Am Vormittag hielt Kaah-Mer dicht an die Felsen und ließ die Soldaten genau die Umgebung beobachten. Es war ihm, als hätte er zwischen den Felsen eine Bewegung gesehen. Er teilte einige Soldaten ein und ging mit denen in die Felsen. Er wollte unbedingt sicher sein, das zwischen den Felsen nichts Bedrohliches für sie war. Die zurück bleibenden Soldaten sollten sich um das Abendessen kümmern.
Die Gruppe stieg in die Felsen, mit aller Vorsicht, Kaah- Mer ließ je einen Bogenschützen und einen Schwertkämpfer angriffsbereit machen. Sie stiegen höher und höher, sie durchstreiften die Felsen, aber sie fanden keinen Hinweis, keine Spuren. Nicht ganz zufrieden stieg Kaah-Mer mit den Soldaten ins Tal zurück und kam passend zum Essen im Lager an.
Der Trupp erreichte die zerstörte Festung hoch im Norden der östlichen Ebene und die Soldatinnen und Soldaten, die die Ruine noch nicht kannten, standen staunend vor den Trümmern der Festung, sie nickten sich einander zu, das musste eine gewaltiges Bauwerk gewesen sein. Reste der Mauern und Türme waren jetzt noch riesig, obwohl nur noch kümmerliche Reste übrig geblieben waren. Ein Soldat um schritt die Rundung des östlichen Eckturmes und staunte, der Turm maß ja mehr als hundert Schritte am Grund und der Soldat konnte wegen den Trümmern nicht ganz um den Turm herum gehen. Die verbrannte und geschwärzte Ruine wirkte auf die Soldaten unheimlich und bedrohlich und so ritten sie ein Stück weiter zu einem kleinen Wäldchen und lagerten dort zur Nacht. Irgendwie war Kaah – Mer in dieser doch so schönen Nacht mächtig unruhig. Er fand keinen Schlaf und lief ziellos um Lager herum, kontrollierte die Wachen zum wiederholten Male, setzte sich schließlich an das herunter gebrannte Feuer. Er blickte zu der Ruine der Festung herüber, die sich schwarz gegen den nachtblauen Himmel abzeichnete. Er schüttelte seinen Kopf, was mussten die Bestien der wilden Horde hier gewütete haben, so eine gewaltige Festung zerstört man nicht mal so einfach, er hatte ja viel von seiner Familie über die Kämpfe gegen die wilde Horde gehört. Er wusste, dass es furchtbare Kämpfe gewesen sein mussten.
Von der erschreckenden Masse der wilden Horde hatte er ja einen kleinen Eindruck bekommen, als er eine kleine Patrouille an die ehemalige Erdhöhle der wilden Horde geführt hatte, die jetzt alle überflutet waren und zu einem schönen See geworden sind. Die Fahrt auf dem großen Fluss mit den Lastkähnen war äußerst angenehm gewesen, sie hatten herrliches Wetter und viele Soldatinnen und Soldaten nutzten ihre Freiwache und sprangen in das angenehm kühle Wasser des großen Flusses.
Kaah-Mer saß am Rand des Kahnes und ließ die Füße im Wasser baumeln, er schaute herüber zu dem langsam vorbei ziehenden Ufer und irgendetwas war anders als vorher. Irgendetwas hat sich verändert, es war anders geworden, als er es kannte. Dann kam ihm die Erleuchtung, der Fluss war höher mit seinem Wasser, viel höher als sonst. Er fragte bei den Bootsleuten nach, ob ihnen das ebenfalls aufgefallen war. Die Bootsleute verneinten, aber wir merken, dass die Strömung kräftiger geworden ist. Kaah-Mer verließ mit der Patrouille die Lastkähne, die Bootsleute luden den Nachschub für die hier stationierten Soldaten aus und Kaah -Mer ritt zu deren Lager. Sie wurden herzlich von dem Truppführer und den Soldaten begrüßt. Sie brannten darauf, neues von zuhause zu erfahren. Kaah-Mer übergab den Truppführern die Unterlagen und die Briefe.
Während des Essens sprach Kaah-Mer die Truppführer an, ob sie auch festgestellt haben, dass der große Fluss beachtlich gestiegen ist. Aber auch die Truppführer verneinten, vielleicht merkt man es nicht, wenn man den Fluss jeden Tag sieht. Möglich ist das, kam es von Kaah- Mer zurück. Aber das Wasser ließ ihn nicht los, als er am nächsten Morgen mit der Patrouille los ritt, beobachtete er das Wasser im See sehr genau, konnte aber nichts Ungewöhnliches feststellen. Erst während des Mittagsmahles erkannte Kaah-Mer die Zusammenhänge. Er sah ein Blatt auf dem Wasser schwimmen und das Blatt schwamm zügig in Richtung großen Fluss! Der unterirdische Fluss, der zu ihrem Glück die Erdhöhlen der wilden Horde völlig überschwemmt hat, fließt in den großen Fluss und lässt dessen Wasserstand mächtig ansteigen. Einer der Soldaten trat zu Kaah-Mer und machte ihn auf den weichen, ja fast schwammigen Boden aufmerksam. Kaah-Mer bedankte sich bei dem aufmerksamen Soldaten. Jetzt wusste er auch, was ihn den ganzen Ritt über gestört hatte, die Geräusche der Pferdehufen fehlte. Der nasse und weiche Boden schluckte die Geräusche!
Kaah-Mer gab sofort den Befehl, das Lager abzubrechen und einen großen Abstand zum Seeufer zu halten. Er schickte sofort einen Boten zu den Soldaten und machte sie auf das Problem aufmerksam.
Mit gehörigen Abstand zum Seeufer ritt Kaah-Mer weiter und er konnte immer wieder sehen, wie kleinere und größere Stücke vom Ufer abbrachen und in dem Wasser verschwanden, die Wassermassen des Sees weichten die Uferregion so stark auf, dass ständig Land abbrach. Die Patrouille ritt um den See herum, ohne besondere Vorkommnisse, selbst die Feuerberge im schwarzen Gebirge verhielten sich ruhig, als ob sie ohne die wilde Horde keinen Grund hätten, Feuer zu spucken. Bevor Kaah-Mer wieder das Lager der Wachsoldaten erreichte, machten sie Rast auf einem kleinen Hügel und alle staunten über die Größe, die der See erreicht hatte. Als die Patrouille in die Nähe des Lagers kam, hörten sie schon wildes Geschrei, sahen wildes Durcheinander, einer der Truppführer schrie im vorbei laufen, aufpassen, der Boden bricht weg! Es war tatsächlich das passiert, was Kaah-Mer befürchtet hatte, der nasse Boden begann den Soldaten unter den Füssen weg zu rutschen. Zum Glück kamen alle mit dem Schrecken davon.
Vorsichtig geworden, ließen die Truppführer das Lager in einem gehörigen Abstand von dem Seeufer aufbauen, alle dankten Kaah-Mer und seinen Soldaten überschwänglich für den Boten, der die Warnung überbracht hat.
Am nächsten Morgen konnten sie die ganze Bescherung sehen, der völlig durchweichte Boden ist in einem unwahrscheinlich großen Stück weg gesackt, nicht weg gebrochen, wie die härteren Stücke des Seeufers, sondern einfach als matschigen Boden in dem See verschwunden. Kaah-Mer scherzte dünn, wenn der See so weiter wächst, wird er größer als die weite Ebene und ist dann eins mit dem großen Fluss!“
„Das ist gut möglich, “ antwortete einer der Truppführer und sah zu Kaah-Mer, “sie dir doch mal die Landmarke an, die wir in den Boden geschlagen haben, als wir unser Lager aufgeschlagen hatten!“
Er zeigte auf eine etwas entfernte stehende Tafel, die an einem Baum befestigt war. Von der Tafel gerade durch bis zu den Felsen, das war mal das Seeufer, jetzt erschrak Kaah-Mer aber mächtig, der See hatte sich ja in sehr kurzer Zeit fast verdoppelt und das Wasser des unterirdischen Flusses strömte mit unverminderter Kraft weiter. Das einzig erfreuliche daran war jetzt mit großer Sicherheit, das wirklich keiner der Bestien diese Wasserfluten überleben konnte. Sollten wirklich noch Bestien der wilden Horde in der Erdhöhle gewesen sein, so sind sie ziemlich jämmerlich ertrunken. Eine Soldatin zupfte ziemlich aufgeregt an dem Ärmel von Kaah-Mer und zeigte wild mit den Armen herum fuchteln auf das Wasser, Kaah-Mer sah verblüfft große Luftblasen aus dem Wasser aufsteigen, die dann mit einem lauten Knall zerplatzten. Einige Soldaten fassten ihre Waffen fester, sollten doch noch Überlebende der wilden Horde auftauchen? Aber dann kamen keine Luftblasen mehr an die Oberfläche und die Soldaten beruhigten sich wieder. Kaah- Mer beruhigte auch die Truppführer, ich werde mit den Gelehrten darüber sprechen, sollte es gefährlich sein, bekommt ihr sofort Bescheid.
Ganz entspannt genoss Kaah-Mer die Rückfahrt auf dem Lastkahn, wieder hatten sie mit dem Wetter Glück und die Soldatinnen und Soldaten vergnügten sich im Wasser. Fast die ganze Freiwache hatte ihre Kleider abgelegt und tobte in dem Fluss herum. Wettschwimmen wurde veranstaltet, die Soldatinnen und Soldaten warfen sich Stöcke zu oder tauchten sich gegenseitig unter. Kaah-Mer fiel eine Soldatin besonders auf, sie schwamm unter den vielen Schwimmern besonders gut. Sie schwamm auf dem Rücken, sie tauchte unter und schoss aus dem Wasser hoch wie ein Fisch. Die Soldatin war ein sehenswerter Anblick und die junge Frau wusste es auch. Perlend floss das Wasser an ihrem nackten Körper herunter und sie genoss die anerkennenden Blicke ihrer Kameraden. Sie zog sich auf den Lastkahn, unweit von Kaah-Mer und genoss die warme Sonne. Sie warf Kaah-Mer kesse Blicke zu, der sie freundlich erwiderte, aber sonst keine Reaktion zeigte. Etwas enttäuscht ließ sich die Soldatin wieder ins Wasser gleiten und schäkerte mit ihren Kameraden herum. Hell klang ihr Lachen über das Wasser. An einigen Landmarken konnte Kaah-Mer sehr gut erkennen, wie hoch der Wasserstand des großen Flusses gestiegen war. Eine Menge Bäume der Uferregion standen im Wasser, außerdem war keine einzige Sandbank mehr im Fluss zu sehen und am anderen Ufer floss das Wasser in den Wald.
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