Carola Schierz - Die Erzählerin von Arden

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Nach schweren persönlichen Schicksalsschlägen findet Lillian auf Schloss Arden eine Stellung und ein neues Zuhause. Tagsüber arbeitet sie als Magd und am Abend unterhält die begnadete Erzählerin ihre Freunde mit spannenden Geschichten. Auch Prinz Raven, dem man einen schlechten Lebenswandel nachsagt, wird auf ihre Gabe aufmerksam und verpflichtet sie in seine persönlichen Dienste.
Beide ahnen nicht, welch starken Einfluss dieses Arrangement auf ihr gesamtes weiteres Leben haben wird.

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Carola Schierz

Die Erzählerin von Arden

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Inhaltsverzeichnis Titel Carola Schierz Die Erzählerin von Arden Dieses ebook - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Carola Schierz Die Erzählerin von Arden Dieses ebook wurde erstellt bei

Böses Erwachen

Neubeginn

Raven

Böses Spiel

Geheime Pfade

Ester

Freunde

Überraschungen

Entdeckt

Überführt

Onkel James

Schachmatt

Einzug ins Paradies

Zerreißprobe

Ein gutes neues Jahr

Abreise

Zurück in der Heimat

Feste mit Folgen

Turbulenzen

Abschied

Die Verpflichtungen einer Dame

Zarte Bande

Hochzeit mit einer Fremden

Ein Traum wird wahr

Epilog

Impressum neobooks

Böses Erwachen

Schritte und leises Klappern drangen an Lillians Ohr, aber sie konnte die Geräusche nicht zuordnen. Vorsichtig öffnete sie ihre Augen und fand sich in einem unbekannten Raum mit fremdartigem Inventar wieder. Unsicher schaute sie in die Richtung, aus der die Geräusche zu kommen schienen. Dort war ein Mann damit beschäftigt, diverse Kräuter in einem Mörser zu zerkleinern, was ihm offenbar größere Mühe bereitete, denn er stieß immer wieder mürrisch grunzende Laute aus. Lillian wollte ihn ansprechen, aber nur ein heiseres Krächzen kam aus ihrer Kehle.

Er schien es trotzdem vernommen zu haben und wandte sich ihr zu. „Oh! Du bist endlich zu dir gekommen! Wir haben uns schon große Sorgen um dich gemacht. Hast mächtig Glück gehabt, Kind“, sagte er ernst. „Aber jetzt ist wohl das Schlimmste überstanden.“ Er kam auf sie zu, lächelte freundlich und legte seine Finger an ihren Hals, um den Puls zu fühlen. Er nickte und strich ihr dann vorsichtig über Stirn und Wange. „Das Fieber ist auch gesunken. Noch ein paar Tage und du springst wieder herum wie ein junges Reh.“

Sie musterte ihn gründlich. Er war nicht mehr der Jüngste - etwa um die sechzig - aber seine Augen funkelten lustig unter den buschigen Brauen hervor. Das graue Haar hatte er nachlässig zu einem Zopf zusammengebunden. Über einem hellen Leinenhemd und einer Kniebundhose, die ihre besten Tage längst hinter sich hatte, trug er eine große braune Schürze.

„Wo bin ich?“ Es strengte sie sehr an, überhaupt ein verständliches Wort über ihre trockenen Lippen zu bringen.

„Du bist auf Schloss Arden. Genauer gesagt im Gesindehaus desselben. Ich bin hier der Heiler und heiße Brian. Brian Goodman. Meine Schwester Emma arbeitet in der Schlossküche. Sie hat dich vor fünf Tagen auf der Landstraße gefunden, als sie von einem Besuch bei ihrer Tochter zurückkehrte. Du hast unter einem toten Mann im Graben gelegen und sie dachte zunächst, du wärst auch hinüber. Doch dann hast du dich bewegt und sie damit fast zu Tode erschreckt, die Arme. Sie hat dich auf ihr Maultier gehievt und zu mir gebracht.“ Er hielt kurz inne und räusperte sich. „Der Mann, der auf dir lag, wollte dich offensichtlich beschützen und hat diese Tat mit dem Leben bezahlt. Der Pfeil einer Armbrust hatte sein Herz durchbohrt und dich ebenfalls verwundet.“ Er machte eine Pause und sah sie mitfühlend an. „Wer war er? Dein Mann?“

In Lillians Kopf begann es zu arbeiten und sie kämpfte sich durch den Nebel. Was war geschehen? Die Erinnerung kam wie ein Fausthieb zurück. David!!! David war ihr Bruder und alles, was ihr von ihrer Familie noch geblieben war. Sie hatten mit den Eltern auf einem kleinen Bauernhof gelebt, ganz in der Nähe von Lorres. Mehr schlecht als recht, aber sie mussten nie hungern. Als sie fünf und David acht waren, wurde ihre Mutter Kathrin abermals schwanger. Alle freuten sich auf den Familienzuwachs. Ihr Vater schreinerte jede freie Minute an der neuen Wiege für das Baby. Lillian und David versuchten der Mutter zur Hand zu gehen, wo immer sie konnten.

Doch das Glück war nicht von Bestand. Das Kind wurde tot geboren und Kathrin verblutete unter den Händen der Hebamme. Der Vater erholte sich nur schwer von diesem Schicksalsschlag, aber sie meisterten ihr Leben so gut sie konnten.

Diese Umstände zwangen die Geschwister dazu, schneller erwachsen zu werden und schweißten sie noch enger zusammen.

Einige Jahre später schlug das Schicksal erneut mit voller Härte zu. Als der Vater von der Feldarbeit nicht zurückkehrte, machten sie sich besorgt auf die Suche. Sie fanden ihn eingeklemmt unter seinem Pferdekarren, dessen Achse gebrochen war. Es kam jede Hilfe zu spät und so mussten sie auch ihn zu Grabe tragen.

Drei Jahre versuchten Lillian und David ihren kleinen Hof allein zu bewirtschaften, doch nach zwei fast gänzlich vernichteten Ernten blieb ihnen nichts anderes übrig, als zu verkaufen und die geliebte Heimat zu verlassen. Ihre ganze Habe passte auf einen Planwagen, der nun ihr neues Zuhause wurde.

David, ein wahrer Sonnenschein und Bild von einem jungen Mann, wurde von allen geliebt und verdrehte so manchem Mädchen den Kopf. Lillian war immer sehr stolz auf ihn.

Sie fuhren von Stadt zu Stadt und verdienten das nötige Geld zum Überleben, indem beide von ihren Talenten Gebrauch machten. David war ein begnadeter Lautenspieler und brachte so manches Tanzbein zum Schwingen. Lillians Begabung lag in der Kunst des Erzählens. Sie zog die Leute, egal ob groß oder klein, in ihren Bann und erweckte Drachen, Feen, Ritter oder Prinzessinnen zum Leben. Wer ihr zuhörte, hatte das Gefühl direkt dabei zu sein. Es geschah nicht selten, dass das ein oder andere Mädchen an den spannendsten Stellen laut aufschrie, was wiederum dankbar von den anwesenden Burschen aufgenommen wurde. Sie bekamen so eine gute Rechtfertigung, die 'verängstigten' Geschöpfe nach Hause zu geleiten. Alle waren in diesen schweren Zeiten dankbar für ein paar Stunden des Vergessens und so sah man die immer freundlichen Geschwister überall gern.

Letzte Woche, sie wollten in die nächste Stadt reisen und waren kurz davor ein Nachtlager aufzuschlagen, kam ihnen plötzlich ein Trupp Reiter entgegen.

„Klettere in den Wagen und bleibe dort!“, wies David seine Schwester an. Sie gehorchte.

Der Wagen kam zum Stehen. Die Männer blockierten mit ihren Pferden die Straße und hielten ihre Armbrüste auf David gerichtet.

„Was wollt ihr?“, fragte er so ruhig, wie es ihm möglich war. Doch Lillian bemerkte die Furcht in der Stimme ihres Bruders.

„Steig ab und überlasse uns deinen Wagen freiwillig, so wird dir vielleicht nichts geschehen“, sagte der Anführer der Bande in einem Tonfall, der das Schlimmste vermuten ließ.

„Der Wagen ist das Einzige was wir besitzen. Was soll aus uns werden?“, stieß David hervor.

„Was meinst du mit ‚wir‘ ? Wer befindet sich noch im Wagen?“

Einer der Männer sprang vom Pferd und schlug die Plane beiseite. Lillian blickte in eine widerliche Fratze. Eine dicke Narbe, die wahrscheinlich von einem Schwerthieb herrührte, überzog diagonal sein Gesicht und verzerrte dessen Züge zu einer grinsenden Trollmaske. „Was haben wir denn da für ein süßes Vögelchen?“ Der Mann fuhr sich lüstern mit der Zunge über seine wulstigen Lippen. „Das ist doch mal eine nette Abwechslung für den späteren Abend. Findet ihr nicht auch Männer?“, rief er den anderen zu, ohne den Blick von ihr abzuwenden. „Du musst dich auch für keinen von uns entscheiden, Herzchen, denn wir teilen alles gerecht.“

Er erntete widerliches Gelächter und schickte sich an, Lillian vom Wagen zu zerren. Sie wehrte sich so gut sie konnte, aber sein Griff verstärkte sich nur. Hart prallte sie auf den Boden, ignorierte jedoch die Schmerzen und rappelte sich schnell hoch. Aber der Mann hatte sie schon wieder gepackt und versuchte jetzt, sie zu küssen. Lillian konnte deutlich den fauligen Atem riechen, der aus seinem zahnlosen Mund strömte. Übelkeit stieg in ihr hoch. In diesem Moment sprang David vom Wagen, stürzte auf sie zu und riss den Mann zur Seite. Er stellte sich schützend vor seine Schwester. Fast im selben Moment spürte Lillian einen stechenden Schmerz in ihrer Schulter und wurde von dem Gewicht ihres taumelnden Bruders zu Boden gedrückt. Von da an wusste sie gar nichts mehr. Wahrscheinlich hielten die Angreifer sie für tot und machten sich mitsamt dem Wagen aus dem Staub ...

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