Für das Erreichen unserer Ziele haben wir uns einen kleinen Schlachtplan zurechtgelegt; Sie selbst brauchen nichts weiter zu tun, wie sich zurücklehnen, und dass Absinken Ihrer Schulden auf Ihren Kontoblättern zu beobachten. Beziehungsweise zu genießen, und hinterher die Blätter einfach auf die leeren Seiten Ihres Buches kleben. Na, was meinen Sie dazu, hört sich alles doch gar nicht so schlecht an, oder etwa doch?
Aber es kommt ja noch toller, gerade für Sie, glauben Sie mir ruhig, der Erste von uns steht nämlich, um es mal so zu formulieren, bereits in den Startlöchern, so dass er in Kürze mit dem ersten Omega aufwarten wird – ja, tatsächlich ist dem so, ob Sie‘ s nun glauben mögen. Oder auch nicht.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch, bevor ich die Bahn wieder freimache, unser Autorenquintett für die neunzehn goldenen Omegas vorstellen. Beginnen wird also gleich Radius Lehr, der eigentliche Verursacher Ihres neuartigen, bisher doch noch allzu leeren Buches. Der für Sie wie alle anderen Co – Autoren insgesamt vier Omegas auffüllen wird.
Ausschnitt aus dem Blatt 86 (Erleichtert)
ßilberling Etwas später war Lembel beim Ordnen jener Vertragsdokumente, die für die Vereinbarungen mit Kleinbürgermeister Klein relevant waren. Demzufolge sollten fünfzehntausend neue Stadtpläne gedruckt werden. Normal verliefen zunächst die Vormittagsstunden. Beziehungsweise ohne besondere Vorkommnisse, doch schon sehr bald sollte er abermals in der Ruhe gestört werden – und zwar so, wie er es sich in kühnsten Träumen nie hätte vorstellen können. Der tief in Manuskripte Vergrabene schaute verwundert auf, als es zunächst ein Rumpeln und Poltern war, das bis zu ihm ins Büro vordrang, und das immer lauter und lauter wurde. Lauter und lauter, zu jenen Furcht einflößenden Geräuschen gesellte sich wildestes Geschrei, Männer, zweifelsohne, lauter und lauter, wilder und wilder, und bevor Lembel sich für einen der nächsten ihm zur Verfügung stehenden Momente wenigstens noch einigermaßen hätte orientieren können, was denn da draußen eigentlich los war, wurde seine Bürotür auch schon aufgestoßen. Von außen wohlgemerkt, laut, und wie aus einem heiteren Nichts fiel eine scheinbar von Taranteln gestochene Horde ein, deren Gesichter ihm allzu bekannt waren. Kein Wunder, denn es waren schließlich und ausnahmslos die Buchhändler aus der ganzen Stadt, beziehungsweise Region. Das was die total erregten Männer ihm an Verbalen entgegen schrien, war aber keineswegs Angenehmes. Ohne Zweifel, ganz im Gegenteil, ganz im Gegenteil: „Lembel, Sie verflixter Betrüger“; „Stümper“; „Sie denken auch nur ans schnelle Geld“; „Sie Hai“; „Sie Ausbund an Unverschämtheit“; „Sie Schwein“; „Ihnen sollte man das Handwerk legen“ ; „was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind“; „Sie glauben, Sie können sich wirklich alles raus nehmen“; „arroganter Schnösel“ ; „Totengräber der Literatur“. Und so weiter, und so heiter, und so fort.
Ihre Wut, ihre Unmutsäußerungen, und dann fingen sie auch noch an, mitgebrachte, sehr schwere Kartons in die Höhe zu stemmen. Und schon wurde ihm der erste entgegengeschleudert. Gerade schaffte es der Lembel noch, unter den Schreibtisch zu hechten, als das Geschoss auf eine seiner stolzen Glasvitrinen donnerte. Es knirschte und klirrte, während der zweite Karton in der Luft aufplatzte und auf dem Schreibtisch krachte. Unzählige Bücher flatterten durch das Büro, auf dem Boden, überall hin, auf dem Schreibtisch, auf die Vitrinen, in und an die Regale, überall, ein furchterregendes Kartonbombardement erschütterte Lembels Büro bis in seine Grundfestungen. Es krachte und zischte, wirbelte und knallte, und immer mehr Bücher raschelten durch die Gegend und auf den Boden. Überall, und es dauerte wenige Minuten, bis der Bücherhagel endlich nachließ. Frei nach dem Motto „waren denen am Ende etwa die Kartons ausgegangen?“
N: So – jetzt aber noch einmal zurück zu unserer Amsel
Helm Hops So – jetzt aber noch einmal zurück zu unserer Amsel. Tagtäglich besuchten Libell Libell und ich sie. Und es war beinahe schon mehr wie rührend, wie sehr sich Heribert von Klinkhoven um uns alle bemühte, indem er uns bis zu Doktor Hungers Tierpraxis begleitete. Und unsere Sorgen um sie wurden eigentlich mit jedem Tag geringer. Zwar hatte sie noch immer einen dicken Verband um den Hals, mit dem sie eigentlich noch fetter wirkte. Umso mehr schien sie jedoch beglückt, umso mehr sie von Heribert und natürlich auch von Jägermeister Förster beziehungsweise Forstmeister Jäger mit Keksen verwöhnt wurde. Ja, ihre Genesung schritt rasch voran, und nicht allzu lange dauerte es, bis Doktor Hunger sie entlassen konnte.
Doktor Hunger Na, dann mach es mal gut, kleiner Vogel.
Helm Hops Seitdem hüpft sie wieder unter unserer Bank, und obwohl sie uns allen eigentlich mit ihrer ständigen Fresserei auf die Nerven geht, beinahe noch mehr als zuvor, waren wir doch alle heilfroh, dass sie wieder bei uns war. Und natürlich wurde sie von unseren drei Männern weiterhin mit Keksen und Kuchen verwöhnt – einmal sogar mit einer Sahnetorte. Na, und wie die Amsel hinterher aussah, spottete jeder Beschreibung – nein, bekleckert, das war in diesem Falle nun wirklich kein Ausdruck mehr.
Ah – inzwischen haben sich nun alle bis zum Ende des Flusses begeben. Zuvor hat Heribert Hinn ganz schnell noch auf seinen Transporter gehievt, um ihn auch an unserer Zirkusparty teilhaben zu lassen. Eigentlich kann unser verschlafener Zauberbehälter sich auch selber hinfort bewegen mit den beiden silbergrauen Standfüßen, auf welchen er befestigt. Jedoch auf der anderen Seite „Standfüße hin – Bequemlichkeit her.
Im Übrigen ist für unsere Party gleich noch jemand anders eingeladen worden. Dabei handelt es sich um keinen Geringeren wie um die Kartenkiste Arminius. Ich selbst habe ihn auch länger nicht gesehen und ich kann mich so ohne weiteres nicht entsinnen, wann er das letzte Mal bei uns gewesen ist. Hier bei uns im Unterholz. Aber immerhin hat Libell Libell ihn ja auch auf ihre Gästeliste gesetzt. Und ich kann mir auch gut vorstellen, dass hierbei auch einer wie unser Direktor Doktor Terminus seine Finger im Spiel gehabt hat, was die Einladung für Arminius betrifft. Beziehungsweise Kontaktierung, immerhin handelt es sich bei Arminius um eine Art Weltenbummler, der viel herumkommt, so dass es durchaus hilfreich sein kann, wenn ein international renommierter Zirkusdirektor wie unser Doktor Terminus seine Beziehungen nutzt. Beziehungsweise nutzen kann – na ja.
Arminius ist im Übrigen würfelförmig und aus waschechtem Holz. Mit ein paar Metallverzierungen, vor allem vorne im Gesicht, die Augen, Nase sowie Mundöffnung, aus dem dann ihre Karten – zumeist sind es Bildkarten - fallen, skizzieren. Er bewegt sich fort, in dem er hüpft – schlicht und einfach hüpft. An einer Seite dann noch ein Hebel, mit dem man das Auswerfen der Karten auslösen kann, indem man ihn einfach nach vorne zieht
Aber ich denke, Näheres werden wir ohnehin gleich noch erfahren. Sobald auch ich mich zum Zirkus hinbegeben habe. Und genau dies werde auch ich jetzt tun – also bis gleich.
O: Hugo Bauklotz – Ein Zaun. Ausschnitte aus verschiedenen Goldenen Ωmegas
Ausschnitt aus dem Dritten Goldenen Ωmega (Der Zaun)
Radius Lehr Na – und wieso nicht auch mal mit einem der drei anderen Zaunbuchstaben? Bei einer Party zum Beispiel, jeder nimmt einen anderen der vier Zaunbuchstaben, schon kriegt jeder was Anderes raus. Und dann hab ich da ja noch ein viertes Spielchen, das man ebenfalls sehr gut machen kann. Allein oder auch mit anderen - und ein Beispiel haben wir auch schon, wir brauchen bloß an unseren guten, alten Holzzaun denken, von mir aus auch an den Metallzaun. Und jetzt suchen wir noch weitere Zaunwörter, bei denen man am Zaun vorne was dranmacht. Und genau das ist es jetzt, denn was passiert eigentlich mit Ihrem Zaun, wenn das, was vorne dran ist, selbst schon aus zwei Teilen ist? Und könnten Sie sich vorstellen, dass Ihr Zaun wirklich auch mal aus was ganz Anderem ist? Wie wär´ s denn zur Abwechslung mal aus, na, sagen wir mal aus Nylon? Ja, ja, ganz richtig, machen wir aus Ihrem Zaun einen Strumpfhosenzaun – einen waschechten wohlgemerkt.
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