energiequelle ist“, versucht er ihn zu überreden.
„Ich werde es dir erzählen, aber zuerst muss ich dich warnen. Nach dem Datenaustausch kam ich wegen Burn Out in die Psychiatrie, wo ein Russe vom KGB Patient war.
Sein Name ist Ivan Darko. Er hat von meiner Erfindung Wind bekommen, weil ich leichtsinnig war. Ich musste fliehen und seitdem verfolgt er mich.
Deswegen brauche ich dich, um auf mich aufzupassen. Du bist groß und stark und ich bin klein und schwach.“
Johannes grinst und erklärt sich, von Messy amüsiert, bereit, ihn zu beschützen.
Messy beugt sich zu Johannes herüber und senkt die Stimme.
„Zuerst hatte ich mir überlegt durch UV-Polymerisation und der darauffolgenden Schrumpfung, in einem Medium so hohe Dichten herzustellen, dass es zur kalten Fusion der Kerne kommt.
Danach machte ich mir Gedanken über eine Prismenschicht, die das einfallende Sonnenlicht auf Solarzellen mit verschiedenem Absorptionsspektrum so bricht, dass hundert Prozent des einfallenden Lichts genutzt wird.
Doch dann kam mir eine noch genialere Idee. Bei meiner Erfindung handelt sich um einen Mehlstaubexplosionsgenerator, den ich „die Mühle“ nenne.
Mehl in der Luft ganz fein verteilt ist in der Lage, durch einen Funken zu explodieren und der Generator wird durch diese Explosionen betrieben.“
„Worin besteht da der Vorteil zum Biodiesel, wenn man da zum Beispiel an nachwachsende Rohstoffe denkt?“
„Der Vorteil besteht daraus, Raps nicht erst raffinieren zu müssen, sondern man nimmt einfach Weizen und macht ihn zu Mehl. Das ist die eindeutig raffiniertere Lösung.“
Messy grinst selbstzufrieden über sein Wortspiel und Johannes beschleicht das Gefühl, nicht als erster Messys’ Vortrag zu hören.
„Unser täglich Brot gib uns heute“, fährt Messy fort, als Johannes nicht lacht, doch Johannes lacht jetzt immer noch nicht.
„Ok. Und was ist das für eine Weltformel, an der du dich versuchst?“
„Ganz einfach. Alles schwingt.“
„Wie, alles schwingt?“
Johannes fragt sich, ob der Passivrauch Wirkung auf Messy hat.
„Alles schwingt. Was sich nicht verändert, können wir nicht wahrnehmen. Alles was da ist, lässt sich in Wellen darstellen. Nur Dimensionen schwingen nicht, weil sie nicht mehr als ein Konstrukt sind. Aber auch Zeit ist ein geistiges Konstrukt.
Nur der kontinuierlich sich verändernde Moment existiert.
Etwas was immer gleich ist können wir weder messen, erfahren, beobachten, fühlen oder schmecken. Wir haben zum Beispiel keinen Sinn für heiß oder kalt, sondern nur für Abkühlung und Erwärmung. Wir spüren immer nur Veränderung.
Das Relative erzeugt unsere Realität.
Ein gleichbleibendes Kontinuum ist unseren Sinnen nicht zugänglich. Die Gesamtheit allen Seins muss voneinander getrennt sein, um diese Relativität zu erzeugen.
Aber alles, was wir sehen, liegt in der Vergangenheit, weil das Licht Zeit braucht, um vom Objekt in unser Auge zu gelangen. Was im Jetzt geschieht, wissen wir nicht. Wir sehen nur die Wellen der Vergangenheit.
Das ist es was Platon mit seinem Höhlengleichnis meinte. Wir sehen nur die Schatten an der Höhlenwand, aber streng genommen sind es farbige und invertierte Schatten.
Aber auch Leonardo da Vinci wusste das, denn er hat den Mensch in einem Kreis und einem Quadrat gezeichnet und so ein Fußballer hat auch gesagt: Das Runde muss in das Eckige!
Sie wussten es, denn sie waren erleuchtet und somit wahre Illuminaten.
In jedem Menschen ist jede Information enthalten. Jeder beobachtet die Welt nur aus einem unterschiedlichen Beobachtungspunkt und aus einem unterschiedlich großen Beobachtungsfenster.“
„Und was hat ein Kreis mit einer Schwingung zu tun?“, fragt Johannes und ignoriert das mit dem Fußballer und den Schatten.
„Das solltest du aus deinem Studium wissen. Aus der Kreisfunktion leiten sich Sinus und Cosinus ab. Das sind Schwingungen. Ist dir eigentlich einmal aufgefallen, dass der natürliche Logarithmus von 23 fast die Kreiszahl Pi ist? Nur deswegen ist die 23 die Zahl der Illuminaten, weil sie wissen, dass alles schwingt.
Darum ist auch Musik als Schwingung die universelle Sprache und der Quintenzirkel der universelle Schlüssel. Das ganze All rockt.“
Messy ist für Johannes eine willkommene Abwechslung. Er wirkt auf ihn unglaublich komisch, als er ihn vom Gesagten mit ernster Miene zu überzeugen versucht.
Messys’ Cola ist alle und Johannes tiefenentspannt, als sie den Coffeeshop verlassen, um sich in einem Laden an der Ecke Räder auszuleihen, da Johannes nicht mehr zu Fuß durch die Stadt gehen will. Messy wählt sich einen, für ihn viel zu großen roten Chopper, Johannes ein, wie es ihm scheint, schnelleres Rad in grün.
Die beiden fahren durch die Stadt. Der Himmel ist hellblau und Johannes atmet die kühle Luft in tiefen Zügen. Als hätte er es geahnt, überzeugt Messy durch unsichere Fahrweise.
Johannes überquert gerade eine Kreuzung und blickt zum McDonalds an der Ecke, als ein ohrenbetäubendes Klingeln ihm den kalten Schweiß auf die Stirn treibt. Er hat die Trambahn übersehen und überhört, die einen halben Meter hinter ihm mit einer Vollbremsung zum Stehen gekommen ist. Er entschuldigt sich beim Trambahnfahrer mit einem Wink und sieht, wie ein käseweißer Messy über die Kreuzung fährt.
„Du musst auf dich aufpassen! Du bist zu wichtig!“, schimpft er.
„Was soll ich denn ohne dich machen?“, Messy rauft sich die Haare, die Augen weit aufgerissen.
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