Dirk Josczok
È la vita
Eine Liebe in Triest
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Inhaltsverzeichnis
Titel Dirk Josczok È la vita Eine Liebe in Triest Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1: SONNTAG
Kapitel 2: DER BRIEF
Kapitel 3: MONTAG
Kapitel 4: DIENSTAG
Kapitel 5: MITTWOCH
Kapitel 6: DONNERSTAG
Kapitel 7: FREITAG
Kapitel 8: SAMSTAG
Kapitel 9: SONNTAG
Kapitel 10: MONTAG
Impressum neobooks
Ich hasse dich!
Du missbrauchst Elisa. Damit du nicht zu reden brauchst.
Die Mädchen auf den Rücksitz!
Hast du solche Angst vor mir?
Zurecht: vier Jahre!
Deswegen diese Reise, oder?
Du machst keine Geschenke ohne Kosten-Nutzen-Analyse. Der feine Herr Finanz-Staatssekretär.
Eine Woche Italien gegen dein schlechtes Gewissen. Reicht das?
Lässt sich das aufrechnen?
Glaubst du?
Hast du ein Gewissen?
Kauf dir eins. Wenn schon nicht meinetwegen, dann zumindest für Elisa.
Ist dir nicht klar, was du ihr antust?
Sie kann das nicht verstehen. Stell dir vor, sie mag mich!
Sie wollte sich nur verabschieden, wie zwei Menschen, die sich mögen, das tun.
Sich umarmen, Gefühle zeigen.
War das zu viel für dich, zu viel Nähe?
Das erträgst du nicht.
Bist du so neidisch?
Selbst auf deine Tochter?
Ich hoffe nur, sie wird nicht so wie du.
Ich bin so wütend!
Wieso tust du mir das an?
Wieso lass ich mir das antun?
Was soll ich in Triest?
Wieso steigst du nicht einfach wieder aus?
Ich hasse mich!
Niente è piu.
Der Flixbus schnurrt wie ein satter Kater durch die Hochhaus-Schluchten meiner Stadt.
München aus dem Bus ist fremd.
Echter Luxus: Der Sitzplatz neben mir ist frei.
Tagebuchablage.
Fremde Stimmen, fremde Sprachen.
Hinter mir liest eine Mutter ihren Minis vor. Klingt nach Kinderbuch.
Ist das Kroatisch, oder Slowenisch? Eine slawische Sprache. Ein Zischen und Züngeln.
Ich versteh kein Wort. Schade. Aber es klingt liebevoll.
Es ist die Stimme, nicht die Sprache, die den Menschen ausmacht.
Was haben die in München?
Leben die hier, oder waren sie auf Besuch, bei ihrem Mann und Vater, der hier arbeitet?
Die Männer vorne im Bus sehen so aus: breite Schultern, grobe Hände, große Köpfe, Stiernacken.
Wieso muss ich bei Stiernacken gleich an Krieg denken?
Die Fernsehbilder vom Jugoslawienkrieg. Männer in Olivgrün und Camouflage.
Feiste, erregte Gesichter und zu enge Gürtel über prallen Bäuchen. Sonnenverbrannte Stiernacken.
Wie lange ist das her?
Die Gnade der späten Geburt, ist nichts als Zufall.
Wie die Herkunft.
Hinten im Bus sitzt ein Trupp Trainingsjacken. Alle in dem gleichen Rot mit weißen Rallye-Streifen.
Gut gelaunte Männer. Man hört sie leise kichern. Wie Pennäler. Die Jungs im Fahrradkeller des Gymnasiums
haben so gekichert, wenn sie heimlich im Playboy geblättert haben und rot wurden, wenn wir sie ertappten.
Wir haben es gewusst.
Wir wussten alles.
Woher eigentlich? Damals gab es noch kein „Netz“. Nur Helga.
Ihr Vater hatte solche Magazine unter der Matratze.Helga war ein schlimmer Finger. Wir haben sie verehrt.
Für ihre Neugier und ihren Mut. Helga Langstrumpf.
Eigentlich wussten wir nichts.
Und eigentlich ist es noch heute so.
Oder?
Kichern die auf Deutsch?
Vielleicht ein Junggesellenabschied, oder so was. Auf Sauftour nach Zagreb.
Trinker sitzen immer hinten im Bus. Obwohl: dafür sehen sie zu nüchtern aus, zu smart, zu schmächtig.
Brillenmänner. Keine Handarbeiter.
Touristen?
Hauptsache sie singen nicht.
Und ich?
Mit Touristen ist das wie mit Geisterfahrern. Der eine hält alle Entgegenkommenden für Idioten.
Bin ich eine geisterfahrende Touristin?
Ich bin eine Weggeschenkte.
Ich bin dann mal weg. A8, Richtung Salzburg. Klare Sicht auf die Alpenkette. Immer wieder eindrucksvoll.
Das lange Band der Autobahn vor schneebekrönten Gipfeln. Versteinerte Ewigkeit. Als ob sie schon immer
dagewesen wären. Und lange nach uns. Da muss ich rüber. Oder hindurch. Ins Licht und in die Wärme.
Auf dem Busthermometer sind es acht Grad.
Ich hätte meine Decke mitnehmen sollen. Oder ein paar wärmende Gedanken.
Italien. Blauer Himmel. Sonne. Meer.
Ich freue mich aufs Meer.
Irgendwer hört Mozart hier.
:-)
Bin ich eingenickt?
Die Nacht war kurz. Zu viele Gedanken. Ungute.
Ist das schon Österreich?
Woran erkennt man das: ein anderes Land?
Ist das Grün der Wiesen anders grün, das Blau-Weiß des Himmels?
Milka Kühe auf den Weiden?
Der Baustil der Häuser?
Mehr Ahnung, als Ausblick. Der Regen macht gleich grau.
Österreich um 9-Uhr-37!
Definitiv: Aldi heißt hier Hofer.
Wir scheren aus. Vorbei an einer endlos langen Schlage dösender LKW.
Sie lauern auf den Montag. Es ruht der Welthandel. Ob die Chinesen da mitmachen?
Aus dem Lautsprecher knackt es.
?
Kann Spuren von Englisch enthalten haben.
Vermute: Fifteen minutes break.
Die Türen fauchen auf.
Luft!
Soll ich mir’n Kaffee gönnen?
Raucherspalier vor dem Bus. Im strömenden Regen. Der Geruch hat mich an Vater erinnert.
Seine gnadenlose Abendzigarre. Mama hat es erduldet.Wie ein göttliches Gebot. Wie alles andere auch.
Und dann querlüften. Auch im Winter. Gerade im Winter. Mamas kleine Rache. Von der Mutter lernen, heißt
siegen lernen.
Na ja.
Frühstück im Flix. Ohne Kaffee.
War nur kurz für DAMEN. Draußen, also in der Raststätte, damit ich nicht im
Hier und Jetzt muss. Irgendwie hat das was Erniedrigendes – im Bus aufs Klo zu gehen.
Als machte man sich vor aller Augen nackt.
Spinn ich?
Elisa hat mir Brote geschmiert. Zwei mit Camembert und Radieschen.
Und mit Liebe.
Tante grazie!
Ich werd mich revanchieren, liebste Nichte. Ich bring dir was Schönes mit vom Mittelmeer.
Wie heißt Nichte noch auf Italienisch?
Gibt’s das?
Ich werd alt.
Du bist alt, meine Liebe.
Tante Anne.
Tanne.
Tiefhängende Wolken. Kommen immer näher. Immer dunkler. Immer drohender.
Die Scheibenwischer schaufeln.
Kalter Rauch streift meine Nase. Männerkörper auf dem Weg zum fahrenden Dixie-Klo. Kunstleder-Jacke.
Zerzauste Haare. Verschwitzter Nacken. Rotkariertes Holzfällerhemd. Hängt aus der Jeans. Hängt auch, am
Bauch. Weißes Ripp-Unterhemd. Letztes Mal gesehen vor rund 40 Jahren.
Auch Papa.
Pinkelt der im Sitzen?
Kann ich mir nicht vorstellen.
Will ich mir nicht vorstellen.
:-(
Wenn ich noch mal auf die Welt komm, dann als Gebirgsbach.
Smaragdgrün dahinjagend, weiße Gischt aufschäumend und mitreißend.
Eiskalt.
Nipotina!
:-)
Villach um 12 bei heftigem Regen. High Noon in Kärnten.
Landskron – auf dem Autobahnschild!
So Namen mit Erinnerungswert. Urlaubsnamen. Abzweig zum Ossiacher See.
Da habe ich Schwimmen gelernt. Mit Schwimmflügeln aus Kork.Ich kann mich nicht daran erinnern, aber es gibt
einen Film davon, wie ich ins Wasser geworfen werde und herumstrampele. Wie der Frosch in der Milch.
Sagt man. Hat man gesagt. So oft, dass ich keine Milch mehr mochte.
Ich muss Energie gehabt haben. Oder Angst.
Papa hat noch Jahrzehnte später davon erzählt: Wie er mich „zu Wasser gelassen hat“.
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