Militär-Restaurant des Herrn Timbuctu
Küchen-Chef Seiner Majestät des Kaisers.
Pariser Küche – Mäßige Preise.
Trotz der Verzweiflung, die ich im Herzen trug, konnte ich nicht anders, ich mußte lachen, und ich überließ meinen Neger seinem neuen Beruf, war das nicht besser, als ihn in die Gefangenschaft mit zu nehmen?
Sie haben eben gesehen, daß es ihm geglückt ist, dem Kerl. Heute gehört Béziéres Deutschland, aber das Restaurant Timbuctu ist der erste Schritt zur Revanche.
Inhaltsverzeichnis
Sie war eines jener bildhübschen, reizenden Mädchen, die, wie durch einen Irrtum des Schicksals, in einer kleinen Beamtenfamilie geboren sind. Sie besaß keine Mitgift, keine Hoffnungen, kein Mittel, um in der Gesellschaft bekannt, geliebt und von einem reichen, vornehmen Manne heimgeführt zu werden.
Und da ließ sie sich mit einem kleinen Beamten aus dem Unterrichtsministerium verheiraten. Sie war einfach, da sie sich nicht elegant anziehen konnte und fühlte sich unglücklich wie eine Deklassierte.
Denn die Frauen gehören weder einer Kaste noch Rasse an, ihre Schönheit, ihre Grazie, ihr Reiz, sind für sie Geburtsschein und Familie. Ihre natürliche Feinheit, ihre geistige Anschmiegsamkeit geben ihnen die einzige Anwartschaft zum Herrschen und stellen die Tochter aus dem Volk mit der größten Dame gleich.
Sie litt unausgesetzt, denn sie fühlte sich für allen Luxus und für alles Schöne des Lebens geboren. Sie litt unter der Armseligkeit ihrer Wohnung, dem Elend in ihren vier Pfählen, unter den abgetragenen Sesseln, der Häßlichkeit der Stoffe.
All diese Dinge, die einer anderen Frau ihrer Kaste vielleicht nicht einmal auffielen, quälten sie und empörten sie. Der Anblick ihres kleinen Bretonischen Dienstmädchens, die ihre einfache Wirtschaft besorgte, erweckte in ihr verzweifeltes Bedauern und jammervolle Träume. Sie dachte an Vorzimmer mit orientalischen Teppichen behangen, in denen hohe Bronceleuchter brannten und wo in tiefen Sesseln zwei Diener in Kniehosen warteten, bei der Wärme des großen, schweren Kamins.
Sie dachte an Salons, mit Seide bespannt, und mit zarten Möbeln, mit köstlichen Nippes und Nichtsen; an kleine, reizende, duftgeschwängerte Boudoirs, die eigens gemacht schienen für eine kleine Unterhaltung Nachmittags zur Theestunde mit den intimsten Freunden, bekannten und bedeutenden Männern, deren Aufmerksamkeit alle Frauen wünschen und neiden.
Wenn sie sich zu Tisch setzte, an den runden Tisch, auf dem das Tischtuch schon tagelang lag, ihrem Manne gegenüber, der den Deckel von der Terrine abnahm und schmunzelnd sagte:
– O, die gute Suppe, das bleibt doch das beste!
Dann dachte sie an großartige Diners, mit glänzenden Silbersachen, wo die Wände bespannt waren mit Gobelins, auf denen seltsame Vögel mitten in einem Feenwald herumflatterten. Sie dachte an außergewöhnliche, herrliche Speisen in köstlichem Geschirr angerichtet, dachte an die Galanterien, die zugeflüstert und angehört werden mit Sphinxartigem Lächeln, während man das rosige Fleisch einer Forelle kostet oder am Flügel eines Birkhuhns knabbert.
Sie hatte keine Toiletten, keinen Schmuck, nichts, und doch liebte sie nur das, sie fühlte sich dazu geschaffen, sie hätte so gern gefallen, beneidet, gesucht und verführerisch sein mögen.
Sie besaß eine reiche Freundin, mit der sie im Kloster erzogen worden, aber sie mochte sie nicht aufsuchen, denn so schrecklich war es ihr jedesmal, wenn sie von dort zurückkam; sie weinte dann tagelang vor lauter Kummer, Verzweiflung und Elend.
Da kam eines Abends ihr Mann mit Siegesmiene herein, einen großen Brief in der Hand.
– Da ist was für Dich! sagte er.
Sie riß schnell das Couvert auf und fand darin eine gedruckte Einladung folgenden Inhalts:
»Seine Excellenz der Unterrichtsminister und Frau Georg Ramponneau geben sich die Ehre Herrn und Frau Loisel für Montag den 18. Januar zur Soiree ergebenst einzuladen.«
Statt glücklich zu sein, wie ihr Mann es erhofft, warf sie die Einladung mit gerümpfter Nase auf den Tisch und murmelte:
– Was soll mir das nützen?
– Aber liebes Kind, ich dachte, Du würdest glücklich sein. Du kommst nie heraus, und da hast Du nun einmal eine schöne Gelegenheit dazu. Es war schwer genug, die Einladung zu kriegen, alle Welt will eine haben, und nicht alle Beamten kriegen eine. Alle offiziellen Persönlichkeiten werden da sein.
Sie sah ihn erregt an und sagte ungeduldig:
– Was soll ich denn anziehen, um dorthin zu, gehen?
Daran hatte er nicht gedacht und stammelte:
– Gott das Kleid, das Du zum Theater anziehst, das scheint mir doch ganz nett!
Er schwieg, auf den Mund geschlagen, ganz verzweifelt, als er sah, daß seine Frau weinte.
Zwei große Thränen rollten langsam aus den Augenwinkeln herab, und er stammelte:
– Was hast Du denn? Was hast Du denn?
Mit aller Gewalt kämpfte sie ihre Verzweiflung nieder und sagte mit ruhiger Stimme, indem sie ihre nassen Wangen abwischte:
– Garnichts! Aber ich habe kein Kleid und kann also auf das Fest nicht gehen. Gieb die Einladung nur irgend einem Kollegen, dessen Frau besser herausstaffiert ist als ich.
Er war traurig, er antwortete:
– Aber sei doch vernünftig, Mathilde. Wieviel soll denn eine anständige Toilette kosten, die Du vielleicht noch bei anderen Gelegenheiten benutzen könntest. Sie braucht ja nur ganz einfach zu sein!
Sie dachte ein paar Sekunden nach, rechnete und überlegte auch, welche Summe sie wohl verlangen könnte, ohne daß der sparsame Beamte sofort nein gesagt hätte und außer sich gewesen wäre.
Endlich antwortete sie zögernd:
– Ich weiß nicht recht, aber ich denke mit vierhundert Franken müßte es gehen.
Er war bleich geworden, denn er wollte gerade diese Summe bei Seite legen, um sich ein Gewehr zu kaufen und einmal auf die Jagd zu gehen, den folgenden Sommer in Nanterre, wo er mit ein paar Freunden Sonntags sich vergnügen konnte. Aber dennoch sagte er:
– Gut, Du sollst vierhundert Franken bekommen, Und nun sieh zu, daß Du ein schönes Kleid kriegst.
Der Tag des Festes rückte heran, aber Frau Loisel schien traurig, unruhig, ängstlich, obgleich ihre Toilette fertig war. Da sagte eines Tages ihr Mann zu ihr:
– Was hast Du denn, Du bist seit einiger Zeit so sonderbar!
Und sie antwortete:
– Ach, mir ist es so unangenehm, daß ich keinen Schmuck habe, keinen Stein, nichts anzuthun. Ich werde eine recht traurige Figur machen, ich möchte am liebsten garnicht hingehen.
Er antwortete:
– Nimm doch natürliche Blumen, das ist sehr chik jetzt, und für zehn Franken bekommst Du zwei oder drei prachtvolle Rosen.
Doch sie war nicht davon überzeugt:
– Nein, es giebt nichts Demütigenderes, als unter all den reichen Frauen so armselig aufzutreten!
Aber ihr Mann rief:
– Sei doch nicht dumm, geh doch mal zu Deiner Freundin Forestier und bitte sie, sie soll Dir irgend einen Schmuck borgen. Du kennst sie doch genau genug dazu.
Sie stieß einen Freudenschrei aus. Das war eine gute Idee, daran hatte sie nicht gedacht.
Am nächsten Tage ging sie zu ihrer Freundin und teilte ihr den Grund ihrer Niedergeschlagenheit, mit. Frau Forestier trat an ihren Spiegelschrank, nahm daraus einen großen Kasten, brachte ihn, öffnete ihn und sagte zu Frau Loisel:
– Bitte, such Dir etwas aus.
Sie sah zuerst Armbänder; dann ein Perlenhalsband, dann ein Venezianisches Kreuz aus Gold, eine wundervolle Arbeit, und all den Schmuck probierte sie vor dem Spiegel an. Sie zögerte, sie konnte sich nicht entschließen, die Sachen aus der Hand zu geben, und sie fragte immer:
– Hast Du noch etwas anderes?
– Aber gewiß, wühle nur, ich weiß ja nicht, was Dir gefällt.
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