Denn dort drüben befinden sich sehr große Wiesenflächen. Ausflugswiesen mit Feuerstellen zum Grillen und allem Drum und Dran. Im guten, alten Küchenlatein hätte man einen Ort wie den da drüben vielleicht auch mit dem Begriff „Naherholungsgebiet“ umzeichnet. Beziehungsweise umzeichnen können. Und tatsächlich tummeln sich dort gerade zu wärmeren Jahreszeiten viele Leute aus der Stadt. An einigen Feuerstellen kann man zum Beispiel Karten dreschende Männer sehen, woanders strickende Frauen. Beziehungsweise tratschende, auf dem, weiten Grünareal Kids, die Fußball spielen, Fangen oder Frisbee oder einfach nur toben.
Und ganz nebenbei gesagt: meine Lieblingssportart zum Beobachten ist Cricket – jawohl, Cricket. Obwohl ich selber nicht genau weiß, ob dies allein an der Bezeichnung liegt. An der englischen Bezeichnung. An der englischen Bezeichnung für diese Sportart. Oder etwa vielleicht doch an was Anderem – ah, na ja. Am Steg zur anderen Seite eine kleine, schwarze Holzhütte, die vornehmlich als Geräteschuppen dient. Als Geräteschuppen für Forstmeister Jäger. Beziehungsweise Jägermeister Förster. Schubkarren stehen dort drin, und Werkzeug und Arbeitskübel und viele andere Dinge. Vor der Hütte – meist zu wärmeren Jahreszeiten – ein kleiner Eiswagen. Und ich möchte nicht verhehlen, dass von so manchen guten Tropfen, die sie gelegentlich auf unsere Seite fallen lassen, gerade wir Insekten profitieren – doch, doch, durchaus. Beziehungsweise Klecksen.
Tja, was aber auf jeden Fall nicht zu verhehlen ist, dass es eine Passion für mich ist, stundenlang auf meiner gemütlichen Liege zu verweilen, alle sechs von sich zu strecken, ein Glas Himbeersaft nicht zu vergessen, und das meist doch recht ausgelassene Treiben auf der anderen Seite zu beobachten. Zu beobachten bei ihrem Spielen, beziehungsweise ihrem Spaß – ah, eine Grille, die nichts Besseres zu tun hat, wie Grillende beim Grillen zuzuschauen. Frei nach dem Motto „na, wer sagt‘ s denn?“ Doch vor kurzem war es einmal so, dass ich in meiner Ruhe empfindlich gestört wurde, Hinter mir knirschte es nämlich auf einmal fürchterlich – laut und fürchterlich. Und dass ich mich fürchterlich erschreckt habe, ist ja wohl keine Frage, Als ich mich aber umschaute, war es kein Geringerer wie ein Maler – ein Maler, wie er leibte und lebte. Tja, und an seiner weißen Kluft kaum verwechselbar. Zudem hatte er vor die Bank einen mit verschiedenen Werkzeugen und Malerutensilien; beladenen Leiterwagen vorgefahren; dies aber war noch nicht alles, beileibe, denn er selbst hatte sich vor die Bank gekniet und begonnen, mit einem fürchterlich, großen Spachtel unsere Bank zu bearbeiten. In dem er kleinere Holzspäne von ihr entfernte, ich stellte ihn aber sofort zur Rede: „Sagen Sie mal – was machen Sie hier eigentlich!“
Der Maler schob aber zunächst nur seine Mütze zurecht.
Maler Ich arbeite hier. Aber, ich glaube, das muss man doch nun wirklich nicht groß erklären. Und schließlich sieht man es doch auch – oder etwa nicht?
Helm Hops Wie? Arbeiten? Hier – aber doch nicht an unserer Bank.
Maler Doch, haargenau an der Bank – an der Bank hier. Und ich würde jetzt auch gerne weiterarbeiten. Wenn Sie nichts dagegen hätten. Und nicht dauernd gestört werden.
Helm Hops Entsetzt ich war. Unverdrossen nahm der Maler wieder seine Spachtel auf, und entfernte mit ihr weiterhin kleinere Holzsplitter von der Bank. Nur gut war, dass just in dem Moment die Lorenbahn bis zu meinem Markstein vorgefahren war. Natürlich mit Libell Libell auf der Lok.“
Libell Libell Hallo, Helm Hops, was ist mit dir?
Helm Hops Als ob dies zu übersehen wäre. Unsere schöne Bank.
Libell Libell Oh ja, das sehe ich allerdings auch.
Helm Hops Macht unsere schöne Bank kaputt.
Maler Kaputt – davon kann nun wirklich keine Rede sein.
Libell Libell Oh je – hey Sie, aufhören, hören Sie sofort auf damit.
Maler Nix da – schließlich sind es Aufträge. Aufträge, die ich befolge. Und nun lasst mich endlich in Ruhe arbeiten.
Helm Hops Hoffnungslos. Und ich total geknickt. Und Libell Libell auch total geknickt. Auch, weil wir natürlich noch nicht wussten, was er mit unserer guten, alten Bank wirklich vorhatte. Seit Jahr und Tag stand sie dort, wo sie immer stand, beziehungsweise steht, dahinter das gute, alte Gebüsch, und stets war sie unberührt, beziehungsweise unverändert. Und nie hat dies irgendjemand gestört, ganz im Gegenteil, auch, dass sie an so manchen Stellen etwas runzlig geworden war. Sei es durch die Zeit, sei es durch Wind und Wetter. Zum Glück erspähten wir Forstmeister Jäger, wie der sich gerade mit einer Schubkarre bis zur kleinen, schwarzen Hütte auf der anderen Seite des Ufers begab. Libell Libell flog sofort rüber, und kurz darauf schritt der Forstmeister über den Steg. Und als er den vor der Bank knienden Maler erblickte, versuchte er sofort Einhalt zu gebieten.
Forstmeister Jäger Sagen Sie mal, was machen Sie eigentlich hier?
Maler Das sehen Sie doch.
Forstmeister Jäger Dann hören Sie sofort auf damit.
Maler Ich denke nicht im Traum daran.
Forstmeister Jäger Na hören Sie mal - diese Bank steht unter Denkmalschutz!
Maler Denkmal hin, Schutz her - ich befolge lediglich Aufträge.
Helm Hops Hat er zu uns auch gesagt,“
Libell Libell Ja, das hat er.“
Maler Ja, und im Übrigen: ihre Insekten stören nur. Stören mich bei der Ausübung meiner Pflicht.
Forstmeister Jäger Ich gebe Ihnen gleich Ihre Insekten. Verraten Sie mal lieber, wer ihnen den Auftrag erteilt hat.
Maler Direkt von der Stadtverwaltung. - na, nun sind Sie platt, nicht wahr?
Forstmeister Jäger Direkt von der Stadtverwaltung? Eine denkmalgeschützte Bank? Sie wollen mich wohl auf den Arm nehmen.“
Helm Hops Das glaub ich allerdings auch nicht.“
Libell Libell Und ich – ich erst recht nicht.
Maler Platt seid ihr - Ihr alle seid doch nur platt!“
Forstmeister Jäger Ich gebe ihnen gleich platt. Wenn Sie nicht sofort aufhören. Mit dem Unfug.
Helm Hops Unbeirrt von allem erschien es zwecklos, alles Einreden von uns, als ein kleiner, grüner Waldtransporter des Weges entlang tuckerte – des Schotterweges natürlich. Es war natürlich kein Geringerer wie der Jägermeister Förster.
Forstmeister Jäger Gut, dass du gerade vorbeikommst. Du kommst gerade richtig.
Jägermeister Förster Ich komme gerade was?“
Forstmeister Jäger Und Sie kommen gefälligst mit.“
Maler Ich denke nicht im Traum daran.“
Helm Hops Forstmeister Jäger zwängte sich auf den Beifahrersitz von Jägermeister Förster, während der Maler und wir beide mit der kleinen Ladefläche vorliebnehmen mussten.
Maler Mit zwei Insekten auf so einem komischen Vehikel – wird ja immer schöner.
Helm Hops Die Fahrt führte uns bis in die nicht weit entfernte Stadt bis zum Rathaus, wo es uns tatsächlich gelang, Großbürgermeister Klein anzutreffen – in seinem Büro natürlich.
Libell Libell Der hat angefangen, unsere Bank kaputt zu machen.
Forstmeister Jäger Die unter Denkmalschutz steht.“
Maler Ich befolge lediglich Aufträge.
Helm Hops Unsere gute alte Bank.
Jägermeister Förster Aber das müsste doch einer wie Sie doch eigentlich auch wissen.
Maler Natürlich müssen Sie es wissen. Schließlich haben Sie uns diesen Auftrag ja auch erteilt.“
Helm Hops Nicht allzu lang dauerte es, bis Großbürgermeister Klein sich eine Akte zukommen ließ, worin schon ein paar wenige Einblicke zu genügen schienen.
Großbürgermeister Klein Ah- dort steht‘s ja schon, Herr, Herr...
Maler Von Klinkhoven ist mein Name – Heribert von Klinkhoven.
Großbürgermeister Klein Ah ja, und wie gesagt, dort steht‘ s. Die Renovierung einer Bank.
Heribert von Klinkhoven Was ich hiermit tue.“
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