Guy de Maupassant
Die schönsten Erzählungen von Guy de Maupassant
Die Morithat + Rosa + Der Vater + Das Geständnis + Der Schmuck + Das Glück + Das Loch…
Books
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musaicumbooks@okpublishing.info
2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-0655-1
Tag-und Nachtgeschichten Tag-und Nachtgeschichten Inhaltsverzeichnis Timbuctu Der Schmuck Die Morithat Rosa Das Glück Der Alte Ein Feigling Der Säufer Die Blutrache Coco Die Hand Elternmord Der Lummen-Felsen Der Kleine Eine wahre Geschichte Erinnerung Der Vater Das Geständnis Die Beichte Der Krüppel (Zweite Fassung) Adieu
Der Horla
Nutzlose Schönheit
Die kleine Roque
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Tag-und Nachtgeschichten Tag-und Nachtgeschichten Inhaltsverzeichnis Timbuctu Der Schmuck Die Morithat Rosa Das Glück Der Alte Ein Feigling Der Säufer Die Blutrache Coco Die Hand Elternmord Der Lummen-Felsen Der Kleine Eine wahre Geschichte Erinnerung Der Vater Das Geständnis Die Beichte Der Krüppel (Zweite Fassung) Adieu Der Horla Nutzlose Schönheit Die kleine Roque
Timbuctu
Der Schmuck
Die Morithat
Rosa
Das Glück
Der Alte
Ein Feigling
Der Säufer
Die Blutrache
Coco
Die Hand
Elternmord
Der Lummen-Felsen
Der Kleine
Eine wahre Geschichte
Erinnerung
Der Vater
Das Geständnis
Die Beichte
Der Krüppel (Zweite Fassung)
Adieu
Inhaltsverzeichnis
Der Boulevard, dieser Strom des Lebens, wimmelte von Menschen im Goldglanz der untergehenden Sonne. Der ganze Himmel war augenblendend purpurrot, und hinter der Madeleine warf eine riesige leuchtende Wolke einen flimmernden Strahlenregen auf die ganze Straße hinab, die wie vom Dunst eines Hochofens eingehüllt erschien.
Eine lustige Menge wallte auf und ab in diesem flammenden Nebel wie in einer himmlischen Wolke. Die Gesichter strahlten, die Cylinderhüte spiegelten und die schwarzen Röcke glänzten in purpurnem Schein; das Lackleder der Stiefel warf strahlenden Glanz auf den Asphalt der Bürgersteige.
Vor den Cafés saßen eine Menge Menschen und tranken glänzende farbige Getränke, die aussahen wie kostbare, in Krystall eingesetzte Edelsteine.
Mitten zwischen den Gästen, in leichten, dunkleren Anzügen, saßen zwei Offiziere in voller Uniform, und die Vorübergehenden mußten die Augen zukneifen, so glitzerte die Sonne auf dem Gold ihrer Röcke.
Sie plauderten vergnügt ohne besonderen Anlaß, im Strom dieses heiteren Lebens, in der Köstlichkeit dieses strahlenden Sommerabends, und betrachteten die Menschen, die vorübergingen, die langsam schlendernden Männer, die eilig trippelnden Frauen, deren Spur eine Wolke süßen, verwirrenden Duftes bezeichnete.
Plötzlich kam an ihnen ein riesiger Neger vorüber, schwarz gekleidet, wohlbeleibt, auf dessen heller Weste eine Menge Anhänger baumelten. Er sah sehr vergnügt aus, lachte die Vorübergehenden an, lachte den Zeitungsverkäufern zu, lachte in den strahlenden Himmel hinein, lachte auf ganz Paris.
Er war so groß, daß er alles überragte, und hinter ihm drehten sich die Menschen um, um ihn zu betrachten. Aber plötzlich gewahrte er die beiden Offiziere, drängte sich durch die Gäste, und sobald er vor ihrem Tisch stand, sah er sie strahlend, glückselig an, und seine Mundwinkel zogen sich breit bis zu den Ohren, daß man die weißen Zähne sah, hellleuchtend wie der Halbmond an einem dunklen Himmel.
Die beiden Männer waren erstaunt, betrachteten den schwarzen Riesen, ohne seine Heiterkeit zu verstehen, aber er rief mit einer Stimme, daß rundum alles lachte:
– Gute Tag! Gute Tag, Herr Leutnant!
Einer der Offiziere war Major, der andere Oberst. Der erste sagte:
– Ich kenne Sie nicht, ich weiß nicht, was Sie wünschen!
Der Neger antwortete:
– Ich liebe sehr Dich Leutnant Védié, belagert Bézi, viel Weintrauben gesucht ich!
Der Offizier war ganz erstaunt und betrachtete den Mann schärfer, suchte in seinen Erinnerungen und plötzlich rief er:
– Timbuctu Du?
Der Neger war glückselig, schlug sich auf den Schenkel, stieß einen seltsamen wilden Schrei aus und rief:
– Ja, ja, Herr Leutnant, erkennt Timbuctu o ja, gute Tag!
Der Major streckte ihm die Hand entgegen und lachte aus vollem Herzen. Da wurde Timbuctu ernst, und so schnell, daß der andere es nicht hindern konnte, küßte er dessen Hand nach Neger-und Araber-Art. Der Offizier sagte verlegen mit strengem Ausdruck:
– Timbuctu, wir sind nicht in Afrika, aber setz Dich mal her und erzähle mir, wie Du herkommst.
Timbuctu warf sich in die Brust und stammelte sich überstürzend, so schnell sprach er:
– Viele Geld gewonnen, viele Restaurant, gut Essen Preußen ich viel stehlen viel mehr französische Küche. Timbuctu Kaiser Koch 2000 Franki mich hahaha.
Und er wand sich vor Lachen und heulte vor Freude.
Doch der Offizier, der seine seltsame Sprechweise ganz gut verstand, sagte zu ihm, nachdem er noch ein paar Sachen gefragt hatte:
– Na, nun lebe wohl, Timbuctu. Auf Wiedersehen!
Der Neger erhob sich sofort, drückte diesmal die Hand, die der andere ihm reichte, lachte wieder und rief:
– Gute Abend! Gute Abend, Herr Leutnant!
Und er ging so fröhlich davon, daß er noch gestikulierte, als er sich entfernte, und die Leute ihn für verrückt hielten.
Der Oberst fragte:
– Was ist denn das für ein Kerl?
Der Major antwortete:
– Ein braver Kerl und ein guter Soldat. Ich will Ihnen erzählen, was ich von ihm weiß, komisch genug ist es.
Sie wissen, daß ich bei Beginn des 70er Krieges in Beziéres, das der Neger Bézi nennt, eingeschlossen war. Wir waren nicht eigentlich belagert, sondern blockiert. Die preußischen Linien umgaben uns überall; sie beschossen uns nicht, aber allmählich hungerten sie uns aus.
Ich war damals Leutnant. Unsere Garnison war aus Truppen aller Art zusammengesetzt, Überreste von dezimierten Regimentern, Flüchtlingen, Marodeuren der verschiedenen Armeecorps, kurz, es war eigentlich alles da, sogar eines Abends kamen, kein Mensch wußte woher, elf Turcos an.
Sie waren am Stadtthor erschienen, ganz heruntergekommen, abgelumpt und besoffen. Man überwies sie mir. Ich erkannte bald, daß sie keiner Disziplin zugängig waren, immer auswärts und immer betrunken. Ich versuchte, sie in Arrest zu stecken, sogar ins Gefängnis, es half alles nichts; die Kerle verschwanden ganze Tage hindurch, als ob sie in die Erde versunken wären; dann kamen sie wieder, total betrunken. Sie hatten kein Geld, wo besoffen sie sich denn? Wie und wovon?
Das intriguierte mich bald sehr, umsomehr als diese Wilden mit ihrem ewigen Lachen und ihrer Art, wirklich wie große, mutwillige Kinder, mich einigermaßen interessierten.
Da entdeckte ich, daß sie dem größten unter ihnen, den Sie eben hier gesehen haben, blindlings gehorchten. Er beherrschte sie vollkommen; er leitete ihre geheimnisvollen Unternehmen.
Ich ließ ihn kommen und befragte ihn. Unsere Unterhaltung dauerte wohl drei Stunden, so schwer war es, das Kauderwelsch zu verstehen, aber der arme Deubel machte alle möglichen Versuche, um sich verständlich zu machen, erfand Worte, gestikulierte, schwitzte vor Anstrengung, wischte sich die Stirn, schwieg, redete dann wieder los, wenn er meinte ein neues Verständigungs-Mittel gefunden zu haben.
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