Für mich ist das nicht normal: ich beende meine Gruppe auf ’ m Hundeplatz, gehe kurz mit den Hunden, düse nach Hause und fang noch während ich esse an, dir zu tippen. Da ist ja eigentlich keine Eile geboten.
Er:
Dann würde mich mal interessieren, was du ihm genau sagen würdest. Ich weiß auch nicht, warum ich immer sofort antworten muss und ich gucke ob du geschrieben hast... Ist einfach so...
Ich wusste, dass ich mich verliebt hatte, ob Philipp das nicht sehen wollte oder nicht verstand, vermochte ich nicht zu beurteilen.
Er:
Wa s sagst du Andi denn genau ?
Ich:
Weiß noch nicht, das ergibt sich irgendwie. Kein Drama. Ich sag's einfach. Mal sehen.
Er:
Dass du kopffremd gehst? Schönes Wort! Kopffremd ...
Ich:
Ich glaube, dass Andi das sowieso merkt. Das ist jetzt ganz schwer zu erklären. Wenn mein Gemüt angeregt ist, egal warum, dann me rkt er das an meinem Verhalten. Ich werde dann liebevoller. Warum interessiert dich das so? Hast du Sorge, dass si ch was dadurch ändert?
Er:
Mich interessiert alles... Kann ich gar nicht sa gen, ob ich Sorge habe .
Ich genieße den Moment . Wenn sich wa s ändert, nehm ich es hin. Bleibt ei nem ja nichts anderes übrig .
-Tränen lachender Smiley-
Mir war kalt. Eiskalt. Ich kam durchgefroren vom Hundeplatz und konnte kaum mit dem i-Phone tippen. Ich wechselte aufs i-Pad und zitterte.
Er:
Mach dir einen Tee!
Ich:
Ich mag keinen Tee
Er:
Neeee? Oh warum?
Ich:
Weiß nicht. Ich mag Kaffee. Aber nicht jetzt . Willst du immer alles wiss en? Oder nur bei mir?
Er:
Heiße Schoko? Bin im al lgemeinen sehr wissbegierig . Aber du bist durchaus interess anter als die meisten.
Ich:
He iße Schokolade, nee auch nicht. Ich nehm ne Cola . Warum?
Er:
Ich sage nix ohne meinen Anwalt !
Ich:
Das ist glaube ich der Teil, der wirklich interessant ist. Ich wirke interessant auf dich, das merke ich und das schmeichelt mir. Ich habe ein Selbstbewusstseins- Problem. Ich suche immer alle Fehler be i mir. In Andi s und meiner Geschichte fehlt mir die Anerkennung und die Ansprache. Deshalb reagiere ich so l eicht darauf. Mich kann fast kein Mann mit seinem Aussehen, seinen Fähigkeiten oder was auch immer faszinieren, aber Interesse und Austausch bewe gt was in mir. So war es damals, als ich fremd gegangen bin, so war ’ s mit Ian, den ich in Kalifornien kennen lernte und mit John vom Hügel. Nun du. Ich habe zu allen noch Kontakt.
Er:
Ja, ich reihe m ich gerne zu der Liste .
Es gab tatsächlich Parallelen zwischen Philipp und Ian. Ian war so alt wie Philipp. Wie wir uns auf dem Hügel in Kalifornien kennen lernten, tut nichts zur Sache. Wir unterhielten uns intensiv, wann immer wir uns sahen oder schrieben, genau wie nun mit Philipp. Er weckte auch ähnliche Gefühle in mir, er hörte zu, er antwortete und er erzählte viel von sich, er machte Komplimente und teilte seine Träume mit mir. Ich räumte ihm aber niemals soviel Platz ein, wie Philipp. Ich zog von Anfang an für mich eine deutliche Grenze, weil ich ihn nicht zu ließ. In meinem Leben hatte er keinen Platz.
Er:
Ich rechne dir deine Ehrlichkeit echt hoch an.
Ich:
Meine Ehrlichkei t ist doch nicht normal!!! Das ist doch fast so, als ob man sich auszieht und nackt spazieren geht. Das wäre mir allerdings zu kalt, desha lb bin ich lieber ehrlich . Bewusstseins- Striptease. Oder so...
Er:
Lustige Vorstellung. Du bist echt interessant. Alleine was du einfach so für'n „ Blödsinn" schreiben kannst . Zieht mich an.
-Tränen lachender Smiley-
Ich mag dich! Bin ziemlich müd e .
Ich:
Ich auch. Also ich bin müde. Und ich mag dich auch... Ich hör mal auf zu tippen und versuch zur Ruhe zu kommen. Vielleicht hilft’s ja.
Gute Nacht
Ich schreibe, was mir in den Sinn kommt, Bewusstseins-Striptease! „Alleine was du einfach so für'n ‚Blödsinn’ schreiben kannst.” Es scheint viel in mir drin zu stecken, das an die Oberfläche will. Ein kurzer Stubser genügt und es platzt einfach aus mir raus.
Ich schreibe nicht nur Blödsinn, ich denke ihn ununterbrochen. Alles muss raus, fast wie beim Ausverkauf, nur schade, dass mein Kopf das am liebsten nachts macht, wenn mein Körper eigentlich schlafen sollte.
Ping!
Er:
Guten Morgen! Kein Wecker , der gek lingelt hat , und schön vom Z witschern der Vögel wach gewo rden. Angen e h m ... Du wars t mitten in der Nacht wach? Nicht gut geschlafen?
Ich:
Genau! Guten Morgen? Eigentlich war ich die halbe Nacht wach. Dur st, Klo, Kopfschmerzen und jede Men ge wirres Zeug im Kopf. Habe in meinem Kopf das Buch de r Variationen einer Buchstabena ffä re geschrieben. Das Ding wird bestimmt nen Bestseller.
Er:
Darf ich die Buchbeschreibung auf ’ m Buchrücken lesen ?
Ich:
Hahahahaha, nach ’ m Kaffee.
Wir unterhielten uns noch ein Weilchen, beide noch im Bett. Er kuschelte mit Django und ich mit meinen Mädels. Die Nacht war die Hölle. Irgendwann in der Nacht schmiegte Easy mal ihren Kopf an meinen, als wollte sie sagen: „Nu beruhig dich mal, ich will schlafen.“
In der Nacht hatte ich den Gedanken, doch mal meinen Körper zu verlassen, um die Diskussion zwischen Kopf, Herz und Unterleib zu beenden. Gewaltenteilung des eigenen Egos. Das würde ich gern können.
Mein Kopf gibt einfach keine Ruhe, er denkt ununterbrochen. Das macht er manchmal ganz schön laut. Das Herz fängt dann an, noch lauter zu schlagen, wahrscheinlich will es sich so bemerkbar machen und sagen: „Hör auf zu denken, das bringt doch nichts.“ Den Unterleib regt die Diskussion zwischen Herz und Hirn an. Er zuckt dann, ohne eigentlich wirklich eine eigene Meinung zu haben. Wahrscheinlich ist es mehr eine Übersprungshandlung des Körpers, um vom Streit der anderen beiden abzulenken.
Wie soll man denn da schlafen?
Ich kochte mir Kaffee und hielt mein Versprechen:
Ich:
Variationen einer Buchstabena ffä re
Es beginnt mit einem normalen Chat zwischen ihr, verheiratet, und ihm, Single. Das Ende kann sich der Leser aussuchen.
Die Autorin schafft es, mit nur einem Anfang fünf absolut verschiedene Geschichten zu schreiben. Humorvoll, aber auch mit Tiefgang, steuert sie ihre Protagonisten mal in eine absolute zwischenmenschliche Katastrophe oder sie bleibt auf den seichten Pfaden des Erträglichen, ohne dabei allerdin gs Spannung einbüßen zu lassen.
Sie schafft mit ihrem Werk , den Leser zu unterhalten, zu fesseln und ihm zu zeigen, was kleinste Entscheidungen für we itreichende Folgen haben können. Ob Happy End, Drama oder surrealistische Satire: Variationen einer Buch stabena ffä re ist jeden Letter Wert.
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