Plötzlich verfärbt sich der Himmel!
Es ist dieselbe Stadt und doch erscheint auf einmal alles anders.
Im Widerschein eines großen Feuers sieht er eine Frau auf einem Holzgerüst. Sie ist an einen Pfahl gebunden. Neben ihr sitzt eine Katze, eingesperrt in einem Käfig. Gierig leckt das Feuer am Boden, auf dem sie stehen. Sie schreien vor Angst und Schmerzen, doch die Menschenmenge lacht und verspottet sie.
Da tritt aus der Menge ein Geistlicher. Doch er hilft ihnen nicht! Auch er verhöhnt die armen Kreaturen.
Es ist die Zeit, in der das Volk an Hexen glaubt und die Kirche nährt diesen Aberglauben. Zur Erhaltung ihrer Macht quält und tötet sie Mensch und Tier.
Kein Mensch traut sich noch Katzen zu mögen -
es ist eine sehr schlimme Zeit für Menschen und Katzen.
Don spürt eine Hand an seinem Kopf. Fauchend schlägt er nach ihr.
„ Kater, Kater ich bin es!“
Er öffnet die Augen und sieht seine Gönnerin an ihrem blutenden Finger nuckeln.
„ Entschuldige‚ aber ich hatte gerade einen schlimmen Traum.“
„ Das habe ich gemerkt“ antwortet sie und nuckelt dabei weiter an dem schmerzenden Finger.
Während er sie beobachtet, muss er an Carlo und sein Versprechen denken.
Versöhnlich reibt er den Kopf an Magda und buhlt mit dem schmerzenden Finger um ihre Aufmerksamkeit.
„ Willst du mir etwas sagen?“ Dabei schaut sie ihn fragend an.
„ Magda - es geht um deinen Bruder, Carlo! Ich kenne ihn.“
Wie es ihm sein Freund aufgetragen hat, erzählt Don ihr die ganze Geschichte bis heute.
„ Hast du auch einen Namen?“
“ Ja, ich heiße Don “ beendet er schließlich seinen Auftrag.
Ohne etwas zu sagen, krault sie ihn. Er zuckt nur ganz leicht, doch sie bemerkt es.
„ Tut es hier weh?“.
„ Ja, manchmal!“
Es ist die Narbe an seinem Hinkebein.
Magda steht auf und geht an den hinter ihr stehenden Schrank.
Nach kurzem Suchen, nimmt sie eine kleine Flasche heraus und kehrt zu Don zurück.
„ Keine Angst, es tut nicht weh “ Sie gießt etwas über die Narbe. Ein wohltuend kühlendes Gefühl stellt sich ein.
„ Wie ist denn das passiert?“
„ Der Hund und ich hatten Meinungsverschiedenheiten. Einmal jagte er mich auf einen Speicher. Ich hatte die Wahl mich zerfleischen zu lassen oder durch ein Fenster zu springen.
Katzen fallen immer auf ihre Füße, habe ich mal gehört. Stimmt auch! Ich leider nur auf drei.“
„ Armes Kerlchen!“
„ Ach ist es schön bedauert zu werden.“
Magda lächelt ihn an.
„ Bis später“. Dann lässt sie ihn wieder alleine.
Gleich darauf spürt er Carlos Gegenwart.
„ Hast du es ihr schon gesagt?“ will er gleich wissen.
„ Ja, sie weiß jetzt alles.“
„ Was hat sie gesagt?“
„ Noch nichts! Ich glaube, sie muss das alles erst verstehen. Carlo , hast du heute Nachmittag versucht mit anderen Seelen zu kommunizieren?“
„ Daran gedacht habe ich schon, aber getraut habe ich mich nicht. Mit Magda hat es auch nicht funktioniert.- Bei wem soll ich es ausprobieren?“ kommt nach einer Weile seine Frage zaghaft.
„ Bei einem Menschen, damit du auf eine ähnliche Seelenqualität stößt. Versuch’ bei deinen Bestattern!
Sag‘ mir Bescheid, wenn du sie gefunden hast. Ich möchte bei dem Experiment dabei sein, damit ich dir notfalls helfen kann“, schlägt Don vor.
„ Gut, ich melde mich wieder.“
Dösend liegt Don auf seinem Stuhl und wartet auf die Rückkehr seines luftigen Freundes, als er auf einmal Geräusche hört, seltsame Geräusche.
Er springt von seinem Stuhl und schleicht zum Besuchszimmer. Die Türe steht offen und der Raum ist leer.
Die Geräusche kommen aus dem Zimmer daneben.
Don legt sich flach auf den Boden und hält sein Ohr an die untere Türleiste. Es ist eindeutig Magdas Stimme, die er hört.
Stöhnend wälzt sie sich auf ihrem Bett. Don kommt es vor, als wehre sie sich gegen Etwas, das sie gerade auch genießt. Es ist nur ihre Stimme, die er hört. Er kann sich keinen Reim darauf machen.
Es dauert noch eine ganze Weile bis es wieder still ist.
Dann kehrt er in die Küche zurück. Kaum ist er wieder auf seinem Stuhl, hört er wie Magdas Zimmertüre sich öffnet. Gleich darauf kommt auch sie in die Küche. Sie scheint großen Durst zu haben; zweimal füllt sie ihr Wasserglas.
Ohne ihn anzusehen, setzt sie sich an den Tisch und starrt aus dem Fenster. Sie ist noch sehr weit weg.
„ Ausgeschlafen?“ dröhnt es im selben Moment in Dons Kopf.
„ Carlo, da bist du endlich. Hast du die beiden gefunden?“
„ Ja! Es hat funktioniert!“
Don schaut ungläubig nach oben. Hat er richtig gehört?
„ Hast du es schon ausprobiert?“
„ Ja! Es war ganz einfach. Falls sie Seelen haben, waren die wohl nicht zu Hause.“
„ Ich dachte, wir machen es zusammen“. Don ist beleidigt.
„ Ja, du hast Recht, aber die Versuchung war einfach zu groß, nachdem ich gemerkt habe, wie leicht es geht!“
„ Was hast du denn mit ihnen gemacht?“
„ Nur ein bisschen mit ihnen gespielt, als Vergeltung!“
„ Erzähl' schon“ drängt ihn Don.
„ Ich habe sie am Hafen gefunden. Gegen die hohe Intensität ihrer negativen Energie konnte ich nichts ausrichten, also bin ich in die andere Richtung gegangen. Mit Empathie habe ich sie heute Nachmittag zu den beliebtesten Menschen im Hafen gemacht. Mir kam es vor als hätte ich ihre Seelen zum Leben erweckt.
Sie haben eine Prügelei geschlichtet, Bettlern Geld gegeben, mit Kindern gespielt und das Beste: sie haben einen Taschendiebstahl verhindert und sind jetzt aktenkundig, als Zeugen!
Sergio war er total sauer, aber die beiden waren sich keiner Schuld bewusst. Ich könnte mich totlachen, wenn ich nur daran denke. Aber ich bin ja schon tot.“
„ Nicht übel! Das könnte auch auf anderen Gefühlebenen funktionieren.“ , sinniert Don vor sich hin.
„ Tut es auch!“
„ Was hast du mit ihnen noch gemacht ?“ Don sieht irritiert nach oben.
„ Mit denen nichts!“
„ Aber?“
„ Aber mit Magda!“
„ Mit deiner Schwester?
„ Stiefschwester! Ich wollte sie schon immer. Jetzt war es endlich möglich.“
Dons Augenschlitze verengen sich. Das war also der Grund für Magdas seltsames Verhalten.
Aber ich dachte, du kannst mit ihr nicht kommunizieren“!
„ Ich habe mich nicht mit ihrer Seele verbunden, ich war bei ihren Instinkten und die unterlagen nicht ihrer Kontrolle.“
„ Kommunizierst du gerade mit Carlo?“ Magdas Frage reißt Don aus seinen Gedanken.
„ Ja!“
„ Möchtest du heute Abend mitkommen?“
„ Wohin?“
„ Ins Theater-Circ. Ich habe eine Freikarte für die Premiere heute Abend bekommen.“
„ Gerne. Vielleicht werde ich von den Hunden wieder zum Essen eingeladen.“
„ Du Schlauberger! Ich mache mich jetzt fertig. Du musst dich ja nicht umziehen “ meint sie lachend zu Don und streicht über sein Fell.
Sie hält im Türrahmen inne:
„ Wie geht es Carlo, dort wo er ist?“
„ Es geht, aber er würde gerne mit dir direkt kommunizieren können.“
„ Verstehe ich. Sag’ ihm einen schönen Gruß. Vielleicht finden wir noch einen Weg.“ Damit verlässt sie die Küche.
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