Dieses undefinierbare Etwas wird in den Topf geschüttet und etwas Gemüse kommt dazu. Alleine bei dem Anblick und dem Gedanken, dass ich davon essen müsse, bekomme ich schon Schweißausbrüche. Ich spüre die prüfenden Blicke, die auf uns lasten, als wären wir bei der zukünftigen Schwiegermutter zum Essen eingeladen. Wie verhalten sich diese Langnasen jetzt. Meinem Kollegen ergeht es ähnlich, was mir der Schrecken sagt, der in seinem Gesicht geschrieben steht. Nun was jetzt? Ich entscheide mich erst mal dafür, ein zahnbechergroßes Glas Schnaps auf Ex zu trinken, natürlich zur Freude der Anwesenden. Dies benebelt meine Sinne und Innereien etwas, wobei mir zusätzlich der Gedanke weiterhilft, dass in dieser kochenden Brühe schließlich sämtliche Bakterien abgetötet sein müssten und somit keine Vergiftungserscheinungen auftreten dürften. Die beiden Flüssigkeiten unterscheiden sich jeweils in sehr scharf und unbeschreiblich scharf, was mir in diesem Fall entgegenkommt. Eine weitere kulinarische Chinaerfahrung mache ich in einer Lokalität, die an eine Metzgerei mit Riesen-Aquarium erinnert, welches jedoch alles andere als normale Fische beinhaltet. Überdimensionale Würmer, Tiere mit seltsam langen Fühlern und – entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise –andere Elemente sehen aus wie schwimmende, schneeweiße Penisse. Einfach nur total eklig. Unsere Delegation begibt sich stracks zu diesen Aquarien, ich hinterher. Meine Befürchtungen bestätigen sich, als man mir verständlich macht, dass ich mir davon mein Essen zusammenstellen soll. Meine Vorstellungskraft reicht nicht aus, um auch nur irgendetwas von dem, was hier herumschwimmt, überhaupt jemals essen zu können. Lieber würde ich verhungern, ehrlich. So schleiche ich etwa 10 Minuten hin und her und her und hin und muss dabei auch immer um einen seltsamen großen, schwarzen Haufen herumgehen, der am Boden liegt und den ich erst gar nicht bewusst wahrnehme, so sehr klebt mein Blick an diesem tauchenden Ungeziefer. Als ich bemerke, dass sich dieser Haufen bewegt, erschrecke ich sehr und sehe erst dann genauer hin. Ochsenfrösche. Mein Magen zuckt unwillkürlich zusammen und signalisiert mir, dass er mit alledem überhaupt nicht einverstanden ist. Wie ein Zeichen vom Himmel finde ich in einem Regal dann doch noch etwas Essbares: Eine Art Süßspeise,
steamed bread . Aufgeschäumtes süßliches Brot, für welches ich mich nach einer gefühlten Ewigkeit entscheide, zum Unverständnis meiner chinesischen Begleiter. Mir schmeckt es aber ganz gut.
Die Geschichte mit den frischen Austern in China als Abschiedsessen vor der Heimreise, die mir einen unvergesslichen Heimflug bescherte, möchte ich hier nur erwähnen, aber nicht weiter vertiefen. Ich glaube, Sie können Ihrer Fantasie ruhig freien Lauf lassen. Das Ergebnis kommt dem Verlauf meines Erlebens sicherlich recht nahe.
Nicht, dass ich im Niveau noch weiter absinken möchte, aber die sanitären Einrichtungen sind in asiatischen Ländern da und dort doch recht eigentümlich und diese stillen Örtchen zum Teil schon ein Kapitel für sich. Dabei stelle ich fest, dass es doch gerade in diesem Bereich große Unterschiede gibt.
Einmal betrete ich das spezielle Örtchen und erschrecke doch ein wenig, denn sofort hebt sich der Klodeckel automatisch . Es handelt sich für meine Begriffe um eine High-Tech-Future- Toilette, ein stilles Örtchen mit äußerst umfangreicher Elektronik wie zum Beispiel einer beleuchteten und beheizten Sitzfläche sowie per Knopfdruck gezielt gerichtetem, warmem Wasserstrahl. Wie hätten Sie’s denn gerne, etwas weiter vorne oder lieber ein Stückchen weiter hinten? Pulsierend oder lieber mit leichtem Rieselstrahl ? Alles kein Problem hier. Selbstvernehmlich mit anschließender Lufttrocknung. Alles per Knopfdruck. Sogar das Spülen und Herunterklappen des Deckels geschehen elektronisch. Aber neu ist das ja alles nicht. Mir kommt dabei ein Lied in den Sinn, das wir als Kinder schon gesungen haben: „Meine Oma hat nen Nachttopf mit Beleuchtung!“ Und was ist denn das hier, etwa eine Fernbedienung im Badezimmer? Sollte sich hier auch noch irgendwo ein Fernseher verbergen? Ich kann wirklich keinen entdecken. Aber was ist denn das für eine matte Stelle im Spiegel? Tatsächlich, Spiegel mit integriertem TV ! Die spinnen doch, die Chinesen. Und wieder einmal denke ich, dass meine Kinder davon begeistert wären. Da wäre das WC wohl ständig belegt…
Machen wir einen Schwenker nach Indien. Einer meiner Söhne verbrachte ein ganzes Jahr dort und fasste das Land in einem kurzen Satz zusammen: „Chaotisch, aber sympathisch“. Und wie recht er hat. Ich kann dies jedenfalls nur bestätigen.
Wenn man weiß, was ein Gecko ist, wenn man schon einen gesehen hat und auch weiß, dass es ein nützliches und für den Menschen ungefährliches Tierchen ist, dann reagiert man vielleicht nicht so aufgebracht wie ich, wenn man so ein Tierchen im Schlafzimmer hat. Es sieht aus wie eine durchsichtige Eidechse. Ich erstarre beinahe vor Schreck, als ich es vom Bett aus erblicke und finde keine Ruhe, bis ich diesem Ungeziefer den Garaus gemacht habe. Einen feuchten „Klatsch“ hat es an der Wand gegeben, ausgelöst durch meinen Hotelpantoffel. Belehrt wurde ich am anderen Morgen, als ich mich über diesen ungebetenen Gast beschwert habe. Nützlich sei er, der Gecko frisst Insekten. Mir doch egal. Ich will das Viech nicht bei mir. Was, wenn ich das Licht aus und die Augen zu mache??? Nein, danke! Nicht mit mir .
Lassen Sie uns noch ein wenig in Indien verweilen. Ich nehme Sie noch mit auf eine kleine Autofahrt durch die Innenstadt von Bombay. Denn nicht alles dort ist schlecht, es könnte einem vielleicht aber etwas schlecht werden. Vom Geschüttele der Schlaglöcher, von verschiedensten Gerüchen und anderem. Wir sehen die Bettler, die sich an jeder Stelle, an der man anhalten muss, ums Fahrzeug scharen, bettelnde Frauen mit Säuglingen auf den Armen an die Scheibe klopfen. Ein Polizist, der mit zusammengerollter Zeitung einer bettelnden Frau wie einer lästigen Schmeißfliege auf den Kopf schlägt, um sie zu vertreiben. Verkrüppelte Menschen, viele Kinder. Zu meiner Rechten die Behausungen der Ärmsten in Form von Plastikplanen über einer Holzstange als Wohnung, drum herum Schlamm, Müll und Schmutz. Da ein Wasserloch, worin sich die ganze Familie wäscht, danach das Essen gewaschen wird und danach die Kleider – oder auch in anderer Reihenfolge. Ich muss den Kloß, der sich in meinem Hals gebildet hat, hinunterschlucken und wage es auch nicht, meinen Fotoapparat auszupacken, weil ich doch ein paar Eindrücke mitnehmen wollte. Das tue ich aber auch ohne Kamera. Bilder, die mein Gehirn gar nicht so schnell verarbeiten kann. Ja, da sind noch die zwei Männer, die beide nichts anderes tun, als ein großes Werbeschild einer weltbekannten Elektrofirma festzuhalten. Einer zur Linken, der andere zur Rechten, jeder eine Wasserflasche zu Füßen. Ob sie wohl immer noch dort stehen?
Ein kurioses Bild sehe ich im Vorbeifahren: Frauen in grellbunten Gewändern barfuß mit Spitzhacke und Schaufel irgendwelche Straßenbauarbeiten verrichten und Steine aufeinanderhäufen. Unter Brücken lebende und am Boden liegende, mit dem Straßenschmutz eins gewordene Menschen, von denen man auf den ersten Blick nicht einmal erkennt, ob sie schon tot oder noch lebendig sind. Am Ziel angekommen brauche ich nach über 2 Stunden Autofahrt quer durch Mumbai erst einmal einen Cognac. Auch ohne Essen ist es mir auf den Magen geschlagen. Auweia, Alkohol ist in Indien scheinbar extrem verpönt. Man hat sich beim Restaurantpersonal für mich entschuldigt und extra erwähnt, dass dies bei mir zu medizinischen Zwecken eingesetzt wird. Zur ergänzenden Belehrung sagt man mir noch, wenn ein Mann ohne seine Frau in ein Restaurant komme um zu essen, unterstellt würde, die Frau könne nur eine schlechte Köchin sein.
Читать дальше