Helmut Lauschke - Namibia - Von der Weite der Landschaft zur Enge des Denkens
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Während der Apartheid halfen die Kirchen schwarzen Studenten mit dem Geld und ermöglichten ihnen das Medizinstudium an südafrikanischen Universitäten. Junge Menschen studierten meist in Durban, weil es dort mit der schwarzen Haut leichter war, einen Studienplatz zu bekommen. Andere gingen aus politischen Gründen ins Exil und transformierten dort die politischen Absichten und Gründe zur beruflichen Ausbildung. SWAPO (South African People's Organisation) verteilte die jungen Menschen auf die sozialistischen Bruderländer, was Kuba einschloss, wo sie die Schulen und dann die Universitäten besuchten. Der gemeinsame Nenner bei Bittsteller und Gastland war die Marxsche Doktrin vom Klassenkampf gegen den Imperialismus und zur Befreiung der Völker aus der Kolonisation und weißen Apartheid.
Es war das Resultat, als die 'fertigen' Ärzte aus dem Exil zurückkamen: Sie fanden nur wenige Kollegen im Norden Namibias vor, denn die südafrikanischen Jungärzte, die ihren Militärdienst in Uniform mit dem Stethoskop abgeleistet hatten, waren seit mehr als einem Jahr vom Hospital abgezogen und nach Südafrika zurückgeflogen worden. Die wenigen verbliebenen Ärzte taten ihre Arbeit unter den schwierigsten Bedingungen und Umständen des Krieges und des chronischen Mangels an Medikamenten, Instrumenten, Blutkonserven und anderen dringendst benötigten Gegenständen wie Bettwäsche und Schaumgummimatratzen.
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Die Schwester der Frühschicht konnte auf Befragen nicht sicher angeben, seit wann sich der Zustand verschlechtert hatte, weil die Station über Nacht voll belegt und mit zwei Schwestern unterbesetzt war, weil die dritte Schwester aus Krankheitsgründen nicht zum Dienst erschien. Dr. Ferdinand sah den Engpass ein, meinte aber, dass einer der fünf Räume dem neuen Kollegen aus Südafrika vorbehalten war, in dem seine Privatpatienten lagen, die einer intensiven Überwachung nicht bedurften. Die Schwestern sahen es ein, ohne deshalb nach Worten zu suchen, die den Verlauf des verstorbenen Patienten erhellten. Seit dem Erscheinen des weißen Kollegen, der bei seiner ersten Vorstellung von der Augenheilkunde sprach, die er hier betreiben wollte, hatte sich in dieser Station einiges verändert. So führte er im letzten Raum, der schon zu einem Entbindungsraum mit der Möglichkeit zur kleinen Wundversorgung hergerichtet war, Geburten bei weißen Frauen durch, die er sich privat bezahlen ließ. Nach dem Prinzip der gesonderten Zahlung unternahm er auch Wundversorgungen und Fraktureinrichtungen mit Gipsen an schwarzen Patienten, die vom „Workman’s Compensation Act, 1941", der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung vergleichbar, gut und zuverlässig vergütet wurden. Da wagte sich dieser „Ophthalmologe“ schon an die Sehnennaht der Hand heran. Eingriffe der besonderen Häufigkeit waren bei ihm Warzenentfernungen und Hautausschneidungen von Bezirken, die dieser Doktor fast stets für tumorverdächtig erklärte. Mit dieser Erklärung, die eine psychologische Tiefenwirkung erzielte, verdiente er sich an der einfachsten Chirurgie dumm und dämlich. Sein Patientenkreis erweiterte sich beträchtlich. Diese Art der Hautbehandlung ließ er ausschließlich seinen Privatpatienten zukommen, die es ihm „cash“ bezahlten, um unnötigen Steuerbelastungen von vornherein aus dem Wege zu gehen, was wiederum allgemeine Praxis war. Er sammelte die gut betuchten Patienten bei der permanenten Sprechstunde im kleinen Raum der ersten Untersuchung ein, der dem Seiteneingang zur „Intensiv“- und nun auch Privatstation direkt in fünf Meter Entfernung gegenüberlag. Diesen strategisch günstigen Raum hatte der Kollege mit den abstehenden Ohren gleich für sich und seine Aktivitäten voll in Beschlag genommen, wobei er sich vom Krankenhausablauf mit seinen vielen mittellosen Patienten nicht stören ließ. Seine Vorstellung vom Geldmachen ging auf, und keiner störte ihn dabei, denn es gab außer Dr. Witthuhn, der das Nebenbei nur im kleinen Maßstab in seinem Wohnhaus nach Dienstschluss betrieb und sich dabei auf die innere Medizin beschränkte, keine Konkurrenz, die er hätte fürchten müssen, da den anderen Doktoren die Behandlung von Privatpatienten vom ärztlichen Direktor und dem Superintendenten untersagt war. Dieser weiße Kollege mit dem blassen Gesicht, der stets eine weiße, dünne Leinenjacke mit gefüllten Taschen trug, wie sie Friseure mit weniger gefüllten Taschen tragen, hatte seine Pfründe rasch gefunden, und er baute sie mit klarem Ziel vor Augen zum Monopol aus. Am Nacht- und Wochenenddienst für die allgemeinen Patienten, die das Geld nicht hatten, beteiligte er sich von vornherein nicht. Das lag nicht in seinem Sinn. Die Arbeit ohne zusätzlichen Verdienst überließ der lächelnde Schlawiner von seinem ersten Tage an den anderen Kollegen, denen er es neidlos zumutete, für die Patienten mit den leeren Händen zu jeder Tages- und Nachtzeit herausgerufen zu werden, während er sich und seiner Frau, um ein Kind brauchten sie sich nicht zu sorgen, einen gemütlichen Abend und ein geruhsames Wochenende gönnte. Zu zweit bewohnten sie eine unverhältnismäßig große Villa gegenüber vom Hospital mit einem großen Garten und einigen Bäumen, in den er einen großen Swimmingpool setzen ließ, um die Freizeit bei der großen Hitze in angenehmer Weise zu nutzen. Der üppige Verdienst brachte bald ein neues Auto, einen Honda „Ballade“, denn was sonst sollte er hier bei freiem Wohnen, dem freien Strom- und Wasserverbrauch mit all dem Geld unweit der angolanischen Grenze machen, wobei er zusätzlich und regelmäßig das monatliche Gehalt eines „Senior medical officers“ bezog. Andererseits war Dr. Johan ( mit einem „n“ ) immer freundlich, und das um so mehr, wenn er Dr. Ferdinand um einen chirurgischen Rat fragte oder ihn um eine chirurgische Gefälligkeit bat, die dieser ihm kostenlos gab und machte, weil ein Kollege dem anderen eine solche Bitte nicht ausschlägt, auch wenn dem Bittenden das Geld im Nacken saß. Dr. Ferdinand hatte es bald erkannt, dass dieser Kollege gewitzt war, die Augenheilkunde wie eine Tarnkappe vorschob, um die dringende Notwendigkeit seiner Tätigkeit zu begründen und dafür den Lohnstreifen für alle Fälle zu bekommen. Es offenbarte sich bald, dass es diesem Schlawiner um mehr als die Augenheilkunde ging, er wollte hier im Durcheinander des Krieges noch schnell sein gutes Geld machen, da die Zeichen der totalen Umwälzung am Horizont immer deutlicher abzulesen waren. Hier gab es keine Steuerprobleme und keine Steuerfahnder, hier war das Bruttoeinkommen auch das Netto, weil der Steuerabzug nur auf den Gehaltsstreifen zur Wirkung kam. Da keiner wusste, wie lange ein solches Steuerparadies noch dauern würde, man aber annehmen musste, dass es so lange nicht mehr dauern konnte, war dieser Kollege mit dem besonderen Sinn für Münzen und Noten vom Bienenfleiß befallen, für den es sich immer mehr lohnte, je fleißiger er wurde und die wiederkehrenden Warzen ausbrannte, läppische Hautflecken ausschnitt und die gesetzten Wunden kostspielig vernähte. Er war ein geriebener Psychologe, wenn er seinen zur „Cash“-Zahlung stets bereiten Patienten den Verdacht der Bösartigkeit vorhielt und sie dadurch in permanente Angst versetzte. Er verstand es ohne Weiteres, die erforderlichen Tiefen zu erreichen und dort ein bisschen Feuer zu machen, weil er wusste, dass es ihm auf die einfachste Weise gutes Geld brachte. Er war clever und hatte die Rechnung von Anfang an mit dem weißen Wirt gemacht. Deshalb ging seine Rechnung später voll und ganz auf, die die Privatpatienten prompt bezahlten. Es war ein gutes Geschäft, bei dem keiner mit der Wimper zuckte. Dr. Ferdinand sah mit den beiden Schwestern nach den anderen Problempatienten, die an diesem Ostermontag keine Besonderheiten aufwiesen. Er machte seine Eintragungen und wünschte den Schwestern einen ruhigen Tag. Dann ging er durch die anderen Säle, richtete im orthopädischen Männer- und Frauensaal einige Extensionen, wechselte Verbände und entfernte bei dem einen und anderen Patienten einige Hautnähte. Er fragte die Schwestern nach der nächtlichen Ruhestörung durch die Koevoet, die es gelassen nahmen und meinten, dass sich auch die Patienten daran gewöhnt hätten, die es mit Verachtung hinnahmen und kein gutes Wort an ihnen ließen. Einige sprachen es schon jetzt aus, dass diese rücksichtslosen Burschen in ihren Familien nichts mehr zu suchen hätten, wenn das System erst einmal den Bach runtergegangen sei. Einige Eltern konnten es nicht begreifen, dass aus ihren Söhnen derartig rüde Burschen geworden waren, die keinen Respekt mehr vor den Menschen hatten. Dr. Ferdinand ging zum Kindersaal, in dem es laut zuging, die Kinder herumrannten, wenn sie nicht ans Bett gefesselt waren, und einige kleine Häufchen im Korridor herumlagen, die später von einer Schwester beseitigt wurden, da an diesem Tag die Putzfrau nicht erschien. Die Kinder waren an sein Gesicht und seine Hände längst gewöhnt, bei ihm fürchteten sie sich nicht vor der weißen Haut. So kamen sie auf ihn zugelaufen, die größeren Kinder fassten seine Hand, die kleineren klopften ihm gegen die Hose und liefen ihm nach. Sie riefen ihn „Tate“ ( Vater ) oder „Dokter“ und machten sich einen Spaß daraus. Er genoss die ausgelassene Freude der Kinder, die für ihn von jeher die liebsten Patienten waren. Der Kindersaal war eine Welt für sich, weil das Leiden des Kindes so viel mächtiger war als beim Erwachsenen. Es gab für Dr. Ferdinand nichts Ergreifenderes, als ein Kind leiden zu sehen, nichts Erschütternderes, als ein Kind sterben zu sehen, und nichts Schöneres, als ein Kind gesund werden zu sehen. Die unbescholtene Natürlichkeit und herzliche Dankbarkeit eines Kindes waren immer wieder unvergleichliche Erlebnisse. Er verließ den Kindersaal in Richtung Teeküche, um eine Tasse Tee zu trinken und vielleicht doch noch ein Osterei zu bekommen, und wenn es nur ein gewöhnliches, hart gekochtes Ei war. Der stets freundliche Mann am Eingang der Teeküche, der zur Feier des zweiten Ostertages im fast blütenweißen Küchendress vor ihm stand, wenn man einmal von den geflickten Ärmeln über den Ellenbogen und dem über dem Knie überflickten rechten Hosenbein absah, begrüßte Dr. Ferdinand mit einem Strahlen auf dem Gesicht. Sie gaben sich die Hand und wechselten einige Worte in drei Sprachen, wobei das Afrikaans in der Mitte stand. Diese Geste der Selbstverständlichkeit hatte ihre Wirkung darin, dass der Küchenmann, der den Doktor als „goeie duitse man“ titulierte, ihm nun zwei hart gekochte Eier auf den Teller legte, und dazu zwei Weißbrotscheiben und einen Löffel voll Margarine. Er stellte ihm eine volle Teekanne auf den Tisch, brachte die Kaffeetasse mit Teelöffel und eine zweite Kaffeetasse, die er mit Zucker gefüllt hatte und sang den Choral, der aus dem kleinen Radio in der Teeküche kam, in der Sprache seiner Menschen mit. Dr. Ferdinand pellte in Ostererinnerungen an seine Kinder die Schale vom ersten Ei, als Dr. Nestor die Kantine betrat und sich mit an den Tisch setzte, um eine Tasse Tee zu trinken. „Der Krieg hat die Menschen so sehr in Angst und Schrecken versetzt, dass sie jetzt mit Bluthochdruck und Kopfschmerzen kommen, die sie ohne Medikamente nicht mehr hantieren können. Es sind magere Menschen, die vorher einen Blutdruck hatten, der sich an der unteren Grenze bewegte.“ Dr. Ferdinand dachte an die übersättigten Patienten mit dem Übergewicht in Deutschland, die einen hohen Blutdruck hatten, weil Fettsucht und Stress sich nicht vertrugen. „Was machen Sie da?“, fragte er. „Ich versuche es mit Beta-Blockern, mit Propranolol und Flumethiaziden, doch einige vertragen die Medikamente nicht, klagen über Schwindelgefühl, Brechreiz, Atembeschwerden und Muskelkrämpfe. Dazu kommt, dass die Apotheke nicht genügend Medikamente hat.“ Der Krieg beeinflusste nicht nur die Chirurgie, sondern griff tief in die nervösen Zentren der Menschen ein, die es am Herzen spürten, weil sie sich der Schrecken nicht mehr erwehren konnten. Ein anderer Punkt, den Dr. Nestor erwähnte, war die erschreckende Zunahme der Tuberkulose, der die Menschen aufgrund der schlechten Ernährung und des geschwächten Immunsystems wie Fliegen erlagen. „Das haben unsere Menschen nicht verdient.“ Auch wenn es eine stehende Redewendung des schwarzen Kollegen war, so stimmte ihr Dr. Ferdinand voll zu. Da beide im selben Boot saßen, konnten beide an der Situation nichts ändern. „Wir können nur unseren kleinen Teil beitragen, um die Not zu lindern, soweit es in unseren Kräften steht. Im Übrigen hoffen wir auf das Ende dieses Unrechtssystems, und diese Hoffnung geben wir nicht auf, wobei wir uns in Geduld üben müssen, weil uns nichts anderes übrig bleibt.“ Sie waren noch im Gespräch, als gleich zwei Schwestern in die Kantine stürzten, die eine vom Kreißsaal, weil bei einer Gebärenden der fötale Arm vorgefallen war und nun in der Scheide steckte, was eine normale Entbindung unmöglich machte, und die zweite Schwester aus dem „Outpatient department“, wohin eine junge Frau aus Südangola gebracht wurde, der vor drei Tagen ein Rind das Horn in den Bauch gestoßen hatte. Dr. Ferdinand bat seinen Kollegen, die Narkose zum Kaiserschnitt zu geben und wies die Schwester vom Kreißsaal an, den OP-Raum in Kenntnis zu setzen und die Patientin unverzüglich dorthin zu bringen. Dann ging er mit der anderen Schwester zum „Outpatient department“, um die junge Frau zu untersuchen. Sie lag auf der Trage. Er hob das Tuch ab, das über den Bauch gelegt war. Das Rind hatte mit dem Horn ein großes Loch in die Bauchdecke gestoßen, aus dem zwei Dünndarmschlingen und ein Teil des großen Netzes herausgetreten waren, auf denen der angolanische Sand noch lag, der vom Fettgewebe des großen Netzes nicht abzuwischen war. Ein Wunder, dass es diese Frau bis hierher lebend schaffte, dachte Dr. Ferdinand, als er sich die dreitägige Reise auf der Eselskarre, die von der Grenze über das östliche Kaokoland führte, von der Schwester, die der portugiesischen Sprache teilweise mächtig war, übersetzen ließ. Da die Patientin erheblich an Blut verloren hatte, wurde eine Blutprobe zur Bestimmung des Blutfarbstoffs, der Elektrolyte und zur Kreuztestung für die erforderlichen Konserven ins Labor geschickt. Eine Laparotomie war dringend angezeigt, so dass Dr. Ferdinand die Schwestern beauftragte, die Vorbereitungen zur Operation unmittelbar zu treffen und die Patientin zum OP-Raum zu bringen, während er sich schon auf den Weg dorthin machte, um den Notfall-Kaiserschnitt durchzuführen. Die verhinderte Mutter lag bereits auf dem OP-Tisch, und die Schwester hatte die braune Desinfektionslösung auf der Bauchdecke verrieben, als Dr. Ferdinand in den OP-Raum trat, um mit seiner Anwesenheit dem Kollegen zu signalisieren, mit der Narkose zu beginnen. Die Schwester hatte die Patientin mit sterilen Tüchern abgedeckt und reichte dem Operateur das Skalpell. Er machte den quer verlaufenden Hautund Faszienschnitt, auch Pfannenstielschnitt genannt, oberhalb der Schambeinfuge, spreizte in der Mitte und längs die Bauchmuskeln, eröffnete das äußere Bauchfellblatt, löste die Harnblase vom Gebärmutterhals und schnitt ihn in Querrichtung ein. Der fötale Kopf saß tief im kleinen Becken und drückte auf den vorgefallenen Arm. Der Kopf wurde nicht ohne Mühe gelöst und vorgezogen, mit ihm der Arm, so dass die gereifte Frucht durch die mütterliche Wunde entwickelt und von der Nabelschnur, die sich um den Hals gewickelt hatte, abgetrennt wurde. Die leichte Blaufärbung des an den Fußgelenken gepackten und mit dem Kopf nach unten hängenden Föten wich dem Rosa nach zwei sanften Schlägen auf den Rücken, so dass aus ihm ein gesundes Baby wurde, und ein Osterjunge dazu, dem der Vorfall den Arm nicht gebrochen hatte. Alle freuten sich über den Erfolg der Rettungsmaßnahmen und den gesunden Neuankömmling gleichermaßen, dem sie eine bessere Zukunft wünschten. Die Plazenta wurde durch Zug an der Nabelschnur herausgeholt und auf ihre Vollständigkeit geprüft, die Wundfläche der Uterushöhle mit einer großen Kompresse gesäubert. Nachdem die Wunde am Gebärmutterhals vernäht, die Harnblase über die Nahtreihe gelegt und mit drei Nähten am Uterus gehalten wurde, informierte Dr. Ferdinand das Team, während er die Bauchdecke verschloss, von der jungen Frau aus Angola, die als Nächste operiert werden musste. Die Nachricht wurde gelassen aufgenommen, weil ein Teamgeist der Hilfe herrschte, dem der Ostermontag keinen Abbruch tat. Die Mutter schlief nach der schweren, chirurgisch unterstützten Geburt die Narkose aus und wurde in den Aufwachraum gefahren. Eine andere Schwester brachte die steril verpackten Instrumentensiebe für die Laparotomie zum „theatre 3“. Die beiden Doktoren setzten sich zu einer kleinen Pause in den Teeraum und tranken eine Tasse Tee. Dabei erklärte Dr. Nestor den weiten Weg von der angolanischen Grenze durchs Kaokoland bis nach Oshakati, auf dem zahlreiche Straßensperren zu umfahren waren, was den Weg noch weiter machte. Beide drückten ihre Hochachtung vor dem starken Lebenswillen dieser Menschen aus, sich einer solchen mehrtägigen Reisestrapaze zu unterziehen und staunten insbesondere über die Courage des Vaters, der die Tochter auf der Eselskarre aus einer Entfernung brachte, die Dr. Nestor auf zweihundertfünfzig bis dreihundert Kilometer schätzte. Zwei Schwestern fuhren die Trage mit der Patientin in den OP-Raum, so dass die beiden die Tassen auf dem Tisch stehen ließen, den Schwestern folgten und gemeinsam die Patientin auf den OP-Tisch herüberhoben. Dr. Nestor schob den Atemtubus in die Luftröhre ein und schloss das Narkosegerät an, als Dr. Ferdinand mit OP-Kittel und übergestreiften Handschuhen an den Tisch trat und mit einer sterile Kompresse die ausgestülpten Darmschlingen und das Netz umfasste, damit die OP-Schwester die Bauchdecke mit der braunen Lösung überstreichen konnte. Dann wurden von beiden Seiten große Kompressen dem vorgelagerten Eingeweide unterlegt, um den Sandbelag mit kochsalzgetränkten Kompressen zu entfernen, was aufgrund der Dauer des Vorfalls nur teilweise gelang. Über einen mittleren Längsschnitt wurde die Bauchhöhle eröffnet und revidiert. Da fanden sich noch einige Blutergüsse am Gekröse, weitere Darmverletzungen lagen nicht vor. Erstaunlich war, dass die seit drei Tagen ausgestülpten, bläulich verfärbten Darmschlingen beim Beklopfen mit dem Finger flachwellig peristaltisch reagierten, also noch lebten, weil das Rind mit dem Horn das Loch in der Bauchdecke groß genug gemacht hatte, dass die arterielle Blutzufuhr nicht und der venöse Rückfluss nur leicht gedrosselt wurde. Auch nahmen die Darmschlingen nach Eröffnung der Bauchhöhle eine hellere Farbe an, weil nun die venöse Drosselung beseitigt war. Damit erübrigte sich die Frage einer Darmresektion, und Dr. Ferdinand bemühte sich erneut, mit feuchten Kompressen den Sand von den Schlingen und dem Netz zu bekommen, was bei den Schlingen schließlich weitgehend gelang, am Netz dagegen nicht mehr möglich war. Bei der dritten Inspektion, die keine neuen Erkenntnisse brachte, wurde die Bauchhöhle mit Kochsalzlösung gespült, die Flüssigkeit nach mehrmaligem Hin- und Herschieben des gesamten Dünndarms abgesaugt und der Bauchraum mit einer Kompresse getrocknet. Beim Bauchdeckenverschluss stellte das vom Horn eingetriebene Loch ein örtliches Problem dar, das flachbogig ausgeschnitten wurde, so dass die drei Schichten aus äußerem Bauchfellblatt, innerem und äußerem Muskelblatt und Haut durch eine spezielle Nahttechnik sicher verschlossen wurden. Beim Aufkleben des Wundverbandes dankte Dr. Ferdinand allen für die gute Zusammenarbeit, was die Schwestern und Dr. Nestor freundlich erwiderten. Es herrschte eben ein guter Geist im OP-Raum, bei allem Ungeist draußen außerhalb des Hospitals. Das stimmte Dr. Ferdinand zufrieden, er empfand Dankbarkeit für die menschliche Atmosphäre, in der hier gearbeitet worden war, die allen zugute kam und den Patienten am besten half. Er hatte sich umgezogen und wartete im Teeraum auf Dr. Nestor, der durchgeschwitzt, aber nicht weniger zufrieden war und beim Umkleiden gute Worte für die Art der Zusammenarbeit fand, die er leider als eine Ausnahme bezeichnete, weil die jungen Kollegen in Uniform es zu oft am nötigen Respekt vor den Menschen der schwarzen Hautfarbe fehlen ließen. Die Schwestern hätten oft über deren Arroganz und Unhöflichkeit bei ihm geklagt. Sie waren sich darin einig, dass der Weggang des Dr. Hutman eine atmosphärische Verbesserung brachte, weil der sich durch sein ungezogenes Benehmen bei allen Schwestern unbeliebt gemacht hatte. „Der Arzt in Uniform, das geht eben nicht zusammen, weil es Misstrauen bei den Menschen schürt“, meinte Dr. Nestor. Das verstand Dr. Ferdinand nur zu gut, weil er bei solchen „Ärzten“ an Dr. Mengele und Konsorten in ihren geschniegelten SS-Uniformen dachte, die den Teufel an tausenden hilfloser Männer und Frauen, Greisen und Kindern ausließen.
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